BVwG W161 2135026-1

BVwGW161 2135026-128.9.2017

AsylG 2005 §5 Abs1
AVG 1950 §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §9 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W161.2135026.1.00

 

Spruch:

W161 2135026-1/27E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangerhörigkeit Irak, am 06.09.2016 eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2016, Zl. 1105531904-160256145, beschlossen:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1, 17 und 28 Abs. 1 VwGVG

iVm. § 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste spätestens am 11.05.2015 gemeinsam mit seine volljährigen Bruder XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte dieser am 15.02.2016 für sich und seinen minderjährigen Bruder einen Antrag auf internationalen Schutz, vertreten durch XXXX (Bruder).

 

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 FPG Abs. 1 die Außerlandesbringung angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Kroatie zulässig ist.

 

2.2. Betreffend des Bruders des Beschwerdeführers erging am 24.08.2016 ein inhaltlich gleich lautende Entscheidung.

 

3.1. Der den Minderjährigen betreffende Bescheid wurde am 25.08.2016 an dessen Bruder XXXX als gesetzlicher Vertreter zugestellt.

 

3.2. Am 05.09.2016 brachte XXXX im eigenen Namen sowie im Sinn des § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG für seinen minderjährigen Bruder XXXX eine Beschwerde gegen die oben angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein.

 

4. Durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.09.2016 wurden die Beschwerden beider Brüder gem. § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

5. In der Folge wurde im Namen beider Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. In seinem Erkenntnis vom 09.06.2017 zu GZ: E2923-2924/2016-20 weist der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers zurück und stellt fest, dass der Erstbeschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt wurde und das Erkenntnis insoweit aufgehoben wird. In den Erwägungen wird vom Verfassungsgerichtshof insbesondere ausgeführt:

 

"Im Verfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht wurde der minderjährige Zweitbeschwerdeführer von seinem Bruder, dem Erstbeschwerdeführer vertreten. Sämtliche verfahrensrelevante Verfügungen sowie der Bescheid des BFA und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurden dem Erstbeschwerdeführer als "gesetzlichen Vertreter" des Zweitbeschwerdeführers" zugestellt. Eine gesetzliche Vertretung liegt aber nicht vor. Vielmehr hätten das BFA und das Bundesverwaltungsgericht nach den besonderen Vorschriften des BFA-VG betreffend die Antragstellung durch unmündige Minderjährige vorgehen müssen, die eine Bestätigung des vom unmündigen Minderjährigen selbst gestellten Antrages auf internationalen Schutz, und die weitere Vertretung im Verfahren durch den Rechtsberater, der gem. § 10 Abs. 6 BFA-VG als gesetzlicher Vertreter gilt, vorsehen. Der Bescheid des BFA und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes hätten daher – ungeachtet zur darüber hinaus erforderlichen Beiziehung eines Rechtsberaters zu sonstigen Verfahrensschritten – nur durch Zustellung an den Rechtsberater wirksam erlassen werden können. Da dies nicht erfolgt ist, können diese Entscheidungen gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer keine Wirkungen entfalten. Die gem. Art. 144 B-VG gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers ist daher – ungeachtet der Genehmigung der Beschwerdeführer durch den mittlerweile mit der Obsorge betrauten Erstbeschwerdeführer – zurückzuweisen.

 

.

 

Aus dem Erkenntnis dem Zweitbeschwerdeführer ist das angefochtene Erkenntnis nicht wirksam zugestellt worden und entfaltet daher diesem gegenüber keine Rechtswirkungen. Die Beschwerde ist diesbezüglich zurückzuweisen."

 

6. Gleichzeitig erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30.08.2017 zu GZ: Ra 2016/18/0324 bis 0325-16 die Revision des Erstrevisionswerbers (XXXX) für als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt. Gleichzeitig wurde das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers (mj. XXXX) wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.

 

Begründend wird insbesondere ausgeführt, da der Bescheid betreffend den Zweitrevisionswerber nicht rechtswirksam erlassen worden wäre, hätte das BVwG die Beschwerde wegen Unzulässigkeit zurückweisen müssen und wäre nicht zu einem meritorischen Abspruch befugt gewesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der XXXXbetreffende Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde nicht rechtswirksam erlassen, da der Minderjährige im Verfahren vor dem BFA nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, durch einen Rechtsberater vertreten war.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage - aus der sich auch der Verfahrensgang ergibt - getroffen werden. Sie sind unbestritten und werden der Entscheidung zu Grunde gelegt

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Zu Spruchteil A):

 

Unter Zugrundelegung der oben dargelegten Rechtsansicht des VfGH und des VwGH ergibt sich, dass aufgrund der Tatsache, dass im Verfahren vor dem BFA kein Rechtsberater für den mj. Beschwerdeführer zugezogen wurde, sondern dessen volljähriger Bruder – ungeachtet der späteren Obsorgeübertragung durch das zuständige Pflegschaftsgericht – als gesetzlicher Vertreter im gesamten Verfahren behandelt wurde, dass der Bescheid in Bezug auf den Minderjährigen keine Rechtswirksamkeit entfalten kann. Somit ist auch eine Beschwerde dagegen nicht zulässig und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

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