BVwG W217 2126558-1

BVwGW217 2126558-11.8.2017

AVG 1950 §68 Abs1
AVG 1950 §69 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
PG 1965 §5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W217.2126558.1.00

 

Spruch:

W217 2126558-1/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Dr. XXXX, Hofrat i.R., vertreten durch Dr. Martin RIEDL, Rechtsanwalt, in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Pensionsservice, vom 08.04.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde gegen den ersten Spruchteil (zu § 1 DVG iVm § 68 Abs. 1 AVG) wird abgewiesen.

 

II. Der Beschwerde gegen den zweiten Spruchteil (zu § 1 DVG iVm § 69 Abs. 2 AVG) wird stattgegeben. Der zweite Spruchteil wird ersatzlos behoben.

 

III. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), Pensionsservice, vom 08.04.2016, Zl. XXXX, wurde der Antrag von Dr. XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) vom 10.09.2015 auf Neubemessung des mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 28.08.2001, GZ XXXX, und des mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 21.11.2001, GZ XXXX, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend Ruhegenuss und Nebengebührenzulage gemäß § 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29, iVm § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, wegen entschiedener Sache (erster Spruchteil) sowie wegen Versäumung der gesetzlichen Frist für eine Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 2 AVG (zweiter Spruchteil) zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Ruhegenuss gemäß § 4 PG 1965 in der am 1. August 2001 geltenden Fassung auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt worden sei. 80 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges würden die Ruhegenussbemessungsgrundlage bilden. Für die Pensionsbemessung nach der damaligen Rechtslage seien drei Kriterien notwendig gewesen:

 

 

 

 

Die Anknüpfung an der "besoldungsrechtlichen Stellung" im § 5 Abs. 1 PG 1965 bewirke, dass der im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung gebührende Gehalt und die gebührenden als ruhegenussfähig erklärten Zulagen maßgebend seien. Die Bemessung der Pensionsleistung sei somit von mehreren Vorfragen (Verwendungsgruppe, Gehaltsstufe, Dienstalterszulage, Funktionszulage, Funktionsgruppe und Funktionsstufe) abhängig. Diese Vorfragen würden sachlich in den Zuständigkeitsbereich der Aktivdienstbehörde gehören, seien aber von der BVA, Pensionsservice für die korrekte Feststellung des monatlich wiederkehrenden Ruhebezuges zu ermitteln und zu beurteilen. Die BVA, Pensionsservice sei dabei lediglich an rechtskräftige Feststellungsbescheide der Aktivdienstbehörde über die besoldungsrechtliche Stellung gebunden. Solange jedoch ein derartiger Feststellungsbescheid der Aktivdienstbehörde nicht erlassen wurde, habe die Pensionsbehörde nach § 2 Abs. 6 Satz 2 DVG solche Vorfragen selbständig zu beurteilen.

 

Die besoldungsrechtliche Stellung, insbesondere die Frage der Gebührlichkeit der Funktionsgruppe nach § 30 Abs. 1 und 2 GG habe die Pensionsbehörde aufgrund der von der Bundespolizeidirektion XXXX im Juli 2001 übermittelten Unterlagen aus dem Personalakten überprüft. Für die Bemessung des Ruhegenusses nach dem Pensionsgesetz 1965 sei innerhalb der Verwendungsgruppe A1 die Funktionszulage der Funktionsgruppe 1, Funktionsstufe 4 gemäß § 30 Abs. 1 und 2 GG 1956 herangezogen worden.

 

Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 28.08.2001, GZ XXXX, sei die Höhe des Ruhegenusses festgestellt worden. Der Bescheid sei am 06.09.2001 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden. Mit Bescheid vom 21.11.2001, GZ XXXX, sei die Höhe der Nebengebührenzulage festgestellt worden. Der Bescheid sei vom Beschwerdeführer am 06.12.2001 übernommen worden. Diese Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen. Die Verfahren seien somit allesamt rechtskräftig abgeschlossen.

 

Die Zurückweisung eines Anbringens wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG setze zum einen voraus, dass sich der Antrag auf eine rechtskräftig entschiedene Sache beziehen muss, die nur vorliege, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid, dessen Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Zum anderen muss die Partei einen rechtlichen Anspruch auf neuerliche Entscheidung in derselben Sache - sei es unter unzutreffendem Vorbringen geänderter Sach- oder Rechtslage oder unter einfachem Hinwegsetzen über den bereits rechtskräftig gewordenen Bescheid - geltend gemacht haben, der ihr nicht zustehe.

 

Hinsichtlich der Ruhe- und Versorgungsbezüge nach dem Pensionsgesetz 1965 könne nur dann eine neue bescheidmäßige Feststellung getroffen werden, wenn sich seit dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage ergeben hätten, die die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichen würden.

 

Die Frage nach dem ruhegenussfähigen Monatsbezug nach § 5 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Vorfrage für die Pensionsbemessung zu beurteilen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Erkenntnis vom 22.02.2016, Zl. W201 2111568-1, zu einem thematisch gleichgelagerten Sachverhalt ausgesprochen, dass nachträglich (anders) entschiedene Vorfragen der besoldungsrechtlichen Einstufung in rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren keine Änderung der maßgeblichen Sachlage darstellen würden. In Anwendung dieser Rechtsprechung sei der Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.

 

Zur Abänderung der pensionsbehördlichen Bescheide durch Wiederaufnahme führte die belangte Behörde aus, mit Schreiben der Landespolizeidirektion XXXX vom 20.03.2015 sei ihr erstmals mitgeteilt worden, dass seit dem Jahr 1996 ein Verfahren zur Feststellung der Einstufung des Arbeitsplatzes anhängig gewesen sei. Die Pensionsbehörde sei an den von der Landespolizeidirektion XXXX erlassenen Feststellungsbescheid betreffend die besoldungsrechtliche Stellung gebunden. Es sei aufgrund der nunmehr entschiedenen Vorfrage zu klären, ob das mittlerweile abgeschlossene Verfahren zur Bemessung des Ruhegenusses nach § 69 AVG wieder aufzunehmen sei.

 

Der Beschwerdeführer habe den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 02.02.2015, GZ XXXX, womit festgestellt worden sei, dass der vom Beschwerdeführer innegehabte Arbeitsplatz als Leiter des XXXX der Bundespolizeidirektion XXXX zum Zeitpunkt der Antragstellung (Antrag vom 03.12.1996) innerhalb der Verwendungsgruppe A 1 der Funktionsgruppe 2 zuzuordnen sei, am 04.02.2015 persönlich übernommen und an diesem Tag einen Rechtsmittelverzicht abgegeben.

 

Neben der subjektiven Frist (zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes) gebe es aber auch eine objektive Befristung des Wiederaufnahmeantrages, die von Amts wegen wahrzunehmen sei. § 14 Abs. 4 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 bestimme, dass die in § 69 Abs. 2 und 3 AVG mit drei Jahren festgesetzten Fristen in Dienstrechtsverfahren zehn Jahre betragen.

 

Da mehr als 14 Jahre zwischen Bescheiderlassung und Einbringung des Antrages vom 08.09.2015 verstrichen seien, und somit die gesetzlich definierte objektive Frist von zehn Jahren zur Antragstellung überschritten wurde, sei der Antrag als verspätet zurückzuweisen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Riedl, fristgerecht eine Beschwerde vom 09.05.2016 und brachte darin vor, der Beschwerdeführer stehe als Hofrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle sei die Bundespolizeidirektion XXXX gewesen. Er sei dort bis zu seiner Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31.07.2001 Leiter des XXXX gewesen. Dieser Arbeitsplatz sei innerhalb der Verwendungsgruppe A 1 der Funktionsgruppe 1 zugeordnet gewesen. Eine gleiche Arbeitsplatzbewertung sei mit Bescheid des BMI vom 01.09.1997 vorgenommen worden. Diesen Bescheid habe der Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung einer vom Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.12.2002, Zl. 97/12/0362, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Parallel zu diesem Verfahren habe der Beschwerdeführer die Aufwertung seines Arbeitsplatzes geltend gemacht. Puncto Bewertung (Verwendungs- und Funktionsgruppenzuordnung) des jeweils gegebenen Arbeitsplatzes sei nach diesem Erkenntnis zunächst keine neue Entscheidung ergangen. Da für den Beschwerdeführer unklar gewesen sei, ob die Zuständigkeit bei der Bundesministerin für Inneres oder bei der Bundespolizeidirektion XXXX als nachgeordnete Behörde gegeben sei, habe er mit Devolutionsantrag vom 09.04.2004 für letzteren Fall den Zuständigkeitsübergang an die Bundesministerin beantragt. Diese habe mit Bescheid vom 02.12.2004 neuerlich im Sinne einer Zuordnung des Arbeitsplatzes lediglich zur Funktionsgruppe 1 der Verwendungsgruppe A 1 entschieden. Seiner dagegen erhobenen Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.05.2008, Zl. 2005/12/0012, Folge gegeben und den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit Bescheid vom 07.08.2012 habe die Bundesministerin erneut einem Bescheid mit gleicher Arbeitsplatzbewertung wie zuvor erlassen. Auch seine Beschwerde dagegen habe Erfolg gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof habe diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 13.11.2013, Zl. 2012/12/0130, implizit dadurch beseitigt, dass er im Hinblick auf gesetzliche Zuständigkeitsänderungen den Devolutionsantrag (sinngemäß) als nachträglich obsolet geworden angesehen und zurückgewiesen habe. Der Entscheidung sei zu entnehmen gewesen, dass die Landespolizeidirektion XXXX zuständig sei. Vorsichtshalber habe der Beschwerdeführer direkt an diese den Antrag vom 25.03.2014 mit dem Begehren auf Arbeitsplatzbewertung ab 01.01.1996 gerichtet. Er habe in der Begründung auf das VwGH-Erkenntnis und sein bisheriges Vorbringen verwiesen, sodass er klar zum Ausdruck gegeben habe, dass es sich nur um eine Wiederholung des Begehrens handle, das er erstmals mit Antrag vom 03.12.1996 geltend gemacht habe. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 02.02.2015 sei auf Zuordnung seines Arbeitsplatzes zur Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A 1 entschieden worden. Diese Entscheidung sei rechtskräftig. Er habe eine amtswegige Vorgangsweise nicht nur dahingehend erwartet, dass ihm die Aktivbezüge entsprechend nachentrichtet würden, sondern auch im Sinne einer entsprechenden Anhebung des Ruhebezuges. Nachdem das nicht geschehen sei, habe er den Antrag vom 08.09.2015 an die belangte Behörde gerichtet, mit dem er die Neubemessung des Ruhebezuges ab 01.08.2001 (Beginn des Ruhestandes) begehrt habe. Dieser Antrag sei mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid zurückgewiesen worden.

 

Der Beschwerdeführer stehe auf dem Standpunkt, dass eine Neubemessung stattzufinden habe, da eine Änderung des Tatbestandes eingetreten sei. Das Erkenntnis des VwGH vom 13.11.2013 stelle ein neues Tatbestandselement dar und bedeute eine Änderung des Sachverhaltes. Der angefochtene Bescheid sei daher schon deshalb rechtswidrig, weil durch ihn der Vorrang der über den Neubemessungsantrag zu fällenden Entscheidung missachtet werde. Auch habe er überhaupt keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt.

 

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass es sich hier um eine Vorfragenthematik handle. Es sei zwar zweifellos im Sinne der VwGH-Judikatur richtig, dass die Frage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges als Vorfrage für die Pensionsbemessung zu beurteilen ist, diese Beurteilung habe jedoch nicht auf der Basis eines die Arbeitsplatzanforderungen betreffenden, von der Pensionsbemessungsbehörde erhobenen und festgestellten Sachverhaltes, sondern allein aufgrund der vorgegebenen Bewertung des Arbeitsplatzes durch das Bundeskanzleramt zu erfolgen. Demnach bestehe der maßgebliche Sachverhalt nicht darin, welche Aufgaben am Arbeitsplatz zu erfüllen seien, sondern allein darin, welche Bewertung durch das Bundeskanzleramt vorgenommen wurde. Die Pensionsbehörde dürfe nach Erachten des Beschwerdeführers überhaupt nicht abweichen, sie sei gar nicht berechtigt, aufgrund einer Erhebung der mit dem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben zu einer anderen Bewertung zu gelangen.

 

Der fristmäßige Ausschluss der Wiederaufnahme und die Verweigerung einer neuen Sachentscheidung im geänderten Sachverhalt würden zu einem Endergebnis führen, dass definitiv mit Art. 6 EMRK nicht vereinbar sei. Ein Verstoß gegen diese Grundrechtsnorm sei schon durch die lange Verfahrensdauer allein gegeben, sie habe bis zur Erlassung des positiven Arbeitsplatzbewertungsbescheides rund 17 Jahre betragen. Diese Grundrechtsverletzung werde dadurch ins Extremste gesteigert, dass der Staat bzw. seine Organe und Behörden aus den eigenen massiven Versäumnissen und sonstigen Rechtswidrigkeiten den Vorteil gewinnen wollen, eine nach überlanger Verfahrensdauer endlich doch getroffene positive Entscheidung nicht mehr umsetzen zu müssen.

 

Sollte seiner Argumentation nicht gefolgt werden, weise er in eventu darauf hin, dass es seines Erachtens das dafür erforderliche Gesetzesinstrumentarium in Form der Regelung des § 68 Abs. 2 AVG gebe. Danach könnten Bescheide von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist. Dies treffe in Ansehung der Divergenz zwischen der gemäß nunmehriger Arbeitsplatzbewertung als richtig anzusehenden und der tatsächlich vorgenommenen Pensionsbemessung zweifellos zu. Wäre auch diese Möglichkeit nicht gegeben, müsste ein anderer Weg gefunden werden, der österreichische Staat selbst sei hier in der Pflicht.

 

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass in Stattgebung seines Antrages vom 08.08.2015 (gemeint wohl: 08.09.2015) die gesetzeskonforme (höhere) Pensionsbemessung durchgeführt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung durch die belangte Behörde an diese zurückzuverweisen, und zwar mit dem Auftrag, eine Sachentscheidung im soeben angeführten Sinne zu fällen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

2. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anders lautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Absatz 2: Über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

3. Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer befindet sich in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle vor dem Ruhestand war die Bundespolizeidirektion XXXX, wo er Leiter des XXXX war.

 

Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 28.08.2001, GZ XXXX, wurde die Höhe des Ruhegenusses (Gehalt der Gehaltsstufe 19, S 48.354,80 brutto monatlich) samt Ruhegenusszulage aus der Exekutivdienstzulage (S 868,-- brutto monatlich) festgestellt, mit Bescheid vom 21.11.2001, GZ XXXX, wurde die Höhe der Nebengebührenzulage in Höhe von S 12.088,70 brutto monatlich festgestellt. Für die Bemessung des Ruhegenusses wurde innerhalb der Verwendungsgruppe A 1 die Funktionszulage der Funktionsgruppe 1, Funktionsstufe 4 herangezogen. Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 02.02.2015, GZ XXXX, wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers vom 03.12.1996 die Arbeitsplatzwertigkeit des vom Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung innegehabten Arbeitsplatzes als Leiter des XXXX der Bundespolizeidirektion XXXX wie folgt festgestellt:

"Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 2".

 

Gegen diesen Bescheid gab der Beschwerdeführer am 04.02.2015 einen Rechtsmittelverzicht ab.

 

Mit Schriftsatz vom 08.09.2015, eingelangt am 10.09.2015, beantragte der Beschwerdeführer die Neubemessung seines Ruhebezugs – rückwirkend ab 01.08.2001 - aufgrund jener Bezüge, die ihm im Hinblick darauf gebührten, dass sein Arbeitsplatz ab 03.12.1996 der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 2 zugeordnet wurde.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Zum Spruchpunkt I:

 

4.1. Zum Antrag auf Neubemessung des Ruhebezuges - rückwirkend ab 01.08.2001 - aufgrund jener Bezüge, die dem Beschwerdeführer darauf gebührten, dass sein Arbeitsplatz ab 03.12.1996 der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 2, zugeordnet wurde:

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ziel und Zweck der Regelung des § 68 AVG ist es, die Bestandskraft von Bescheiden zu schützen oder anders ausgedrückt, eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheides, insbesondere der im Spruch des Bescheides getroffenen normativen Anordnung, außerhalb des Rechtsmittelverfahrens nur unter bestimmten, vom Gesetz eng begrenzten Voraussetzungen zuzulassen. Aus den Thesen zur als die "Eigenschaft aller Rechtsnormen, dass sie - vorbehaltlich positivrechtlich gesetzter Abänderungsmöglichkeiten - grundsätzlich unabänderlich gelten" (Merkl, Lehre 244; vgl auch Kucsko-Stadlmayer, Rechtskraftlehre 121 f), folgt, dass Bescheide, wie andere generelle oder individuelle Rechtsnormen, so lange Bestand haben, bis sie auf Grund bestehender Vorschriften höherer Stufe wieder aufgehoben worden sind.

 

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß seinem Abs. 1 das Vorliegen eines "der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides", dh eines Bescheides voraus, der mit ordentlichen Rechtsmitteln iSd AVG nicht oder nicht mehr bekämpft werden kann, also bereits in formelle Rechtskraft erwachsen ist. Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines solchen Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde "nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4" des § 68 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Unter formeller ("äußerer") Rechtskraft wird die Unanfechtbarkeit des Bescheides mit ordentlichen Rechtsmitteln verstanden.

 

Die Anordnung des § 68 Abs. 1 AVG zielt in erster Linie darauf ab, die wiederholte Aufrollung einer bereits "entschiedenen Sache" ohne nachträgliche Änderung (dh bei Identität) der Sach- und Rechtslage auf Antrag der Partei oder durch die Behörde selbst zu verhindern. Anbringen, die darauf abzielen, sind gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach Judikatur und Lehre resultiert aus dieser Regelung, dass formell rechtskräftige Bescheide prinzipiell auch materiell rechtskräftig werden, oder anders gewendet, dass aus der formellen ("äußeren") Rechtskraft eines Bescheides grundsätzlich auch seine materielle ("innere") Rechtskraft folgt (zB VwGH 85/09/0016, 2000/18/0197; Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 68 Rz 5 ff).

 

Mit dem Begriff "materielle Rechtskraft" wird jedenfalls die "Unabänderlichkeit" und die "Unwiederholbarkeit" des Bescheides bezeichnet. Die Rechtskraft eines Bescheides bedeutet "in materieller Hinsicht die Bindung an den einmal erlassenen, formell rechtskräftigen Bescheid" (vgl. VwGH 90/06/0172; 2000/08/0040), also die mit dem Bescheid verbundene Bindungswirkung für die Behörden und die Parteien und zwar nicht nur hinsichtlich der normativen Aussage, sondern auch hinsichtlich der Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit.

 

Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen gehört zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens und das Prinzip der Rechtskraft ist auch in jenen Verfahren zu beachten, in denen § 68 AVG nicht ausdrücklich als anwendbar erklärt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann zB im Sozialversicherungsrecht der Umstand, dass § 68 AVG (vormals: in § 357 ASVG) nicht im § 360b ASVG angeführt ist, den Versicherungsträger keinesfalls der Verpflichtung entheben, auch in seinen Entscheidungen dem die österreichische Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz der Rechtskraft behördlicher Entscheidungen zum Durchbruch zu verhelfen, dessen Wesen in der Bindung der Behörden und Parteien an den behördlichen Ausspruch und dessen Wirkung in der Endgültigkeit und Unanfechtbarkeit der Entscheidung besteht (vgl. VwGH 90/08/0032; 2001/08/0057; 2009/08/0226).

 

Die Unabänderlichkeit ist "das bedeutendste Merkmal der Rechtskraftwirkung". Sie verbietet, dass ein Bescheid von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von einer anderen, zB der Oberbehörde, von Amts wegen abgeändert wird.

 

Unter Unwiederholbarkeit des Bescheides ist das Verbot zu verstehen, in der durch den Bescheid erledigten Sache, solange der Bescheid aufrecht ist, noch einmal ein Verfahren durchzuführen und neuerlich eine (weitere) Entscheidung zu fällen, gleichgültig, ob mit dieser der Vorbescheid bestätigt, abgeändert oder aufgehoben wird (VwSlg 10.074 A/1980; 96/05/0262; 2006/12/0066). Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache (wie gesagt nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende") ergehen. Sie wäre inhaltlich rechtswidrig und würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 68 Rz 16 ff).

 

Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der Rechtsprechung des VwGH dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem formell rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (VwGH 2004/07/0014; 2005/06/0358; 2006/06/0085). Bei der Beurteilung der "Identität der Sache" ist festzustellen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde ist dabei nicht nur § 68 Abs. 1 AVG und für die Berufungsbehörde im Hinblick auf ihre Entscheidungskompetenz § 66 Abs. 4 AVG. Vielmehr hat die Behörde die Identität der Sache im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insb. materiellrechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen (vgl. Raschauer, Rechtskraftdurchbrechungen 286 f) und sich damit auseinander zu setzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner "rechtlichen Beurteilung" (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat.

 

Auszugehen ist bei der Prüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich geändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid, ohne dabei dessen sachliche Richtigkeit (nochmals) zu ergründen, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Daher liegt Identität der Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG auch dann vor, wenn die Behörde die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens (oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung) entschieden hat.

 

Wesentlich ist eine Änderung des Sachverhalts nur dann, wenn sie für sich allein oder iVm anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist. [Vgl Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 68 Rz 23 ff.]

 

Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche die Unrichtigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dartun, handelt es sich nicht um eine Änderung des Sachverhalts. Sie sind von der Rechtskraft des Bescheides umfasst und bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 91/06/0113, 2001/11/0317; 2005/03/0065).

 

4.1.1. Gegenstand der in Rechtskraft erwachsenen Bescheide des Bundespensionsamtes vom 28.08.2001, GZ XXXX, und vom 21.11.2001, GZ XXXX, war die Bemessung des dem Beschwerdeführer ab dem Zeitpunkt des Übertrittes in den Ruhestand (mit Ablauf des 31.07.2001) gebührenden Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage, sodass hier die damals geltende Rechtslage maßgeblich ist:

 

Gemäß § 4 Abs. 1 PG 1965, idF BGBl. Nr. 86/2001, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt. Nach Abs. 2 dieser Norm bilden 80 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage.

 

Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 PG 1965, BGBl Nr 340/1965 idF BGBl I Nr 86/2001, lautet:

 

§ 5 Der ruhegenussfähige Monatsbezug besteht aus

 

1. dem Gehalt und

 

2. den als ruhegenussfähig erklärten Zulagen, die der besoldungsrechtlichen Stellung entsprechen, die der Beamte im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand erreicht hat.

 

Das (ehemalige) Bundespensionsamt als Pensionsbehörde hatte die Frage, welches Gehalt und welche als ruhegenussfähig erklärten Zulagen der besoldungsrechtlichen Stellung eines Beamten im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung entsprechen, als Vorfrage für die Pensionsbemessung zu prüfen. Dabei wäre die Behörde lediglich an rechtskräftige Feststellungsbescheide der Aktivdienstbehörde betreffend die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten gebunden. Solange ein derartiger Feststellungsbescheid jedoch nicht erlassen worden ist, steht es den nach § 2 Abs. 6 Satz 2 DVG in pensionsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen (Pensions‑)Dienstbehörden nach Maßgabe des auch im Dienstrechtsverfahren geltenden § 38 AVG zu, die für die Ermittlung der Richtigkeit maßgeblichen Vorfragen selbständig zu beurteilen (vgl. VwGH vom 2. Juli 1997, Zl. 97/12/0116, und vom 24. April 2002, Zl. 2001/12/0140).

 

Der Beschwerdeführer hätte, im Wissen um das von ihm angestrengte Verfahren bezüglich seine verwendungsrechtliche Einstufung, gegen die von der Pensionsbehörde erster Instanz bei der Bemessung des Ruhegenusses vorgenommene Einstufung in die Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 1 (mit den Bescheiden des Bundespensionsamtes vom 28.08.2001, GZ XXXX, und vom 21.11.2001, GZ XXXX Berufung erheben müssen. Die genannten Bescheide sind jedoch mangels Erhebung einer Berufung in Rechtskraft erwachsen. Ein rechtskräftiger Bescheid kann rechtmäßig nur unter der Voraussetzung einer späteren nach Eintritt der Rechtskraft eingetretenen Änderung der maßgebenden Sachund/oder Rechtslage abgeändert werden. Eine nachträglich (anders) entschiedene Vorfrage in rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ist keine derartige Änderung (vgl VwGH 2002/12/0200; obige Ausführungen, Seite 10 f dieses Erkenntnisses).

 

"Die Beschwerdeführerin hätte nämlich die von der Pensionsbehörde erster Instanz bei der Bemessung des Ruhegenusses unterlassene Beurteilung, ob ihr im Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Dienststand eine Verwendungszulage nach § 34 GehG in der Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem Gehalt und der Funktionszulage der Funktionsgruppe 2 in der Verwendungsgruppe A1 und des Gehaltes und der Funktionszulage der Funktionsgruppe 2 in der Verwendungsgruppe A2 gebührt, bereits in einem früheren Bemessungsverfahren, und zwar in dem mit dem Bescheid des Bundespensionsamtes vom 25. Juni 2001 abgeschlossenen Verfahren (im Berufungsweg), geltend machen müssen. Dieser Bescheid ist jedoch mangels Erhebung einer Berufung in Rechtskraft erwachsen. Ein rechtskräftiger Bescheid kann rechtmäßig nur unter der Voraussetzung einer späteren nach Eintritt der Rechtskraft eingetretenen Änderung der maßgebenden Sach- und/oder Rechtslage abgeändert werden. Die bloße ‚Nachholung‘ einer in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren rechtswidrig unterlassenen Vorfragebeurteilung ist keine derartige Änderung." (VwGH 2002/12/0200)

 

Die Einstufung im besoldungsrechtlichen Schema bildet eine Vorfrage im Verfahren bezüglich der Bemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage.

 

Die Anknüpfung an der "besoldungsrechtlichen Stellung" in § 5 Abs. 1 PG 1965 bewirkt, dass der im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung gebührende Gehalt und die gebührenden als ruhegenussfähig erklärten Zulagen maßgebend sind und nicht etwa jener Betrag, der einem Beamten tatsächlich zur Auszahlung gebracht wurde. Die Frage, welcher Gehalt und welche als ruhegenussfähig erklärten Zulagen der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung entsprechen, hat die Pensionsbehörde als Vorfrage für die Pensionsbemessung zu prüfen. Dabei ist sie freilich an rechtskräftige Feststellungsbescheide der Aktivdienstbehörde betreffend die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten gebunden (VwGH 2002/12/0200).

 

Auch der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.11.2007, Zl. 2007/12/0073, festgehalten, dass allenfalls durch Wiederaufnahme des Verfahrens die Beseitigung der mit rechtskräftigem Bescheid vorgenommenen Ruhegenussbemessung in Frage kommt. Dies hat der VwGH zuletzt in seinem Erkenntnis vom 25.01.2017, Zl. Ra 2016/12/0119, worin er zur Frage der Zulässigkeit von Neubemessungsanträgen ohne vorangehende Wiederaufnahme des Verfahrens auf das genannte Erkenntnis verweist, bestätigt.

 

Aus diesem Grund steht einer neuerlichen "bescheidmäßigen Absprache" § 68 Abs. 1 AVG (res iudicata) entgegen.

 

Wenn der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK vermeint, ist darauf hinzuweisen, dass zwar gegen die zu einem thematisch gleichgelagerten Sachverhalt ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. W201 2111568-1/5E am 04.04.2016 gemäß Art. 144 B-VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben wurde, der VfGH jedoch mit Beschluss vom 09.11.2016, Zl. E 614/2016-7, die Beschwerde gegen das gleichlautende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2016 über nachträglichen Antrag im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

 

Zum Spruchpunkt II:

 

Mit dem zweiten Spruchteil des angefochtenen Bescheids hat die belangte Behörde den Antrag vom 10.09.2015 wegen Versäumung der gesetzlichen Frist für eine Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 2 AVG zurückgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer hat – wie er in seiner Beschwerde selbst ausführt - jedoch keinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.

 

Die Behörde hat sohin in einem grundsätzlich antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren ohne einen diesbezüglichen Antrag eine behördliche Entscheidung getroffen. In dieser Fallkonstellation ist von einer mangelnden Zuständigkeit der Behörde auszugehen. Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt nämlich auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. VwGH 16.11.1983, 83/01/0243; 9.7.1985, 83/07/022725; 23.2.1996, 93/17/0200), auf Verfassungsebene das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (vgl. VfGH 20. 6. 1964, Slg. Nr. 4730, 19. 3 1968, Slg. Nr. 5685).

 

Nach § 27 VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht unabhängig vom Beschwerdevorbringen die Unzuständigkeit der Behörde aufzugreifen. Damit erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Frist des Wiederaufnahmeantrages und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zur Anregung des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Wiederaufnahme gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG wird darauf hingewiesen, dass in der gegenständlichen Fallkonstruktion die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt werden.

 

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

 

§ 24 VwGVG bestimmt Folgendes:

 

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

 

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

 

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

 

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht beantragt und hält das Bundesverwaltungsgericht eine solche auch nicht für erforderlich:

 

Die Schriftsätze der Parteien des gegenständlichen Verfahrens und die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unstrittig, strittig ist ausschließlich dessen rechtliche Beurteilung.

 

Auch im Lichte des Art 6 EMRK und/oder Art 47 GRC erscheint eine mündliche Verhandlung nicht geboten:

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom 5. September 2002, Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis des VwGH vom 17. September 2009, 2008/07/0015). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte ("where the facts are not disputed and a tribunal is only called upon to decide on questions of law of no particular complexity, an oral hearing may not be required under Article 6 § 1").

 

Außergewöhnliche Umstände wurden vom EGMR beispielsweise bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche dann angenommen, wenn solche Umstände vorliegen, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29).

 

Zum Spruchpunkt III:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH Ra 2014/07/0053).

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