BVwG W228 2156431-1

BVwGW228 2156431-123.6.2017

AVG 1950 §71
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W228.2156431.1.00

 

Spruch:

W228 2156431-1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von Mag. XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. XXXX, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter vom 28.03.2017, GZ: XXXX, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (im Folgenden: BVA) hat mit Bescheid vom 21.09.2016, GZ: XXXX, festgestellt, dass Mag. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 01.05.2016 an ein Ruhegenuss von monatlich brutto € 4.555,91 gebührt. Dazu gebührt ein Erhöhungsbetrag von monatlich brutto € 394,97. Außerdem gebührt eine Nebengebührenzulage von monatlich brutto € 1.212,92. In der Begründung dieses Bescheides wurde die Berechnung der Pension des Beschwerdeführers dargestellt.

 

Die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schriftsatz vom 28.11.2016 unter Punkt I. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und unter Punkt II. eine Bescheidbeschwerde eingebracht. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde wie folgt begründet: Der Bescheid der BVA vom 21.09.2016 sei dem Beschwerdeführer am 30.09.2016 zugekommen. Mit diesem Bescheid sei sein Ruhebezug ausgehend davon bemessen worden, dass der Rechtsgrund seiner Ruhestandsversetzung § 236d BDG 1979 gewesen sei. Dies obwohl er die Ruhestandsversetzung gemäß § 236b BDG als seine primäre Zielsetzung deklariert habe. Der Beschwerdeführer sei davon ausgegangen, dass über die Rechtsgrundlage der Ruhestandsversetzung nur die für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde entscheiden könne, während jede andere Behörde diesbezüglich nur zu einer Vorfragenbeurteilung zuständig sei. In dieser Meinung sei er dadurch bestätigt worden, dass ein von ihm im Sinne seiner Zielsetzung an die Pensionierungsbehörde gestellter Antrag sowohl von dieser wie auch in weiterer Folge (nach Beschwerdeerhebung) vom Bundesverwaltungsgericht als zulässig behandelt worden sei, wenn auch mit der Maßgabe inhaltlich abschlägiger Entscheidungen. Nunmehr habe jedoch der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0015, auf Zurückweisung der Revision des Beschwerdeführers entschieden und hierbei zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsgrundlage für die Ruhestandsversetzung und damit auch für die Ruhegenussbemessung nicht mehr durch eine weitere Entscheidung der Pensionierungsbehörde geklärt werden könne, sondern nur im Rahmen einer Anfechtung der Ruhegenussbemessungsentscheidung. Der Bescheid vom 21.09.2016 müsse somit vom Beschwerdeführer mit Beschwerde angefochten werden, damit er erreiche, dass für die Bemessung seines Ruhebezuges nicht § 236d, sondern § 236b BDG 1979 als Pensionierungsgrundlage gewertet werde. Dieses Anfechtungserfordernis sei dem Beschwerdeführer erst durch die Entscheidung des VwGH zur Kenntnis gebracht worden, es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen und sei er daher iSd § 33 Abs. 1 VwGVG an der Einhaltung der Beschwerdefrist durch ein unvorhergesehenes Ereignis verhindert gewesen. Er stelle daher den Antrag, die Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 21.09.2016 zu gewähren. Für den Fall der Stattgebung dieses Antrags bringe er eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. In der Folge wurde das Beschwerdevorbringen erörtert.

 

Die BVA hat mit Bescheid vom 28.03.2017 den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 1 Abs. 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 iVm § 71 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraussetze, dass sich das unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis, das den Beschwerdeführer an der Vornahme einer befristeten Prozesshandlung hinderte, vor Ablauf der Frist ereignet haben müsse. Der Beschwerdeführer bezeichne in seinem Antrag den zurückweisenden Beschluss des VwGH vom 25.10.2016 als das unvorhergesehene Ereignis. Dieser Beschluss sei dem Vertreter des Beschwerdeführers am 15.11.2016 zugestellt worden, also lange nachdem der Bescheid der BVA vom 21.09.2016 in Rechtskraft erwuchs. Die Annahme des Beschwerdeführers, dass dem Bescheid der BVA vom 21.09.2016 keine für den Rechtsgrund seiner Pensionierung wesentliche Bedeutung zukomme, sei nicht geeignet, das Vorliegen der für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erforderlichen Voraussetzungen darzutun, da ein Rechtsirrtum über das Bestehen einer Beschwerdemöglichkeit nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis qualifiziert werden könne.

 

Gegen diesen Bescheid vom 28.03.2017 hat die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 27.04.2017 Beschwerde eingebracht. Begründend wurde - nach einer ausführlichen Darstellung des Sachverhalts - ausgeführt, dass die belangte Behörde ihre abschlägige Entscheidung damit begründet, dass der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist aufgrund einer unrichtigen Rechtsauffassung versäumt habe und dies kein Hindernis im wiedereinsetzungsrechtlichen Sinne sei, sondern bedürfe es vielmehr eines (vor Fristablauf eingetretenen) "Ereignisses". Die belangte Behörde irre außerdem in der maßgeblichen Rechtsnorm, es sei dies nicht § 71 AVG, sondern § 33 VwGVG. § 33 VwGVG bringe jedoch zum Ausdruck, dass nicht von einer engen Bedeutung des Begriffs "Ereignis" auszugehen sei. Zudem gehe es nicht darum, dass der Beschwerdeführer zuerst einer bestimmten Rechtsmeinung gewesen sei und sich dann erst besser informiert hätte, sondern, dass eine Rechtsauffassung durch eine höchstgerichtliche Entscheidung als verfehlt qualifiziert worden sei. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass es nicht im Sinne des Gesetzes sei, formalbegriffliche Erfordernisse als Entscheidung zu nehmen, sondern die Frage, ob dem Betroffenen ein Vorwurf im weitesten Sinn einer Nachlässigkeit gemacht werden könne. Gerade das sei hier offensichtlich nicht der Fall. Klargestellt sei dazu, dass sich der Beschwerdeführer nach Zustellung des Ruhebezugsbemessungsbescheides auch nicht etwa an seinen rechtsanwaltlichen Vertreter gewandt habe. Er habe dazu keine Veranlassung gesehen, weil er eben davon ausgegangen sei, dass die strittige Frage in jenem anderen Verfahren anhängig sei und niemand auch nur die Möglichkeit in den Raum gestellt hatte, dass es dort einen Zuständigkeitsmangel geben könnte. Anzumerken sei zudem, dass bei Falltypen der gegenständlichen Art eine restriktive Handhabung des Wiedereinsetzungsrechts dazu führe, dass in einem Übermaß mehrere Rechtsmittel erhoben bzw. mehrere Behörden angerufen werden, und zwar selbst im Fall einer äußersten Unwahrscheinlichkeit einer diesbezüglichen Notwendigkeit. Dies könne weder im Sinne der Rechtsschutzsuchenden als angebracht angesehen werden noch sei es im Interesse der öffentlichen Verwaltung gelegen. Den Begriff des minderen Verschuldens (minderen Grad des Versehens) habe der VwGH dahin definiert, dass er insoweit gelte, als "nicht auffallend sorglos gehandelt" wird. Dergleichen könne dem Beschwerdeführer gewiss nicht angelastet werden. Richtigerweise hätte daher der Wiedereinsetzung Folge gegeben werden müssen.

 

Die Beschwerdesache wurde am 10.05.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Am 19.05.2017 übermittelte die BVA eine vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerdeberichtigung vom 02.05.2017.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für Inneres.

 

Mit Antrag vom 12.11.2012 stellte der Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, durch welchen er die Aufhebung der die Nachteilswirkung entfaltenden Gesetzesbestimmungen des BDG 1979 begehrte. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 12.06.2013, Zl. G109/2012-4, G 110-112/2013-3 mit der sinngemäßen Begründung zurückgewiesen, dass es möglich und zumutbar ist, im Wege der Erwirkung und Anfechtung eines Feststellungsbescheides an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten. Der Beschwerdeführer brachte einen Antrag in diesem Sinne ein und in Erledigung dieses Antrags wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 13.11.2013 festgestellt, dass die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers mit Ablauf des 28.02.2014 zu diesem Zeitpunkt nicht auf Basis des § 236b BGD 1979, sondern nur auf Basis des § 236d BDG 1979 erfolgt ist. Über die dagegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Verfassungsgerichtshof abschlägig entschieden.

 

Der Beschwerdeführer bewirkte in der Folge die Fortsetzung des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof und dieser hat den Bescheid mit Erkenntnis Zl. Ro 2014/12/0046 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Das Verfahren wurde in weiterer Folge beim Bundesministerium für Inneres fortgesetzt. Die Dienstbehörde sowie nach Beschwerdeerhebung das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 16.06.2016, W106 2122062-1/3E, eine Sachentscheidung im Sinne einer Nichtanwendbarkeit des § 236b BDG 1979 getroffen.

 

Die vom Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis vom 16.06.2016 erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0015, zurückgewiesen. Er hat dies damit begründet, dass nach der effektiv erfolgten Pensionierung eine Zuständigkeit der Pensionierungsbehörde für eine Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsgrund nicht mehr gegeben war, sondern diesbezüglich nur mehr eine Vorfragenbeurteilung im Rahmen der Ruhebezugsbemessung mit Zuständigkeit der Ruhebezugsbemessungsbehörde in Frage kam.

 

Zu diesem Zeitpunkt war der Bescheid der belangten Behörde vom 21.09.2016 über die Bemessung des Ruhebezuges des Beschwerdeführers bereits rechtskräftig. Dieser Bescheid beruht auf der Annahme, dass der Rechtsgrund für die Pensionierung § 236d BDG gewesen sei.

 

In der Folge hat die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 28.11.2016 unter Punkt I. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und unter Punkt II. eine Bescheidbeschwerde eingebracht.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

 

Der Sachverhalt ist in den entscheidungsrelevanten Bereichen unstrittig. Vorliegend handelt es sich vielmehr um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

Die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im AVG lauten wie folgt:

 

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

 

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, [...]"

 

§ 33 VwGVG nimmt ausschließlich auf die Wiedereinsetzung jener Verfahren Bezug, welche beim Verwaltungsgericht anhängig waren. Im gegenständlichen Fall gilt es jedoch die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der BVA zu prüfen, mit welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung eines vor der BVA geführten Verfahrens abgewiesen wurde. Nun bietet der Gesetzgeber für solche Fälle keine Rechtsgrundlage, weil - vermittelt durch § 17 VwGvG -der IV. Teil des AVG und somit auch § 71 leg. cit. auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht mehr anwendbar ist. Es kann dem Gesetzgeber jedoch nicht zugesonnen werden, für solche Fälle keine Regelung zur Verfügung stellen zu wollen, weil damit das Rechtsschutzinteresse der Rechtsunterworfenen hintangestellt wäre. So sah dies auch der VfGH in seiner Entscheidung vom 18.06.2014, G5/2014. Dort führte er aus: "Da die Bestimmungen des Art130 Abs4 B-VG und §28 VwGVG dem Verwaltungsgericht ermöglichen, eine Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages wegen entschiedener Sache oder des Fehlens einer anderen Prozessvoraussetzung zum Inhalt seiner Sachentscheidung zu machen, unterscheidet sich insoweit die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes nicht von jener des VwGH (sofern dieser in der Sache selbst entscheidet), sodass sich die Frage der sachlichen Rechtfertigung unterschiedlicher Verfahrensbestimmungen im vorliegenden Zusammenhang gar nicht erst stellt." Aus diesem Grund hat der erkennende Richter § 71 AVG, der durch die BVA im gegenständlichen Bescheid angewendet wurde, bei der Entscheidungsfindung anzuwenden.

 

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (z. B. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann.

 

Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (z. B. VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

 

Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z. B. VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136).

 

Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung jedenfalls dann, wenn der Partei Vorsatz oder offenkundige Sorglosigkeit vorzuwerfen ist.

 

Diese Judikatur ist unzweifelhaft auch auf den gleichlautenden Begriff "unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis" in § 33 Abs. 1 Z1 VwGVG, der erkennbar § 71 Abs. 1 Z 1 AVG nachgebildet ist, übertragbar.

 

Im gegenständlichen Fall führt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 27.04.2017 selbst aus, dass er nach Zustellung des Ruhegenussbemessungsbescheides vom 21.09.2016 nicht seinen Rechtsbeistand befasst habe. Dies ist jedenfalls als auffallend sorglos zu werten, da im Falle einer etwaigen (schuldhaften) Fehlberatung zumindest die Betriebshaftpflichtversicherung des Rechtsanwaltes haften würde.

 

Das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, wonach bei Falltypen der gegenständlichen Art eine restriktive Handhabung des Wiedereinsetzungsrechts dazu führe, dass in einem Übermaß mehrere Rechtsmittel erhoben bzw. mehrere Behörden angerufen werden, und zwar selbst im Fall einer äußersten Unwahrscheinlichkeit einer diesbezüglichen Notwendigkeit, kann nicht zum Erfolg führen, zumal im Zweifel - wenn eine Geltendmachung in mehreren Verfahren möglich ist - jedenfalls alle Rechtsmittel im Sinne einer Eventualmaxime wahrzunehmen sind.

 

Die BVA hat daher mit Bescheid vom 28.03.2017 zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

 

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.03.2017 ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Das Erkenntnis hält sich an die zitierte Judikatur des VwGH. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellte sich dem erkennenden Richter nicht.

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