BVwG L518 2135945-1

BVwGL518 2135945-18.6.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L518.2135945.1.00

 

Spruch:

L518 2135945-1/36E

 

L518 2135938-1/20E

 

L518 2135942-1/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, gesetzlich vertreten durch die Mutter

XXXX , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 – bP3 bezeichnet) bP 1 und bP 2 brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 17.06.2014 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

Die minderjährige, in Österreich geborene bP 3 ist der Sohn der bP 1 und bP 2. Für sie wurde am 26.02.2015 unter Vorlage einer österr. Geburtsurkunde ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Die bP 2 brachte befragt zu den Fluchtgründen des Sohnes vor, dass dieser keine eigenen Gründe habe. Die bP 2 selbst stützte sich auf die Gründe ihres Lebensgefährten, die bP 1 und gab an, selbst auch keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Die bP 2 habe in Armenien keinerlei Probleme gehabt.

 

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP 1 Folgendes vor:

 

Sie habe seit vier Jahren heilige Bücher (die Bibel) auf Farsi gedruckt von Armenien nach Teheran gebracht. Dort sei sie bereits Anfang 2013 bei der Übergabe an einen Freund von der Polizei kontrolliert worden. Der Freund der bP 1 hätte jedoch jemanden angerufen, woraufhin die Polizisten weggefahren wären. Am XXXX 2014 habe sie wieder – gemeinsam mit einem Bekannten – im Auto Bücher an seinen Freund XXXX , idF H übergeben. Die Polizei hätte sie dieses Mal festgenommen, die Bücher gefunden und die bP 1 auf der Polizeistation geschlagen. Die Wohnung des Vaters der bP 1 sei durchsucht und die Dokumente der bP 1 beschlagnahmt worden. Die bP 1 wäre freigekommen, da der Vater die Polizisten bestochen hätte. Die bP 1 führte als Staatsangehörigkeit und Staat der Geburt den Iran an, gab jedoch eine armenische Wohnsitzadresse an. Im Falle der Rückkehr würde die bP 1 wegen Missionierungstätigkeiten für das Christentum im Iran mit dem Tode bestraft.

 

Vor der belangten Behörde führte die bP 1 am 01.01.2015 ebenso diese Gründe ins Treffen.

 

Die bP legten vor der belangten Behörde vor:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

I.2. In der von der belangten Behörde eingeholten Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 9. 2. 2015 (Zusammenarbeit der Polizei, Auslieferung) ist festgehalten, dass Armenien und Iran als benachbarter Länder eine gute Basis für die rechtliche Zusammenarbeit haben. Insbesondere haben beide Länder 2 gegenseitige Vereinbarungen zur rechtlichen Zusammenarbeit unterzeichnet (rechtliche Zusammenarbeit in Zivil- und Strafrechtsachen, und Auslieferung). Die genannten Vereinbarungen betreffen demnach alle Fälle die von der Gesetzgebung beider Länder vorgegeben sind. Die Auslieferung einer Person kann unter anderem verweigert werden, wenn das fragliche Delikt im angefragten Staat nicht strafbar ist, oder die Auslieferung im Widerspruch zu grundlegenden Rechtsprinzipien des angefragten Staates stehen würde. Der Import religiöser Literatur ist zum einen in Armenien legal und kann nicht als Schmuggel betrachtet werden, Religionsfreiheit ist zum anderen ein grundlegendes Rechtsprinzip. Daher gäbe es nach Ansicht des Sachverständigen, basierend auf den vorhandenen Informationen, zumindest 2 rechtliche Gründe, die gegen die Auslieferung des Antragstellers an den Iran sprechen würden.

 

In der Anfragebeantwortung vom 16. 2. 2015 (Schmuggel von Bibeln in Farsi, Zusammenarbeit mit der Polizei) ist festgehalten, dass die Frage, mit welchen Folgen eine Person zu rechnen hat, die gedruckte Bibeln von Armenien in den Iran schmuggelt und übergibt und dabei von der Polizei angehalten wird, eher akademischer denn praktischer Natur sei. Dies da sowohl die armenische Kirche als auch die Republik von Armenien aus den verschiedensten Gründen exzellente Beziehungen mit dem Staat Iran unterhalten. Angenommen, dass ein solches Ereignis tatsächlich stattgefunden hätte, und dass ein armenischer Iraner sich entschloss, das iranische Regime heraus zu fordern, dann würde der Zoll die Angelegenheit dem Ministerium für islamische Führung melden, mit dem Ersuchen um Klärung. Das Ministerium würde ein Bestätigungsschreiben aus dem Büro des armenischen Erzbischofs erbeten, zu bestätigen, dass das Material tatsächlich für armenisches Publikum bestimmt ist.

 

Laut US-DOS berichteten einige christliche Interessengruppen, dass die Regierung die armenische, assyrischen und evangelikalen Kirche unter Druck setzt, ihre Gottesdienste zu beenden. Regierungsbeamte konfiszieren häufig Bibeln und setzen Verlage unter Druck, welche Bibeln oder nicht genehmigte nicht muslimische Materialien drucken. Missionierung wird mit dem Tod bestraft. Es gibt mehrere anerkannte religiöse Minderheiten, deren Vertreter aber zumindest selbst immer wieder betonen, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Anerkannte religiöse Minderheiten sind laut Verfassung unter anderem Christen. Diese sind in ihrer Religionsausübung im Vergleich mit anderen Ländern der Region relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Repressionen betreffen Missionierung der Christen, unabhängig davon, ob diese zuvor konvertiert sind. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts findet Missionsarbeit hauptsächlich durch evangelikalen Freikirchen sowie in geringerem Umfang durch die assyrischen und armenische evangelische Kirche statt. Staatliche Maßnahmen wie Verhaftungen und Einschüchterungen richten sich hier bisher ganz überwiegend gezielt gegen die Kirchenführer und in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen.

 

Der Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft Teheran gibt zusammengefasst an, dass die iranische Regierung exzellente Beziehungen zu armenischen Institutionen innerhalb und außerhalb des Irans unterhält. Es gibt eine aktive Zusammenarbeit in Geheimdienstangelegenheiten der beiden Länder sowie Verträge betreffend Auslieferung von Kriminellen, Unterdrückung von organisierter Kriminalität, Terrorismus, Drogenhandel, Geldwäsche und bezüglich anderer Belange der Sicherheit und Justiz.

 

I.3. Die bP 1 wurde am 5. 8. 2015 erneut einvernommen. Hinsichtlich der Buchhandlung wo die bP 1 die Bibeln gekauft hätte, wurde von ihr angegeben, dass sie die genaue Adresse nicht kenne, aber die Gegend XXXX und der Laden XXXX heiße. Den Namen der Druckerei, wo er die Bibeln drucken hätte lassen, konnte er demgegenüber gar nicht benennen. Erst nach Rückübersetzung führte er an, dass die Druckerei in Jerewan, im " XXXX gelegen sei und der Abteilungsleiter, mit welchem er kommuniziert hätte, damals XXXX geheißen hätte.

 

I.4. In der eingeholten Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 7. 9. 2015 ist festgehalten, dass die bP 1 in dem von ihr angeführten Geschäft nicht bekannt ist. Man hätte dort versichert, dass man nie Bestellungen oder mehrere Exemplare der Bibel auf Farsi auf Lager gehabt habe, lediglich eine Kopie hätte man im Shop zum Verkauf angeboten. Dieses Exemplar sei von der Bible Society of Armenia zur Verfügung gestellt worden und dieses hätte mitgeteilt, dass Bibeln auf Farsi nicht in Armenien gedruckt werden, sondern vom Ausland importiert werden. Der vom BF angeführte Buchverlag in Jerewan konnte ausfindig gemacht werden, befand sich jedoch weit entfernt von dem vom BF beschriebenen Ort. Auch dort informierte man, dass man nie Bibeln auf Farsi gedruckt oder Bestellungen dafür erhalten habe. Niemand im Verlag erkannte die bP

1. Ebenso wurde mitgeteilt, dass es dort keinen Manager oder Mitarbeiter mit dem vom bP 1 angegebenen Namen gäbe.

 

I.5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 07.09.2015 wurden den bP die Anfragebeantwortungen zur Stellungnahme übermittelt. Die entsprechende Stellungnahme langte am 24.09.2015 ein. Vorgelegt wurde ein Schreiben von XXXX (idF M), eine Internetadressen betreffend den Buchladen, Telefonnummern und eine Diskussion aus dem armenischen Parlament betreffend der Problematik der Nichtauslieferung von Personen, welche im Iran von der Todesstrafe bedroht sind.

 

I.6. Am 22.02.2016 sowie 30.03.2016 wurde die bP 1 erneut einvernommen. Die bP legte hierbei diverse Unterlagen zur Integration vor und konnte die Adressen des Vaters im Iran nicht in Farsi schreiben bzw. den Dolmetscher nicht in Farsi begrüßen. Weiters konnte sie keinerlei Identitätsnummern oder die vollständige Adresse des Vaters (es fehlte die TOP Nummer, welche sie nicht wisse) bekannt geben.

 

I.7. Am 01.04.2016 langte eine weitere Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ein, welche zum Parteiengehör der bP 1 übermittelt wurde. Festgehalten war darin, dass an der von der bP 1 angegebenen Adresse im Iran, welche gefunden wurde, nicht der Vater der bP 1 sondern eine Tante mütterlicherseits lebt. Der Vater hätte nie dort gelebt. Die Tante ( XXXX , idF S) konnte keine Familienfotos oder dergleichen vorlegen und meinte, dass sie über den Verbleib der bP 1 oder deren Vater wegen eines Familienstreits nichts wisse. Der Name der bP 1 schiene im iranischen Geburtenregister (in allen erdenklichen Schreibweisen, insbesondere der in Farsi übermittelten) nicht auf und spräche die Tatsache, dass sie kein Farsi spricht, eindeutig gegen die Behauptung, die bP 1 sei iranischer Armenier, da auch diejenigen, die im Iran nicht zur Schule gehen, Farsi sprechen könnten. Auch betreffend dem Vater hätte keine iranische Staatsangehörigkeit festgestellt werden können.

 

Am 22.04.2016 langte zu dieser Anfragebeantwortung im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme ein. Im Iran seinen Personen aufgefordert, keine Kontakte mit Ausländern zu pflegen und hätten die Verwandten der bP 1 deshalb keine ausführlichen bzw. irreführenden Informationen per Telefon gegeben. Die Adresse der Tante liege zwar in der Nähe seines Vaters, es sei jedoch eine andere, welche die bP 1 nunmehr konkretisierte.

 

I.8. In der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.04.2016 hinsichtlich Armenien ist zusammenfassend festgehalten, dass die bP 1 (wie der Vater und die Tante XXXX ) die armenische Staatsbürgerschaft inne hat und dort gemeldet ist. Die bP 1 und der Vater sind demgemäß an einer Adresse gemeldet, an welcher auch XXXX gemeldet ist.

 

In der Stellungnahme hierzu wurde ausgeführt, dass es eventuell eine weitere Person mit dem Namen der bP 1 gäbe, das Wählerverzeichnis nicht vertrauenswürdig (vorgelegter Berichte zum Thema Wahlbetrug, mehr Stimmen) sei und die bP die Adresse, an welcher sie angeblich gemeldet sei, nicht kenne. Sie führte als ihre alte Adresse wieder – wie bereits in der Erstbefragung – die XXXX an. Das Geburtsdatum des Vaters wurde korrigiert und lebe seine Tante nicht an der von der Vertrauensperson angegebenen Adresse, sondern bei der Nummer 82/92 und nicht 89/92, XXXX die an letzter Adresse gemeldet ist, kenne er nicht. Vorgelegt wurden eine armenische Stromrechnung und die iranische Geburts- und Taufurkunde.

 

I.9. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

I.10. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP als nicht glaubwürdig aufgrund des näher dargestellten, unplausiblen und widersprüchlichen Vorbringens sowie der eingeholten Anfragebeantwortungen.

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

 

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

 

Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

I.11. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. In der Folge langten per Mail weitere Unterlagen zur Integration der bP ein.

 

Vorgelegt wurden von den bP mit der Beschwerde:

 

? Unterstützungsschreiben Chorleiter sowie Chor mit Beitrag aus Gemeinderundschau und Pfarrblatt

 

? Liste mit Chormitgliedern

 

? Bestätigung über den erfolgreichen Pflichtschulabschluss und Zeugnis der bP 1

 

? Diverse Unterstützungsschreiben von Privatpersonen sowie vom Flüchtlingsbeauftragten der Gemeinde

 

? Bestätigung erste Hilfe Kurs bP 1

 

? Abschlusszertifikate Sprachkompetenzzentrum bP 1 und bP 2

 

? Bilder von einer Ausstellung zum Thema Flüchtlinge mit Zitat von bP 1

 

? Deutschprüfungszeugnisse bP 1 und bP 2

 

? Bilder der bP 1 in einer Druckerei bzw. vor Gebäuden und von Bibeln in Armenien

 

? Auszug aus einem Onlineverkaufsshop von Büchern

 

? Bilder des Facebookaccounts von M samt Onlinevisitenkarte

 

I.12. Der bP wurden mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.10.2016 aktuelle Länderberichte zur Lage in Armenien gleichzeitig mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung und einer Aufforderung zur Mitwirkung im Verfahren, zur Kenntnis gebracht.

 

I.13. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 09.11.2016 brachten die bP vor, bisher im Asylverfahren wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Sie legten Empfehlungsschreiben (Caritas, Musikprojekt, Sprachtrainer, Pfarrer) vor und ging die bP 1 konkret auf die eingeholten Anfragebeantwortungen ein.

 

I.14. In der Folge wurden vom BVwG weitere Erhebungen veranlasst.

 

Es langte eine entsprechende Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Teheran vom 30.01.2017 ein. Darin wurde zur Fragestellung, ob der BF an der von ihm nunmehr angegebenen Adresse in Teheran gelebt hat bzw. ob dort sein Vater lebt und bekannt ist, ausgeführt, dass die angeführte Adresse ausfindig gemacht werden konnte. Die bP 1 sei jedoch kein iranischer Armenier sondern Staatsangehöriger der Republik Armenien und nicht im Iran wohnhaft. Auch der Vater der bP 1 sei nicht an dieser von der bP 1 genannten Adresse wohnhaft und sei in der Nachbarschaft nicht bekannt. An der genannten Adresse lebe eine iranische Armenierin ( XXXX ), welche sich als die Tante der bP 1 vorgestellt hat. Dies sei jedoch später zurückgezogen worden, als sie aufgefordert worden ist, Fotografien bzw. Beweismittel in Bezug auf die Blutsverwandtschaft vorzuweisen. Letztlich habe sie angegeben, dass die Mutter des bP 1 gestorben sei und sie aufgrund der familieninternen Fehde nicht wüsste, wo der Vater der bP 1 leben würde. Auch ein Haftbefehl habe nicht bestätigt werden können. Vor dem Hintergrund der guten Beziehungen zwischen der armenischen Kirche und der iranischen Regierung würden Aktivitäten, wie sie die bP erst gesetzt haben will, nicht als wahrscheinlich angesehen werden. Der vorgelegte Taufschein ist gemäß Anfragebeantwortung authentisch, es ist aber in der Bescheinigung selbst angeführt, dass der Eintrag nur gemäß eidesstattlichen Aussagen von verlässlichen Zeugen vom Bischof erfolgt ist und nicht etwa aufgrund der Vorlage eines iranischen ID Dokuments beruht.

 

Im Erhebungsbericht des Vertrauensanwaltes in Armenien vom 06.02.2017 wurde mitgeteilt, dass zahlreiche Nachbarn an der nunmehr bekannt gegebenen Adresse in Armenien, wo sich die bP angeblich vor der Ausreise aufgehalten hätten, befragt wurden, ob sie die bP 1 (mittels Vorlage eines Fotos) kennen. Alle gaben an, den Mann auf dem Foto nicht zu kennen und könne demgemäß die bP 1 nicht dort gelebt haben. Die Wohnung gehöre höchstwahrscheinlich der Familie der Tante der bP 1.

 

Die bP 1 sei Staatsbürger der Republik Armenien, in Armenien gemeldet und in der Wählerliste registriert. Es wurden die vollständigen Daten samt Meldeadresse, welche von der von der bP 1 angegebenen abweicht, angeführt.

 

Die Erhebungsergebnisse wurden den bP mit Schreiben vom 20.02.2017 zur Stellungnahme übermittelt.

 

Am 07.03.2017 wurde eine entsprechende Stellungnahme übermittelt.

 

I.15. Mit Schreiben vom 30.03.2017 wurden weitere Unterlagen (Inskriptionsbestätigung, Wohnsitzbestätigung) vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

 

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat Armenien der Mehrheits- und Titularethnie angehörige armenische Christen, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP 1 ist armenischer und nicht iranischer Staatsangehöriger. Die bP 1 und 2 haben vor ihrer Ausreise in Armenien gemeinsam gelebt. Die bP sprechen Armenisch, Russisch und Englisch. Die bP sind Drittstaatsangehörige.

 

Die beschwerdeführenden Parteien bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

 

Die Pflege und Obsorge der in Österreich geborenen bP3 ist durch bP1 und bP2, welche nicht verheiratet sind, jedoch gemeinsam leben, gesichert.

 

Zahlreiche Familienangehörige wie die Eltern und der Bruder der bP 2 sowie eine Tante der bP 1 mit ihrer Familie leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP. Die bP haben Kontakt mit ihren Angehörigen in Armenien.

 

Eine Schwester der bP 2, welche die bP zeitweise finanziell unterstützt, lebt seit 2003 in Österreich. Die bP 2 hat diese Schwester im Jahr 2012 mittels Touristenvisum besucht.

 

Die bP 1 hat nach der Grundschule die Universität besucht und einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. Die bP 1 hat als Friseur sowie als Tutor und Techniker in einem Internetcafe gearbeitet.

 

Die bP 2 hat in Armenien die Grundschule und im Anschluss die Universität besucht. Sie hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und zuletzt vor ihrer Ausreise als Bankangestellte gearbeitet. Sie ist für das Sommersemester 2017 für ein Fernstudium inskribiert.

 

Die bP 1 und 2 haben Deutschkurse besucht, die Prüfung B2 abgelegt und sprechen dementsprechend Deutsch (selbstständige Sprachverwendung). Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie beziehen die Grundversorgung.

 

Die bP leiden an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, sind in keiner Behandlung.

 

Die bP nehmen an Proben und Aufführungen des Kirchenchors teil. Die bP 1 ist im Rahmen der Nachbarschaftshilfe ehrenamtlich bei der Gemeinde tätig und erhält eine finanzielle Entschädigung für die Tätigkeiten als Hausmeister im Caritas-Quartier. Sie hat überdies über das Projekt Albatros den Hauptschulabschluss absolviert und gibt ehrenamtlich Nachhilfe in Mathematik. Die bP 2 nimmt an einem Flüchtlingsmusikprojekt sowie einem Hilfsprojekt für Flüchtlingskinder in der Gemeinde teil. Die bP 1 hat einen erste Hilfe Kurs absolviert. Die bP verfügen über normale soziale Kontakte.

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Identität der bP steht fest.

 

Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien – Anfragebeantwortungen

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1. Politische Lage

 

Armenien (arm.: Hayastan) ist knapp 29.800 km² groß und hat etwas über 3 Millionen Einwohner. Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier, 1,2% Jesiden, 0,4% Russen und Angehörige kleinerer Minderheiten wie Assyrer, Kurden oder Griechen (NSS-RA 2013, vgl. CIA 28.10.2015).

 

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik mit einem seit 1995 semi-präsidentiellen System (SPO 17.2.2014). Allerdings ist für den 6.Dezember 2015 ein Verfassungsreferendum vorgesehen, dass das Land in ein parlamentarisches System umwandeln soll, wobei der Präsident nicht mehr durch das Volk, sondern vom Parlament gewählt wird. Die Oppositionsparteien protestierten gegen die Verfassungsänderung, weil sie dahinter die Absicht einer Machtkonzentration der Regierungspartei unter dem jetzigen Staatspräidenten, Serzh Sarksyan, vermuten (RFE/RL 8.10.2015).

 

Das Einkammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Dabei kommt eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht zur Anwendung. Die Parlamentswahlen vom 6.Mai 2012 ergaben folgende Stimmenverteilung:

Republikanische Partei 44,1%, Partei „Blühendes Armenien" 30,2%, Armenischer Nationalkongress 7,1%, Rechtsstaatspartei 5,5%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Partei "Erbe" 5,8%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Gleichwohl bildete sie eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei, die jedoch im April 2014 die Regierung verließ. Der einstige Koalitionspartner "Blühendes Armenien" war bereits 2012 in Opposition gegangen (AA 3 .2015a, vgl. RA-CEC 6.5.2012).

 

Obschon der Wahlkampf für die Parlamentswahlen kompetitiv verlief, und die mediale Wahlberichterstattung ausgewogen war, herrschte in der Öffentlichkeit ein Mangel an Vertrauen in die Integrität des Wahlprozesses, begleitet von Vorwürfen des Stimmenkaufs. Laut OSZE gab es Fälle von Missbrauch durch die Verwendung von Verwaltungsressourcen zugunsten der Republikanischen Partei, beispielsweise durch den Einsatz von Lehrern und Schülern im Wahlkampf (OSCE/ODHIR 26.6.2012).

 

Nach dem überraschenden Rücktritt von Premierminister XXXX Anfang April 2014 ernannte Präsident XXXX den bisherigen Parlamentspräsidenten Hovik Abrahamyan zu dessen Nachfolger. Im neuen Kabinett sind 12 der insgesamt 19 Minister parteilos. Viele stehen jedoch der Oppositionspartei "Blühendes Armenien" nahe (AA 3 .2015a, vgl. RFL/RL 3.4.2014).

 

Am 1.Jänner 2015 wurde Armenien offiziell Mitglied der von Russland angeführten Eurasischen Wirtschaftsunion, deren Zollverträge schrittweise bis 2022 implementiert werden sollen. Die Unterzeichnung im Oktober 2014 wurde von Protesten und scharfer Kritik begleitet. Gegner des Vertrages fürchten insbesondere ökonomische Nachteile sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit (CN 2.1.2015).

 

Aus armenischer Sicht stellte die Vorverlegung der türkischen Feierlichkeiten zum hundertjährigen Gedenken an die Schlacht bei Galipoli just auf den 24. April, den Tag des Genozids, eine Provokation dar. Der armenische Präsident warf der Türkei Geschichtsrevisionismus vor, mit dem Versuch durch die vorverlegte Galipoli-Gedenkveranstaltung vom Völkermord abzulenken. XXXX ordnete Mitte Februar 2015 daraufhin an, die noch nicht ratifizierten Zürcher Protokolle zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Jerewan und Ankara aus dem Parlament zurückzuziehen (NZZ 24.4.2015, vgl. RFE/RL 16.2.2015, Standard 24.4.2015).

 

Nichtsdestoweniger sprach sich XXXX in einem Interview mit der türkischen Zeitung Hürriyet Daily News am Vorabend der Gedenkfeiern für die Normalisierung der bilateralen Beziehungen ohne Vorbedingungen aus. Insbesondere die Öffnung der Grenze würde helfen, eine Atmosphäre des Vertrauens herzustellen und die regionale Wirtschaft zu fördern (HDN 24.4.2015).

 

2. Sicherheitslage

 

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände rund 17% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt (AA 3 .2015b).

 

Der Territorialkonflikt um Nagorny Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan ist immer wieder durch Perioden von höherer bzw. niedrigerer Intensität gekennzeichnet. Eine Lösung zeichnet sich derzeit nicht ab, trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens der Konfliktparteien (ICG 26.9.2013).

 

Im Februar 2015 stimmten die Vertreter der Minsker Gruppe, die seit 1994 unter der OSZE-Schirmherrschaft als diplomatisches Instrument zur Lösung des Konflikts dient, darin überein, dass sich die militärische Situation sowohl entlang der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan als auch entlang der sogenannten Kontaktlinie (das heißt, der international nicht anerkannten Grenze zu Bergkarabach) verschlimmert habe. Im Jänner 2015 gab es mit zwölf Toten die höchste Zahl an Opfern seit dem Waffenstillstandsabkommen von 1994 (OSCE 7.2.2015).

 

Am 24.9.2015 wurden laut armenischer Seite durch aserbaidschanisches Gefechtsfeuer drei Zivilisten getötet und mehrere verletzt (RFE/RL 25.9.2015). Daraufhin kam es zu Grenzzusammenstößen in der Berg-Karabach-Region zwischen Aserbaidschan und Armenien, bei denen ein aserbaidschanischer und vier armenische Soldaten getötet wurden. Als Konsequenz drohte Baku, den vermeintlichen armenischen Angriff mit schweren Waffen zu vergelten (EN 27.9.2015; vgl. RFE/RL 26.9.2015). Auch Armenien drohte mit einer Eskalation des Konfliktes. Das armenische Verteidigungsministerium drohte am 26.9.2015 mit dem Einsatz von Artillerie und Raketen als Antwort auf den aserbaidschanischen Artillerieangriff (VK 26.9.2015, vgl. Eurasianet 27.9.2015).

 

Die Minsker Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich über den Einsatz schwerer Waffen und die zivilen Opfer besorgt und erinnerte beide Seiten an die Verpflichtung der Genfer Konvention, die Sicherheit und den Schutz von Nicht-Kombattanten zu gewährleisten (OSCE 25.9.2015). Außerdem wurden beide Seiten aufgerufen, die OSZE-Mechanismen zu akzeptieren, die die Untersuchung von Verletzungen des Waffenstillstandes vorsehen (OSZE 26.9.2015).

 

Die Verletzung der Waffenruhe ist durch wechselseitige Schuldzuweisungen gekennzeichnet. Überdies droht Aserbaidschan angesichts der ausbleibenden diplomatischen Lösung, das umstrittene Territorium mit Gewalt zurückzuerobern (BBC 7.4.2015, vgl. RFE/RL 23.1.2015, FH 23.1.2014).

 

Aserbaidschan sieht für 2015 Militärausgaben von fünf Milliarden Dollar vor, was mehr als das Staatsbudget Armeniens ist. Russland ist der Hauptverbündete Armeniens in der Region und beliefert das Land mit Waffen im Gegenzug für das Beibehalten der russischen Militärpräsenz in Armenien (FPN 23.1.2015).

 

3. Rechtsschutz/Justizwesen

 

Im Rahmen der Strategie zur Justizreform (2012-16) wurde die Unabhängigkeit der Richter durch Festlegung der Pflichten der Selbstverwaltungsstrukturen gesetzlich gestärkt. Die Ernennung, Beurteilung und Beförderung von Richtern wurde transparenter gestaltet. Die formelle Rolle des Staatspräsidenten in der endgültigen Bestellung der Richter wurde in der Gesetzesreform jedoch bestätigt. Das öffentliche Misstrauen gegenüber dem Justizsystem und dessen Integrität besteht weiterhin (EC 25.3.2015).

 

Die Rechtsstaatlichkeit bleibt durch die mangelnde Gewaltenteilung geschwächt. Der starken Rolle des Präsidentenamtes, begleitet von einem ineffizienten Parlament, steht ein fügsames Justizwesen gegenüber. Der Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz schwächt in weiterer Folge auch die Effizienz der staatlichen Verwaltung (BS 2014).

 

Trotz der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit mangelt es an dieser in der Praxis. Die richterliche Unabhängigkeit wird durch externe Akteure sowohl der vollziehenden Gewalt als auch innerhalb des Justizsystems, etwa durch Richter der höheren Instanzen, beeinflusst (CoE-CommDH 10.3.2015).

 

Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren - ist in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet. Wenige Fortschritte wurden somit hinsichtlich des Grundrechts auf ein faires Gerichtsverfahren und des Zugangs zur Justiz erzielt (AA 24.4.2015).

 

Der Gerichtsbarkeit mangelt es nicht bloß an Vertrauen, sondern sie gilt auch als von Korruption durchdrungen und in enger Verbindung zur Exekutive stehend. Die Korruption in der Justiz wurde auch vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte bei einem Besuch im Oktober 2014 kritisiert. Nur ein Viertel der Bevölkerung hat Vertrauen in die Justiz (FH 28.1.2015, vgl. BS 2014).

 

Im Dezember 2013 veröffentlichte der armenische Ombudsmann einen Sonderbericht, worin er nicht nur die unfairen und willkürlichen Entscheidungen der Gerichte kritisierte, sondern auch die grassierende Korruption im Justizwesen. Die Studie, basierend auf zahlreichen anonymen Interviews mit Richtern, Staats- und Rechtsanwälten, ergab, dass Richter oft bestochen werden. In der Regel werden zehn Prozent der Schadensersatzsumme verlangt (AL 10.12.2013).

 

So beschuldigte der Ombudsmann insbesondere das Kassationsgericht als eine kriminelle Struktur, die wirksam die Entscheidungen der meisten niederen Gerichte kontrolliert und auf diese Druck ausübt (USDOS 25.6.2015).

 

Der Justizrat ist für die Ernennung und Entlassung von Richtern zuständig. Dieser kann Richter wegen des Delikts eines Justizirrtums auch dann anklagen, wenn gegen das Ersturteil kein Einspruch erhoben wurde. Gegen die Entscheidungen des Justizrates kann keine Berufung eingelegt werden. Laut Ombudsmann wendet der Justizrat Disziplinarmaßnahmen gegen Richter willkürlich, unter Verletzung des Gesetzes, an (USDOS 25.6.2015, vgl. CoE-CommDH 10.3.2015).

 

Verfahren erfüllten üblicherweise die meisten Standards für einen fairen Prozess, jedoch waren sie der Sache nach oft unfair, da viele Richter sich veranlasst sehen, gemeinsam mit den Staatsanwälten Verurteilungen zu erwirken. Die Richter sträuben sich Expertisen von Polizeiexperten anzufechten, wodurch sie es dem Angeklagten erschweren, sich glaubwürdig zu verteidigen. Angeklagte und ihre Verteidiger verfügen kaum über die Möglichkeit, Regierungszeugen und Beweismittel der Polizei, die das Gereicht zumal als unanfechtbar ansieht, in Frage zu stellen (USDOS 25.6.2015, vgl. CoE-CommDH 10.3.2015).

 

Laut dem Menschrechtskommissar des Europarats werde überproportional, oft ohne richterlichen Bescheid, die Untersuchungshaft verhängt, welche zudem unverhältnismäßig lange sei. Ansuchen auf Freilassung auf Kautionen werden per se abgelehnt (CoE-CommDH 10.3.2015).

 

Überdies verabsäumten armenische Gerichte laut der Internationalen Föderation für Menschenrechte, wie eigentlich von Gesetz wegen vorgesehen, spezifische Fakten oder Erläuterungen zum jeweiligen Fall vorzulegen, warum die Untersuchungshaft als Zwangsmaßnahme anzuwenden sei. Stattdessen würden abstrakte Annahmen hinsichtlich des Fluchtrisikos oder der möglichen Behinderung weiterer Ermittlungen als Gründe angeführt (FIDH/CSI 5.5.2014).

 

Das Gesetz garantiert das Prinzip der Unschuldsvermutung, doch die Behörden respektieren dieses Recht nicht. Angeklagte, Strafverteidiger und die geschädigte Partei haben das Recht, gegen ein Gerichtsurteil in Berufung zu gehen. Es gibt keine Geschworenengerichtsbarkeit. Ein Einzelrichter entscheidet in allen Gerichtsverfahren außer bei Verbrechen, die mit lebenslanger Haftstrafe bedroht sind. Angeklagte haben das Recht, eine Rechtsberatung zu beanspruchen. Der Staat ist verpflichtet, auf Antrag einen Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Außerhalb Jerewans wurde diese Verpflichtung aufgrund des Mangels an Verteidigern oft nicht eingehalten (USDOS 25.6.2015).

 

4. Sicherheitsbehörden

 

Die Polizei führt willkürliche Festnahmen ohne Haftbefehl aus, schlägt Häftlinge während der Einvernahme und des Haftaufenthaltes und gebraucht Folter, um Geständnisse zu erwirken (FH 28.1.2015, vgl. AA 7.2.2014, HRW 29.1.2015).

 

Laut armenischem Ombudsmann gab es 2013 zahlreiche Beschwerden über Polizeigewalt, wobei lediglich vier Beschwerden von der Polizei registriert wurden. Zahlreiche Personen, darunter auch Jugendliche, seien von den Polizeistellen "eingeladen" und gegen deren Willen festgehalten worden, obwohl die Polizei keine solche Befugnis habe. Zu den positiven Entwicklungen zähle, dass 2013 141 Polizisten infolge der Untersuchung durch die Interne Sicherheitsabteilung für unrechtmäßiges Verhalten zur Verantwortung gezogen wurden (RA-HRD 2014).

 

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Fallweise treten Kompetenzstreitigkeiten auf, z.B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

 

Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 24.4.2015).

 

Der Polizei und dem Nationalen Sicherheitsdienst mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an Strukturen zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem und es gibt keinen unabhängigen Mechanismus für Untersuchungen von Übergriffen durch die Polizei. Bürger können die Polizei vor Gericht in eingeschränktem Ausmaß anklagen. Korruption bei der Polizei bleibt weiterhin ein Problem (USDOS 25.6.2015).

 

5. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

 

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen sind registriert. Diese haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.

 

Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird allerdings seitens der Exekutive nicht unterstützt. Gelegentlich werden Fälle bekannt, in denen NGOs behindert werden. So wird immer wieder berichtet, dass Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu verwertbaren Informationen und Zahlen durch Behörden und Regierung erschwert wird (AA 24.4.2015).

 

Einige Regierungsmitglieder und Pro-Regierungsmedien titulierten NGOs, die aus dem Ausland finanziert wurden, wie beispielsweise bekannte Menschenrechtsgruppen und Anti-Korruptions-Wächter als "große Fresser" und Verräter, die die nationalen Interessen, die Sicherheit und die Traditionen unterminieren würden (USDOS 25.6.2015).

 

Im September 2014 initiierte die Regierung ein neues Gesetz über Öffentliche Organisationen. Zur Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Justizministeriums und zivilgesellschaftlicher Organisationen gebildet. Hierbei wurden zahlreiche öffentliche Diskussionen mit über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen veranstaltet. Der Gesetzesentwurf erlaubt eine flexible Regulierung der öffentlichen Organisationen und stärkt deren Rolle. Durch die Festlegung der erlaubten Geschäftstätigkeiten, beispielsweise die Gründung einer Stiftung sowie einer gesteigerten Transparenz der staatlichen Finanzierung, sollen die Entwicklung, Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit gestärkt werden. Die Schaffung des neuen Gesetzes wurde seitens der EU durch das Programm: "Unterstützung für ein demokratisches Regieren in Armenien" mit rund 950.000 Euro gefördert (EC 25.3.2015, vgl. EU 10.4.2015).

 

6. Ombudsmann

 

Das Büro des Ombudsmannes hat das Mandat die Menschenrechte und grundlegende Freiheiten vor dem Missbrauch durch die Regierung zu schützen. Die Effektivität ist durch die begrenzten finanziellen Mittel eingeschränkt. Eine Zusatzfinanzierung seitens der Regierung, um die Rolle als "Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen" auszuüben, blieb aus (USDOS 25.6.2015).

 

Die Verfassungsänderung im November 2005 hat die Institution einer vom Parlament gewählten Ombudsperson für Menschenrechte geschaffen. De facto muss die Ombuds-person einen schwierigen Spagat zwischen Exekutive und den Rechtsschutz suchenden Bürgern vollziehen. Der Ombudsmann bemüht sich um die Stärkung der Institution sowie um die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. So sollen regionale Büros aufgebaut werden. Mit 80 NGOs wurden "Memoranda of Understanding" zur vertieften Zusammenarbeit und konstruktivem Dialog gezeichnet. Im armenischen Haushalt 2015 sind insgesamt 481.300 Euro für die Arbeit der Ombudsperson eingeplant (2013: 440.000 Euro) (AA 24.4.2015).

 

Angesichts des Versagens der Justiz, was den Schutz der Bürger- und Menschenrechte anlangt, gilt die Ombudsmannsstelle als positive Ausnahme. Als einzige Institution stellt sie das staatliche Versagen beim Schutz und der Verletzung der bürgerlichen Freiheiten in Frage (BS 2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

7. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Menschenrechtssituation stellte sich 2014 weiterhin uneinheitlich dar. Der Eingriff seitens der Behörden bei friedlichen Demonstrationen setzte sich fort. Folter und Misshandlungen bei Festnahmen bleiben ein Problem, während Untersuchungen in derartigen Fällen ineffizient sind. Journalisten sind weiterhin mit Druckausübung und Gewalt konfrontiert. Obgleich der Zivildienst eingeführt wurde, kommt es zu schweren Misshandlungen in der Armee. Von Zwangseinweisungen in psychiatrische Anstalten wird ebenso berichtet wie von Gewalt und Diskriminierung infolge der sexuellen Orientierung (HRW 29.1.2015, vgl. CoE-PA 27.8.2014).

 

Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 24.4.2015).

 

Im Juni 2014 lobten die OSCE, Delegation der EU, die Vereinten Nationen und der Europarat in einer gemeinsamen Erklärung die armenische Regierung für die Verabschiedung des Menschenrechts-Aktionsplanes. Der Plan anerkenne, dass die Rechte vulnerabler Gruppen Schutz bedürfen und die Regierung aufgerufen sei, Bemühungen voran zu treiben, die gleiche Rechte und Chancen für alle sichern (OSCE 30.6.2014).

 

Allerdings kritisierte die Europäische Kommission, dass der Plan wichtige Bereiche, die Vorrang haben sollten, wie die Einhaltung der UN-Konvention gegen Folter, ausspare. Die Europäische Kommission beurteilte die Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und der fundamentalen Freiheiten als beschränkt (EC 25.3.2015).

 

8. Todesstrafe

 

Armenien hat im September 2003 das 6. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert. Die Todesstrafe ist damit abgeschafft; dies ist in Artikel 15 der Verfassung verankert (AA 24.4.2015, vgl. DPF o.D.).

 

9. Religionsfreiheit

 

Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert (Art. 26) und darf nur durch das Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist (AA 24.4.2015).

 

Reformen des Gesetzes über Gewissens- und Religionsfreiheit brachten 2011 Verbesserungen mit sich. Laut einer Fact-Finding-Mission der Parlamentarischen Versammlung des Europarates legt das Gesetz sowohl die Freiheit der Glaubens- und Religionsausübung als auch die damit verbundenen religiösen Veranstaltungen fest. Überdies verleiht es den religiösen Vereinen und Gruppen den Rechtsstatus, sofern sie über 25 Mitglieder verfügen, ohne dass eine Registrierung bzw. amtliche Genehmigung notwendig wären. Allerdings bestehen noch etliche Mängel im Gesetz insbesondere in Bezug auf die komplizierte und verwirrende Definition des Proselytismus (CoE-PA 27.8.2014).

 

Das Gesetz verbietet zwar Proselytismus, was so genanntes "soul hunting" und erzwungene Konversion beschreibt, doch eine nähere Definition besteht nicht. Diese Bestimmung betrifft alle Gruppen, auch die Armenisch-Apostolische Kirche (USDOS 14.10.2015).

 

Die Armenische Apostolische Kirche hat quasi den Status einer Staatskirche und nimmt eine faktisch privilegierte Stellung ein. In der Verfassung verankert, ist sie zwar formell anderen kirchlichen Organisationen gleichgestellt, allerdings genießt der Katholikos, das Oberhaupt der Kirche, besonderes Gehör bei Regierung und Bevölkerung. Vertreter religiöser Minderheiten beklagen, dass sie kaum Zugang zu den meist staatlich kontrollierten Medien erhalten, weshalb sie kaum eine Chance haben, gegen weit verbreitete Vorurteile und gelegentliche Hetzkampagnen durch private Organisationen anzugehen (AA 24.4.2015).

 

Der Unterrichtsplan enthält immer noch das Pflichtfach "Die Geschichte der Armenischen Kirche", was von vielen lokalen Experten als Indoktrinationsmittel gegenüber den Kindern verstanden wird. Die Regierung hat diesbezüglich bekräftigt, dieses Fach nicht streichen zu wollen (USDOS 14.10.2015)

 

Trotz gesetzlicher Verbesserungen, was die Rolle der religiösen Minderheiten anlangt, wie die Einführung des Zivildienstes für Zeugen Jehovas, bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz von religiösen Minderheiten niedrig bzw. nicht zufriedenstellend (EC 25.3.2015, vgl. CoE-PA 27.8.2014, RA-HRD 2014).

 

Protestantisch-evangelikale Gruppen und Zeugen Jehovas, im Unterschied etwa zur alteingesessenen Evangelischen oder der Römisch-Katholischen Kirche, werden besonders angefeindet. Sowohl für Vertreter der Armenisch Apostolischen Kirche als auch für zahlreiche Medien gelten diese als anti-armenische, vom Ausland finanzierte Sekten, die sich des Proselytismus, des Abwerbens von Gläubigen, bedienen (oDem 24.9.2014).

 

Das Gesetz verbietet zwar Bekehrungen durch religiöse Minderheiten. Missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen werden jedoch staatlicherseits darin nicht behindert, wie dies etwa Vertreter der Zeugen Jehovas bestätigten. Im Laufe des Jahres 2014 kam es bisweilen zu Zwischenfällen – zwei Überfälle auf evangelische Kirchen in Armenien, die nach Aussagen von Kirchenvertretern nicht vollständig aufgeklärt wurden (AA 24.4.2015).

 

Vertreter der religiösen Minderheiten beschwerten sich hingegen, dass Baugenehmigungen für religiöse Einrichtungen verweigert würden. Vandalismus an bestehenden Gebäuden und gelegentlichen Manifestationen von Intoleranz würden behördlicherseits unzureichend verfolgt bzw. ignoriert (CoE-PA 27.8.2014). Diskriminierungen gegen religiöse Minderheitengruppen am Arbeitsplatz, in der Schule und in den Medien sind weiterhin vorhanden (EC 25.3.2015, vlg. USDOS 14.10.2015). Viele Medien stellten Minderheitenreligionen weiterhin als Sekten dar. In Rundfunkdiskussionen und Presseberichten brandmarkten Vertreter der Armenisch-Apostolischen Kirche die religiösen Minderheiten als Staatsfeinde (USDOS 14.10.2015).

 

9.1. Religiöse Gruppen

 

Ungefähr 93% der Bevölkerung gehören der Armenisch-Apostolischen Kirche an. Die größte religiöse Minderheit sind die Jesiden. Als gleichzeitig ethnische Gruppe zählte die Gemeinschaft laut dem Zensus von 2011 35.300 Personen. Allerdings scheinen sich nicht mehr alle Jesiden über ihre Religion als solche zu definieren, sodass deren Anzahl in der Religionsstatistik geringer ausfällt als bei der Aufschlüsselung der Ethnien.

 

Nebst den rund 29.000 evangelischen Christen (ca. 1%) und rund 14.000 Katholiken gibt es eine Vielzahl kleinerer Religionsgemeinschaften, unter anderem Zeugen Jehovas (8.700) und Orthodoxe Christen (7.500). Über 110.000 haben kein Religionsbekenntnis bzw. gaben keines an (NSS-RA 2013).

 

Die Jesiden leben vor allem in landwirtschaftlichen Gebieten rund um den Berg Aragats, nordwestlich von Jerewan. Armenische Katholiken leben vorwiegend im Norden, die meisten Juden, Mormonen und orthodoxen Christen leben in Jerewan, ebenso wie kleine Gemeinden von überwiegend schiitischen Muslimen (USDOS 14.10.2015).

 

10. Grundversorgung/Wirtschaft

 

Das verheerende Erdbeben von 1988, der Konflikt mit Aserbaidschan um die Region Bergkarabach (1988-1994), der Zusammenbruch des sowjetischen Wirtschaftssystems und die Unterbrechung der Energieversorgung in den 1990er Jahren führten zu einem drastischen Niedergang der armenischen Industriestruktur. Dies und die andauernde Isolation durch geschlossene Grenzen zur Türkei und zu Aserbaidschan belasten die armenische Wirtschaft bis heute (AA 3 .2015c).

 

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Der steile Wirtschaftsabschwung 2009 ist der Hauptfaktor für die steigende Armut. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen (BS 2014).

 

Laut Europäischer Kommission gab es 2014 weitere Fortschritte in der Wirtschaftspolitik im Makrobereich, der Armutsbekämpfung und der sozialen Kohäsion. Allerdings nahm die wirtschaftliche Aktivität 2014 infolge der ökonomischen Verlangsamung in Russland und der schwachen Nachfrage aus der Europäischen Union ab. Zu wenig würde unternommen, um die Wirtschaft zu diversifizieren. Es bestünde ein übermäßiges Vertrauen speziell in die Landwirtschaft und den Bergbau (EC 25.3.2015).

 

Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2014).

 

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Leitungswasser steht dagegen in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, insbesondere während der Sommermonate nur stundenweise zur Verfügung. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2013 zufolge leben 32% der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2009: 34,1%). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien 56.600 armenische Dram (AMD) (ca. 110 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 50.000 AMD (derzeit ca. 96 Euro). Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen (1.-3. Quartal 2013: 120.998). Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 24.4.2015).

 

Laut Statistikamt betrug 2013 die Netto-Migrationsquote minus 8,1 pro 1.000 Einwohner, was eine deutliche Steigerung zu den Vorjahren indiziert (2012: -3,1; 2011: -1,2). Die Armenische Bevölkerung nahm im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 um mehr als 230.000 Personen bzw. 7% ab (NSS-RA 2014a).

 

Das 2014 erreichte Wirtschaftswachstum von 3,4% ist nicht ausreichend für einen nachhaltigen Aufschwung der Ökonomie. Vor allem die drastische Anhebung des Gaspreises durch Russland, der Rückgang von Auslandsüberweisungen und die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland haben die Wirtschaft negativ beeinflusst. Die Inflationsrate lag 2014 offiziell bei 3% (AA 3 .2015c).

 

Die offizielle Arbeitslosenrate betrug 2013 16,2% und lag damit unter jener der Vorjahre (NSS-RA 2014b). Das Arbeitslosenamt meldete hingegen mit Stand 1.1.2015 17,1% Arbeitslose (SEA o.D.).

 

10.1. Sozialbeihilfen

 

Das soziale Sicherungssystem Armeniens wird derzeit durch den Staatshaushalt (Familien-und andere Beihilfen, Pensionen für Militärbedienstete, soziale Unterstützungsprogramme sowie seit 2003 auch Sozialrenten) sowie durch die staatliche Sozialversicherung (Staatsrenten, Arbeitslosenunterstützung und Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit oder Schwangerschaft) finanziert. Eine Reihe von Sozialprogrammen wird wesentlich durch Spenden unterstützt. Dies gilt insbesondere für öffentliche Arbeiten und Sozialversicherungsprogramme (IOM 8.2014).

 

Familienbeihilfen

 

Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.

 

Einmalige Beihilfen

 

Dies können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).

 

Kindergeld

 

Kindergeld wird Personen gewährt, die Kinder unter zwei Jahren versorgen. Die monatlichen Leistungen für Personen, die Kinder unter zwei Jahren versorgen, belaufen sich auf etwa 3.000 Dram.

 

Mutterschaftsgeld

 

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindsgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Außerdem haben Mütter das Recht auf einen Mutterschutzurlaub von 70 Tagen vor und 70 Tagen nach der Geburt. Dieser Zeitraum wird bei schwierigen oder Mehrlingsgeburten erhöht. In diesem Zeitraum wird das Gehalt weiterbezahlt und errechnet sich durch 100% des Durchschnittseinkommens, geteilt durch 30,4, multipliziert mit der Anzahl der Tage des Mutterschutzes. Anspruch auf Mutterschutz haben nur Frauen im formellen Sektor. Daher haben viele Frauen, die im informellen Sektor beschäftigt sind und Hausfrauen keinen Anspruch auf Mutterschutz (IOM 8.2014).

 

Senioren und Behinderte

 

Die sozialen Unterstützungsprogramme für Senioren und Behinderte basieren auf den Anforderungen des Gesetzes über die soziale Absicherung behinderter Personen in Armenien. Hierzu zählen die Vorbeugung von Behinderungen, die medizinische und soziale Rehabilitation und Prothesen sowie insbesondere prothetische und orthopädische Unterstützung behinderter Personen, die Bereitstellung von Rehabilitationsmitteln und soziale Dienste für Senioren und Behinderte.

 

Bereits personalisierte Pensionisten können einen Preisnachlass von den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (einschließlich Preisnachlässe für Gas und Strom) fordern. Alleinstehende Pensionisten über 70 Jahre und alleinstehende behinderte Erwachsene können Pflegeleistungen beim "In-house Social Service Center for lonely old and disabled persons" beantragen.

 

Alleinstehende Frauen

 

Alleinstehende Frauen können eine Familienbeihilfe erhalten, wenn sie die entsprechende Punktzahl erreichen. Derzeit gewährt die armenische Regierung dieser Bevölkerungsgruppe keine Sozialleistungen (IOM 8.2014).

 

Renten

 

Personen, die 63 Jahre (bei Frauen beginnt der Grundrentenanspruch mit 59) und älter sind und mindestens fünf Jahre gearbeitet haben, erhalten Anspruch auf eine Altersrente. Darüber hinaus besteht für Frauen eine Alterstabelle, nach der sich das Alter bis zur Anspruchsberechtigung pro Jahr um sechs Monate erhöht, bis das 63. Lebensjahr erreicht wird. Personen im Alter von 55 Jahren, die 25 Jahre gearbeitet und hiervon 15 Jahre besonders schwere Arbeit geleistet haben, können eine Vorzugsrente beanspruchen. Die armenische Regierung hat eine Liste der betreffenden Positionen und Tätigkeiten veröffentlicht. Bis zum Erreichen des Rentenalters besteht eine Alterstabelle. Personen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben und durch den Arbeitgeber gekündigt wurden (mit Ausnahme bei Austritten aufgrund von Verstößen gegen Arbeitsvorschriften) und innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei dem zuständigen Arbeitsamt einen Antrag gestellt haben, erfüllen die Voraussetzungen um eine Pension zu erhalten. Im Fall einer Berufsunfähigkeitspension für die Altersgruppe ab 30 Jahre muss die betreffende Person mindestens 5 Arbeitsjahre vorweisen können (IOM 8.2014).

 

Arbeitslosenunterstützung

 

Als arbeitssuchend gelten alle Personen ab 16 Jahren, die sich ungeachtet ihrer Beschäftigung bei den staatlichen Arbeitsämtern arbeitssuchend melden. Der Status des Arbeitssuchenden wird allen arbeitslosen Jobsuchern zuerkannt, die das arbeitsfähige Alter erreicht haben und keine gesetzlichen Leistungen beziehen, sofern sie mindestens 1 Jahr gearbeitet haben und sich beim Arbeitsamt anmelden. Die Mindestbezugsdauer beläuft sich auf sechs, die maximale Bezugsdauer auf zwölf Monate. Die Arbeitslosenbeihilfe beträgt 18.000 Dram pro Monat (IOM 8.2014).

 

Sie beträgt 60% des staatlich garantierten Mindestlohnes. Während des Besuchs von Weiterbildungsmaßnahmen erhalten Teilnehmende 120% des Arbeitslosengeldes. Nichtbezugsberechtigte Arbeitslose bekommen im Fall von Trainingsmaßenahmen ebenfalls eine Unterstützung, nämlich im Ausmaß von 50% des Mindestlohnes (SEA o.D.).

 

Gemäß den von der armenischen Regierung vorgegebenen Verfahren kann Arbeitslosen, deren Zahlungsanspruchsfrist abgelaufen ist, sowie Arbeitssuchenden, die nicht als arbeitslos gelten und daher gemäß diesem Gesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, finanzielle Hilfe gewährt werden. Die armenische Regierung bestimmt den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung (IOM 8.2014).

 

11. Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos.

 

Die Kliniken sind finanziell unzureichend ausgestattet, um ihren Betrieb und die Ausgabe von Medikamenten sicherzustellen. Daher sind die Kliniken auch in Fällen, in denen sie eigentlich zu kostenloser Behandlung verpflichtet sind, gezwungen, von den Patienten Geld zu nehmen. Da dies ungesetzlich ist, erhalten die Patienten jedoch keine Rechnungen. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden (AA 24.4.2015).

 

Die primäre medizinische Versorgung wird in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldscher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt: ein Arzt pro 1.200 bis 2.000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder (IOM 8.2014).

 

Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Jerewan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist. Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Reformen haben den Patienten bereits die freie Wahl des Arztes garantiert. Das Recht der freien Arztwahl sollte auch die Qualität der Behandlung verbessern, da das Einkommen des Arztes jetzt die Anzahl der von ihm behandelten Patienten reflektiert. Für die Ärzte besteht nun ein höherer Anreiz, die Patienten zufriedenzustellen (IOM 8.2014).

 

11.1. Behandlungsmöglichkeiten von bestimmten Krankheit und Leiden

 

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos:

Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. USD 50 pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet.

 

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung des posttraumatischen Belastungssyndroms (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (AA 24.4.2015).

 

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

 

Medizinisch-soziale Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales:

 

 

 

 

 

 

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Armenien vom 16.02.2015:

 

1. Mit welchen Folgen hätte eine Person zu rechnen, die auf Farsi gedruckte Bibeln von Armenien in den Iran schmuggelt und übergibt und dabei von der Polizei erwischt wird?

 

Vertrauensanwalt der ÖB Teheran

 

Die österreichischen Vertretungsbehörden können zur Erfüllung ihrer Aufgaben speziell Vertrauensanwälte, Gutachter oder Sachverständige einsetzen. Durch ihre fachliche Qualifikation, ihre Sprachkenntnisse und ihren weitreichenden Netzwerkpool können sie dem Anforderungsprofil der Vertretungsbehörde entsprechend ihr Fachwissen bzw. die jeweils angefragte Information an die jeweilige Vertretungsbehörde weiterleiten.

 

Der Vertrauensanwalt der ÖB Teheran gibt zusammengefasst an, dass zumindest die erste Frage eher akademischer denn praktischer Natur zu sein schein, da sowohl die armenische Kirche als auch die Republik von Armenien aus den verschiedensten Gründen exzellente Beziehungen mit dem Staat Iran unterhalten. Angenommen, dass ein solches Ereignis tatsächlich stattgefunden hätte und dass ein armenischer Iraner sich entschloss das iranische Regime herauszufordern und das Material nicht unter den Geltungsbereich des Buch V des Islamischen Strafgesetzbuches (Kapitel I: Art 720 – 723) fällt welches sich mit der Staatssicherheit und dem Verbot der Propaganda gegen den Staat befasst, oder unter das Iranische Strafrecht, Abschnitt 858 fällt, das sich mit der Beschlagnahme und Vernichtung der "irreführenden" oder "abweichenden" Literatur befasst und nachdem alle Christen wie auch Juden im Islam als Monotheisten betrachtet werden, und den Schutz durch den islamischen Staat in dem sie leben verdienen, dann würde der Zoll die Angelegenheit dem Ministerium für Islamische Führung melden, mit dem Ersuchen um Klärung. Das Ministerium würde ein Bestätigungsschreiben aus dem Büro des armenischen Erzbischofs erbeten, zur Bestätigung, dass das Material tatsächlich für armenisches Publikum bestimmt ist

 

I am afraid to say that at least the first question seems rather academic than practical for the simple reason that both the Armenian established church and the Rep. of Armenia (which emerged after the collapse of the ex-Soviet Union) keep excellent relations with the Iranian state for a variety of reasons (political in the face of perceived Turkish threat to Armenia which brings it to see thus in Iran a potential ally and a countervailing one to Turkish hegemony; historical as over the centuries, Armenian fleeing from Ottoman persecution have found refuge in Iran to the point that one Iranian king by the name of Shah Abbas ordered even construction of several churches across Iran including at the then capital XXXX for the Armenian community and a built whole Armenian-inhabited town on the outskirts of that capital city known as Jolfa; economic as landlocked Armenia badly needs Iranian energy supply in the form of both natural gas, electricity supply and crude oil to cope with its harsh winter..). Thus, although lots of Iranian Armenians left (many of them, coincidentally, through the Vienna-based Hebrew Immigrant Aid Society known by its acronym HIAS) after the revolution basically for United States where there is a sizable Armenian diaspora ( mainly as a result of losing their jobs because many of them used to sell liquor which had been banned after the revolution.. ) , many others chose to stay on ,preferring the life in Iran with all the austerity and Islamic Puritanism to that in their fatherland Armenia even after its accession to independence from the ex-Soviet Union following the downfall of this latter in the late 80's.

 

And notwithstanding the decline intervening in demographical element i. e. size of its Armenian population, Iran keeps allocating two seats at the Majless (Islamic parliament) to Armenians which representation is out of tune and proportion with their dwindling constituency (And Iran is more than willing to "show case" this and to "throw" that "at the nose" of outside observers and human rights activists to confront criticism addressed at treatment of minorities in general in Iran). To give you still a further indication of how far the Armenian Established Church here in Iran is ready to stick to and comply with Iranian laws, it will be interesting to note that the Armenian Club in Tehran (known as Ararat) even denies access to Muslim Iranians who would accompany their Armenian friends to celebrate the Armenian X-Mas eve (on 6th Jan. rather than 24th Dec.) so as not to be seen as having served liquor to Muslims at the parties and end-of-the year festivities!

 

However, supposing that such an event actually occurred and that an Armenian Iranian (by nature usually very conservative and observant of "taboos" under Islamic rule) chose to challenge "frontally" the Islamic regime, as the material would not fall either within the scope of Book V of the Islamic Penal Code (Chapter I: Art. 720-723) dealing with state security and banning propaganda against the state or within the law clause No. 858 (chapter XIX ibid ) under Iranian penal law dealing with seizure and destruction of "misleading" or "deviating" literature (term usually used to refer to porn or other obscene material as well as literature critical of the Islamic government or seen as being in conflict with its teachings such as Marxist-Leninist books etc. ) as after all Christians (as well as Jews) are regarded in Islam as monotheists being "ahl al_kitab" or people of the book" and deserving "protection by the Islamic state" they live in, then the Customs would report the matter to Ershad (Ministry of Islamic Guidance) asking for its clearance which ministry in turn would usually require a letter of confirmation from the office of the Armenian Archbishop in Iran (known as Armenian Prelacy: in Farsi " Khalifeh Gary or "office of the Armenian Caliphate) to confirm that the material are indeed destined for an Armenian audience.

 

ÖB Teheran (15.2.2015): Antwort des VA per Mai

 

Laut USDOS berichteten einige christliche Interessensgruppen, dass die Regierung die armenische, assyrische und evangelikale Kirchen unter Druck setzt, ihre Gottesdienste in Farsi zu beenden. Regierungsbeamte konfiszieren häufig christliche Bibeln und setzen Verlage unter Druck, welche Bibeln oder nicht genehmigte nicht-muslimische Materialien drucken, dies einzustellen. Missionierung wird mit dem Tod bestraft.

 

Reports suggested authorities regarded the act of allowing Muslims to visit a Christian church as proselytizing. Some Christian advocacy groups reported the government pressured Armenian, Assyrian, and evangelical churches to cancel all services in the Farsi language. [ ]

 

Non-Muslims may not engage in public religious expression, persuasion, or conversion among Muslims. Such proselytizing is punishable by death. The government restricts published religious material. Government officials frequently confiscate Christian Bibles and pressure publishing houses printing Bibles or unsanctioned non-Muslim materials to cease operations.[ ]

 

USDOS - US Department of State (28.7.2014): 2013 International Religious Freedom Report – Iran, http://www.ecoi.net/local_link/281909/412266_de.html , Zugriff 26.1.2015

 

Auszug aus dem Asylländerbericht der ÖB Teheran:

 

Es gibt im Iran anerkannte religiöse Minderheiten, deren Vertreter zumindest selbst immer wieder betonen, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Anerkannte religiöse Minderheiten sind laut Verfassung Christen, Juden und Zoroastrier. Diese sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Majlis sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind.

 

Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" im Rahmen der Mauern der Gemeindezentren und der – auch von außen als solche klar erkennbaren – Kirchen. Jedoch haben Nicht-muslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismus-Verbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismus-Verbots wird - entgegen autochtoner Kirchen, welche sich an das Verbot aus unterschiedlichen Gründen penibel halten - gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Die Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden.

 

ÖB Teheran (10.2014): Asylländerbericht – Islamische Republik Iran

 

Das Auswärtige Amt berichtet:

 

Repressionen betreffen missionierende Christen, unabhängig davon, ob diese zuvor konvertiert sind. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts findet Missionierungsarbeit hauptsächlich durch evangelikale Freikirchen (z.B. die "Assemblies of God"), sowie in weitaus geringerem Umfang durch die Assyrische und Armenisch-evangelische Kirche statt. Staatliche Maßnahmen (v.a. Verhaftungen, Einschüchterung) richteten sich hier bisher ganz überwiegend gezielt gegen die Kirchenführer und in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen. Staatliche Repressionen gegen registrierte Kirchen haben in letzter Zeit zugenommen. Insbesondere Kirchen, die in persischer Sprache predigen stehen unter verstärkter Beobachtung.[ ]

 

Zum anderen wird die "Ausübung" der Religion restriktiv ausgelegt und schließt jede missionierende Tätigkeit aus. Missionierende Angehörige auch von Buchreligionen werden verfolgt und hart bestraft, ihnen kann als "Kämpfer gegen Gott" ("Moharebeh") sogar eine Verurteilung zum Tode drohen.

 

AA – Auswärtiges Amt (11.2.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

 

[ ]

 

2. Wie eng ist die Zusammenarbeit der armenischen und iranischen Polizei?

 

Der Vertrauensanwalt der ÖB Teheran gibt zusammengefasst an, dass, wie bereits erwähnt, die iranische Regierung exzellente Beziehungen zu armenische Institutionen innerhalb und außerhalb des Irans unterhält. Es gibt eine aktive Zusammenarbeit in Geheimdienstangelegenheiten der beiden Länder sowie Verträge betreffend Auslieferung von Kriminellen, Unterdrückung von organisierter Kriminalität, Terrorismus, Drogenhandel, Geldwäsche und bezüglich anderer Belange der Sicherheit und Justiz.

 

As stated above, Iranian government keeps excellent relations with Armenian institutions both inside and outside Iran (and even in Lebanon where Armenian clergy-training seminaries and other theological schools are basically located and where the Armenian community keeps very good and warm relations with the Hizb Allah-led Shiite community). As (at least according to reports in opposition press which do not seem to be entirely devoid or depleted of truth), there is an active cooperation in matters of intelligence between the specialized services of the two countries and as there are several treaties signed between the two states in matters dealing with extradition of criminals, repressing organized crime ,terrorism , drugs trafficking , money-laundering and other security and judiciary related issues and because Armenia is a landlocked state where goods considered as luxurious are heavily taxed not to speak of the fact that it is not known to have too porous borders or "enclaves" offering havens to smugglers because of void of central authority, it seems that it is basically and more than anything else the narcotics which are smuggled across the border (i.e. basically from Iran into Armenian where many Iranians have been caught in possession of drugs although there is also talk of existence, at a more reduced scale of course, of a flow in the opposite direction of some synthetic hard drugs with the alleged involvement of Russian Mafia). However, given several high profile exchange of visits involving top security officials of the two states, it would be safe to conclude that the degree of cooperation between Iran and Armenia is bound to be a very high and active one.

 

ÖB Teheran (15.2.2015): Antwort des VA per Mail

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Armenien vom 07.09.2015:

 

1. Kann recherchiert werden, ob in der Bücherei "Bookinist" in Jerewan, im Bezirk XXXX Bibeln auf Farsi gedruckt vom Antragsteller bestellt und gekauft wurden?

 

2. Wenn ja, wie oft, in welchem Zeitraum ist das passiert und wie viel Stück waren es?

 

3. Stimmt es, dass man diese Bibeln auf Farsi dort einfach so kaufen kann?

 

"Bookinist" ist ein bekanntes Buchgeschäft auf der Mashtots Avenue in Yerewan. Der Manager und einige Angestellte teilten mit, dass der Shop eine Kopie der Bibel auf Farsi zum Verkauf angeboten hat. Aufgrund der geringen Nachfrage wurde das Buch lange nicht verkauft. Sie bestritten, dass jemand periodisch Bibeln auf Farsi bestellte und kaufte. Sie erkannten den Antragsteller nicht und versicherten, dass sie nie Bestellungen oder mehrere Exemplare der Bibel auf Farsi hatten. Laut Manager war das verfügbare Exemplar von der "Bible Society of Armenia" zur Verfügung gestellt. Die Bible Society teilte mit, dass Bibeln auf Farsi nicht in Armenien gedruckt werden, sondern vom Ausland in wenigen Kopien nach Armenien importiert wurden.

 

"Bookinist" is a well known bookstore located on Mashtots avenue in Yerevan. I spoke to the manager and some other employees of the mentioned bookstore who informed me, that they had one copy of Bible in Farsi available for sell and that it had not been sold for a long time due to low demand. They denied that anybody could have periodically ordered and bought Bibles on Farsi in the mentioned bookstore. They didn't recognize the Applicant and confirmed that they had never had orders and multicopy sells of Bable in Farsi.

 

According to the manager of the bookstore, the available copy was provided by the Bible Society of Armenia. I was informed from the Bible Society of Armenia, that Bibles in Farsi were not printed in Armenia and were imported from abroad in a few copies.

 

Vertrauensperson mit Expertise zum Herkunftsland (7.9.2015):

Auskunft per Email

 

4. Kann die Druckerei ausfindig gemacht werden, die sich im "Uhrenviertel" (zwischen Baghramyan und Komitas, in der Gemeinde Arabkir) befindet, und die als Namen den eines armenischen Helden trägt?

 

5. Falls ja, gibt es dort oder hat es einen Abteilungsleiter namens Gagik gegeben?

 

6. Wurden dort, bestellt vom Antragsteller, Bibeln auf Farsi gedruckt?

 

7. Wenn ja, wie oft, in welchem Zeitraum ist das passiert und wie viel Stück waren es?

 

"Voskan Yerevantsi" Buchverlag befindet sich in einem Bezirk in Yerewan weit entfernt vom beschriebenen Gebiet des Antragstellers. Der Verlag informierte, dass sie nie Bibeln auf Farsi druckten und nie Bestellungen dafür erhielten. Niemand im Verlag erkannte den Antragsteller. Es wurde ebenso mitgeteilt, dass es keinen Manager oder Mitarbeiter mit Namen Gagik gab.

 

"Voskan Yerevantsi" publishing house is located in a district of Yerevan far away from the area described by the Applicant. They informed me that they had never printed Bibles in Farsi and that never had got orders for that. Nobody recognized the Applicant in the mentioned publishing house. They also told me, that they had never had a manager or any other employee named Gagik.

 

Vertrauensperson mit Expertise zum Herkunftsland (7.9.2015):

Auskunft per Email

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Iran vom 01.04.2016:

 

1. Wohnt ein Herr XXXX (geb. XXXX ) an der Adresse Zarkesh, Tazliat Park 4 in Teheran? Wenn nicht, hat er früher dort gewohnt?

 

Dem Bericht des Vertrauensanwaltes ist zu entnehmen, dass zwar die richtige Adresse gefunden wurde, aber Herr XXXX wohnt(e) dort nicht.

 

Weitere Information können dem Originalbericht entnommen werden.

 

Einzelquellen:

 

Zu dieser Fragestellung berichtet der Vertrauensanwalt Folgendes:

 

Nein tut er nicht. Die richtige Adresse wurde gefunden. Diese wird bewohnt von einer - ihren Angaben zufolge - Tante mütterlicherseits des Antragstellers. Die Dame heißt XXXX und gibt an die Halbschwester der Mutter des Antragsstellers zu sein, die die Mutter als Armenouyi Tahmasian vorstellte. Frau XXXX schilderte weiter, dass der Antragsteller (AW) der einzige Sohn aus der Ehe zwischen ihrer Schwester (die bereits verstorben ist) und dem Vater vom AW war. Frau XXXX behauptete, dass der Aufenthaltsort des AW unbekannt ist, dass aufgrund dieser Familienfehde, sie nicht viel über den Neffen (Antragsteller; Anm.) und dessen Vater wisse.

 

1-No, he does not although the address was found: However, it is (Flat No. 2. No. 4, Opposite Taslihat Park, next to Golestan, Bakhtat St., Narmak, Tehran, landline: +98-21-77826320) inhabited by a self-claiming maternal aunt i.e. a lady by the name of Ms. XXXX who said that she was a half-blood sister to the mother of the applicant (whom she presented as Ms. Armenouyi Tahmasian) but, in reply to our repeated request to share with us some photos from her family album or any other proof of affiliation by blood (such as shared fatherhood or motherhood with the applicant’s parents), Ms. XXXX replied or ,rather, explained that the applicant was the only child issue of the marriage between her sister (Ms. Armenouyi Tahmasian whom she said that she was dead now) and the applicant’s father whom she presented as Mr. Serooje (and not Sergei which pronunciation of the name in Iran which is rather inexistent among Iranian Armenians although the francised or Gallicized version, known as "Serge", could still be found) XXXX (while in Farsi, this name would be spelled and transcribed with an initial "b" i.e. Boghosyan), claiming that he is now of unknown whereabouts while she kept adding that, because of in-family feuding, she does not know too much about her nephew or his father.

 

OB Teheran (31.3.2016): Auskunft des VA, per Email

 

2. Wohnt ein Herr Schorschik an dieser Adresse? Wenn nicht, hat er dort früher gewohnt?

 

Dem Bericht des Vertrauensanwaltes ist zu entnehmen, dass auch Herr Schorschik an dieser Adresse nicht wohnt(e).

 

Einzelquellen:

 

Zu dieser Fragestellung berichtet der VA Folgendes:

 

Nein, auch er hatte niemals (dort gelebt; Anm.).

 

2-No, neither did he. Furthermore, this name (Schorschik which, linguistically, would look like the Arabicized form of what would be pronounced in Farsi/Persian as " Georgik" with the "g" sounding like "g" in the word "regime") was unknown to both the purported aunt and the purported cousin (this latter, when asked about the fact that it looked strange that he kept saying that he did not know much about the applicant despite the alleged family relationship, claimed that he used to be working as a guest worker in Japan and, because of this, he did not know much about the family whom he said had been staying back in Iran. However, he could not explain how come the applicant knew his cell phone number mas a reference if , as he kept claiming, he had not met him for years! )

 

OB Teheran (31.3.2016): Auskunft des VA, per Email

 

[ ]

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Armenien vom 18.04.2016:

 

1. Kann die Staatsbürgerschaft von Herrn XXXX (Asylwerber), Herrn

XXXX (Vater des AW) und Frau XXXX (Tante des AW) recherchiert werden?

 

Sind Herr XXXX , Herr XXXX und Frau XXXX im Wählerregister von Armenien eingetragen?

 

Alle drei genannten Personen sind armenische Staatsbürger und sind in Armenien als wohnhaft gemeldet.

 

Einzelquellen:

 

Die Vertrauensperson des BM.I berichtet, basierend auf Informationen aus dem WählerInnenverzeichnis und dem Melderegister, dass alle drei oben genannten Personen armenische Staatsbürger sind. Der AW und sein Vater sind an derselben Wohnadresse gemeldet. Ebendort auch eine Person namens XXXX , bei der es sich aufgrund des Familiennamens und des Geburtsdatums eventuell um eine weitere Tante des AW handeln könnte. Frau XXXX (Tante des AW) ist ebenfalls in Jerewan registriert:

 

It is confirmed that XXXX , XXXX and XXXX are citizens, as well as are registered residents of Armenia.

 

The full personal data of the mentioned persons are as follows:

 

1. XXXX (father's name: Sergej), born: 27.08.1982, registered address: 1st block, building N 5, aprt. 38, town Metsamor, Armavir province, Armenia.

 

2. XXXX (father's name: Azat), born: 01.01.1955, registered address:

1st block, building N 5, aprt. 38, town Metsamor, Armavir province, Armenia.

 

3. XXXX (father's name: Serjozha), born: 12.05.1959, registered address: Hovsep Emin street 89, aprt.92, Yerevan, Armenia.

 

Please also note, that following person is registered with XXXX and XXXX at the same address: XXXX (father's name: Serjozha), born:

03.11.1955. I assume, she is a sister of XXXX .

 

All above mentioned information is included in the voters' registry and in the population registry of Armenia.

 

Vertrauensperson des BM.I mit Expertise zum Herkunftsland (18.4.2016): per E-Mail

 

Aus den Länderfeststellungen zum Iran vom 31.3.2016:

 

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts ist es für iranische Staatsangehörige relativ leicht, an gefälschte Dokumente zu gelangen. Dies schließt jegliche Art von Urkunden wie Reisedokumente, Geburts- oder Heiratsurkunden sowie Gerichtsurteile ein. Es existiert eine Vielzahl fälschungstypischer Fehler. Die Bandbreite reicht von falschen Stempeln über falsche Formulare bis zur Nichtbeachtung von Formalien. So tauchen auf angeblichen Gerichtsurteilen falsche Aktenzeichen oder sachlich unzuständige Gerichte auf. Auch Bescheinigungen über die Betätigung in politischen Parteien oder Mitgliedsausweise insbesondere "monarchistischer" (d.h. Schahtreuer) Gruppen sind leicht zu beschaffen. Auch echte Dokumente unrichtigen Inhaltes, insbesondere auch die o.g. Mitgliedsausweise, sind einfach bei den zuständigen Stellen zu beschaffen AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

 

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Armenien zulässig und möglich ist.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP 1 iranischer Staatsangehöriger wäre oder auf Farsi gedruckte Bibeln von Armenien in den Iran geschmuggelt hätte.

 

2. Beweiswürdigung:

 

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behaupteter Maßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten –immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen –allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werdenaufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

 

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

 

Die volljährigen bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

II.2.3 In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten -–z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

 

Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

 

II.2.4.1. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese anführt, dass das Fluchtvorbringen der bP 1, insbesondere ihre Angaben zur Staatsangehörigkeit nicht glaubwürdig waren.

 

II.2.4.2. Die Feststellungen zur Person der bP 1 und 2 ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP 2 vorgelegten Bescheinigungsmittel sowie den Anfragebeantwortungen.

 

II.2.4.3. Hinsichtlich der bP 1 ist festzuhalten, dass sie keinerlei unbedenkliches Identitätsdokument noch sonstige Bescheinigungsmittel vorlegen konnte. Aufgrund der Anfragebeantwortungen kann den Angaben der bP 1 betreffend Namen und Geburtsdatum Glauben geschenkt werden.

 

Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit wurden offensichtlich falsche Angaben gemacht. Die bP 1 hat bereits bei der Erstbefragung angegeben, iranischer Staatsangehöriger mit armenischem ethnischem Hintergrund zu sein und dies bei der ersten Einvernahme damit begründet, dass die beiden Elternteile im Iran geboren worden wären. Auch der Vater habe daher die iranische Staatsbürgerschaft. Die bP 1 sei im Alter von 6 Jahren, nach dem Tod der Mutter, alleine zu ihrer Tante nach Armenien gezogen. Deshalb würde die bP 1 auch kein Farsi sprechen.

 

Bereits aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.04.2016 geht hervor, dass sowohl die bP 1, als auch Vater und Tante väterlicherseits armenische Staatsbürger (im armenischen Wählerverzeichnis als auch im Melderegister eingetragen) und in Armenien als wohnhaft gemeldet sind. Des Weiteren war es dem vom BFA beauftragten Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Teheran, nicht möglich, die bP 1 im iranischen Geburten- bzw. Personenstandsregister zu finden. Auch die nochmals vom BVwG veranlassten Erhebungen bestätigten dieses Ermittlungsergebnis eindeutig, sodass letztlich aufgrund des Ergebnisses der Anfragebeantwortungen sowie unten angeführter Beweiswürdigung auch für das BVwG nach mündlicher Verhandlung fest steht, dass die bP 1 armenischer und nicht, wie sie angab, iranischer Staatsangehöriger ist.

 

Soweit in der Stellungnahme vom 24.09.2015 die Anfragebeantwortungen kritisiert wurden, ist dazu festzuhalten, dass nunmehr aufgrund dessen bzw aufgrund den Einwendungen in der Verhandlung tatsächlich nochmals Ermittlungen durchgeführt wurden, diesmal unter Vorlage eines Bildes der bP 1 unter Berücksichtigung der Einwendungen, dass nicht gefragt worden sei, ob der Vater früher an der bekannt gegebenen Adresse im Iran gelebt habe.

 

Entgegen den Angaben in der Stellungnahme vom 07.03.2017 handelt es sich bei den letzten Anfragen des BVwG auch nicht um eine "Wiederholung" des bisherigen Rechercheergebnisses. Vielmehr wurde den ermittelnden Personen eine kurze Zusammenfassung der Behauptungen der bP 1 übermittelt und forschten diese nunmehr nochmals nach. Dies insbesondere an der nunmehr korrigierten Adresse der bP 1 in Armenien und hinsichtlich der angeblichen iranischen Geburtsurkunde im Iran. Dass auch diese Anfragebeantwortungen wiederum das Vorbringen der bP 1 widerlegen, belegt, dass die bP 1 sich von vornherein einer falschen Staatsbürgerschaft und eines erfundenen Fluchtvorbringens bediente.

 

Die Anfragebeantwortung der Botschaft im Iran ist auch nicht widersprüchlich, wenn dort angeführt wird, dass die bP 1 selbst der Nachbarschaft nicht, jedoch der dort aufhältigen Tante, welche in der von ihm angegebenen Wohnung lebt, bekannt ist. Nunmehr wurde auch nicht telefonisch, sondern direkt vor Ort nachgeforscht, und gehen damit die Ausführungen, dass Personen Angst gehabt hätten, die Wahrheit anzugeben, da man nicht mit "Ausländern" etc reden dürfe, ins Leere (vgl. auch Ausführungen zur Verwertung der Anfragebeantwortungen an sich).

 

Eindeutig geht auch aus der letzten Antwort hervor, dass kein Haftbefehl gegen die bP 1 im Iran ausfindig gemacht werden konnte, und hat die bP 1 auch selbst angegeben, letztlich nicht zu wissen, ob ein Haftbefehl besteht. Die darüber hinausgehenden Vermutungen in der Anfragebeantwortung sind nur als Ergänzung zu sehen und ging bereits aus den diversen, oben widergegebenen Recherchen der belangten Behörde hervor, dass schon grundsätzlich das Verhalten der bP im Hinblick auf die angeblich geschmuggelten Bibeln aufgrund der allgemeinen Situation und den grundsätzlichen strafbaren Verhalten im Zusammenhang mit Missionierung und Bibeln in Farsi im Iran, nicht wahrscheinlich ist. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme wurde auch unter Anführung der konkret befragten Personen aus der Diözese der Armenier in XXXX das Rechercheergebnis betreffend der Tauf- und Geburtsurkunde schlüssig dargelegt.

 

Hinsichtlich der Ausführungen der Stellungnahme zur Anfragebeantwortung aus Armenien ist ebenso festzuhalten, dass diesen nicht fundiert entgegengetreten wurde. Nunmehr wurde an der von der bP 1 angegebenen, korrigierten Adresse nachgeforscht und ist die bP 1 dort eben 6 Nachbarn nicht bekannt und kann davon ausgegangen werden, dass der Vertrauensanwalt entsprechend ermittelte, ob diese und wie lange diese schon dort leben und dann diese stichprobenartige Befragung entsprechend auswertete, um zum Ergebnis zu gelangen, dass zumindest einer dieser Nachbarn die bP 1 gekannt haben müsste, was aber nicht der Fall war. Auch die Ausführungen zum Wählerverzeichnis in Armenien gehen ins Leere, da die bP 1 nicht nur dort, sondern auch im Melderegister entsprechend eingetragen ist. Dies vor allem gemeinsam mit ihrem Vater, was einen nicht nachvollziehbaren Zufall darstellen würde, wenn die bP 1 und der Vater letztlich gemeinsam an einer ihnen angeblich unbekannten Adresse in Armenien – fälschlicherweise wegen versuchtem Wahlbetruges - gemeldet wären.

 

Bei Annahme, dass die nunmehr vorgelegte Wohnsitzbestätigung echt und richtig wäre, würde demgemäß die bP 1 zwischen 2010 und 2012 an der Adresse in Armenien gelebt haben, was jedoch wiederum damit im Widerspruch stünde, dass sie dort bis zu ihrer Ausreise im Juni 2014 gelebt haben will. Für das Ergebnis, dass das Fluchtvorbringen der bP 1 nicht den Tatsachen entspricht, hat dieser Umstand jedoch keine Relevanz, da damit keinesfalls belegt ist, dass sie nicht armenischer Staatangehöriger ist und an der Adresse gemäß Anfragebeantwortung zuletzt gelebt hat.

 

Letztlich kommt es auf die Angabe des Vertrauensanwaltes, dass das Fluchtvorbringen nicht der Wahrheit entspräche, nicht an, da dies ein vom Gericht zu beurteilender Umstand ist, und sich dies aus diversen anderen Umständen wie der Widersprüchlichkeit des Vorbringens, insgesamt aber vor allem auch den falschen Angaben der bP 1 zu ihrer Identität ergibt.

 

II.2.4.4. Zur vorgelegten, am 17.05.2014 für die bP 1 ausgestellten Geburtsurkunde der Diözese der Armenier in XXXX (Iran), wonach die bP 1 im Iran geboren und getauft worden sei, ist festzuhalten, dass wie auch in der Anfragebeantwortung ausgeführt, auf der Urkunde ersichtlich ist, dass diese aufgrund der Angaben von "verlässlichen Zeugen" ausgestellt wurde. Damit hat diese letztlich keine gewichtige Beweiskraft, da vom Bischof ungeprüft bestätigt wurde, was die bP 1 bzw. ihr Vater telefonisch beantragte. Dass die bP 1– im Dokument nicht angeführte – Zeugen gewinnen konnte, vermag angesichts des Umstandes, dass es sich bei diesen Personen wohl um Personen aus dem Umfeld der bP 1 gehandelt hat, welche ihr wohl gesonnen sind, auch nicht zu Gunsten der bP 1 auszuschlagen, vielmehr ist von einer Gefälligkeitsbestätigung auszugehen und anzunehmen, dass sich die bP 1 diese Bestätigung im Rahmen der Ausreisevorbereitungen tatsachenwidrig ausstellen hat lassen, um ihren behaupteten Fluchtgrund zu stützen. Dies unterstreicht auch der Umstand, dass die bP 1 vorbrachte, den Entschluss zur Ausreise am 10.06.2014, also in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ausstellung, gefasst zu haben. Letztlich wird in diesem Dokument auch nur der Geburtsort und nicht die Staatsangehörigkeit der bP 1 angeführt, wobei nochmals festgehalten wird, dass die Ausführungen in der Tauf- und Geburtsurkunde nur auf Angaben "verlässlicher Zeugen" beruhen.

 

In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass die bP 1 schon im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 21.01.2015 und auch in der Verhandlung nicht plausibel erklären konnte, warum sie im Rahmen eines Besuches des Vaters in Teheran alle Dokumente (standesamtliche Geburtsurkunde, Wehrdienstbefreiung, iranischen Personalausweis und Unterlagen der Universität) mitgenommen hat, und nicht alleine mit dem Reisepass von Armenien in den Iran gereist ist. Die bP 1 konnte trotz mehrerer Rückfragen nicht aufklären, warum sie alle Dokumente, welche ihr im Iran von der Polizei abgenommen worden wären, mit sich geführt hatte. Absolut nicht nachvollziehbar war auch die Aussage der bP 1, dass gerade der Taufschein, den er vorlegte, sich zufällig bei einem Bekannten namens Edward, dessen Nachnamen er nicht einmal kenne, befunden habe. Auch zu diesem Edward konnte die bP 1 dann letztlich keine überprüfbaren Angaben machen.

 

II.2.4.5. Am Rande bleibt anzumerken, dass obwohl die bP 1 bis zum 6. Lebensjahr im Iran gewohnt haben will, kein Wort Farsi spricht. Bei der letzten Einvernahme vor der belangten Behörde am 30.03.2016 war ein Farsi Dolmetscher aus dem Iran anwesend, welcher die bP 1 darum gebeten hatte, ihn auf Farsi zu begrüßen. Dazu war sie jedoch nicht imstande. Sie weigerte sich vielmehr und ist davon auszugehen, dass– wenn sie tatsächlich 6 Jahre im Iran gelebt hätte - zumindest ein paar Worte Farsi sprechen könnte. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte die bP 1 auf die Frage, wo sie geboren und aufgewachsen ist, keine konkrete Angabe machen und führte lediglich vage aus, dass sie die Adresse nicht kenne und in Teheran zur Welt gekommen sei. Damit geht auch die Angabe in der Beschwerde, die bP 1 habe nicht in Farsi sprechen wollen, ins Leere.

 

Weiters bleibt festzuhalten, dass vor der belangten Behörde in der ersten Einvernahme die bP 2 angegeben hat, dass der Vater der bP 1 Armenier ist. Auch über Nachfrage, ob dieser dann kein Iraner sei, gab die bP 2 vorerst explizit an, dass der Vater Armenier wäre. Erst an späterer Stelle über Vorhalt in Verbindung mit der Schilderung der Fluchtgründe gab die bP 2 zur Frage, wie es sein kann, dass die bP 1 Iraner und deren Vater Armenier ist plötzlich an, dass der Vater die iranische Staatsbürgerschaft, gleich wie die bP 1 habe. Nicht nachvollziehbar war auch, dass die bP 2 trotz ihrer über 5 Jahre in Armenien bestehenden Bekanntschaft keinerlei Angaben zu dessen Aufenthaltsstatus in Armenien machen konnte.

 

Aus diesen Gründen war schon den Angaben der bP 1 zu ihrer Staatsangehörigkeit nicht zu folgen.

 

II.2.5. Die Einschätzung der belangten Behörde wird auch durch das Ergebnis des vom BVwG durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens bestätigt und geht auch das BVwG davon aus, dass sich die bP einer nicht tatsächlich stattgefundenen Fluchtgeschichte bedient haben, um so aus wirtschaftlichen und privaten Gründen nach Österreich zur Schwester der bP 2 gelangen zu können.

 

II.2.5.1. Zwar konnten die bP 1 und 2 ein in Eckpunkten übereinstimmendes Vorbringen erstatten, so führten sie beide aus, dass sie im Iran beim Vater der bP 1 zu Besuch gewesen wären, als die bP 1 am 08.06. plötzlich inhaftiert worden sei und hätte die Polizei ihnen in der Folge alle Papiere bei einer Hausdurchsuchung der Wohnung des Vaters der bP 1 weggenommen. Hinsichtlich der konkreten Fluchtgründe gab die bP 1 an, dass sie über einen Zeitraum von etwa 4 Jahren auf Farsi gedruckte Bibeln von Armenien in den Iran geschmuggelt hätte, da sie von Predigern armenischer Haus-Kirchen im Iran darum gebeten worden wäre. Anfang des Jahres 2013 sei sie dann bei einer Übergabe dieser Bibeln erstmalig erwischt worden, 2014 sei dann eine Festnahme mit Anhaltung für 2 Tage durch die Polizei erfolgt. Die bP 2 gab an, dass sie – trotz einer 5-jährigen Bekanntschaft – letztlich nichts zu diesen Vorfällen oder zu den Tätigkeiten der bP 1 sagen könne.

 

II.2.5.2. Schon die Schilderungen des angeblich ersten Vorfalls 2013 im Iran durch die bP 1 waren sehr vage und außerdem widersprüchlich. So hat die bP 1 zuerst angegeben, sie sei bei der Übergabe der Bibeln erwischt worden, während sie später anführte, Ordnungsbeamte hätten sie und H bei einem Gespräch belauscht und "wahrscheinlich Verdacht" geschöpft. Ohne jegliche Details gab die bP1 dazu an, sie sei in Teheran – wo genau wüsste sie nicht – gewesen, irgendwelche Leute seien gekommen, H habe irgendjemanden angerufen und daraufhin mit den Personen gesprochen und diese seien wieder gegangen. In der Erstbefragung und vor der belangten Behörde gab die bP 1 noch an, dass sie im Auto gesessen hätten, als die Polizei gekommen wäre, während sie in der Verhandlung ausführte, dass sie H auf der Straße getroffen hätte und mit ihm geplaudert hätte, als die Polizei gekommen wäre. Woher diese Beamten hätten wissen sollen, dass die bP 1 Bibeln auf Farsi gedruckt von Armenien in den Iran schmuggelt, konnten sie weder vor der belangten Behörde, noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erklären. Die Beschwerdeausführungen sind ebenfalls nicht geeignet, dies aufzuklären.

 

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die bP 1 H nicht danach gefragt hätte, was sie zu den "Ordnungsbeamten" gesagt hat, damit diese wieder gehen, weil es sie nicht interessiert habe. Auch dass sie keinerlei konkrete Daten wie Nachnamen von H oder Informationen zu dessen Begleiter beim zweiten Treffen 2014 angeben konnte, erhellt sich für das BVwG nicht, da man bei einer derart heiklen Bekanntschaft wohl genauere Informationen, insbesondere wegen der Vertrauenswürdigkeit einholen würde. Nicht nachvollziehbar ist demgegenüber, dass sich die bP 1 nicht erkundigt hätte, da es sich eben um eine gefährliche Tätigkeit gehandelt hätte, da man gerade dabei große Sorgfalt an den Tag legen würde.

 

Auch den angeblichen Vorfall, welcher sich konkret am 08.06.2014 zugetragen haben soll, konnte die bP 1 vor der Behörde und in der Verhandlung mit nur wenigen Details schildern. Sie hätte sich mit H und einem seiner Freunde getroffen, als eine "Ordnungswache" mit einem Auto erschienen sei. Sie seien in eine Art Zelle verbracht worden, wo Sie von drei Polizisten befragt und verprügelt worden wären. Obwohl sie kein Farsi verstehe, hätte sie sofort gewusst, dass es um die Bibeln ginge, da sie Wörter wie "Jesus" und "Christ" verstanden hätte. Angeblich hätten die Personen versucht, Informationen zu entlocken. Auch dies ist weder nachvollziehbar, noch glaubhaft, da die bP 1 kein Farsi spricht und daher weder die Fragen verstehen konnte, noch dazu imstande gewesen wäre, Antworten zu geben. Die Rechtfertigung der bP 1 über Vorhalt dieses Umstandes, dass sie es in Englisch versucht hätte, kann nur als Schutzbehauptung gesehen werden. Trotz einer angeblichen Anhaltung von 3 Tagen war es der bP 1 nicht konkret möglich, Ereignisse aus diesem Zeitraum konkret zu schildern. Vage wurde ausgeführt, dass man mehrmals bei der bP in der Zelle gewesen wäre und versucht hätte, ihr Informationen über H zu entlocken, was vor dem Hintergrund, dass die bP 1 sich ja nicht verständigen konnte, nicht glaubhaft ist. Letztlich gab die bP 1 auch in der Verhandlung an, dass ihr die Nase gebrochen worden wäre und geblutet hätte, ansonsten hätte man sie auf den Rücken geschlagen. Die bP 2 jedoch konnte bei der bP 1 gemäß ihren Angaben keine derartigen Verletzungen im Gesicht wahrnehmen. Genauso wenig ist nachvollziehbar, dass man die bP 1 – wenn die Polizei tatsächlich gewusst hätte, dass sie Bibeln schmuggelt – nach 3 Tagen wieder frei lässt. Ähnliches gilt für den Umstand, dass die bP 1 angegeben hat, mit dem Flugzeug von Armenien in den Iran gereist zu sein. Wäre sie bereits ins Blickfeld der Polizei im Iran geraten, wäre dies nicht problemlos möglich gewesen.

 

Völlig unplausibel ist auch, dass die bP nicht einmal ansatzweise angeben konnte, wie oft sie jetzt tatsächlich im Jahr 2013 bzw. 2014 diese für sie gefährlichen Fahrten in den Iran mit Bibeln unternommen hätte (2x2014 und .2-3 x 2013 bzw. insgesamt zwischen 2013 und 2014 4x vor der belangten Behörde; in der mündlichen Verhandlung 2, 3 oder 4 Mal im Jahr 2013).

 

II.2.5.3. Zusammenfassend konnte die bP 1 auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen nicht glaubhaft darlegen oder detailliert schildern, insbesondere erhellte sich nicht, warum sich die bP 1 einem derartigen Risiko aussetzen sollte und Bibeln sogar im Handgepäck schmuggeln. Dennoch wurden aufgrund der Einwendungen gegen die Rechercheergebnisse der belangten Behörde nochmals Ermittlungen im Herkunftsstaat in Auftrag gegeben.

 

II.2.5.4. Schon die ursprünglichen Anfragen der belangten Behörde ergaben, dass die Angaben der bP 1 betreffend der Bücherei "Bookinist" und der Druckerei, in der sie angeblich Bibeln drucken ließ, nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Gerade in diesem Zusammenhang verwickelte sich die bP 1 in gravierende Widersprüche. So gab sie vorerst vor der belangten Behörde an, dass sie die Bibeln in einer Druckerei eines Bekannten bestellt habe, wo sie für ihn persönlich gedruckt worden wären. Das letzte Mal hatte sie sie dann "einfach so" kaufen können. In der nächsten Einvernahme führte die bP 1 an, dass sie die Bibeln in einem Laden gekauft habe, wie man auf einem Foto (eines nur Bücher, eines nur bP 1 vor Geschäft) sehen könne. Die genaue Adresse wisse er nicht, aber die Gegens heiße XXXX , der Laden heiße XXXX . Manchmal habe die bP 1 auch die Bibeln in einer Druckerei bestellt, deren Namen er jetzt nicht mehr wisse. Auch die Kontaktperson könne sie jetzt nicht nennen. In der mündlichen Verhandlung gab die bP 1 dann an, dass sie den Leiter der Druckerei V, den M (dessen Namen ihm nicht eingefallen ist) seit 7 Jahren kenne, dessen Vater kenne er bereits noch länger.

 

Das Schreiben vom 22.09.2015 von M, Druckerei V, in welchem M ausführt, dass er vor einiger Zeit telefonisch verneint habe die bP 1 zu kennen, dennoch tatsächlich die bP 1 in der Zeit von 2010 – 2014 in der Verlagsdruckerei ca. 25 Bibeln auf Farsi bestellt und gekauft hätte, muss letztlich als Gefälligkeitsschreiben angesehen werden. Auffällig an diesem Schreiben ist schon, dass es gemäß Inhalts aufgrund einer Aufforderung der bP 1 verfasst wurde. Weiters war die bP 1 gemäß eigenen Angaben mit M bekannt, weshalb nicht von dessen Objektivität ausgegangen werden kann und erwecken die Angaben der bP 1 zu dieser Person erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens.

 

II.2.5.5. Hinsichtlich des Vorbringens, mit welchem die Vorgangsweise des Verbindungsbeamten bzw. Vertrauensanwalts in Zweifel gezogen wird bzw. angezweifelt wird, ist auf folgendes zu verweisen:

 

Zum einen entziehen sich Ermittlungen im Herkunftsstaat eines Asylwerbers, insbesondere über einen Vertrauensanwalt, in großem Ausmaß der Kontrolle der erkennenden Behörde. Zum anderen erfolgte die Recherche über die österreichischen Botschaften. Für das BVwG sind keinerlei stichhaltige Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass an der Qualifikation und der fachlichen Kompetenz des Verbindungsbeamten bzw. Vertrauensanwalts ernsthafte Zweifel zu hegen wären, sodass auch davon ausgegangen werden kann, dass diese auch bei der Auswahl hinzugezogener Personen sorgfältig vorgingen und es sich bei den ermittelnden Personen um vertrauenswürdige, erfahrene und kompetente Personen handelt. Insgesamt kann daher nicht daran gezweifelt werden, dass die herangezogenen Personen über die nötige Erfahrung und Kompetenz verfügen, verlässliche Aussagen über das Vorliegen einzelnen Sachverhaltselementen zu treffen, zumal in den Berichten ausführlich und nachvollziehbar darlegt wurde, auf welcher Grundlage das Vorbringen als nicht authentisch qualifiziert werden konnte. Es wurden die konkreten Ermittlungsschritte nachvollziehbar darlegt.

 

Aufgrund der gründlichen Ermittlungen, wobei an der Objektivität und der Seriosität der in den Ermittlungen involvierten Personen und Institutionen keine Zweifel bestehen, und dem daraus resultierendem Ermittlungsergebnis, kann dem Vorbringen und den angeführten Kritikpunkten daran weder gefolgt werden, noch vermögen die Ausführungen, begründete Zweifel an der Vorgangsweise er ermittelnden Personen zu wecken. Im Gegenteil, so wurde nachvollziehbar dargelegt, welche Personen befragt wurden und auf welche Weise die Schlussfolgerungen entstanden.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass es sich bei derartigen Recherchen im Herkunftsstaat über einen Vertrauensanwalt nicht um einen Beweis durch Sachverständige iSd § 52 AVG handelt, sondern um ein Beweismittel eigener Art (Hinweis Erkenntnisse vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/20/0488, und vom 31. Mai 2001, Zl. 2000/20/0470) (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0249). Vor diesem Hintergrund können die Maßstäbe, welche an den Sachverständigenbeweis gelegt werden, nicht gänzlich auf das Beweismittel der Recherche durch einen Vertrauensanwalt übertragen werden.

 

Bei einem auf diese Weise beauftragten Vertrauensanwalt handelt es sich somit nicht um einen Sachverständigen, sodass auch keine Verpflichtung besteht, die Identität des Vertrauensanwaltes an einen Asylwerber bekanntzugeben, zumal eine Weitergabe derartiger Daten an Dritte den Vertrauensanwalt einer Gefahr aussetzen könnten.

 

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Recherche durchaus auch ohne die Weitergabe personenbezogener Daten erfolgen kann. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass bei Ermittlungen im Herkunftsstaat eines Asylwerbers stets auf die Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten gegenüber den Behörden des Heimatlandes hingewiesen wird, sodass eine Missachtung dieses Verbotes als nicht wahrscheinlich eingestuft werden kann.

 

Schließlich hat der Vertrauensanwalt –im Gegensatz zur bP- kein Interesse am Ausgang des Verfahrens, egal in welche Richtung. Es ist zwar der bP zuzustimmen, dass den Ausführungen des Vertrauensanwaltes bzw. des VB des BMI nicht die Beweiskraft eines Gutachtens zukommt, dennoch kommt ihnen die Qualifizierung eines Beweismittels zu, welches der freien Beweiswürdigung unterliegt und im Verfahren im Lichte der oa. Ausführungen ein höherer Beweiswert als den Ausführungen der bP zukommt.

 

II.2.5.6. Zusammenfassend ist aufgrund des widersprüchlichen, nicht plausiblen und durch Anfragebeantwortungen überprüften Vorbringens der bP 1 nicht glaubhaft, dass sie Bibeln auf Farsi von Armenien in den Iran geschmuggelt hätte bzw. überhaupt jemals im Iran war und insbesondere die iranische Staatsangehörigkeit hätte. Damit kann auch keinerlei Verfolgungsgefährdung durch iranische Behörden oder aufgrund einer Auslieferung durch Armenien, dessen Staatsangehöriger er ist, erkannt werden.

 

Auch der Umstand, dass gemäß Anfragebeantwortung der Vater der bP 1 nie an der von ihm genannten Adresse im Iran gelebt hat, sondern dort eine Tante lebt, passt in dieses Bild. Die bP 1 hat offenbar aus ein paar familiären Eckdaten ein Fluchtvorbringen konstruiert, dass entsprechend zur Asylerlangung führen sollte.

 

II.2.5.7. Soweit in der Beschwerde bemängelt wird, dass die im gegenständlichen Fall präjudizielle Norm des § 16 Abs. 1 BFA-VG verfassungswidrig sei, weshalb die Anregung ergehe, das Bundesverwaltungsgericht möge die Aufhebung der Norm beim Verfassungsgerichtshof beantragen, ist festzuhalten, dass der VfGH sich - aufgrund von Anträgen des BVwG - wiederholt mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 16 Abs. 1 BFA-VG (Rechtsmittelfrist im Asylverfahren) auseinandergesetzt hat. Er hat zweimal im Rahmen der Normenkontrolle Fassungen dieser Vorschrift als verfassungswidrig aufgehoben (VfGH 24.06.2015, G 171/2015 ua., womit § 16 Abs. 1 BFA-VG in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 aufgehoben wurde, sowie VfGH 23.02.2016, G 589/2015 ua., womit der Ausdruck "1" in § 16 Abs. 1 BFA-VG in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 aufgehoben wurde).

 

Weitere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der aktuell geltenden Bestimmung des § 16 Abs. 1 BFA-VG werden nicht als gegeben erachtet und wurde im gegenständlichen Fall gesetzeskonform eine zweiwöchige Frist eingeräumt.

 

II.2.5.8. Wenn die bP eine Verletzung des Parteiengehörs moniert, ist dem zu entgegnen, dass keine Verpflichtung zur Vorhaltung hinsichtlich der eigenen Angaben der Partei oder Beweismitteln besteht, die sie selbst vorgelegt hat oder auf die sich selbst berufen hat (VwGH 25.09.2014, Zl. 2011/07/0006). Eine im Verfahren vor der belangten Behörde allenfalls erfolgte Verletzung des Parteiengehörs ist ferner durch die mit Beschwerde an das

 

Bundesverwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert, zumal der angefochtene Bescheid die maßgeblichen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (insbesondere die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat) vollständig wiedergibt (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056). Es besteht keine Verpflichtung der belangten Behörde, vor Bescheiderlassung der bP ihre Widersprüche vorzuhalten.

 

II.2.5.9. Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass die belangte Behörde die vorgelegten Fotografien nicht berücksichtigt hätte, so ist dazu auszuführen, dass Bilder mit einzelnen Büchern, ohne zu sehen, wo sich diese befinden und Fotos der bP 1 vor Gebäuden nicht dazu geeignet sind, das Vorbringen der bP 1 zu stützen.

 

II.2.5.9. Sofern in der Beschwerde moniert wird, dass die Beweiswürdigung bzw. das Ermittlungsverfahrender belangten Behörde mangelhaft sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des ho. Gerichts die belangte Behörde ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Darüber hinaus wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und wurden weitere Ermittlungsschritte vorgenommen.

 

Abgesehen davon, dass wie oben dargestellt weder die Angaben der bP 1 zur Staatsangehörigkeit noch die zu den Fluchtgründen glaubwürdig waren, wird auch vom BVwG nicht verkannt, dass der Iran auf Platz 9 des Weltverfolgungsindexes platziert ist, dort Konversion unter Strafe steht und Christen im alltäglichen Leben vor Problemen stehen, wie dies in der Beschwerde vor dem Hintergrund einiger Berichte festgehalten ist. Dennoch waren die Länderfeststellungen der belangten Behörde ausreichend, um einen Überblick über die relevante Situation zu erhalten. Letztlich kann die bP 1 in ihren Heimatstaat Armenien zurückkehren und waren auch die Angaben zum angeblichen Schmuggel nicht glaubwürdig. Vor diesem Hintergrund hatte die belangte Behörde letztlich keinen Grund, sich mit den Länderberichten zum Iran weiter zu befassen, weshalb sich weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang erübrigen. Dass ein Vorbringen in den Länderfeststellungen Deckung findet, sagt noch nichts über dessen grundsätzliche Glaubwürdigkeit aus.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der volljährigen bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Die bP haben ihren Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe der bP, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.- wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

"

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

 

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

 

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

 

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei den volljährigen bP handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen.

 

Die volljährigen bP sind zur Pflege und Obsorge der minderjährigen bP verpflichtet. Die Existenzsicherung der Minderjährigen bP ist damit durch die volljährigen bP, hinsichtlich derer von einer gemeinsamen Ausreise auszugehen ist, gesichert.

 

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

 

Auch steht es den volljährigen bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten. Die bP 1 und 2 sind sehr gut ausgebildete Personen, denen es entsprechend leicht fallen wird, sich in den armenischen Arbeitsmarkt zu integrieren und war es der bP 1 auch schon vor der Ausreise möglich, in Armenien ein Einkommen zu erwirtschaften.

 

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.

 

Im vorliegenden Fall konnten auch seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.

 

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko

v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer

Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

 

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

 

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

 

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

 

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

 

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

 

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

 

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

 

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

 

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

 

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

 

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

 

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

 

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

 

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

 

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

 

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

 

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

 

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

 

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

 

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

 

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

 

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

 

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

 

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

 

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

 

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

 

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

 

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

 

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit

Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

 

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

 

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

 

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

 

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

 

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

 

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

 

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

 

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

 

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

 

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

 

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

 

§ 46 FPG, Abschiebung

 

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

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1.-die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2.-sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3.-auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4.-sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt.

 

(2a) Das Bundesamt ist berechtigt, Personen, für die das Bundesamt ein Ersatzreisedokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen hat, vorzuladen. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt.

 

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

 

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

 

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

 

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich

eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

 

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

 

II.3.4.2. Die gegenständlichen, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich bzw. nach Geburt in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

 

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

 

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

 

II.3.4.4. Die bP haben in Österreich über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend noch eine Schwester der bP 2 in Österreich, welche seit dem Jahr 2003 über einen Aufenthaltstitel hier verfügt. Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit 3 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben Deutschkurse besucht. Sie sind strafrechtlich unbescholten und verfügen über normale soziale Kontakte. Sie sind im Chor, in der christlichen Gemeinde und bei Flüchtlingsprojekten engagiert, die bP 1 geht im Rahmen der Nachbarschaftshilfe Tätigkeiten nach.

 

Hinsichtlich der in Österreich lebenden Schwester ist Folgendes festzuhalten:

 

Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, müssen neben der Verwandtschaft noch weitere Umstände hinzutreten. So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgehen (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff). In Anbetracht des diesbezüglichen Vorbringens der bP kann von dieser besonderen Beziehungsintensität nicht ausgegangen werden. Die bP bringen zwar vor, dass sie zeitweise von der Schwester Geld erhalten, eine finanzielle Unterstützung alleine reicht jedoch nicht aus, um von einem Abhängigkeitsverhältnis im obigen Sinne ausgehen zu können. Es wurde somit kein spezielles Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis der bP zu den in Österreich aufhältigen Verwandten vorgebracht, welches eine – im Lichte der Rechtsprechung des EGMR – ausreichende Beziehungsintensität begründen würde und im konkreten Einzelfall auch höher zu bewerten wäre, als die entgegenstehenden öffentlichen Interessen. Auch in der Beschwerde finden sich in diesem Zusammenhang keinerlei Ausführungen, die daran Zweifel aufkommen lassen könnten.

 

Die Rückkehrentscheidung betreffend der bP stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst – bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

Folgt man Chvosta, welcher, soweit ersichtlich im Schrifttum bisher unwidersprochen ausführte und dem sich auch das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall anschließt, dass [Anmerkung: bei damaligen Ausweisungen von Asylwerbern nach § 10 AsylG; hier wohl sinngemäß anwendbar] ab einer Verfahrensdauer von 6 Monaten jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben anzunehmen sein wird, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach sich zieht (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74), so geht das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall davon aus, dass ein sich auf die Verweildauer im Bundesgebiet begründetes Privatleben ergibt.

 

Die Rückkehrentscheidung stellt somit einen Eingriff in das Recht gemäß Art. 8 EMRK dar.

 

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch

 

 

Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

 

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind seit 3 Jahren in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diese unbegründeten Anträge nicht gestellt, wären sie vom Anfang an rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig gewesen und wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

 

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

 

 

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der familiären Anknüpfungspunkte ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des mittlerweile rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens beschränkt.

 

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es ihnen frei, sich nach ihrer Ausreise – wie jeder andere Fremde auch – um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten) verwiesen. In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend gemacht werden kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

Auch ist zu bedenken, dass es aus dem fremdenpolizeilichen Blickwinkel nicht primär auf die subjektive Vorwerfbarkeit, sondern auf die objektive Zurechenbarkeit des beschriebenen Verhaltens ankommt.

 

 

Die beschwerdeführenden Parteien sind –in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren die volljährigen bP im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie aufgrund ihres Bildungsstandes Deutschkurse besuchen und nunmehr bereits die B 2 Prüfungen ablegen konnten.

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. die volljährigen bP ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

 

Die bP 1 und 2 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in ArmenienBezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zur bP 3 ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu werten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Die bP 3 ist knapp über 2 Jahre alt und sind in diesem Alter noch keine besonderen integrativen Aspekte erwähnenswert, sondern spielt sich das Leben im Umfeld der Eltern ab, welche die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus dem Kind vermitteln. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). - strafrechtliche Unbescholtenheit

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Relativiert zu sehen ist dies zusätzlich hinsichtlich der minderjährigen und strafunmündigen bP. Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP 1 und 2 reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

 

Soweit die minderjährige bP keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertretung im Zusammenhang mit der Einreise hatte, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen in Bezug auf die Zurechenbarkeit des Verhaltens der gesetzlichen Vertretung auf die Kinder verwiesen.

 

 

Den bP 1 und 2 musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender ist und ein weiterer Aufenthalt mangels entsprechenden Aufenthaltstitels verwehrt wird. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

 

In Bezug auf die minderjährige bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden, vielmehr hat die bP 1 mit ihrem wahrheitswidrigem Vorbringen mehrfache Anfragebeantwortungen initziiert, welche zu einer Verfahrensverzögerung führten.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung betreffend des Fremden bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

 

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

 

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

 

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der bP in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die bP halten sich erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, sind auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar, obwohl für sie spricht, dass sie schon Deutschkurse besucht haben und dementsprechend die Prüfung B2 ablegen konnten. Alleine der Besuch eines Chors und christlichen Veranstaltungen und Engagement bei Freiwilligenprojekten sowie der Nachbarschaftshilfe reicht nicht dafür aus, die öffentlichen Interessen zu überwiegen. Die bP sind ansonsten in keinen Vereinen aktiv und sind die Ableistung des Erste Hilfe Kurses sowie die bloße Inskription an sich kein Integrationsmerkmal. Vor allem ist auch auf die Aufenthaltsdauer, welche an sich kurz ist und nur durch die falschen Angaben der bP 1 verursacht wurden, hinzuweisen. Auch wenn es der bP 1 und bP 2 möglich war, aufgrund ihres Bildungsniveaus und der Deutschkenntnisse schon einen gewissen Bekanntenkreis in Österreich aufzubauen – wie aus den Unterstützungsschreiben hervorgeht - , so ist dazu dennoch festzuhalten, dass trotz diesem noch gerade keine besondere Integration erreicht werden konnte, sondern letztlich normale soziale Kontakte mit Chormitgliedern, Gemeindemitgliedern und Flüchtlingsbetreuern gepflogen werden. Der Aspekt der sozialen Vernetzung, welche sich aus den Unterstützungsschreiben ergibt, ist gerade im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer noch nicht besonders berücksichtigungswert. Die in diesen Schreiben betonte Integration der bP sowie die Deutschkenntnisse werden nicht verkannt und konnten die bP 1 und 2 auch in der Verhandlung keine besonderen Bindungen und integrativen Aspekte vorbringen.

 

Verwandte der bP leben noch im Herkunftsstaat und ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen familiären und privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Armenien eine – wenn überhaupt vorhanden – Integration in Österreich bei weitem überwiegen.

 

Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der bP in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären wäre.

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in den gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

 

II.3.4.10. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

 

Dass besondere Umstände, welche die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

 

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.11. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

 

II.3.5 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wären. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.

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