BVwG W106 2144109-1

BVwGW106 2144109-18.3.2017

B-VG Art.133 Abs4
GehG §12 Abs3
RPG §2 Abs1
RPG §5 Abs2
RStDG §2 Abs1 Z5
RStDG §211b
RStDG §67
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
GehG §12 Abs3
RPG §2 Abs1
RPG §5 Abs2
RStDG §2 Abs1 Z5
RStDG §211b
RStDG §67
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W106.2144109.1.00

 

Spruch:

W106 2144109-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Irene BICHLER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, Franz Josefs Kai 5, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Präsidenten des OLG Wien vom 22.11.2016, Zl. XXXX, betreffend Anrechnung von Vordienstzeiten gemäß § 12 GehG, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 12 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016 als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

(08.03.2017)

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

I.1. Der Beschwerdeführer (BF) steht seit 02.01.2014 als Richteramtsanwärter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Anlässlich der Ernennung zum Staatsanwalt mit Wirkung vom 01.12.2016 beantragte der BF die Anrechnung seiner Vordienstzeiten.

 

I.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.11.2016 wurden dem BF gemäß § 12 GehG Vordienstzeiten im Ausmaß von 567,825 Tagen angerechnet.

 

Dem BF wurden folgende Zeiten angerechnet:

 

1. gemäß § 12 Abs. 2 Z 4 GehG die Zeit des Grundwehrdienstes vom 06.09.2004 bis 05.03.2005 = 181 Tage

 

2. Zeiten gemäß § 12 Abs. 3 GehG

 

a) Rechtsberater bei der Hochschülerschaft der Univ. XXXX vom 01.01.2011 bis 30.09.2012 (7 WoStd) = 111,825 Tage *)

 

b) studentischer Mitarbeiter bei XXXX Rechtsanwälte GmbH vom

 

01.11.2012 bis 28.02.2013 (10 WoStd) = 30 Tage *)

 

c) Gerichtspraxis (iVm § 211b RStDG) vom 01.05.2013 bis 31.12.2013 =

245 Tage

 

insgesamt 567,825 Tage

 

(das sind rund 1 Jahr, 6 Monate und 21 Tage)

 

*) Anrechnung nach dem damaligen Beschäftigungsausmaß im Verhältnis zur Vollbeschäftigung.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtlich vertretene BF rechtzeitig Beschwerde.

 

Der verfahrensgegenständliche Bescheid wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit insoweit angefochten, als damit nicht mehr als 567,825 Tage - dem Erhebungsbogen vom 21.06.2016 entsprechend - als Vordienstzeiten angerechnet wurden.

 

Grundsätzlich wird gegen die Bundesbesoldungsreform 2015, welche für alle übergeleiteten Beamten durch Gewährung einer Wahrungszulage eine Übergangslösung geschaffen hat, ins Treffen geführt, dass es sachlich nicht gerechtfertigt und altersdiskriminierend sei, Richter und Staatsanwälte, welche im oder vor Februar 2015 ernannt worden sind und Richter/Staatsanwälte, welche im oder nach März 2015 ernannt worden sind, unterschiedlich zu behandeln, wodurch letztere erhebliche finanzielle Einbußen erleiden würden.

 

Darüber hinaus seien folgende Verfassungswidrigkeiten und inhaltliche Rechtswidrigkeiten gegeben:

 

Rechtspraktikum:

 

Die Nichtberücksichtigung der ersten 5 Monate der Gerichtspraxis gemäß § 211b RStDG sei gleichheitswidrig, weil einschlägige Verwaltungspraktikumszeiten gemäß § 12 Abs. 3 GehG in vollem Ausmaß berücksichtigt würden und eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung nicht gegeben sei. Die Rechtspraktikantenzeit stelle jedenfalls eine einschlägige Tätigkeit iSd § 12 Abs. 3 GehG dar und sei dementsprechend einer einschlägigen Tätigkeit während des Verwaltungspraktikums gleichzustellen.

 

Darüber hinaus liege eine Altersdiskriminierung vor, da nur Zeiten, die über die ersten fünf Monate hinausgehen, angerechnet würden und die ersten fünf Monate stets in einem früheren Lebensalter absolviert würden. Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts seien daher auch die ersten fünf Monate anzurechnen.

 

Präsenzdienst:

 

Zum Präsenzdienst führte der BF aus, er habe diesen – wie damals gesetzlich verpflichtend – im Ausmaß von 8 Monaten geleistet. Nunmehr sei dieser aber nur im Ausmaß von 6 Monaten angerechnet worden. Dies widerspreche dem Gleichheitsrecht, weil auch hier eine Ungleichbehandlung von Personen, die zum jeweiligen Zeitpunkt ihren Präsenzdienst pflichtgemäß geleistet hätten, nicht gerechtfertigt werden könne. Diese Gesetzesbestimmung seit darüber hinaus altersdiskriminierend (Benachteiligung des BF gegenüber Präsenzdienern, die erst nach geltender Gesetzeslage den sechsmonatigen Präsenzdienst absolviert hätten) sowie geschlechtsdiskriminierend (da von der Benachteiligung praktisch keine Frauen betroffen seien).

 

Außerdem regte der BF an, das BVwG wolle einen Antrag gemäß § 140 B-VG an den VfGH stellen, ein Gesetzesprüfungsverfahren über die Wortfolge des § 211b RStDG "soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG), BGBl. 644/1987, überschreiten" und des § 12 Abs. 2 Z 4 GehG idgF "bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten" und "bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten" einleiten.

 

Doktoratsstudium Rechtswissenschaften und Diplomstudium Wirtschaftsrecht:

 

Der BF profitiere bei seiner gegenwärtigen Tätigkeit von den im Fachbereich Zivilrecht und Bestandrecht während des Doktoratsstudiums erworbenen Kenntnissen. Beim Diplomstudium des Wirtschaftsrechts habe er sich auch fundierte wirtschaftliche Kenntnisse angeeignet, welche bei seiner gegenständlichen Arbeit essentiell seien. Die Dissertation und das wirtschaftsrechtliche Studium seine facheinschlägige Studien und für die staatsanwaltliche und allfällige richterliche Tätigkeit von großem Nutzen und wären daher nach § 12 Abs. 3 GehG als Vordienstzeiten zu berücksichtigen.

 

Der BF stellte daher den Antrag,

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass damit Vordienstzeiten über 567,825 Tage hinaus – dem Erhebungsbogen vom 21.06.2016 entsprechend – angerechnet werden;

 

in eventu den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

I.5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.01.2017 wurde die Beschwerde mit Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt (eingelangt am 10.01.2017).

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

II.1. Feststellungen:

 

Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

 

Das Bundesverwaltungsgericht geht von den bereits im Verfahrensgang getroffenen Feststellungen aus.

 

II.2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des BF und sind soweit unstrittig.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

 

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und auch unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung, welche der BF auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.

 

Zu A)

 

Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten – auszugsweise – wie folgt:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 idF BGBl. I Nr. 64/2016 lauten auszugsweise:

 

"Besoldungsdienstalter

 

§ 12. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.

 

(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten

 

1. in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft;

 

2. in einem Dienstverhältnis zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört;

 

3. in denen die Beamtin oder der Beamte auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90% hatte, sowie

 

4. der Leistung

 

a) des Grundwehrdienstes nach § 20 Wehrgesetz 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001,

 

b) des Ausbildungsdienstes nach § 37 Abs. 1 WG 2001,

 

c) des Zivildienstes nach § 1 Abs. 5 Z 1 Zivildienstgesetz 1986 – ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, oder eines anderen Dienstes nach § 12a Abs. 1 oder § 12c Abs. 1 ZDG, aufgrund dessen der Zivildienstpflichtige nicht mehr zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes heranzuziehen ist,

 

d) eines militärischen Pflichtdienstes, eines vergleichbaren militärischen Ausbildungsdienstes oder eines zivilen Ersatzpflichtdienstes in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, in der Türkischen Republik oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

 

Zeiten der militärischen Dienstleistung nach lit. a, b und d sind bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten, Zeiten einer zivilen oder sonstigen Ersatzdienstleistung nach lit. c und d bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten anzurechnen.

 

(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die

 

1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder

 

2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.

 

[ ]

 

(7) Vordienstzeiten sind jedenfalls anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis angerechnet worden sind. Wurde beim unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis das Besoldungsdienstalter infolge einer Überleitung nach den Bestimmungen des § 169c pauschal bemessen, so unterbleibt eine Ermittlung und die Einstufung hat auf Grundlage des bisherigen pauschal bemessenen Besoldungsdienstalters zu erfolgen.

 

(8) Die mehrfache Anrechnung ein und desselben Zeitraumes ist nicht zulässig.

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes, BGBl. 644/1987 idF BGBl. I 111/2010 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Gerichtspraxis

 

§ 1. (1) Die Gerichtspraxis soll Personen, die die vorgesehene wissenschaftliche Berufsvorbereitung für einen Beruf abgeschlossenen haben, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.

 

[ ]

 

Zulassung zur Gerichtspraxis

 

§ 2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

 

[ ]

 

Ablauf der Ausbildung

 

§ 5. (1) [ ]

 

(2) Die Ausbildung in der Dauer von fünf Monaten hat jedenfalls beim Bezirksgericht und beim Landesgericht zu erfolgen. Einer Ausbildung in Strafsachen bei Gericht steht jene bei einer Staatsanwaltschaft unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes gleich. Für die Verwendung bei der Staatsanwaltschaft gelten sinngemäß die Bestimmungen der §§ 32 Abs. 3 und 38 Abs. 2 des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986.

 

[ ]

 

Ausbildungsbeitrag

 

§ 16. Den Rechtspraktikanten gebührt für die Dauer der Gerichtspraxis ein Ausbildungsbeitrag."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, BGBl. 305/1961 idF BGBl. I 64/2016 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Aufnahmeerfordernisse

 

§ 2. (1) Erfordernisse für die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst sind:

 

1. die österreichische Staatsbürgerschaft;

 

2. die volle Handlungsfähigkeit;

 

3. die uneingeschränkte persönliche und fachliche Eignung einschließlich der erforderlichen sozialen Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2) für die mit der Ausübung des richterlichen Amtes verbundenen Aufgaben;

 

4. a) der Abschluss eines Studiums des österreichischen Rechts (§ 2a) oder

 

b) die Zurücklegung des rechtswissenschaftlichen Diplomstudiums nach dem Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten, BGBl. I Nr. 48/1997, oder nach dem Bundesgesetz über das Studium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 140/1978, und der auf Grund dieses Studiums erlangte akademische Grad eines Magisters der Rechtswissenschaften oder

 

c) die Zurücklegung der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien nach der juristischen Studien- und Staatsprüfungsordnung, StGBl. Nr. 164/1945,

 

und

 

5. eine Gerichtspraxis als Rechtspraktikant in der Dauer von fünf Monaten.

 

[ ]

 

Anrechnung von Zeiten der Gerichtspraxis

 

§ 211b. Bei Bediensteten, bei denen das Besoldungsdienstalter nach § 12 GehG festgesetzt wird, sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG), BGBl. Nr. 644/1987, überschreiten."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. 86 idF BGBl. I 64/2016 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Verwaltungspraktikum

 

Allgemeines

 

§ 36a. (1) Um Personen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Berufsvorbildung oder Schulbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit in der Bundesverwaltung zu ergänzen und zu vertiefen und auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen, kann mit ihnen ein Ausbildungsverhältnis als Verwaltungspraktikant (Verwaltungspraktikum) begründet werden. Durch das Eingehen dieses Ausbildungsverhältnisses wird kein Dienstverhältnis begründet. [ ]

 

Rechte des Verwaltungspraktikanten

 

§ 36b. (1) Der Verwaltungspraktikantin oder dem Verwaltungspraktikanten gebührt für die Dauer der ordnungsgemäßen Teilnahme am Verwaltungspraktikum ein monatlicher Ausbildungsbeitrag. [ ]"

 

Im Beschwerdefall ist von folgender Fallkonstellation auszugehen:

 

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Besoldungsreform 2015 (Stichtag 11.02.2015) befand sich der BF bereits im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Richteramtsanwärter. Gemäß § 67 RStDG bezog er ein Fixgehalt und konnte daher auch keine Überleitung des BF nach § 169c GehG stattfinden. In der in § 169d Abs. 1 GehG vorgenommenen Auflistung der für eine Gruppenüberleitung vorgesehenen Verwendungsgruppen scheint die Verwendungsgruppe der Richteramtsanwärterinnen/Richteramtsanwärter nicht auf.

 

Aufgrund der Besoldungsreform 2015 ist das Besoldungsdienstalter des BF wie bei erstmaliger Begründung eines Bundesdienstverhältnisses nach den neuen Bestimmungen des § 12 Gehaltsgesetz (GehG) völlig neu zu ermitteln. Das Regelungsregime der Besoldungsreform 2015 kommt daher im Beschwerdefall voll zur Anwendung.

 

Der neu gefasste § 12 GehG sieht nur noch vier Anrechnungstatbestände vor:

 

 

 

 

 

Für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter wird darüber hinaus mit § 211b RStDG die Anrechnung der Zeit der Gerichtspraxis normiert. Nach dem klaren Wortlaut des § 211b RStDG sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 Rechtspraktikantengesetz (RPG) – somit fünf Monate – überschreiten.

 

Ausgehend von dieser Rechtslage hat die belangte Behörde zutreffend den Präsenzdienst mit sechs Monaten und die Gerichtspraxis mit acht Monaten angerechnet.

 

Zu den vom BF gegen die im neuen Besoldungssystem nur mehr eingeschränkt vorgesehene Berücksichtigung des Präsenzdienstes sowie der Gerichtspraxis geltend gemachten verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bedenken ist ihm Folgendes zu entgegnen:

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts der Beamten durch den Gleichheitsgrundsatz ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen; der Gesetzgeber ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH sowie 17.452/2005; 04.12.2013, G 67/2013 ua. = VfSlg. 19.822), insbesondere liegt die Art der Gestaltung des Gehaltsschemas der Beamten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (VfGH 07.06.2013, B 1537/2012).

 

Mit der Besoldungsreform 2015 wurde das frühere System des Vorrückungsstichtages durch das System des Besoldungsdienstalters ersetzt. Die Anrechnung von Vordienstzeiten wurde im Vergleich zu den Bestimmungen des früheren Vorrückungsstichtages auf grundsätzlich nur mehr vier Anrechnungstatbestände (§ 12 GehG, § 26 Vertragsbedienstetengesetz - VBG) beschränkt. Das Besoldungsdienstalter setzt sich zusammen aus den anrechenbaren Vordienstzeiten zuzüglich der im bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis verbrachten Zeiten. Die nicht mehr vorgesehene Anrechnung von Ausbildungszeiten oder sonstigen Zeiten wurde mit den neuen Gehaltsansätzen pauschal abgegolten, weiters findet die Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe – demnach auch wieder von der 1. in die 2. Gehaltsstufe – nach einer Verweildauer von zwei Jahren in der jeweiligen Gehaltsstufe, bei der Staatsanwältin/beim Staatsanwalt nach vier Jahren (§ 190 Abs. 3 RStDG) statt.

 

Das erkennende Gericht hegt keine Bedenken gegen die mit der Besoldungsreform 2015 vorgenommene Ausgestaltung des neuen Gehaltssystems der Bundesbediensteten vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebotes. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Anrechnung von Vordienstzeiten gegenüber der früheren Rechtslage zu beschränken oder solche nur mehr anzurechnen, insoweit sie als einschlägige Berufstätigkeit anzuerkennen sind und dafür einen Ausgleich in den neuen (höheren) Gehaltsansätzen und in einer Verkürzung der Verweildauer von der 1. in die 2. Gehaltsstufe vorzusehen.

 

Soweit es den BF betrifft, wurde der von ihm geleistete Präsenzdienst (damals acht Monate) nach dem klaren Wortlaut des § 12 GehG im neuen System nur mehr im gesetzlichen Ausmaß von sechs Monaten angerechnet.

 

Zur behaupteten Altersdiskriminierung ist festzuhalten, dass sich für eine solche keine sachlichen Anhaltspunkte finden: Die Gleichbehandlungs-Richtlinie 2000/78/EG definiert Altersdiskriminierung als Sachverhalt, bei dem eine Person gegenüber einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation aufgrund des Alters benachteiligt wird, sei es unmittelbar aufgrund des Alters oder auch aufgrund von Regelungen, die mittelbar Personen dieses Alters benachteiligen (Art. 2 Abs. 2 d. RL). Für das Vorliegen einer Altersdiskriminierung muss daher eine tatsächliche Benachteiligung erlitten worden sein, wobei eine Benachteiligung nur unter Betrachtung anderer (fiktiver) Personen in einer vergleichbaren Situation festgestellt werden kann (vgl. ua. VwGH 01.07.2015, Ro 2014/12/0055, uva).

 

Die getroffene Neuregelung der beschränkten Anrechnung von Zeiten einer Präsenzdienstleistung knüpft jedoch nicht an ein bestimmtes Alter an, welches für die Vollanrechnung oder die beschränkte Anrechnung solcher Zeiten maßgeblich wäre, sondern stellt unabhängig davon lediglich darauf ab, ob auf solche Zeiten die Altrechtslage bzw. die Neurechtslage anzuwenden ist. Da somit das Kriterium des Alters kein Anhaltspunkt für die getroffene Neuregelung bildete, kann auch keine Altersdiskriminierung gegenüber jenem Personenkreis gesehen werden, auf welche noch das Altrecht anzuwenden ist. Darüber hinaus fehlt es bereits an einer tatsächlichen "Benachteiligung", da die verringerte Anrechnungsdauer durch die erhöhten Gehaltsansätze kompensiert wird.

 

Wenn der BF meint, dass die gegenständliche Benachteiligung praktisch keine Frauen trifft, weshalb auch eine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung gegeben sei und er damit wohl eine Diskriminierung in der nur für Männer geltenden Wehrpflicht bzw. Wehrersatzpflicht in Form des Zivildienstes in Österreich im Auge hat, ist er auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11.03.2003, C-186/01 , Dory, zu verweisen, in dem dieser ausgesprochen hat, dass ein nur für Männer verpflichtender Wehrdienst dem Gemeinschaftsrecht nicht entgegensteht. Die Entscheidung eines Mitgliedsstaates, seine Verteidigung teilweise mit einer Wehrpflicht zu sichern, ist nach der Rechtsprechung des EuGH eine Entscheidung im Interesse der territorialen Sicherheit, auf welche das Gemeinschaftsrecht nicht anzuwenden ist. Eine mittelbare geschlechtsspezifische Diskriminierung kann daher im Beschwerdefall nicht erblickt werden.

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bestehen auch innerstaatlich keine Bedenken gegen eine Normierung der Wehrpflicht nur für männliche Staatsbürger, weil der Gesetzgeber damit im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit handelt und diese verfassungsrechtlich durch die Bestimmung des Art. 9a Abs. 3 B-VG abgesichert ist (vgl. VfGH 02.10.1991, B 365/89).

 

Zu den vom BF geäußerten Bedenken hinsichtlich der Gerichtspraxis ist auf die Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2015 (RV 585 BlgNR 25. GP , 8) hinzuweisen, welchen auszugsweise Folgendes zu entnehmen ist:

 

"Zu § 12 Abs. 3 GehG und § 26 Abs. 3 VBG:

 

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl. I 32/2015 unverändert:

 

 

 

 

 

[ ]"

 

Nach dem durch die zitierten Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers ist die Gerichtspraxis als Tätigkeit, die überwiegend der Ausbildung dient, keinesfalls als Berufstätigkeit anrechenbar.

 

§ 12 Abs. 3 GehG erachtet ausschließlich die Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit für anrechenbar. Dem Gesetz wird kein verfassungswidriger Inhalt unterstellt, wenn im Sinne der Erläuterungen davon ausgegangen wird, dass die Gerichtspraxis, die überwiegend der Ausbildung dient, keine solche einschlägige Berufstätigkeit darstellt.

 

Darüber hinaus ergibt sich aus den Erläuterungen, dass nur solche Zeiten anrechenbar sind, die nicht ohnehin von der Mehrheit der potentiellen Bewerber vorgewiesen werden können oder die gar vorausgesetzte Ausbildungszeiten für den jeweiligen Arbeitsplatz sind. Es geht daher vor allem um Zeiten, durch welche sich der Bedienstete hinsichtlich seiner Verwendbarkeit deutlich vom typischen Berufseinsteiger abhebt.

 

§ 211b RStDG stellt demgegenüber eine Privilegierung der Richterinnen und Richter in dem Sinne dar, dass in ihrem Fall das Gerichtsjahr, obwohl es grundsätzlich von der Anrechenbarkeit in § 12 Abs. 3 GehG ausgeschlossen ist, hinsichtlich jener Zeiten, die über fünf Monate hinausgehen, für anrechenbar erklärt wird. Damit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass insbesondere die ersten fünf Monate, auf deren Absolvierung ein Rechtsanspruch besteht, der Ausbildung dienen und erst die darüber hinausgehenden Monate einer "einschlägigen Berufstätigkeit" iSd § 12 Abs. 3 GehG hinsichtlich einer möglichen Ernennung zum Richter entsprechen.

 

Dem Argument des BF, wonach eine unsachliche Differenzierung zwischen Verwaltungspraktika und der Gerichtspraxis vorliege, ist Folgendes entgegenzuhalten: Wie sich aus den Erläuterungen zu § 12 Abs. 3 GehG ergibt, sind Verwaltungspraktika nicht schlechthin anrechenbar, sondern nur dann, wenn sie einschlägig sind, was dann gegeben sein wird, wenn das Verwaltungspraktikum unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert wurde und der Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden soll wie während des Verwaltungspraktikums.

 

Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erläuterungen zum Ausdruck bringen, dass die Absolvierung von Ausbildungen wie die Gerichtspraxis und das Unterrichtspraktikum bereits mit dem Einstiegsgehalt pauschal abgegolten wird. Dies ist erkennbar am höheren Einstiegsgehalt eines Staatsanwaltes in der Gehaltsstufe 1 mit € 3.938,5 (§ 190 RStDG idF BGBl. I Nr. 164/2015) gegenüber einem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (A1) in der Gehaltsstufe 1 mit € 2.382,6 (§ 28 GehG idF BGBl. I Nr. 164/2015).

 

Der entscheidende Unterschied zwischen einem Verwaltungspraktikum und der Gerichtspraxis liegt darin, dass auf die Zulassung zur Gerichtspraxis gemäß § 2 Abs. 1 RPG ein Rechtsanspruch besteht und die Absolvierung der Gerichtspraxis im Ausmaß von fünf Monaten gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 RStDG Voraussetzung für die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst ist, weshalb es dem Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums zuzugestehen ist, dass er diese Zeit von der Anrechnung ausschließt und stattdessen die Absolvierung dieser Ausbildung im Einstiegsgehalt pauschal abgilt.

 

Dem Argument des BF, er würde eine Altersdiskriminierung darin erblicken, dass nur Gerichtspraxiszeiten, die über die ersten fünf Monate hinausgehen, angerechnet werden, die ersten fünf Monate (die in einem früheren Lebensalter absolviert würden) hingegen nicht, ist entgegenzuhalten, dass nicht ersichtlich ist, gegenüber welchen Personen in einer vergleichbaren Situation der BF damit aufgrund seines Alters eine Schlechterbehandlung erfahren würde. Die angesprochene Differenzierung erfolgt nicht zwischen verschiedenen Personen, sondern zwischen verschiedenen Phasen der Ausbildung und kann daher keine Altersdiskriminierung darstellen.

 

Hinsichtlich der gerügten Nichtanrechnung des Doktoratsstudiums Rechtswissenschaften und des Diplomstudiums Wirtschaftsrecht ist auszuführen, dass es hiefür – anders als es der § 12 Abs. 2b und Abs. 2d GehG aF vorgesehen hat – nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Neurechtslage keinen expliziten Anrechnungstatbestand mehr gibt. Dass die absolvierten Doktorats- und Diplomstudien als eine einschlägige Berufstätigkeit iS des § 12 Abs. 3 GehG nF zu werten wären, wird vom BF selbst nicht behauptet. Somit kann auch nicht von einer an eine einschlägige Berufstätigkeit geknüpften "erheblich besseren Verwendbarkeit" ausgegangen werden. Die Nichtanrechnung der Doktorats- und Diplomstudien entspricht der Neurechtslage und ist somit nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Aus den dargelegten Überlegungen ist von einem Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof abzusehen, da nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts der dem Gesetzgeber im Besoldungsrecht zustehende – verhältnismäßig weite – Gestaltungsspielraum nicht überschritten wurde.

 

Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 12 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 64/2016 als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewendeten Bestimmungen ist eindeutig.

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