BVwG W195 2124880-1

BVwGW195 2124880-126.4.2016

B-VG Art.131 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
B-VG Art.131 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W195.2124880.1.00

 

Spruch:

W195 2124880-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit vom XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1) Mit Mandatsbescheid der Bundesministerin für Gesundheit vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, iVm § 19 Abs. 1 Z 1 und § 11 Z 4 (zweiter Fall) Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, aus der Psychotherapeutenliste gestrichen und festgestellt, dass die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie und zur Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" aufgrund des Wegfalls der zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Vertrauenswürdigkeit als eine für die selbständige Ausübung der Psychotherapie erforderliche Voraussetzung erloschen sei (Spruchpunkt I.).

Gleichzeitig wurde durch die Bundesministerin für Gesundheit gemäß § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 30 Abs. 1 Z 1 und § 25 Abs. 1 Z 4 (dritter Fall), Psychologengesetz 2013, BGBL. I Nr. 182/2013, die Streichung des Beschwerdeführer aus der Liste der Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen vorgenommen und festgestellt, dass die Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung der Klinischen Psychologie und zur Führung der Berufsbezeichnung "Klinischer Psychologe" aufgrund des Wegfalls der zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Vertrauenswürdigkeit als eine für die selbständige Berufsausübung der Klinischen Psychologie erforderliche Voraussetzung erloschen sei (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund einer Anklageschrift/ Strafantrages vom XXXX der Staatsanwaltschaft XXXX dem Beschwerdeführer falsche Beweisaussagen zur Last gelegt werden. Ausgehend von einem parallel laufenden Strafverfahren hat die Bundesministerin für Gesundheit unter Bezugnahme auf § 57 AVG (Bescheiderlassung ohne vorhergehendes Ermittlungsverfahren bei Gefahr in Verzug), auf § 11 Z 4 PsychotherapieG sowie § 25 Abs 1 Z 4 PsychologenG (Erfüllung der Berufspflichten bzw der Vertrauenswürdigkeit) und weiters unter Bezug auf § 19 Abs 1 Z 1 PsychotherapieG und § 30 Abs 1 Z 1 PsychologenG (Erlöschen der Berechtigung der Berufsausübung der Psychotherapie bzw. der Klinischen Psychologie) festgestellt, dass eine Beeinträchtigung des Wohles von Patientinnen und Patienten bzw. Klientinnen und Klienten zu befürchten sei, wenn der Beschwerdeführer weiterhin den psychotherapeutischen bzw. klinisch-psychologischen Beruf ausübe. Da das PsychotherapieG und das PsychologieG - anders als das ÄrzteG - keine Möglichkeit der vorläufigen Untersagung der Berufsausübung vorsähen, stünde bei Gefahr im Verzug nur die Möglichkeit der Streichung aus den Berufslisten offen.

2) Gegen diesen Mandatsbescheid vom XXXX wurde mit Schriftsatz vom

XXXX , eingelangt beim Bundesministerium für Gesundheit am XXXX , Vorstellung erhoben und beantragt, dass der gegenständlichen Vorstellung aufschiebende Wirkung zuerkannt werde und die vorgenommene Streichung aus der Psychotherapeutenliste und der Liste der klinischen Psychologinnen und klinischen Psychologen zurückgenommen werde, damit der Beschwerdeführer zumindest vorläufig berechtigt sei diesen Beruf weiterhin auszuüben.

3) Mit Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit vom XXXX , wurde gemäß § 38 AVG "die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens betreffend das unter der Geschäftszahl XXXX beim Bundesministerium für Gesundheit geführte Verfahren" gegen den Beschwerdeführer "bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anhängigen Verfahren des Landesgerichtes XXXX zur Geschäftszahl XXXX " verfügt. Begründend wurde dargelegt, dass die Behörde berechtigt sei ein Administrativverfahren auszusetzen, so ferne eine relevante Vorfrage, die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder einem Gericht zu entscheiden wäre, im Ermittlungsverfahren auftauche. Gegenständlich sei dies durch das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren vor dem Landesgericht

XXXX der Fall, insbesondere unter dem Aspekt, dass die vorgeworfene falsche Beweisaussage wesentlich für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers zur Ausübung seines Berufes als Psychotherapeut bzw als Klinischer Psychologe von besonderer Bedeutung wäre.

In der Rechtsmittelbelehrung wird ausgeführt, dass "das Rechtsmittel der Beschwerde an das örtlich zuständige Landesverwaltungsgericht zulässig" sei.

4) Mit Schriftsatz vom XXXX , eingelangt bei der belangten Behörde am XXXX , wurde Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit vom XXXX erhoben. Die rechtsfreundlich vertreten Partei beantragt in der Beschwerde, "das Bundesverwaltungsgericht wolle

1) Eine mündliche Verhandlung anberaumen,

2) der Beschwerde Folge geben, den Bescheid der erstinstanzlichen Behörde aufheben und dieser die Durchführung des Ermittlungsverfahrens bei gleichzeitiger Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf die eingebrachte Vorstellung auftragen,

in eventu

3) der Beschwerde Folge geben und die Entscheidung dahingehend abändern, dass den gestellten Anträgen

Folge geben wird anschließend das eingeleitete Ermittlungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens ausgesetzt wird, sohin der Beschwerdeführer vorläufig wieder berechtigt ist, als selbständiger Psychotherapeut/ klinischer Psychologe tätig zu sein."

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 129 B-VG besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

Im Zusammenhang mit dem die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte festlegenden Art. 131 Abs. 2 B-VG lässt sich den Erläuternden Bemerkungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP , 15) entnehmen, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes daran anknüpft, ob "eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art. 102 B-VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt" (siehe auch Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff] bzw. VfGH 04.03.2015, E 923/2014).

Unmittelbare Bundesverwaltung - und damit eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes - liegt aber (unter anderem) dann nicht vor, wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, ausnahmsweise ein Bundesminister mit der Vollziehung betraut wird (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP , 15; Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art. 131 B-VG, Rz 16).

Die dem angefochtenen (gemäß § 38 AVG verfahrensrechtlichen) Bescheid zugrundeliegenden maßgeblichen Rechtsgrundlagen des Administrativverfahren, nämlich sowohl das Psychotherapiegesetz als auch das Psychologengesetz, sind dem Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) zuzurechnen. Dieser ist Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung, findet sich jedoch nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG. Da sich eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung im gegenständlichen Fall aber auch nicht aus anderen Bestimmungen ergibt, liegt im Ergebnis keine Angelegenheit vor, welche "unmittelbar von Bundesbehörden" im Sinne von Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird. Die Anwendung der Verfahrensbestimmungen des AVG für das gegenständliche Administrativverfahren verändert jedenfalls auch keine verfassungsrechtliche Kompetenzlage.

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das Bundesverwaltungsgericht, sondern - gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel - an das (örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht zu gehen hat, wie dies auch richtigerweise in der Rechtsmittelbelehrung der ergangenen Entscheidung zu entnehmen ist. Die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Beschwerdeanträge "an das Bundesverwaltungsgericht" sind somit wegen Unzuständigkeit - durch förmlichen Beschluss - zurückzuweisen.

Die förmliche Beschlussfassung ist im gegenständlichen Fall schon deshalb geboten, weil der gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 3 B-VG über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten erkennende Verwaltungsgerichtshof nur dann in einem allfälligen Revisionsverfahren die Zuständigkeit bindend beurteilen kann, wenn diese zuvor von einem Verwaltungsgericht "in einer in den Verfahrensgesetzen vorgesehenen Form (Beschluss über die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit oder Erkenntnis in der Sache bzw. Zurückweisung aus anderen Gründen oder Einstellung unter Bejahung der Zuständigkeit)" getroffen wurde (vgl. dazu VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001 bzw. VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0035).

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegt somit die Zuständigkeit eines Landesverwaltungsgerichtes vor; es werden deshalb unter einem die gesamten Verwaltungsakten dem Bundesministerium für Gesundheit zur weiteren Bearbeitung übermittelt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei bisher hierzu ergangener Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. den diesbezüglich eindeutigen verfassungsgesetzlichen Vorgaben, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage [trotz allenfalls fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes] VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

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