BVwG W118 2104277-1

BVwGW118 2104277-128.10.2015

ASVG §31
ASVG §351c
ASVG §351h
ASVG §351i
ASVG §351j Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VO-EKO §19
VO-EKO §21 Abs1
VO-EKO §22
VO-EKO §23 Abs1
VO-EKO §23 Abs2 Z5
VO-EKO §23 Abs2 Z6
VO-EKO §24 Abs2 Z2
VO-EKO §24 Abs2 Z5
VO-EKO §24 Abs2 Z6
VO-EKO §25
VO-EKO §26 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
ASVG §31
ASVG §351c
ASVG §351h
ASVG §351i
ASVG §351j Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VO-EKO §19
VO-EKO §21 Abs1
VO-EKO §22
VO-EKO §23 Abs1
VO-EKO §23 Abs2 Z5
VO-EKO §23 Abs2 Z6
VO-EKO §24 Abs2 Z2
VO-EKO §24 Abs2 Z5
VO-EKO §24 Abs2 Z6
VO-EKO §25
VO-EKO §26 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W118.2104277.1.00

 

Spruch:

W118 2104277-1/12E

W118 2104279-1/12E

W118 2105319-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Sabine VOGLER und die fachkundigen Laienrichter Univ.-Prof. Dr. Josef DONNERER, Univ.-Prof. Dr. Peter PLACHETA und DDr. Wolfgang KÖNIGSHOFER über die Beschwerden der XXXX , vertreten durch Dr. Monika Gillhofer, Dr. Marie-Luise Plank, Rechtsanwälte in 1010 Wien, gegen die Bescheide des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, vom 30.01.2015, Zl. IV/2973-2014, Zl. IV/2974-2014 und Zl. IV/2975-2014, betreffend die Aufnahme eines Arzneimittels in den Gelben Bereich des Erstattungskodex nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, abgewiesen.

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 02.06.2015 auf Modifizierung des Antrags zur Aufnahme von Brintellix in den Erstattungskodex wird zurückgewiesen.

3. Den pauschalierten Kostenersatz von EUR 2.620,00 hat die Fa. XXXX gemäß § 351j Abs. 1 ASVG binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu tragen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 30.04.2014 beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) die Aufnahme der Arzneispezialitäten "BRINTELLIX 5 MG FILMTABLETTEN", "BRINTELLIX 10 MG FILMTABLETTEN" sowie "BRINTELLIX 20 MG FILMTABLETTEN" (Wirkstoff: Vortioxetin) in den Gelben Bereich des Erstattungskodex (EKO).

Die beantragten Arzneispezialitäten wurden von der BF im Rahmen der pharmakologischen Evaluation gemäß § 23 Abs. 2 Z 6 (neuer Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind) und im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation gemäß § 24 Abs. 2 Z 6 VO-EKO (wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen) eingestuft. Brintellix weise einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip auf. Darüber hinaus sei ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für die Mehrzahl der Patienten und Patientinnen gegeben. Die Anfangs- und empfohlene Tagesdosis bei Erwachsenen unter 65 Jahren liege bei 10 mg (Schlüsselstärke).

Als Verwendung wurde die Behandlung von Episoden einer Major Depression angegeben, wenn mit Therapiealternativen aus dem Grünen Bereich nicht das Auslangen gefunden werden könne.

Die BF führte im Rahmen ihres Antrags im Wesentlichen aus, Brintellix stehe als modernstes Antidepressivum mit einem einzigartigen Wirksamkeits- und Verträglichkeitsprofil zur Verfügung und solle im Gelben Bereich des Erstattungskodex im Sinne einer State-of-the-Art Therapie für jene Patienten und Patientinnen, die bereits mit einem anderen Antidepressivum nicht ausreichend behandelt werden konnten, zur Verfügung stehen.

Die Anforderungen an neue Antidepressiva seien so vielfältig, dass man nach Substanzen mit mehreren Wirkmechanismen suche, um diesen Anforderungen in einer Substanz gerecht zu werden. Brintellix sei das modernste Antidepressivum und das erste, das nach diesen Kriterien entwickelt worden sei. Im EKO gebe es derzeit kein Medikament mit einem vergleichbaren Wirkmechanismus. Im Fall von Brintellix zeige sich, dass die Wirksamkeit sehr gut und signifikant besser als jene von Agomelatin sei (Schlüsselstudie 1). Brintellix könne eine sinnvolle Alternative für Patienten und Patientinnen sein, für die serotonerge Aktivität erforderlich sei, die aber aus Verträglichkeitsgründen eine Therapie mit serotonergen Substanzen der ersten Wahl nicht tolerierten. Brintellix hätte in zahlreichen Kurzstudien signifikante Wirksamkeit gegenüber Placebo gezeigt. Die Wirkung nehme mit der Dosis zu. Brintellix sei bei Patienten, die zuvor mit Mitteln der ersten Wahl nicht ausreichend hätten behandelt werden können, signifikant wirksam und Agomelatin überlegen.

Begründend wurde auf eine Reihe von weiteren Studien verwiesen, die dem Antrag angeschlossen waren.

2. Mit Schreiben vom 06.05.2014 wurde die BF seitens der belangten Behörde auf eine formale Unvollständigkeit ihres Antrages hingewiesen und zur Verbesserung aufgefordert.

3. Mit Schreiben vom 09.05.2014 bestätigte die belangte Behörde das Einlangen der fehlenden Unterlagen.

4. Mit Schreiben vom 13.05.2014 teilte die belangte Behörde der BF mit, die Prüfung, ob die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen sei, habe keine Einwände gegen die Weiterbehandlung des Antrags ergeben.

5. Mit Schreiben der BF vom 22.07.2014 wurden zwei weitere klinische Studien nachgereicht, die nach den Angaben der BF erst im Juni 2014 vorgestellt worden seien.

6. Mit Schreiben vom 29.08.2014 teilte die belangte Behörde der BF mit, dass die Möglichkeit bestehe, dass eine vom Antrag abweichende Entscheidung getroffen werde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der festgestellte Innovationsgrad entspreche dem Antrag. Allerdings habe die BF keine Präparate zum Vergleich mit der Schlüsselstärke herangezogen. Tatsächlich bestünden diverse therapeutische Alternativen, die in klinischen Studien auch Komparatoren zum Wirkstoff Vortioxetin gewesen seien. Dementsprechend seien diverse Arzneispezialitäten zum Vergleich herangezogen worden. Ferner hätte ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen nicht nachgewiesen werden können. Eine Dosisfindungsstudie sei nicht durchgeführt worden. Die klinische Wirksamkeit sei in mehreren Studien untersucht worden. Die Wirksamkeit sei in einer Studie als von moderater klinischer Relevanz eingestuft worden. Die Ergebnisse seien nicht geeignet, eine Überlegenheit gegenüber den im EKO angeführten Wirkstoffen Venlafaxin bzw. Duloxetin zu belegen. Aufgrund des Ausschlusses therapieresistenter PatientInnen könnten die Studien die Wirksamkeit von Vortioxetin überschätzen. Die klinische Studie 1 sei durch eine hohe Drop-out-Rate belastet. Die übrigen vorgelegten Studien (Poster) entsprächen nicht den Anforderungen des § 22 Abs. 3 EKO. Die belangte Behörde stellte daher fest, dass die beantragte Arzneispezialität eine weitere Therapieoption mit gleichem oder ähnlichem therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten sei (§ 24 Abs. 2 Z 2 VO-EKO) sei.

Die Verwendung entspreche nicht der Verwendung der therapeutischen Alternativen. Darüber hinaus liege kein Nachweis für einen klinisch relevanten Patientennutzen in der Behandlung der therapieresistenten Major Depression vor. Als Verwendung komme allenfalls eine solche im Grünen Bereich (frei verschreibbar) in Frage. Die vorgelegte pharmakoökonomische Studie beruhe nicht auf validen medizinisch-therapeutischen Angaben. Das in dieser Studie gewählte Vergleichspräparat, Agomelatin, sei nicht im EKO angeführt, weshalb ein Vergleich mit diesem Präparat unzulässig sei.

Die Wirtschaftlichkeit sei auf dieser Basis nicht gegeben. Aufgrund der unzutreffenden Selbsteinstufung sei die vorgelegte pharmakoökonomische Studie nicht zu berücksichtigen.

Abschließend wurde seitens der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit bestünde, anstelle einer Stellungnahme die Bestellung eines Gutachters gemäß § 26 Abs. 2 VO-EKO zu beantragen. Der BF wurde diesbezüglich ein Dreier-Vorschlag unterbreitet.

7. Mit Schreiben vom 15.09.2014 teilte die BF mit, ein Gutachten in Auftrag geben zu wollen.

8. Mit Schreiben vom 15.09.2014 teilte das BMG der BF mit, dass die Ermittlung eines EU-Durchschnittspreises für Brintellix mangels der Verfügbarkeit der Preisdaten in den Mitgliedstaaten nicht möglich sei.

9. Mit Schreiben vom 09.12.2014 übermittelte die BF ein Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX sowie dessen "Declaration of Interest". Darüber hinaus wurden zwei bisher nur als Poster vorgelegte Studien (Studie 2: Montgomery 2014 und Studie 3: McIntyre 2014) nunmehr im Volltext übermittelt.

In seinem Gutachten führt Univ.-Prof. XXXX zu den vorläufigen Feststellungen des Hauptverbandes im Wesentlichen aus, die Wirksamkeit von Vortioxetin gegenüber Placebo sei als erwiesen anzusehen. Allerdings treffe die Einstufung gemäß § 24 Abs. 2 Z 6 VO-EKO nicht zu. Zutreffend sei vielmehr § 24 Abs. 2 Z 5.

Demgegenüber geht der Gutachter wie die BF davon aus, dass es derzeit im EKO kein Vergleichsprodukt zu Brintellix gebe. Zwar seien die von der BF herangezogenen Vergleichsprodukte für die Behandlung einer Depression zugelassen. Allerdings sollten zum Vergleich Aspekte wie Wirkmechanismus, Verträglichkeit etc. berücksichtigt werden. Bei Vortioxetin hätten sich im Vergleich zu anderen Antidepressiva etwa geringere Nebenwirkungen gezeigt, die Einnahme sei einfacher. Insgesamt unterscheide sich Vortioxetin jeweils in Teilbereichen von den Vergleichs-Substanzen.

Der Gutachter stimme der belangten Behörde insofern zu, dass aus den vorgelegten näher bezeichneten Studien weder eine Über- noch eine Unterlegenheit von Vortioxetin gegenüber Venlafaxin und Duloxetin abgeleitet werden könne.

Zur klinischen Studie 1 führt der Gutachter aus, einer dreiarmigen Studie wäre der Vorzug zu geben gewesen. Allerdings müsse betont werden, dass Placebo im Fall der Depression eine äußerst effektive Therapie sein könne. Insgesamt stimme der Gutachter dem Hauptverband zu, dass die Studie keine Aussage hinsichtlich der Überlegenheit von Vortioxetin erlaube.

In Bezug auf die mittlerweile im Volltext vorliegende Studie 2 habe sich Vortioxetin im Verhältnis zu Placebo als klar signifikant überlegen herausgestellt.

In Bezug auf die mittlerweile ebenso im Volltext vorliegende Studie 3 zeige sich die Überlegenheit von Vortioxetin gegenüber Agomelatin. Dies sei wissenschaftlich zu berücksichtigen, auch wenn eine Placebo-Kontrolle fehle.

Auf dieser Basis schlägt der Gutachter eine Einstufung in den Gelben Bereich vor und empfiehlt die Anwendung bei Patienten mit mittelgradiger oder schwerer depressiver Episode als Second-Line-Therapie.

Zusammenfassend führt der Gutachter aus, Brintellix weise einen neuen multimodalen pharmakologischen Wirkmechanismus auf. Es gebe derzeit kein Vergleichsprodukt im Erstattungskodex. Die Substanz scheine ein attraktives Verträglichkeits- und Anwendungsprofil aufzuweisen. Brintellix sei signifikant besser als Agomelatin. Brintellix sollte als Reserve-Medikament für Patienten, die wiederholt mit SSRI oder SNRI behandelt worden seien, zum Einsatz kommen. Dies rechtfertige den Einsatz im Gelben Bereich des EKO.

Dem Gutachten ist u.a. eine "Public Declaration of Interests and Confidentiality Undertaking of European Medicines" angefügt.

10. Mit Schreiben vom 19.12.2014 legte die BF eine modifizierte Kostenkalkulation mit einer "flat price"-Regelung vor.

11. Mit Datum vom 15.01.2015 gab die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (im Folgenden: HEK) nach vorgängiger Anhörung der BF ihre Empfehlung ab und führte dazu im Wesentlichen aus, die Anerkennung eines neuen Wirkstoffs mit einem neuen Wirkprinzip rechtfertige nicht per se die Einstufung gemäß § 24 Abs. 2 VO-EKO. Vielmehr sei eine solche Einstufung erst in der medizinisch-therapeutischen Evaluation vorgesehen.

Die BF habe keine Präparate zum Vergleich mit der Schlüsselstärke herangezogen. Es seien jedoch diverse Präparate zum Vergleich heranzuziehen. Agomelatin eigne sich nicht zum Vergleich, da es nicht im EKO gelistet sei. Es gebe zahlreiche therapeutische Alternativen zu Vortioxetin. Sogar im Gutachten werde mehrfach auf Vergleichsprodukte Bezug genommen.

Ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen sei im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen nicht nachgewiesen worden. Auch aus den Aussagen des Gutachters sei abzuleiten, dass eine Einstufung gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VO-EKO zu erfolgen hätte. Der Gutachter habe im Rahmen einer Anhörung vor der HEK hervorgehoben, dass er weder zur Gänze den Standpunkt des Hauptverbandes noch zur Gänze den Standpunkt des Unternehmens teile. Vortioxetin sollte als Drittlinien-Therapie zum Einsatz kommen.

Die beantragte Verwendung entspreche nicht der Verwendung der therapeutischen Alternativen mit ähnlichem therapeutischen PatientInnennutzen. Darüber hinaus liege kein Nachweis eines klinisch relevanten PatientInnennutzens in der Behandlung der therapieresistenten Major Depression vor. Dem Vorschlag des Gutachters werde nicht gefolgt. Die Aufnahme in den Grünen Bereich entspräche der Verwendung nahezu aller therapeutischen Alternativen. Die pharmakoökonomische Evaluation beruhe auf nicht validen Angaben. Das Vergleichspräparat sei nicht im EKO enthalten. Auch unter Berücksichtigung des Schreibens vom 19.12.2014 werde die Wirtschaftlichkeit nicht erreicht.

12. Mit den angefochtenen Bescheiden des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 30.01.2015, Zl. IV/2973-2014, Zl. IV/2974-2014 und Zl. IV/2975-2014 wies die belangte Behörde die Anträge der BF betreffend die Aufnahme der Arzneispezialitäten "BRINTELLIX 5 MG FILMTABLETTEN", "BRINTELLIX 10 MG FILMTABLETTEN" sowie "BRINTELLIX 20 MG FILMTABLETTEN" (Wirkstoff: Vortioxetin) in den Gelben Bereich des Erstattungskodex ab. Zugleich wurde die Streichung der Arzneispezialitäten aus dem EKO angeordnet.

Im Rahmen der Begründung wiederholte die belangte Behörde im Wesentlichen die Angaben in der Empfehlung der HEK.

13. Mit Schreiben vom 26.02.2015 erhob die BF Beschwerde gegen die angeführten Bescheide und brachte darin im Wesentlichen vor, Brintellix verfüge über einen neuen Wirkmechanismus und zeige eine Wirkung auch bei jenen PatientInnen, die auf die bisherige Standardtherapie mit SNRI und SSRI nicht ausreichend ansprächen. In diesem Zusammenhang wurde auf das Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX verwiesen. Dieses werde vollinhaltlich vom Experten-Statement von Dr. XXXX bestätigt.

Die belangte Behörde begründe den Vergleich mit anderen Arzneispezialitäten des EKO mit der Zulassung in derselben Indikation. Die Begründung für das Abweichen vom Gutachten beschränke sich auf den Hinweis, dass die Argumentation, Brintellix unterscheide sich in Teilbereichen von anderen Substanzen, nicht geeignet sei, die angeführten Vergleichspräparate als therapeutische Alternativen auszuschließen. Die Behörde habe sich über die Aussagen des Gutachters zu den klinischen Studien 1 und 3 ohne nähere Begründung hinweggesetzt.

Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, da die belangte Behörde übersehe, dass nicht der "therapeutische Nutzen", sondern die "wesentliche therapeutische Innovation" das entscheidende Kriterium für die Aufnahme in den Gelben Bereich des EKO darstelle.

§ 351c Abs. 8 ASVG stelle für die Aufnahme in den Gelben Bereich des EKO auf eine wesentliche therapeutische Innovation ab. Der Begriff des wesentlichen therapeutischen Nutzens diene lediglich als Maßstab für die Preisbildung innerhalb der jeweiligen Boxen. Das Vorliegen einer wesentlichen therapeutischen Innovation sei jedoch nicht geprüft, vielmehr die Begriffe gleichgesetzt worden. Im Rahmen des wesentlichen therapeutischen Nutzens sollten "neue Therapieansätze" gewürdigt werden. Eine völlige Negierung der Innovation führe zu einem unbilligen Ergebnis. Ein Ignorieren der Möglichkeit der Verschreibung von Brintellix sei nicht haltbar, wie auch der Experte Dr. XXXX ausführe. Auch der Gutachter vertrete den Standpunkt, dass sich Brintellix wesentlich von anderen Arzneimittelspezialitäten unterscheide (Berücksichtigung von Wirkmechanismus, Verträglichkeit, etc.; kein Vergleichsprodukt im EKO; Überlegenheit gegenüber Agomelatin und Placebo; Unterschiede in Teilbereichen zu gelisteten Alternativen). Bei richtiger Interpretation hätte die belangte Behörde Brintellix als wesentliche therapeutische Innovation bewertet. Dies hätte zu seiner Aufnahme in den Gelben Bereich des EKO geführt.

Die herangezogenen Vergleichsprodukte hätten nicht herangezogen werden dürfen, da allein der Text der Zulassung eine Gleichsetzung als "gleichwertige" therapeutische Alternativen nicht rechtfertige. Dies führe zu einer Aushöhlung der pharmakologischen Evaluation.

Die belangte Behörde habe die Bescheide mit Rechtswidrigkeit belastet, indem sie keine pharmakologische Evaluation durchgeführt, die Ausführungen des Sachverständigen unbeachtet gelassen und entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Text der Zulassung als einziges Vergleichskriterium herangezogen habe.

Die belangte Behörde hätte die vorgelegten Unterlagen und das Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX entsprechend würdigen müssen. Das Wirkprinzip sei unmittelbar mit der Verträglichkeit und dem Profil der Substanz verbunden.

Brintellix verfüge über einen völlig neuen Wirkmechanismus, sei Agomelatin signifikant überlegen, die Nebenwirkungen unterschieden sich wesentlich von anderen Arzneimitteln, Brintellix unterscheide sich wesentlich bei CYP-Interaktionen mit anderen Arzneispezialitäten und Brintellix könne 1x täglich ohne Rücksicht auf die Nahrungsaufnahme eingenommen werden. Dies sei bei Paroxetin nicht möglich. Dr. XXXX halte es für unverständlich, dass Brintellix nicht im Gelben Bereich erstattet werde, wenn andere Alternativen in der Grünen Box gleich teuer wären und keinen Nachweis der Wirksamkeit zeigen hätten können.

Darüber hinaus sei das Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX fehlerhaft gewürdigt worden. Die belangte Behörde folge dem Gutachten in zentralen Punkten nicht, ohne eine taugliche Begründung dafür anzubieten. Das Gutachten stelle nicht bloß ein Privatgutachten dar, da der Gutachter aus einem Dreier-Vorschlag der belangten Behörde auszuwählen war. Es werde beantragt, das Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX als Beweismittel im Verfahren vor dem BVwG heranzuziehen und entsprechend zu würdigen. Eine fehlerhafte Würdigung des Beweisergebnisses sei der belangten Behörde konkret etwa bei der Würdigung der Studien 1 und 3 unterlaufen. Mit den Argumenten des Gutachters habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Vielmehr reihe die belangte Behörde von anderen Behörden oder Gutachtern getroffene Kritikpunkte aneinander und ziehe daraus negative Schlussfolgerungen.

Tatsächlich seien alle Voraussetzungen für die Aufnahme von Brintellix in den Gelben Bereich des EKO bewiesen (wesentliche therapeutische Innovation, wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen, Offensichtlichkeit der Wirtschaftlichkeit).

Aus diesen Gründen werde der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die entsprechenden Beweise aufzunehmen sowie in der Sache selbst zu entscheiden und Brintellix mit der angegebenen Verwendung zu den zuletzt vorgeschlagenen Kosten in den Gelben Bereich des EKO aufzunehmen. In eventu sollten die angefochtenen Bescheide aufgehoben und an die belangte Behörde zurückverwiesen werden.

Der Beschwerde ist ein Experten-Statement von Dr. XXXX angeschlossen, in dem im Wesentlichen darauf hingewiesen wird, dass es sich bei Brintellix um das erste Antidepressivum handle, für das eine Wirkung bei unzureichender Wirkung von SSRI und SNRI hätte nachgewiesen werden können. Zwar würden nationale und internationale Fachgesellschaften noch die Umstellung auf ein anderes Antidepressivum empfehlen, diese Maßnahme sei aber nicht ohne Weiteres zu verantworten, da es dafür keine Evidenz gebe. Vortioxetin würde auch keine höheren Kosten verursachen als manche Medikamente aus dem grünen Bereich. Aus Sicht von Patienten/Patientinnen und Ärzten/Ärztinnen sei es völlig unverständlich, dass Vortioxetin nicht im Gelben Bereich des EKO erstattet werden solle. Aus Sicht des Experten erscheine es nicht zulässig, SSRIs und SNRIs als therapeutische Alternativen einzusetzen wie es im Bescheid der belangten Behörde verlangt werde.

14. Mit Datum vom 25.03.2015 wurde die angeführte Beschwerde dem BVwG vorgelegt. In ihrer Stellungnahme im Rahmen der Vorlage führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, hinsichtlich der pharmakologischen Evaluation herrsche im Wesentlichen Einigkeit, dass es sich um die Fallgruppe nach § 23 Abs. 2 Z 6 VO-EKO handle. In der medizinisch-therapeutischen Evaluation sei die belangte Behörde jedoch zu einer Einstufung nach § 24 Abs. 2 Z 2 gekommen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, zur Sichtweise der BF, ein neuer Wirkstoff sei gleichsam automatisch eine wesentliche therapeutische Innovation, die die Anführung im Gelben Bereich des EKO rechtfertige, sei auf das Erkenntnis des VfGH zu "Valdoxan" (B 1429/2011) zu verweisen.

Im Übrigen ziele bereits die Formulierung des § 23 Abs. 1 VO-EKO insb. auf die Frage ab, welche Behandlung für die PatientInnen, für die das beantragte Produkt gedacht ist, bei Nicht-Verfügbarkeit dieses Produkts am ehesten in Betracht komme. Befänden sich die zum Vergleich heranzuziehenden Produkte im Grünen Bereich des EKO, sei die beantragte Arzneispezialität auch hinsichtlich des Preises mit Produkten aus dem Grünen Bereich zu vergleichen.

Im Hinblick auf das Experten-Statement von Dr. XXXX wird auf das Neuerungsverbot verwiesen. Mangels Offenlegung allfälliger Interessenkonflikte dürfe dieses keine Berücksichtigung finden. Der Experte habe in seinem Lebenslauf unerwähnt gelassen, dass er auch eine Consulting-GmbH betreibe. Die belangte Behörde habe ihre Entscheidung auch und vor allem auf das Gutachten von Univ. Prof. XXXX gestützt und seine Entscheidung ausführlich begründet. Auch die gesundheitsökonomische Einstufung sei nach den rechtlichen Vorgaben erfolgt.

Medizinisch führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, für einen Wirkstoff mit neuem Wirkmechanismus könne es keine Vergleichspräparate geben. Deshalb habe man Vergleichspräparate auf der 3. Ebene des ATC-Codes herangezogen, die einen hohen Stellenwert in der Therapie und einen Bezug zu der von der BF vorgelegten Evidenz hätten, weil Wirkstoffe aus diesen Gruppen als Komparatoren oder als Vortherapie verwendet worden seien. Zur Quantifizierung eines allfälligen Zusatznutzens müsse man daher andere im EKO verfügbare therapeutische Alternativen heranziehen. Ein Vergleich auf der 4. Ebene des ATC-Codes sei nicht zweckmäßig, weshalb Vergleichspräparate auf der 3. Ebene herangezogen worden seien. Die Einzelmeinung eines Gutachters könne nicht ausschlaggebend sein. Vielmehr entscheide der Hauptverband auf Basis einer Empfehlung der HEK. Die Empfehlungen der HEK hätten den Kriterien der Wissenschaftlichkeit zu entsprechen. Es verwundere nicht, dass Einzelgutachter, die mit den Vorgaben der HEK nicht so vertraut seien, zu abweichenden Ansichten gelangten. Auf Basis der fehlerhaften medizinisch-therapeutischen Einstufung sei die ökonomische Evaluation verfehlt und die angebotenen Preise überhöht.

15. Mit Schreiben vom 02.06.2015 teilte die BF eine Modifizierung ihres Antrages mit. Konkret sollte der Regeltext an die Ausführungen des Gutachters angepasst werden. Ferner sollte die Einstufung - wiederum im Gefolge des Gutachtens von Univ. Prof. XXXX - auf eine Einstufung nach § 24 Abs. 2 Z 5 VO-EKO geändert werden.

Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass Brintellix in den Niederlanden, Kroatien, Finnland und Island bereits als Therapie der ersten Wahl erstattet werde.

Schließlich wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

16. Mit Schreiben vom 10.06.2015 wies die belangte Behörde darauf hin, dass sie der Zurückziehung des Antrags aus Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht zustimme. Darüber hinaus beantragte sie, die Antrags-Modifikation durch die BF gemäß § 351h Abs. 4 ASVG zurückzuweisen.

17. Am 25.06.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Den Parteien wurde darin eingangs nochmals die Gelegenheit gegeben, ihre Standpunkte darzulegen. Seitens der BF wurde ergänzend eine "Public Declaration of Interests and Confidentiality" in Bezug auf Dr. XXXX zur Vorlage gebracht. Aus dieser Erklärung geht hervor, dass Dr. XXXX in den Jahren 2013 und 2014 Mitglied eines beratenden Gremiums der BF in Zusammenhang mit Vortioxetin war.

In der Folge wurde der Gutachter Univ. Prof. Dr. XXXX befragt. Zur Frage, weshalb er eine Alleinstellung für den neuen Wirkstoff behaupte und Vergleichssubstanzen aus der Gruppe der Antidepressiva ablehne, führte der Gutachter im Wesentlichen aus, der Wirkmechanismus sei sicher ein anderer als der der SSRIs. Der Verwendungszweck sei der gleiche. Das Problem sei, dass die Studien keinen direkten Vergleich dieser bestehenden Produkte mit dem neuen Produkt zuließen. Das heiße, man müsse versuchen, aus den bestehenden Daten abzuleiten, ob sich Im Verhältnis zu den bestehenden Produkten und wenn, für welche Population oder Subpopulation, ein Nutzen ergeben könne. Dies habe er in seinem Gutachten versucht. Zusammengefasst könne er sich den Einsatz dieses Produktes für eine Subgruppe vorstellen, die auf die bestehenden Präparate unzulänglich reagiert hat. Die Begründung sei kurz gefasst: Wenn jemand diese schwere Erkrankung habe, solle zuerst ein Produkt verwendet werden, für das es jahrelange Erfahrung gibt, da es für einen Patienten, der zum ersten Mal behandelt werde, keinerlei Evidenz gebe, dass er mit Brintellix besser behandelt werden kann als mit anderen Medikamenten. Das würden die Daten nicht hergeben. Bei einem Nicht-Responder würde er nach dem 2. Mal sicherlich bereit sein, auf neue Therapieoptionen zurückzugreifen, die auf pharmakologischer Ebene einen anderen Wirkmechanismus haben, ohne dass er aus klinischen Studien einen Beweis für Überlegenheit hätte.

Auf Rückfrage bestätigte der Gutachter, dass sich der therapeutische Erfolg nach wiederholter Vortherapie nicht so gezeigt habe, wie er es sich gewünscht hätte. Es gebe Evidenz, aber schwache Evidenz. Das betreffe die Schlüsselstudie. Das Studiendesign und die Schwächen seien in seinem Gutachten dargelegt. Seine Einsatzempfehlung basiere auf dieser Studie.

Seitens der belangten Behörde wurde in diesem Zusammenhang bestätigt, dass sich alle Antidepressiva mit unterschiedlichem pharmakologischen Wirkmechanismus (mit Ausnahme von Insidon, Wirkstoff Opipramol) im Grünen Bereich des EKO befänden. Insidon sei aus der Heilmittelsonderliste übergeleitet worden und das einzige Antidepressivum im Gelben Bereich.

Auf die Frage, welche PatientInnen von Brintellix profitieren würden, führte der Gutachter aus, solche mit schwerer Depression, die nach mehreren Therapien nicht ausreichend angesprochen haben.

Auf die Frage, was heutzutage die Second-Line- oder Third-Line-Therapie bei schwerer Depression sei, wenn die First-Line-Therapie versagt oder nicht vertragen wird, gab der Gutachter an, dass es eine "wilde Mischung" von Mehrfachkombinationen sei, die sowohl in der zeitlichen Reihenfolge verschiedener Präparate, als auch deren Kombination eingesetzt würden.

Auf den Vorhalt, dass er es nicht als First-Line-, aber als Second-Line-Therapie empfehle, und wie das mit dem Wirkmechanismus zusammenpasse, führte der Gutachter aus, er habe keinen Grund zur Annahme, dass es schlechter wirke, aber auch keinen Grund zur Annahme, dass es besser wirke. Er habe dazu keine Daten. Der Grund dafür, dass er es nicht als First-Line-Therapie einsetzen würde, seien Sicherheitsüberlegungen.

Auf das Ersuchen, das Verhältnis zwischen Therapieresistenz und inadäquatem Therapieerfolg zu erläutern, gab der Gutachter an, Therapieresistenz sei eine Definition aus Guidelines. Inadäquater Therapieerfolg sei subjektiv. Zur Evaluierung der Therapieresistenz sei ein Algorithmus notwendig, der in der Realität selten eingehalten werde. Richtiger wäre wahrscheinlich "zweimaliges inadäquates Therapieansprechen".

Im Anschluss betonte die belangte Behörde noch einmal, dass die Aussage, wonach Brintellix gleich gut sei wie die "anderen" Antidepressiva im Gegensatz zur Einstufung nach § 24 Abs. 2 Z 5/6 VO-EKO stehe. Aus Warte der belangten Behörde sei es aus wissenschaftlicher Sicht nicht vertretbar, eine Third-Line-Therapie in eine Regel hineinzuschreiben, die in keiner der klinischen Studien getestet worden sei und die sich auch nicht in der Zulassung wiederspiegele. Was eine Second-Line-Therapie angehe, sei es auch nicht zweckmäßig, Brintellix im Gelben Bereich ein derartiges Privileg zu gewähren, da aus den Schriftsätzen klar hervorgehe, dass eine Überlegenheit von Brintellix in der Second-Line-Therapie gegenüber diversen anderen Antidepressiva im EKO nicht bewiesen sei. Daher sei eine Gleichbehandlung und gleiche Verwendung wie bei den anderen Substanzen, nämlich Einstufung im Grünen Bereich, angemessen. Noch dazu, wo die anderen Antidepressiva als Second-Line-Therapien auch gesundheitsökonomisch deutlich günstiger seien und somit, sofern medizinisch angezeigt, bevorzugt zum Einsatz kommen sollten.

Die BF beharrte darauf, dass die Aufnahme von Brintellix in den Gelben Bereich genau diesen Anforderungen entspreche.

Seitens der belangten Behörde wurde ergänzend auf aktuelle Bewertungen der französischen und niederländischen Gesundheitsbehörden (HAS und ZINL) verwiesen, die einerseits die Empfehlung der HEK und andererseits die Entscheidung des Hauptverbandes bestätigten. Die Vorlage der Bezug habenden Unterlagen wurde angeboten.

Die BF wies ihrerseits darauf hin, dass in Holland das Arzneimittel Brintellix zu Tagestherapiekosten von 1 Euro in der First-Line-Therapie erstattet und damit um 10 % teurer als die Zweit- oder Drittlinientherapie in Österreich angeboten werde.

In der Folge beantragte die belangte Behörde die Befragung des als Zuhörer anwesenden Univ. Prof. Dr. XXXX , eines der Vorsitzenden der HEK, zum Beweis dafür, dass Brintellix keinen wesentlichen zusätzlichen Nutzen darstelle und nicht als wesentliche therapeutische Innovation zu beurteilen sei. Ferner zum Beweis dafür, dass zahlreiche gleich gute Medikamente im Grünen Bereich des EKO gelistet seien sowie zum Beweis dafür, dass die von der BF vorgelegte Studie nicht dem geforderten Design entspreche und dass die HEK auf Basis sorgfältiger wissenschaftlicher Überlegungen zu Ihrer Empfehlung gekommen sei.

Nach vorgängiger Beratung im Senat erging daraufhin ein verfahrensleitender Beschluss, mit dem der Beweisantrag der belangten Behörde abgewiesen wurde.

Demgegenüber forderte die BF die Vorlage des Protokolls der Empfehlung der HEK zur Gewährleistung der Waffengleichheit. In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde darauf hin, dass das Protokoll Teil des Aktes sei. Dieser Umstand konnte im Rahmen der Verhandlung verifiziert werden.

18. Im Nachhang zur Verhandlung teilte der Vertreter des Hauptverbandes mittels E-Mail vom 29.06.2015 mit, der BF sei das Protokoll der HEK mit Datum vom 30.01.2015 sehr wohl (elektronisch) zur Verfügung gestellt worden sei.

19. In Erwiderung teilte die BF mit E-Mail vom 30.06.2015 mit, es sei sehr erfreulich, dass das Protokoll der Sitzung der HEK im elektronischen Work-Flow freigeschaltet werde. Dies sei bisher von den pharmazeutischen Unternehmen nicht wahrgenommen worden. Allerdings sei nach den Angaben des Hauptverbandes die Empfehlung der HEK gleichzeitig mit dem Bescheid zugänglich gemacht worden, wodurch das Parteiengehör verletzt worden sei, da die BF keine Möglichkeit gehabt hätte, auf das Ergebnis der HEK zu reagieren. Die Prüfung des Protokolls habe ergeben, dass die Empfehlung der HEK ident mit dem Vorschlag des Hauptverbandes sei. Offensichtlich sei die HEK zu 100 % den Vorgaben des Hauptverbandes gefolgt, ohne eigene Überlegungen anzustellen oder diese zumindest zu protokollieren. Die BF moniert, dass im Rahmen der Beratungen der HEK nicht hinreichend Zeit für die Erörterung der einzelnen Fälle verbleiben kann. So erkläre sich, warum im Fall Brintellix die Empfehlung so knapp gehalten sei.

Fraglich sei überdies, ob die Empfehlung der HEK als "Gutachten" im Sinn des AVG anzusehen sei. Vielmehr habe der VfGH bereits ausgesprochen, dass diese ein beratendes Gremium des Hauptverbandes sei und ihre Argumentation letztlich als Argumentation der belangten Behörde in den Bescheid eingehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Schriftsatz vom 30.04.2014 beantragte die BF die Aufnahme der Arzneispezialitäten "BRINTELLIX 5 MG FILMTABLETTEN", "BRINTELLIX 10 MG FILMTABLETTEN" sowie "BRINTELLIX 20 MG FILMTABLETTEN" (jeweiliger Wirkstoff: Vortioxetin) in den Gelben Bereich des Erstattungskodex.

Die beantragten Arzneispezialitäten wurden von der BF im Rahmen der pharmakologischen Evaluation gemäß § 23 Abs. 2 Z 6 (neuer Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind) und im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation gemäß § 24 Abs. 2 Z 6 VO-EKO (wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen) eingestuft. Brintellix weise einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip auf. Darüber hinaus sei ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für die Mehrzahl der Patienten und Patientinnen gegeben.

Als Verwendung wurde die Behandlung von Episoden einer Major Depression angegeben, wenn mit Therapiealternativen aus dem Grünen Bereich nicht das Auslangen gefunden werden könne.

Im Grünen Bereich des EKO ist bereits eine Reihe von Antidepressiva gelistet, die dieselbe Verwendung wie Brintellix aufweisen.

Vortioxetin stellt einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip dar. Demgegenüber konnte ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen im Sinn der Bezug habenden Bestimmungen nicht festgestellt werden. Vortioxetin (Brintellix) besitzt keine dezidierte Zulassung als Second-Line-Therapie zur Behandlung depressiver Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) bei PatientInnen, die unzureichend auf die Monotherapie mit einem SSRI oder SNRI angesprochen haben, und auch keine dezidierte Zulassung als Third Line Therapie zur Behandlung depressiver Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) bei PatientInnen, die unzureichend auf zwei Therapiealternativen - SSRI und/oder SNRI - angesprochen haben. Die mit dem Antrag vorgelegten drei klinischen Schlüsselstudien zu Vortioxetin konnten einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen im Vergleich zu therapeutischen Alternativen auch nicht nachhaltig beweisen. Vortioxetin (Brintellix) stellt eine zusätzliche Alternative in der Behandlung von PatientInnen mit Major Depression dar, es wirkt weder wesentlich besser noch schlechter als die im Grünen Bereich des EKO gelisteten Antidepressiva.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt und wurden, soweit im Folgenden nicht näher erläutert, von den Parteien nicht bestritten.

Dass es sich beim Wirkstoff Vortioxetin um einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip handelt, wurde von den Parteien einhellig festgestellt.

Demgegenüber herrscht Uneinigkeit zur Frage, ob Vortioxetin einen wesentlichen therapeutischen Nutzen im Sinn der Bezug habenden Bestimmungen bietet. Die angeführte Negativ-Feststellung gründet auf der Empfehlung der HEK. Bei der HEK handelt es sich um ein gesetzlich eingerichtetes weisungsfrei gestelltes Expertengremium, dessen Zusammensetzung den Einsatz eines hohen Maßes an Fachwissen im Rahmen der Entscheidungsfindung gewährleisten soll.

Im vorliegenden Fall deckt sich jedoch die Empfehlung der HEK in wesentlichen Punkten mit den Ausführungen des dem Verfahren beigezogenen Gutachters, die von der BF in der Hauptsache für ihre Sache ins Treffen geführt wird. Konkret führte der Gutachter in der Verhandlung aus, er habe keinen Grund zur Annahme, dass der Wirkstoff Vortioxetin schlechter wirke als die im Grünen Bereich des EKO angeführten therapeutischen Alternativen. Er habe aber auch keinen Grund zur Annahme, dass es besser wirke. Er hätte dazu keine Daten. Einen Beweis für eine Überlegenheit lieferten die klinischen Studien nicht.

Die Bestellung des Gutachters erfolgte auf Basis eines Vorschlags des Hauptverbandes durch die BF. Generell zeigte sich im Rahmen der Verhandlung, dass der Gutachter einen aus Warte des erkennenden Senats durchwegs objektiven Eindruck vermittelte. Vor diesem Hintergrund ergibt sich kein Grund, an den fachlichen Aussagen des Gutachters zu zweifeln. Die rechtliche Einstufung liegt demgegenüber nicht im Bereich des Gutachters. Der Gutachter hat in der Verhandlung selbst betont, dass es sich bei seinem Gutachten um ein wissenschaftliches Gutachten handelt (und um kein Rechtsgutachten).

Demgegenüber tritt die Experten-Meinung des Dr. XXXX in den Hintergrund. Zum einen enthält die Experten-Meinung des Dr. XXXX keine Aussagen, die die oben angeführten Feststellungen erschüttern könnten. Sein Statement, dass die Gabe von Vortioxetin in bestimmten Situationen vielversprechend erscheint, mag zutreffen; es steht aber nicht zur Gänze im Einklang mit den aktuellen Guidelines, die besagen: "Wenn bei Vorliegen einer Depression ein Antidepressivum in ausreichender Dosis und über einen ausreichend langen Zeitraum verabreicht wird, das jedoch keine ausreichende Wirkung zeigt, so macht es Sinn, ein weiteres Medikament mit differenziellem Wirkmechanismus additiv zu verabreichen. Aufgrund der vorliegenden Daten zeigen atypische Antipsychotika als additive Therapieintervention die besten Behandlungserfolge. Die besten Daten liegen für Quetiapin XR vor." (Konsensusstatement zu therapieresistente Depression der österr. Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie). Außerdem ersetzt sein Statement nicht die gesetzlich normierten Schritte im Rahmen der Evaluation. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass den Aussagen des Dr. XXXX nur ein verminderter Beweiswert zukommt, zumal er im Hinblick auf den strittigen Wirkstoff Mitglied eines beratenden Gremiums der BF war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und Verfahren

Gemäß § 351h Abs. 1 Z 1 lit. a) ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) ab- oder zurückgewiesen wurde.

Beschwerden sind gemäß § 351h Abs. 3 ASVG binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Hauptverbandes beim Hauptverband über das Internetportal www.sozialversicherung.at einzubringen. Dem Hauptverband steht es frei, binnen vier Wochen ab Einbringung der Beschwerde eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht abzugeben. In der Beschwerde oder in der Stellungnahme nach Abs. 3 können sich das vertriebsberechtigte Unternehmen und der Hauptverband gemäß § 351h Abs. 4 ASVG nur auf Tatsachen und Beweise beziehen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Hauptverband bereits eingebracht worden sind. Das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweise im Beschwerdeverfahren ist nur zur Stützung oder zur Widerlegung der in der ersten Instanz rechtzeitig vorgebrachten Tatsachen und Beweise zulässig. Solche neuen Tatsachen und Beweise dürfen überdies nur dann berücksichtigt werden, wenn diese entweder in der Beschwerde oder der Stellungnahme des Hauptverbandes nach Abs. 3 bereits eingebracht wurden. Diese Stellungnahme des Hauptverbandes ist vom Bundesverwaltungsgericht als Bestandteil der Begründung der Entscheidung des Hauptverbandes nach Abs. 3 erster Satz zu berücksichtigen. Eine Einschränkung oder Klarstellung des Antragbegehrens ist ausgeschlossen.

Gemäß § 351i Abs. 1 ASVG hat in Angelegenheiten nach § 351 h die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen, der aus dem/der Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern/Laienrichterinnen besteht, wobei zwei davon Fachärzte/Fachärztinnen für Pharmakologie und Toxikologie oder Fachärzte/Fachärztinnen mit dem Additivfach klinische Pharmakologie und zwei Ökonomen/Ökonominnen mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich (Gesundheitsökonomen/Gesundheitsökonominnen) sind.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung:

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 46/2014:

"3. UNTERABSCHNITT

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

§ 31. (1) Die in den §§ 23 bis 25 bezeichneten Versicherungsträger und die Träger der im § 2 Abs. 2 bezeichneten Sonderversicherungen werden zum Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im folgenden kurz Hauptverband genannt) zusammengefaßt.

(2) Dem Hauptverband obliegt

[...]

12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach § 351c Abs. 1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach § 31 Abs. 5 Z 13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach § 31 Abs. 5 Z 13. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en oder Darreichungsform) beziehen.

[...]."

"Abschnitt V

Erstattungskodex

Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex

§ 351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Einlangen des Antrages, mit dem zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen. Stellt der Hauptverband innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) nach Einlangen des Antrages fest, dass die Arzneispezialität nicht in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Der Hauptverband hat die Änderungen des Erstattungskodex monatlich im Internet kundzumachen.

[...].

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungskodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§ 351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.

(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungskodex:

1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen therapeutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.

[...]."

Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach § 351g ASVG (VO-EKO), avsv Nr. 47/2004 idF avsv Nr. 106/2008:

"Unterlagen und Stellungnahmen

§ 19. (1) Alle zur Entscheidung über den Antrag notwendigen Unterlagen sind unter einem mit dem Antrag gemäß § 18 vorzulegen, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist.

(2) Während des laufenden Verfahrens sind weitere Unterlagen und Stellungnahmen nur auf Verlangen des Hauptverbandes zu übermitteln. Werden diese Unterlagen und Stellungnahmen vom antragstellenden Unternehmen nicht binnen offener Frist beigebracht, werden sie im laufenden Verfahren und für die Entscheidung nicht berücksichtigt.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 vom antragstellenden Unternehmen übermittelte Unterlagen sind im Verfahren und für die Entscheidung nur dann zu berücksichtigen, wenn diese

1. zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht vorlagen,

[...]."

"Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich

§ 21. (1) Der Hauptverband prüft nach Feststellung der Erstattungsfähigkeit ob die gesetzlichen und die in dieser Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen für die Aufnahme in den Gelben oder in den Grünen Bereich gegeben sind.

[...].

Grundsätzliche Vorgangsweisen und Ziele der pharmakologischen, medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation

§ 22. (1) Ziel der Evaluation ist die Beurteilung des Antrages aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht. Dazu sind vom antragstellenden Unternehmen diesbezügliche Unterlagen im Antrag gemäß der Anlage vorzulegen, dabei hat das antragstellende Unternehmen insbesondere einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und gesundheitsökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arzneispezialität mit den verfügbaren therapeutischen Alternativen vorzulegen. Bei diesem Vergleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweckmäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen Gruppen von Patienten/Patientinnen auszugehen.

(2) Die Unterlagen gemäß Abs. 1 haben alle für die Entscheidung über die Aufnahme bedeutsamen Informationen aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, zu enthalten. Unterlagen, welche nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, werden für das laufende Verfahren und für die Entscheidung nicht herangezogen.

[...].

(4) Gutachten nach § 26 Abs. 1 und 2 sowie nicht publizierte Studien (z. B. Zulassungsstudien) werden nur dann berücksichtigt, wenn seitens des antragstellenden Unternehmens dem Hauptverband das Recht eingeräumt wird, diese Unterlagen gegenüber Dritten zu verwenden. Punkte, die vom antragstellenden Unternehmen ausdrücklich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bezeichnet werden, sind von der Verwendung gegenüber Dritten ausgenommen.

(5) Gutachten nach § 26 Abs. 1 und 2, Stellungnahmen nach § 24 Abs. 3 Z 6 sowie im unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Antrag erstellte nicht publizierte Studien (z.B. pharmakoökonomische Studien) werden nur berücksichtigt, wenn der Urheber/die Urheberin eine Erklärung zu allfälligen Interessenskonflikten abgibt.

Pharmakologische Evaluation

§ 23. (1) Ziel der pharmakologischen Evaluation ist:

1. Die Zuordnung und Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharmakologischer Sicht im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen,

2. Die Festlegung der therapeutischen Alternativen und deren Dosierung als Grundlage für die medizinisch-therapeutische Evaluation. Soweit zweckmäßig sind dabei therapeutische Alternativen mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform auf Basis der vierten Ebene des ATC-Codes festzulegen.

(2) Der Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei wie folgt festzulegen:

[...].

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.

[...].

Medizinisch-therapeutische Evaluation

§ 24. (1) Ziel der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist:

1. Die Festlegung und Quantifizierung der Gruppen von Patienten / Patientinnen, die für die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität in Frage kommt,

2. Die Festlegung und Quantifizierung des Nutzens für Patienten / Patientinnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen ( § 23 Abs. 1),

3. Die Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorgelegten pharmakoökonomischen Studien.

(2) Die beantragte Arzneispezialität ist dabei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung einer der folgenden Gruppen zuzuordnen:

[...].

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten / Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen ( § 23 Abs. 1).

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten / Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen ( § 23 Abs. 1).

(3) Bei der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist auf die interne und externe Validität der Evidenz, welche den therapeutischen Nutzen für Patienten / Patientinnen belegen soll, Bedacht zu nehmen. Die Validität der Evidenz misst sich an nachstehender Rangfolge:

1. Prospektive, randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit maskierter Ergebnisbeurteilung in einer repräsentativen Population, großes Datenmaterial oder Metaanalysen solcher Studien,

2. Systematische Reviews (z. B. Cochrane-Review) mit Metaanalysen von zahlreichen Studien mit großen Patientenzahlen / Patientinnenzahlen, Evidenz von klar definierten Endpunkten, die eindeutige Aussagen für jene Population ergeben, für die die Empfehlungen gegeben werden,

3. Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), kleineres Datenmaterial (weniger oder kleinere RCTs oder Ergebnisse nicht beständig oder Studienpopulation entspricht nicht der Zielpopulation der Empfehlungen),

4. Nicht randomisierte oder nicht kontrollierte Studien - Beobachtungsstudien,

5. Konsensus-Urteil eines Fachgremiums (z. B. Guidelines), basierend auf klinischer Erfahrung (bei insuffizienter klinischer Literatur),

6. Stellungnahmen einzelner Experten / Expertinnen.

(4) Hinsichtlich der klinischen Studien ist vom antragstellenden Unternehmen anzugeben, ob es sich um eine Schlüsselstudie (z. B. "pivotal-study" - maximal drei Studien können so bezeichnet werden) handelt; ansonsten ist die Vorlage einer die einzelnen Studien bewertenden Übersichtsarbeit sowie einer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft durchgeführten Metaanalyse erforderlich.

Gesundheitsökonomische Evaluation

§ 25. (1) Ziel der gesundheitsökonomischen Evaluation ist die Beurteilung der beantragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Krankenbehandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen. Diese Evaluation basiert auf dem Ergebnis der medizinisch-therapeutischen Evaluation ( § 24). Dabei ist zu berücksichtigen, ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der beantragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei der Evaluation des Kosten-/Nutzenverhältnisses sind die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozialversicherungsträger der Krankenbehandlung (Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen, allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbstbehalte, Rezeptgebühr oder Behandlungsbeitrag) sind außer Ansatz zu lassen.

(2) Für die Aufnahme in den Grünen Bereich des Erstattungskodex ist wie folgt von der Wirtschaftlichkeit auszugehen:

1. [...].

2. Bei der Fallgruppe nach § 24 Abs. 2 Z 2 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität ausreichend unter den vergleichbaren Behandlungskosten mit dem im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen ( § 351c Abs. 9 Z 1 ASVG).

3. [...].

4. [...].

5. Bei der Fallgruppe nach § 24 Abs. 2 Z 5 und 6 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist, insbesondere im Hinblick auf das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für die definierte Gruppe von Patienten / Patientinnen ( § 351c Abs. 9 Z 2 ASVG). Dies ist vom antragstellenden Unternehmen anhand einer pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensichtlichkeit auf die Vorlage der pharmakoökonomischen Studie durch das antragstellende Unternehmen vorläufig verzichten.

[...].

Vorläufige Feststellung des Hauptverbandes und Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission

§ 26.(1) Stellt der Hauptverband fest, dass die Möglichkeit besteht, eine vom Antrag abweichende Entscheidung zu treffen, ist dies dem antragstellenden Unternehmen unter Bekanntgabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme, die sich ausschließlich auf die Gründe der vorläufigen Feststellung des Hauptverbandes zu beziehen hat, abgeben. Bei Arzneispezialitäten gemäß § 23 Abs. 2 Z 6 bis 8 kann das antragsstellende Unternehmen dem Hauptverband mitteilen, dass anstelle der Stellungnahme ein Gutachten gemäß Abs. 2 vorgelegt wird.

(2) Das antragstellende Unternehmen beauftragt im eigenen Namen einen Experten/eine Expertin mit der Erstellung eines Gutachtens, das sich ausschließlich auf die Gründe der vorläufigen Feststellung des Hauptverbandes nach Abs. 1 zu beziehen hat. Die Kosten des Gutachtens sind vom antragstellenden Unternehmen zu tragen. Der Experte/die Expertin ist vom antragstellenden Unternehmen aus einem Dreier-Vorschlag des Hauptverbandes aus der Liste der von der European Medicines Evaluation Agency (EMEA) akkreditierten Experten/Expertinnen auszuwählen. Das Gutachten ist vom antragstellenden Unternehmen dem Hauptverband spätestens drei Monate nach Übermittlung der Feststellung nach Abs. 1 vorzulegen. Die Frist nach § 27 Abs. 1 wird gehemmt.

(3) Der HEK sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer erstattungsfähigen Arzneispezialität in den Erstattungskodex, die vorläufige Feststellung des Hauptverbandes sowie die Stellungnahme des antragstellenden Unternehmens oder das Gutachten gemäß Abs. 2 vorzulegen; sie hat diese Unterlagen gemäß § 22 Abs. 4 und 5 zu berücksichtigen. Die HEK hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen, ob die Arzneispezialität in den Gelben oder den Grünen Bereich übernommen werden oder aus dem Erstattungskodex ausscheiden soll. Die Empfehlung kann sich auf bestimmte Verwendungen gemäß § 31 Abs. 3 Z 12 lit. b oder c ASVG beziehen; insbesondere gibt die HEK dem Hauptverband Empfehlungen gemäß § 351g Abs. 2 ASVG ab.

(4) Die vorläufige Feststellung des Hauptverbandes und die Empfehlung der HEK haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen und sind nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird."

b) Rechtliche Würdigung:

Im vorliegenden Fall wird die Aufnahme eines Medikaments in den Gelben Bereich des EKO begehrt.

Die BF führte in der Beschwerdeführung zwei zentrale Argumente an:

Zum einen den Rechtsstandpunkt, dass eine medizinische Innovation per se eine Einordnung in den Gelben Bereich rechtfertige; zum anderen den Vorwurf, das Gutachten von Univ. Prof. Dr. XXXX sei seitens der Behörde fachlich nicht hinreichend gewürdigt worden.

Der vorliegende Fall weist in rechtlicher Hinsicht - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - bedeutende Parallelen zum Fall "Valdoxan" auf, den der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.02.2014, B1429/2011 entschieden hat. Auch in jenem Fall wurde die Aufnahme eines Antidepressivums (Wirkstoff: Agomelatin) in den Gelben Bereich des Erstattungskodex beantragt. Auch in jenem Fall erfolgte die Selbsteinstufung gemäß § 23 Abs. 2 Z 6 VO-EKO bzw. § 24 Abs. 2 Z 5 VO-EKO. Auch in jenem Fall sollte das Medikament als Zweit- bzw. Drittlinien-Therapie verschrieben werden. Auch in jenem Fall erachtete die belangte Behörde lediglich eine Einreihung unter § 24 Abs. 2 Z 2 VO-EKO als rechtmäßig.

Der VfGH führte in diesem Zusammenhang in den Pkt. 3.4. ff. seines Erkenntnisses aus:

"3.4. [...]. Mit den Vorschriften des § 351c ff. ASVG hat der Gesetzgeber unmissverständlich den für den Erstattungskodex tragenden Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass eine Arzneispezialität nur dann in den Erstattungskodex aufgenommen werden soll, wenn sie entweder einen medizinischen oder zumindest einen ökonomischen Zusatznutzen gegenüber anderen im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten aufweist (VfSlg 19.714/2012). Der Begriff der wesentlichen therapeutischen Innovation im Sinne des vor dem Hintergrund der Regelungszwecke des Erstattungskodex geradezu auf der Hand liegenden Begriffsverständnisses einer deutlich günstigeren therapeutischen Wirkung ist daher nicht unbestimmt.

3.5. Diesem Grundgedanken folgt die Bestimmung des §351c Abs8 ASVG iVm §25 Abs2 Z2 VO-EKO: Bei Fehlen einer wesentlichen therapeutischen Innovation ist für die soziale Krankenversicherung die Aufnahme einer neuen Arzneispezialität in das Heilmittelverzeichnis nur dann wirtschaftlich (und daher sinnvoll), wenn die Behandlungskosten ausreichend unter jenen der im grünen Bereich angeführten, günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen.

3.6. Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz erblickt die beschwerdeführende Partei darin, dass es Gesetz und Verordnung zulassen, dass ein "first in class"-Produkt wie Valdoxan mit einem Preis "für hoch innovative Produkte", mit Niedrigpreisen von Generika verglichen werden kann. Die beschwerdeführende Partei verkennt in ihrer Argumentation, dass es - ausgehend von den oben dargelegten Zwecken des Erstattungskodex - nicht ausreicht, wenn die pharmakologische Innovation eines neuen Wirkmechanismus (wie zB im Falle von Valdoxan), bloß eine "ebenso gute Wirkung zeigt, wie bereits am Markt verfügbare andere Arzneimittel". Ein Vorteil für die gesetzliche Krankenversicherung - und darauf kommt es beim Erstattungskodex entscheidend an -besteht vielmehr nur dann, wenn entweder eine wesentliche Verbesserung in den therapeutischen Wirkungen für die Behandlung krankenversicherter Patienten entsteht oder wenn sich Vorteile auf der Finanzierungsseite ergeben, weil es sich im Verhältnis zu den am Markt und nach dem Erstattungskodex verfügbaren Alternativen um ein signifikant kostengünstigeres Medikament handelt. Es ist aber nicht gleichheitswidrig, wenn die gesetzliche Regelung dazu führt, dass ein vertriebsberechtigtes Unternehmen das Marktrisiko für ein im Wirkmechanismus zwar neuartiges und daher hochpreisiges, aber in den therapeutischen Wirkungen den bisherigen Alternativen (von denen überdies bereits Generika existieren) im Wesentlichen bloß entsprechendes Arzneimittel, in erster Linie selbst zu tragen hat."

Es kann somit der BF nicht gefolgt werden, wenn sie meint, dass der Nachweis einer medizinischen Innovation per se die Aufnahme in den Gelben Bereich des EKO rechtfertige. Vielmehr ist - wie von der belangten Behörde durchgeführt - Schritt für Schritt auf Basis der pharmakologischen Evaluation im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation eine entsprechende Einstufung vorzunehmen.

Die BF vertritt den Standpunkt, dass im Zuge der pharmakologischen Evaluation ein Vergleich lediglich mit Agomelatin angezeigt sei und dass Vortioxetin die Wirksamkeit von Agomelatin übertreffe. Demgegenüber vertritt die belangte Behörde den Standpunkt, dass ein Vergleich mit Agomelatin nicht zulässig sei, da es nicht im EKO gelistet sei, wohingegen tatsächlich eine Reihe von Vergleichsprodukten zur Verfügung stünde. Dem hält die BF entgegen, dass die besonderen Eigenschaften, die Vortioxetin aufweise (bessere Verträglichkeit, bessere Einnahme-Möglichkeiten u.ä.) und mit denen sich Vortioxetin jeweils zumindest in Teilbereichen von den Vergleichsprodukten abhebe, wie dies auch im Gutachten von Univ. Prof. XXXX betont worden sei, seitens der belangten Behörde nicht hinreichend gewürdigt worden wären.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass unter "Pharmakologischer Evaluation" im Sinne der VO-EKO lediglich diejenigen Einstufungen und Festlegungen zu verstehen sind, welche im § 23 VO-EKO diesbezüglich angeführt sind. Darüber hinausgehende Bewertungen der Eigenschaften der beantragten Arzneispezialität wie auch der zur Evaluation heranzuziehenden Vergleichsprodukte in pharmakologischer, klinisch-pharmakologischer, mikrobiologischer oder anderer Hinsicht können jedoch Teil der medizinisch-therapeutischen Evaluation nach § 24 VO-EKO sein, sofern sie für die Bestimmung des (Zusatz‑)Nutzens des beantragten Produktes gegenüber der in der pharmakologischen Evaluation nach § 23 VO-EKO festzulegenden therapeutischen Alternativen sinnvoll und aussagekräftig sind.

Ein Vergleich von Brintellix mit anderen Arzneispezialitäten, die dieselbe Verwendung aufweisen, erscheint vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen im Rahmen der pharmakologischen Evaluation grundsätzlich gerechtfertigt. Das Problem bei Antidepressiva liegt in der Umsetzung vom mechanistischen, pharmakologischen Wirkmechanismus, der präklinisch definiert wird, zur klinischen Wirksamkeit. Damit zusammen hängt das Problem der Bewertungen beim Übergang von § 23 VO-EKO (pharmakologische Evaluation) auf die medizinisch-therapeutische Evaluation nach § 24 VO-EKO. Das beginnt bereits damit, dass die Neurotransmitterfehlsteuerung bzw. die Neuroplastizitätsfehlsteuerung bei "Major Depression" nicht klar definiert ist - und endet bei der Frage, welchen Parameter man eigentlich korrigieren sollte (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, Glutamat, Melatonin, Neubildung von Neuronen=Neurogenese, entsprechende Rezeptoragonisten oder deren Antagonisten oder Rezeptormodulatoren oder Modulatoren der synaptischen Aktivität oder Neurotransmitter-Rückaufnahmehemmer oder Neurotransmitter-Abbauhemmer?). Dies wirkt sich generell als Problem bei der Entwicklung neuer Antidepressiva aus (die verschiedene pharmakologische Wirkmechanismen haben können), da beim Nachweis der klinischen Wirksamkeit diese Unterschiede nicht mehr so deutlich zutage treten. Deshalb hat Brintellix auch von der EMA keinen anderen Indikationstext erhalten als das Anwendungsgebiet "Brintellix wird angewendet zur Behandlung von Episoden einer Major Depression bei Erwachsenen." - aber genau dieses Anwendungsgebiet haben auch andere Antidepressiva-Präparate aus dem Grünen Bereich des EKO.

Darauf aufbauend war zu hinterfragen, ob Brintellix tatsächlich im Vergleich zu diesen bereits im Grünen Bereich des EKO gelisteten Antidepressiva einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweist. Seitens der HEK wurde dies verneint. Aber auch seitens des Gutachters wurde im Rahmen der Verhandlung angeführt, er habe keinen Grund zur Annahme, dass der Wirkstoff Vortioxetin schlechter wirke, aber auch keinen Grund zur Annahme, dass es besser wirke. Er hätte dazu keine Daten. Damit ist jedoch nach dem oben zitierten Erkenntnis des VfGH ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen.

Die mit dem Erstattungsantrag vorgelegten drei klinischen Schlüsselstudien konnten auch nicht nachhaltig einen wesentlichen therapeutischen Nutzen von Brintellix im Vergleich zu therapeutischen Alternativen beweisen:

Studie 1: Boulenger JP, Loft H, Florea I. A randomized clinical study of Lu AA21004 [vortioxetine] in the prevention of relapse in patients with major depressive disorder. J Psychopharmacol. 2012 Nov;26(11):1408

Gutachter und Hauptverband stimmen darin überein, dass diese Studie keine Aussage bezüglich Überlegenheit in Hinsicht auf Effektivität verglichen mit anderen Antidepressiva erlaubt, sondern allgemein eine positive Aussage bezüglich Langzeit-Aktivität von Vortioxetin erlaubt.

Studie 2: McIntyre RS, Lophaven S, Olsen CK. A randomized, double-blind, placebo-controlled study of vortioxetine on cognitive function in depressed adults. Int J Neuropsychopharmacol. 2014 Oct;17(10):1557-67.

In Bezug auf die beiden Wirksamkeitsparameter kognitive Funktion und Depression zeigte Vortioxetin 20 mg und 10 mg einen signifikant besseren Effekt als Placebo; ob Vortioxetin einen eigenen spezifischen klinischen Effekt auf Kognition und Kognitionsverbesserung hat, oder ob dieser Effekt sekundär aufgrund der antidepressiven Wirkung präsent war, blieb offen; ebenso ob dieser Effekt spezifisch für Vortioxetin ist, oder bei Vortioxetin effektiver ausgeprägt ist als bei anderen Antidepressiva, wegen des fehlendes Vergleiches mit einem anderen Antidepressivum.

Studie 3: Montgomery SA, Nielsen RZ, Poulsen LH, Häggström L. A randomised, double-blind study in adults with major depressive disorder with an inadequate response to a single course of selective serotonin reuptake inhibitor or serotonin-noradrenaline reuptake inhibitor treatment switched to vortioxetine or agomelatine. Hum Psychopharmacol. 2014 Sep;29(5):470-82.

In dieser Studie zur ‚second-line-Indikation' wurde zwar die Überlegenheit von Vortioxetin zu Agomelatin gezeigt, aber ob die Gruppe der PatientInnen tatsächlich eine Gruppe mit Nichtansprechen auf einen SSRI oder SNRI bzw. therapie-resistente PatientInnen repräsentierte, ist nicht eindeutig.

(Hinweis: Die BF bezeichnet die Studie die Studie von McIntyre et al. als "Studie 3", die Studie von Montgomery et al. als "Studie 2".)

Zu ergänzen ist, dass gemäß § 351h Abs. 4 ASVG eine Einschränkung oder Klarstellung des Antragsbegehrens erst im Rahmen der Beschwerde oder danach grundsätzlich unzulässig ist, weshalb über den ursprünglichen Antrag in der Fassung der Änderung vom 19.12.2014 zu entscheiden war. Doch auch bei Akzeptanz der Änderung des Antrags im Rahmen des Verfahrens vor dem BVwG würde sich an der Beurteilung nichts ändern.

Auf die ökonomische Evaluation braucht vor diesem Hintergrund nicht mehr eingegangen zu werden.

Zum eingebrachten Experten-Statement von Dr. XXXX ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der Umstand, dass die Erklärung zu allfälligen Interessenkonflikten erst im Rahmen der Verhandlung vorgelegt wurde, unschädlich erscheint. Aufgrund des manifesten Interessenskonflikts ist der Beweiswert seines Experten-Statements jedoch herabgesetzt und auch nicht dazu geeignet, die in der Hauptsache übereinstimmenden Aussagen der HEK und des Gutachters in Zweifel zu ziehen. Wieweit die Angaben dem Neuerungsverbot gemäß § 351h Abs. 4 ASVG unterliegen, braucht vor diesem Hintergrund nicht im Detail erläutert zu werden.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die BF, soweit sie die Vorlage des Protokolls der HEK urgiert, mit E-Mail vom 30.06.2015 eingestanden hat, dass ihr dieses (wenngleich erst zeitgleich mit dem angefochtenen Bescheid) zur Verfügung gestellt wurde. Da sich das Protokoll inhaltlich im Wesentlichen mit dem Inhalt der angefochtenen Bescheide deckt, ist jedoch nicht erkennbar, in welcher Weise die BF in ihren Rechten verkürzt hätte werden können. Soweit die BF darauf verweist, dass aufgrund des engen zeitlichen Korsetts im Rahmen der Beratungen der HEK nicht hinreichend Zeit für die einzelnen Fälle verbleiben könne, ist darauf hinzuweisen, dass die BF im vorliegenden Fall von der Möglichkeit der Anhörung vor der HEK Gebrauch gemacht hat. Auf das diesbezügliche Vorbringen braucht somit nicht näher eingegangen zu werden. Wenn die BF schließlich darauf verweist, dass es sich bei der Empfehlung der HEK um kein Gutachten i.S.d. AVG handle, ist nicht ersichtlich, wie ihr damit geholfen sein sollte. Bei der HEK handelt es sich um ein gesetzlich eingerichtetes Experten-Gremium, dessen Empfehlung im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend zu berücksichtigen war.

Zusammenfassend wird vom Senat festgestellt, dass der Hauptverband bei der Evaluation und Bewertung der Arzneispezialitäten "BRINTELLIX 5 MG FILMTABLETTEN", "BRINTELLIX 10 MG FILMTABLETTEN" sowie "BRINTELLIX 20 MG FILMTABLETTEN" (jeweiliger Wirkstoff: Vortioxetin) die rechtlichen, medizinischen und gesundheitsökonomischen Vorgaben der VO-EKO in nachvollziehbarer Weise angewandt hat; der Beschwerdeantrag war daher abzuweisen.

Zum Ausspruch über die Kosten:

Gemäß § 351j Abs. 1 ASVG werden die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht durch einen pauschalierten Kostenersatz in der Höhe von EUR 2.620,00 abgegolten. Den Kostenersatz hat diejenige Partei des Beschwerdeverfahrens zu tragen, die im Beschwerdeverfahren unterlegen ist.

Da die BF im gegenständlichen Verfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 2.620,00 zu tragen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt keine Rechtsprechung des VwGH vor. Allerdings hat sich der VfGH in seinem oben angeführten Erkenntnis so ausführlich mit der Rechtslage auseinandergesetzt, dass von einer klaren Rechtslage ausgegangen werden kann. Im Übrigen bewegt sich der Fall überwiegend auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung, die einer Revision nicht zugänglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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