AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W159.1434238.2.00
Spruch:
W159 1434238-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2014, Zl. 616513103-1605199, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung im Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gem. § 9 BFA-VG idgF auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gem. §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung Plus" auf die Dauer von 12 Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, gelangte am 08.01.2013 als unbegleiteter Minderjähriger nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde auch noch am selben Tag durch die Polizeiinspektion XXXX einer Erstbefragung unterzogen. Zu den Fluchtgründen gab er an, dass er vor zwei bis drei Jahren einen Freund namens XXXX kennen gelernt habe, welcher einer radikalen Gruppe von Wahabiten geholfen habe. Mitte August 2012 sei dieser dann umgebracht worden und sei er dann in der Folge mehrmals von Militärpersonen abgeholt, vernommen und geschlagen worden, da ihm unterstellt worden sei, dass er auch dieser Gruppe angehöre. Als er wieder eine Ladung bekommen habe, habe er schließlich um sein Leben gefürchtet und habe dann seine Mutter seine Flucht organisiert.
Bereits ab dem 15.02.2013 lebte der Beschwerdeführer im Haushalt seiner Tante XXXX . Nach Zulassung zum Asylverfahren wurde der Antragsteller durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz am 18.03.2013 ausgiebig einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, eine islamische Hochschule besucht zu haben und völlig gesund zu sein und nunmehr bei seiner Tante zu wohnen. Außer seiner Tante habe er niemanden in Österreich. Er besuche vier Mal in der Woche einen Sprachkurs. Weiters wiederholte er seine Fluchtgründe bzw. stellte diese ausführlicher dar.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz vom 18.03.2013, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. gem. § 3 Abs. 1 AsylG der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberichtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen und unter Spruchteil III. gem. § 10 Abs. 1 leg. cit. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits in wesentlichen Punkten wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zur Russischen Föderation und zu Tschetschenien getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich in den Einvernahmen widersprochen habe und überdies seine Erlebnisse nicht konkret und substantiiert habe schildern können, sodass insgesamt die Behörde davon ausgehe, dass der Antragsteller eine völlig fiktive Geschichte entwickelt habe. Rechtlich begründend wurde insbesondere dargelegt, dass der Antragsteller seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können und daher auch keine Bedrohungssituation pro futuro habe festgestellt werden können. Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hätten sich daher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben.
Zu Spruchpunkt II. wurde dargelegt, dass während des gesamten asylrechtlichen Verfahrens keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufgezeigt worden wären, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass der Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufe, im Fall einer Rückkehr in seine Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Das Bundesasylamt sei daher der Auffassung, dass für den Antragsteller sich gegenwärtig kein Abschiebungshindernis in die Russische Föderation ergebe, da eine landesweite extreme Gefährdungslage, bei der jeder Antragsteller im Falle seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben sei.
Zu Spruchteil III. wurde zunächst festgehalten, dass keine Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestehen würden und dass nicht von einem schützenswerten Familienleben ausgegangen werden könnte. Zum Privatleben wurde ausgeführt, dass der Antragsteller erst seit Jänner 2013 in Österreich sei und kein anderes als auf dem Asylrecht basierendes Aufenthaltsrecht je in Österreich gehabt habe. Er verfüge nach wie vor über Familienangehörige im Heimatland. Eine Beziehungsintensität zu seiner Tante, welche in Österreich anerkannter Flüchtling sei, habe nicht festgestellt werden können und seien seine Bindungen zum Heimatstaat wesentlich stärker als jene zu Österreich. Im vorliegenden Fall seien die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen (auch im Hinblick auf die illegale Einreise) wesentlich stärker zu gewichten als die privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt, sodass mit der Ausweisung vorzugehen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid, und zwar gegen alle drei Spruchteile, erhob der Antragsteller fristgerecht durch den XXXX Beschwerde, in welcher er sein bisheriges Vorbringen nochmals darstellte und auch aus Länderberichten zitierte, wobei auch die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Beschwerdeführer zunächst Feststellungen zur Lage in Tschetschenien vor und führte am 11.07.2014 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch.
Mit Erkenntnis vom 08.09.2014, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gem. §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und unter Spruchteil II. gem. § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF das Verfahren hinsichtlich des Spruchpunktes III. zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Zu Spruchteil III. wurde insbesondere begründend ausgeführt, dass der Antragsteller wohl bei seiner Tante lebe, aber zu dieser kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe und infolge Volljährigkeit der vorgelegte Obsorgebeschluss nicht von Relevanz sei. Mit seiner asylberechtigten tschetschenischen Freundin lebe er nicht in einem Haushalt und sei trotz entsprechender Sprachkenntnisse keine fortgeschrittene oder vollständige Integration festzustellen.
Nach rechtskräftiger Zustellung dieses Erkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2014 ein Fragebogen zum Familien- und Privatleben in Österreich zugestellt und legte der Beschwerdeführer eine Schulbesuchsbestätigung des XXXX sowie Passkopien seiner Tante, ihres Ehemannes und der gemeinsamen Kinder, Bestätigungen über Deutschkurse, eine Trainingsbestätigung des XXXX sowie eine Liste von ihn unterstützenden Freunden vor.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2014, Zahl XXXX wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei sowie die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt. In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang dargestellt sowie die vorgelegten Beweismittel aufgelistet. Beweiswürdigend wurde lediglich ausgeführt, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung kein neues, vom durch das BVwG beurteilten Sachverhalt abweichendes Vorbringen erstattet worden sei. Rechtlich begründend wurde zunächst darauf hingewiesen, dass die Einreise illegal und rechtswidrig erfolgt sei und dass der Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich für die Dauer des Asylverfahrens legalisiert worden sei. Der Antragsteller habe keine relevanten familiären verwandtschaftlichen oder privaten Bindungen und liege auch kein Familienleben in Österreich vor. Er gehe keiner legalen regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und verfüge nicht über umfassende Deutschkenntnisse. Im vorliegenden Fall werde das bestehende öffentliche Interesse an der Ausreise durch die persönlichen Interessen nicht aufgewogen. Aufgrund des erst kurzen Aufenthaltes in Österreich könne nicht von einer Integration, die schwerer als die öffentlichen Interessen an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wirken würde, ausgegangen werden. Bei einer Gesamtabwägung der Interessen und unter Beachtung aller bekannten Umstände ergebe sich somit, dass eine Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG komme daher nicht in Betracht. Aufgrund dessen sei mit einer Rückkehrentscheidung vorzugehen gewesen. Im vorliegenden Fall hätten auch keine Gründe für eine Verlängerung der Frist zur freiwilligen Ausreise festgestellt werden können. Der Bescheidadressat befinde sich erst seit kurzer Zeit in Österreich und habe keinen eigenen Wohnsitz und keine weiteren relevanten Anknüpfungspunkte in Österreich und gehe überdies keiner Arbeit nach.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller unter Anschluss einer Vertretungsanzeige an Rechtsanwalt XXXX Beschwerde. Darin wurde kritisiert, dass die Beurteilung der belangten Behörde, dass keine relevanten familiären, verwandtschaftlichen oder privaten Bindungen zu Österreich und somit kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliege, schlichtweg falsch sei und nicht den vorgelegten Beweismitteln und allgemeinen Tatsachen entsprechen würden. Der Antragsteller lebe nämlich im Familienverband seiner Tante gemeinsam mit seinen Cousinen, seinem Cousin und den weiteren Familienmitgliedern und besuche das XXXX im Wege einer Abendschule und habe auch umfangreiche Deutschkurse nachgewiesen. Außerdem verfüge er über einen großen Freundeskreis und in Relation zu seinem Aufenthalt über einen sehr hohen Grad an Integration und erscheine daher die getroffen Rückkehrentscheidung als ungerechtfertigter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers. Außerdem habe sich die allgemeine menschenrechtliche Situation in der Russischen Föderation, insbesondere in Tschetschenien, in letzter Zeit wiederum verschlechtert und wäre mit einer Rückführung ein massiver Schaden für den Einschreiter verbunden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst Ermittlungen hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Beschwerde angestellt und ist dabei zum Schluss gelangt, dass diese rechtzeitig eingebracht wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdever-handlung für den 06.08.2015 an, zu der sich das ebenfalls geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschuldigen ließ.
Der Beschwerdeführer erschien zur Beschwerdeverhandlung in Begleitung seines ausgewiesenen Vertreters. Er legte ein Jahreszeugnis der XXXX vor, wonach der Beschwerdeführer wohl in Englisch negativ beurteilt wurde, jedoch zum Aufsteigen in den zweiten Jahrgang berechtigt ist und in dem im Übrigen nur positive Noten aufscheinen. Weiters wurde eine Liste von Freunden mit Telefonnummer sowie schließlich eine Einberufung zum russischen Militär vorgelegt.
Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und hatte schon während der Zeit, wo er in Tschetschenien aufhältig war, über seiner Mutter telefonischen Kontakt mit seiner Tante XXXX . Gleich nach seiner Ankunft in Traiskirchen habe er über seine Mutter mit seiner Tante Kontakt aufgenommen und lebe seit Februar 2012 bei ihr. Im Familienverband würden noch sein Onkel, seine vier Cousinen und sein Cousin leben. Sie hätten ein gutes Verhältnis zueinander und seien wie Geschwister. Mit seinem Onkel gehe er immer in die Moschee und schwimmen und mit seinem 18-jährigen Cousin sei er immer wie ein Bruder zusammen. Er werde von seiner Tante bzw. seinem Onkel finanziell unterstützt. Sie würden ihm alles, was er brauche, geben. Im Gegenzug unterstütze er seine Tante, zum Beispiel bei der Betreuung der Kinder.
Er habe bereits den ersten Jahrgang der XXXX absolviert. In Englisch habe er wohl eine negative Note bekommen, er habe aber eine Aufstiegsklausel erhalten und könne überdies im September eine Nachprüfung machen. Die Trennung zwischen Hochbau und Tiefbau erfolge erst ab der dritten Klasse. Er habe schon mehrmals versucht, zu arbeiten, dies sei ihm jedoch als Asylwerber nicht möglich gewesen. In seiner Freizeit spiele er gerne Fußball und gehe schwimmen. Bei XXXX spiele er nicht mehr, er spiele nur mehr hobbymäßig Fußball. Eine feste Freundin habe er nicht, aber er habe zahlreiche österreichische Freunde und er habe diesbezüglich auch eine Liste mit Telefonnummern vorgelegt. Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in Tschetschenien habe er über Skype und Whats App nach wie vor Kontakt. Seine Mutter vermisse ihn sehr, sonst gehe es ihr aber gut. Er möchte die HTL abschließen und dann arbeiten. Er möchte aber auch gerne Architektur studieren. Mit radikalen islamischen Gruppen habe er noch nie Kontakt gehabt. Wenn er in die Russische Föderation zurückkehren würde, könne alles Mögliche passieren. Er habe nunmehr eine Einberufung zum Militär erhalten und könnten sie ihn auch in die Ukraine schicken. In Tschetschenien habe er einen Freund gehabt, der zu den Rebellen gegangen sei. Eine Reihe gemeinsamer Freunde sei verhaftet und gefoltert worden und habe er Angst, dass ihm bei einer Rückkehr dasselbe passieren würde. Schließlich sei er auch schon dreimal festgenommen und gefoltert worden. Sonst habe er kein Vorbringen mehr. Die Befragung erfolgte fast ausschließlich in deutscher Sprache.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführervertreter zum Beweise des aufrechten Familienlebens mit seiner Tante und deren Familie deren Einvernahme. Sie bestätigte, dass sie mit ihrem Neffen schon in Tschetschenien Kontakt hatte, meistens aber mit seiner Mutter telefoniert habe. Sie selbst sei bereits im Jahre 2003 aus Tschetschenien geflohen. Seit Februar 2013 wohne der Beschwerdeführer bei ihr. Sie sei auch seine gesetzliche Vertreterin gewesen, solange er noch minderjährig gewesen sei. Das Verhältnis des Beschwerdeführers zu ihren eigenen Kindern sei sehr gut. Er nehme am Familienleben teil. Sie würden gemeinsam essen. Er spiele mit ihren Kindern und gehe mit ihrem Sohn Fußball trainieren. Sie und ihr Mann würden den Beschwerdeführer auch finanziell unterstützen. Der Beschwerdeführer passe öfters auf ihre kleine Tochter auf. Ihr Mann arbeite bei einer Baufirma und überdies als Hausmeister. Der Beschwerdeführer, ihr Neffe, habe viele österreichische Freunde gefunden, mit denen er sich im Freien treffen würde.
Abschließend wurde den Verfahrensparteien Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen zum Ländervorhalt zur Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, Stand April 2015 Stellung zu nehmen. Schließlich wurde auch der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem keine Verurteilung aufscheint, verlesen.
Mit Eingabe vom 20.08.2015 legte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter eine Bestätigung XXXX in Österreich sowie des XXXX vor. Darin wurde bestätigt, dass der Beschwerdeführer an den alljährlichen Fußballturnieren des XXXX teilnehme und eine Jugendgruppe betreue und sonst auch bei anderen Aktivitäten aushelfe. Der XXXX bestätigte, dass der Beschwerdeführer ständig in der Sektion XXXX trainiere und erst vor kurzem einen ersten Platz in der Gewichtsklasse bis 70 kg erreichen konnte. Schließlich wurde nochmals darauf hingewiesen, dass auch die politische Lage in Tschetschenien äußerst problematisch erscheine und der Beschwerdeführer aufgrund seiner Einberufung zum Wehrdienst mit nicht unerheblichen Problemen bei einer Rückkehr rechnen müsste.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:
Er ist Staatsbürger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe sowie Moslem und wurde am XXXX in XXXX geboren. Er gelangte am 08.01.2013 als unbegleiteter Minderjähriger nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Asylantrag. Bereits seit Februar 2013 ist er bei seiner Tante XXXX , welche mittlerweile österreichische Staatsbürgerin ist und mit der er schon von Tschetschenien aus telefonischen Kontakt hatte, aufhältig. Mit Beschluss des XXXX vom 15.04.2013, Zahl XXXX wurde seiner Tante auch die Obsorge, Pflege, Erziehung gesetzliche Vertretung und Vermögensverwaltung übertragen. Der Beschwerdeführer lebt seit diesem Zeitpunkt bis dato - somit auch nach seiner Volljährigkeit - im Familienverband seiner Tante, seines Onkels und deren Kinder, wobei diese zu ihm wie Geschwister sind, vor allem der nahezu gleichaltrige Sohn XXXX . Der Beschwerdeführer wird auch von seiner Tante und seinem Onkel finanziell unterstützt. Er erhält von diesen alles Notwendige. Seine Freizeit verbringt er (teilweise) im Familienverband mit seinem Onkel und seinem Cousin. Es ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Tante XXXX und deren Familie ein aufrechtes Familienleben führt.
Der Beschwerdeführer spricht überdies sehr gut Deutsch und hat zuletzt die erste Klasse der XXXX , absolviert, wobei ihm - trotz einer negativen Note in Englisch - das Aufsteigen in den zweiten Jahrgang (ohne Nachtragsprüfung) ermöglicht wurde (Aufstiegsklausel). Außerdem ist der Beschwerdeführer in seiner Freizeit auch sportlich aktiv, hat bei einem Verein Fußball gespielt und spielt nach wie vor in seiner Freizeit hobbymäßig Fußball. Außerdem betreibt er wettbewerbsmäßig und erfolgreich Ringen und ist überdies Mitglied beim XXXX in Österreich, wo er auch in der Jugendbetreuung aktiv ist. Er hat auch zahlreiche österreichische Freunde. Einer Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit sind bisher lediglich ausländerbeschäftigungsrechtliche Regelungen entgegengestanden. Der Beschwerdeführer leidet unter keinen gesundheitlichen oder psychischen Problemen. Der Beschwerdeführer ist im Übrigen unbescholten.
Infolge der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung ist es nicht erforderlich, Feststellungen zu den Fluchtgründen und länderspezifische Feststellungen zu treffen.
Beweis wurde erhoben (im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung) durch Aussendung und Ausfüllung eines Fragebogens durch den Beschwerdeführer (im Auftrag des BFA), durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2015, im Zuge derer auch die Tante (und ehemalige gesetzliche Vertreterin) des Beschwerdeführers XXXX als Zeugin einvernommen wurde, durch Vorlage von Schulbesuchsbestätigungen, Passkopien, der Kopie des Beschlusses des XXXX vom 15.04.2013, Zahl XXXX , von Deutschkursen, eine Bestätigung vom SV XXXX , sowie einer Liste von Freunden und schließlich durch Vorlage eines Jahreszeugnisses der XXXX , eine Einberufung zum russischen Militär, einer Bestätigung des XXXX in Österreich sowie des XXXX Sektion Ringen durch den Beschwerdeführer und schließlich durch Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug des Beschwerdeführers.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen personenbezogenen Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers, die im Wesentlichen auch durch die Aussage seiner Tante (und ehemaligen gesetzlichen Vertreterin) XXXX bestätigt wurden. Wenn der Beschwerdeführer angegeben hat, schon seit Februar 2012 bei seiner Tante zu wohnen, seine Tante jedoch angemerkt hat, seit Februar 2013, so ist durch Einsichtnahme in den Asylakt leicht feststellbar, dass der Beschwerdeführer sich hinsichtlich des Datums geirrt hat, zumal er erst am 08.01.2013 nach Österreich eingereist ist. Hinsichtlich des Familienlebens bestehen übereinstimmende Aussagen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tante, hinsichtlich seiner Integration hatte der Beschwerdeführer auch zahlreiche Urkunden, insbesondere ein Jahreszeugnis der XXXX , vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat überhaupt nichts von irgendwelchen organischen oder psychischen Erkrankungen erwähnt. Der Umstand seiner Unbescholtenheit ergibt sich aus seinem aktuellen Strafregisterauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG. Dieser lautet:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
der Grad der Integration,
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:
1. Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
2. Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998,
271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).
3. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),
5. Die Bindungen zum Heimatstaat
6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie
7. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:
265/07).
Ein unzulässiger Eingriff in das Privatleben des Fremden wird von der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auch dann gesehen, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.4.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; uvm).
Zugunsten minderjähriger Asylwerber/Asylwerberinnen beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19. 10. 1999, 99/18/0342 u.a.).
Auch wenn der Beschwerdeführer nunmehr volljährig ist, führt er sehr wohl ein Familienleben mit seiner Tante XXXX , welche zwischenzeitig österreichische Staatsbürgerin ist und bei der er bereits kurz nach seiner Ankunft in Österreich wohnt. Schon zuvor hatte er von Tschetschenien aus zumindest telefonischen Kontakt mit ihr. Sie wurde auch mit Beschluss des XXXX vom 15.04.2013, Zahl XXXX mit der Obsorge, Pflege, Erziehung, gesetzlichen Vertretung und Vermögensverwaltung des damals minderjährigen Beschwerdeführers beauftragt und lebt der Beschwerdeführer auch nach Erreichen der Volljährigkeit nach wie vor im Familienverband seiner Tante, seines Onkels und deren Kindern, die für ihn wie Geschwister geworden sind. Es liegt nach wie vor ein gemeinsamer Haushalt vor. Seine Tante und seinen Onkel unterstützen den Beschwerdeführer, der wegen Schulbesuchs (und der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Regelungen) nicht selbsterhaltungsfähig ist, auch finanziell und hilft der Beschwerdeführer seiner Tante im Gegenzug dafür bei der Betreuung seiner jüngsten Cousine. Freizeitaktivitäten werden zumindest teilweise gemeinsam unternommen, sodass insgesamt sehr wohl nach der obigen Judikatur ein Familienleben zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Tante sowie deren Familie vorliegt.
Wenn auch der Beschwerdeführer noch keine drei Jahre in Österreich aufhältig ist, so liegt doch - wie oben ausführlich dargelegt - ein aufrechtes Familienleben mit österreichischen Staatsbürgern vor und erfolgt die Verwurzelung von Schülern durch den Schulbesuch schneller als von Erwachsenen. Eine Verwurzelung im Aufenthaltsstaat - also in Österreich - erfolgt bei Kindern schneller als bei Erwachsenen - insbesondere durch den Besuch von Schulen und stellt die überwiegende Sozialisation von Kindern in Österreich ein maßgebliches Kriterium zu Gunsten eines Antragsteller dar (BVwG vom 19.09.2014, Zl. W159 1418656-1/17E).
Der Beschwerdeführer hat die Zeit in Österreich außerordentlich gut genutzt, die deutsche Sprache zu erlernen und hat auch bereits die erste Klasse der XXXX quasi positiv abgeschlossen, indem er zum Aufsteigen in die zweite Schulstufe berechtigt ist (wobei erfahrungsgemäß im ersten Jahr einer XXXX viele Schüler negativ beurteilt werden). Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer nicht nur beim XXXX in Österreich, sondern auch beim XXXX aktiv und auch schon bereits sportliche Erfolge erreichen können. Weiters spielt er (derzeit nicht mehr vereinsmäßig) Fußball und verfügt über zahlreiche österreichische Freunde. Es ist daher insgesamt von einer äußerst guten Integration des unbescholtenen Beschwerdeführers auszugehen.
Wenn auch der Beschwerdeführer noch gelegentlichen Kontakt zu seiner Mutter und seinen Geschwistern in Tschetschenien (über elektronische Medien) hat, so ist seine Verwurzelung in Österreich durch das bereits erwähnte Familienleben und seinen Schulbesuch jedenfalls als stärker anzusehen als seine Bindungen zu seinem ursprünglichen Herkunftsstaat.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 1. 7. 2009, U992/08 bzw. VwGH 17. 12. 2007, 2006/01/0216; 26. 6. 2007, 2007/01/0479; 16. 1. 2007, 2006/18/0453; 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22. 6. 2006, 2006/21/0109; 20. 9. 2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten Umstände in einer Gesamtabwägung aller Umstände dennoch die privaten bzw. familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen erkennen lassen (vgl. VwGH 22. 2. 2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26. 3. 2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005).
Hinzuweisen war im vorzuliegenden Fall insbesondere (nochmals) auf das bestehende Familienleben sowie die außerordentlich gute Integration des Beschwerdeführers in Österreich.
Die vom BFA im angefochtenen Bescheid verfügte Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ist angesichts der vorliegenden persönlichen Bindungen der genannten Familienangehörigen in einer Gesamtschau unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne wiederum BvWG vom 19.09.2014, Zl. W159 1418656-1/17E mwn.).
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. 70/2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
§ 55 AsylG 2005 samt Überschrift lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:
1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;
3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Gemäß § 58 Abs.2 AsylG 2005 idF BGBl. 70/2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Aus den EB zum FRÄG 2015 ergibt sich, dass damit zusätzlich klargestellt werden soll, dass auch das Bundesverwaltungsgericht - in jeder Verfahrenskonstellation - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.
Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im Falle des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit einer diesen betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben sind und darüber hinaus der Beschwerdeführer auf Grundlage seines jahrelangen (erfolgreichen) Schulbesuchs im Bundesgebiet die Voraussetzungen des Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt, war spruchgemäß zu entscheiden.
In Anbetracht dieser Entscheidung war auf das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Gefährdung in der Russischen Föderation und eine Einziehung zum Wehrdienst nicht mehr einzugeben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen, insbesondere der Abwägung des Privat- und Familienlebens, auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung zu Fragen des Art. 8 EMRK wurde bei den Erwägungen unter A) wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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