BVwG L507 2014086-1

BVwGL507 2014086-116.9.2015

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:L507.2014086.1.00

 

Spruch:

L507 2014086-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Türkei, vertreten durch Diakonie-Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2014, Zl. 821015808-1525560 MBI-BFA STM RD, nach Durchführung eines mündlichen Verhandlung am 01.04.2015, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 10, 55 und 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie

§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer gab an, ein Staatsangehöriger der Türkei kurdischer Abstammung und moslemischen Glaubens zu sein und stellte am 06.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am 06.08.2012 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sein Vater 1994 von staatsnahen Sympathisanten ermordet worden sei. Seither sei seine Familie ständig unter Druck. Sein Cousin kämpfe in den Bergen gegen den türkischen Staat. In XXXX komme es ständig zu Kämpfen zwischen der PKK und dem Militär. Der Beschwerdeführer habe zuletzt als Folklorelehrer gearbeitet und sei von der Polizei belästigt und zusammengeschlagen worden. Aus Angst habe er beschlossen, die Türkei zu verlassen.

Am 18.07.2013 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zu Protokoll, dass ihm konkret nichts passiert sei, er aber zu seiner Ehegattin nach Österreich gewollt und daher den Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2013, Zl. 12 10.158-BAG, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.

Das Bundesasylamt führte zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer bezüglich des Fluchtvorbringens die Glaubwürdigkeit versagt wurde, zumal die Angaben zum Fluchtgrund widersprüchlich sowie nicht schlüssig gewesen seien und er auch keine Beweismittel in Vorlag gebracht habe.

3. Mit Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes vom 23.07.2013 wurde gemäß

§ 66 Abs. 1 AsylG dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

4. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 21.08.2013 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt, wogegen am 02.09.2013 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass der Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei, sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werde. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde erfülle er die Voraussetzungen, Asyl gewährt zu bekommen. Zudem werde durch die Ausweisung in sein Recht auf Privat- und Familienleben eingegriffen. Eine begründete Stellungnahme werde zeitnah nachgereicht. Eine solche zeitnahe Nachreichung erfolgte nicht.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2014 wurde der Beschwerdeführer zur Vorlage von Bescheinigungsmitteln aufgefordert.

6. Mit E-Mail vom 04.04.2014 erstattete der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung und verwies dabei auf einen Bericht vom 20.03.2014, der auszugsweise in der englischen Originalfassung wiedergegeben wurden. Aus diesem Bericht gehe hervor, dass kurdische Aktivisten immer noch Opfer von Schauprozessen und Unterdrückung durch die türkischen Behörden seien. Auch der Beschwerdeführer könne wegen der Zugehörigkeit seines Bruders zur PKK und seiner Unterstützung von PKK Kämpfern Opfer von Behördenwillkür werden. Das bedeute, eine politische Verfolgung des Beschwerdeführers sei zumindest objektiv wahrscheinlich.

Zu Spruchpunkt III. wurde vorgebracht, dass die Rückkehrentscheidung unzulässig sei, wenn sie eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle. Der Beschwerdeführer sei mit einer türkischen Staatsbürgerin verheiratet, welche schon über 16 Jahre in Österreich lebe und über einen Daueraufenthalt EG verfüge. Es sei davon auszugehen, dass ihr Aufenthalt in Österreich dauerhaft sein werde und es gebe keinen Anlass, dass sie das Land verlassen werde. Mittlerweile sei ein gemeinsamer Sohn geboren worden, die Geburtsurkunde liege bei. Der Beschwerdeführer lebe seit seiner Ausreise in Österreich mit seiner Frau zusammen. Es bestehe also seither ein tatsächliches Familienleben. Der Beschwerdeführer beziehe keine Unterstützung aus der Grundversorgung. Er werde ausschließlich von seiner in Österreich lebenden Familie unterstützt. Es bestehe daher auch ein Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Frau, bei der er auch mitversichert sei. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers sei aufgrund des Asylverfahrens legal. Es gebe keinerlei strafrechtliche oder verwaltungsstrafrechtliche Verstöße. Zurzeit besuche der Beschwerdeführer einen A2-Sprachkurs und werde demnächst zur Prüfung antreten.

Der Beschwerdeführer habe ein Recht auf Aufrechterhaltung seines Familienlebens. Eine Trennung von seiner Frau und seinem 7,5 Monate alten Kind sei nicht zumutbar. Da seine Frau arbeiten müsse, um die Familie zu versorgen, kümmere sich der Beschwerdeführer um die Kindeserziehung und habe daher eine besonders starke Beziehung zu seinem Sohn.

Beigelegt wurde die Kopie einer Geburtsurkunde des Sohnes des Beschwerdeführers, der am 20.08.2013 geboren wurde.

7. Am 24.06.2014 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben neuerlich seine Ausreisemotivation sowie seine privaten und familiären Bindungen in Österreich umfassend darzulegen.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2014, Zl. L515 1437677-1/12E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

9. Am 10.10.2014 erfolgte vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine Einvernahme. Befragt nach Beweismitteln zu seinem Privat- und Familienleben, führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Ehegattin türkische Staatsbürgerin sei und über einen Daueraufenthalt EU verfüge. Weitere Beweismittel habe er nicht. Zudem führte er aus, dass er nur ein bisschen Deutsch spreche und legte eine Teilnahmebestätigung eines Deutschkurses vor. An den bisher vorgebrachten Umständen im familiären oder privaten Umfeld habe sich nichts geändert. Die Familie seiner Ehegattin lebe seit 16 Jahren in Österreich und habe seine Ehegattin schon lange den Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EU. Der Beschwerdeführer sei seit vier Jahren verheiratet und hätten sie einen gemeinsamen Sohn, der vierzehn Monate alt sei. Der Beschwerdeführer sei bisher keiner Beschäftigung nachgegangen, besuche jedoch Deutschkurse. Eine Ausbildung habe er nicht absolviert. In seiner Heimat sei er Folklorelehrer gewesen. In der Türkei seien seine Mutter, vier Schwestern sowie fünf Brüder aufhältig. Zwei Stiefbrüder seien in Istanbul aufhältig der Rest der Familie in XXXX. Sein Vater sei bereits verstorben. Er denke nicht darüber nach, ob er bei einer Rückkehr in die Türkei bei seinen Verwandten leben könnte und könne sich von seinen Verwandten auch kein Geld schicken lassen. Seine Gattin sei berufstätig, obwohl sie in Karenz sei. In der Türkei habe er ein eigenes Haus gehabt, darin würden seine Mutter und seine Brüder leben. Die Familie des Beschwerdeführers lebe von der familieneigenen Landwirtschaft sowie von der Arbeit bei anderen Landwirten. Der Beschwerdeführer erhalte in Österreich Sozialunterstützung und würde gerne arbeiten. Bei einer Rückkehr in die Türkei befürchte er Demonstrationen, bei denen es immer wieder Tote gebe. Außer seiner Ehegattin und seinem Kind seien noch seine Schwiegereltern in Österreich aufhältig. Er sei weder in der Türkei, noch in Österreich straffällig geworden.

10. Mit Bescheid des BFA vom 21.10.2014, Zl. Zl. 821015808-1525560 MBI-BFA STM RD, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Begründend wurde ausgeführt, dass sich keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben habe und die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.

11. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 21.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

12. Der Bescheid des BFA vom 21.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer am 22.10.2014 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt, wogegen am 05.11.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Im Detail wurde ausgeführt, dass seitens der belangten Behörde die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden sei, zumal das BFA offenbar nicht daran interessiert sei, das Recht des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben gesetzmäßig und umfassend zu überprüfen, zumal es nicht die richtigen Fragen gestellt habe, um zur Feststellung gelangen zu können, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers grundlegend für sein Interesse an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens sei. Das BFA hätte den Sachverhalt genauer ermitteln müssen, um eine richtige rechtliche Beurteilung durchführen zu können. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sei aufgrund der Erkrankung seines Kindes besonders wichtig, zumal dieses an einer Atemwegserkrankung leide und daher eine ständige Aufsicht notwendig sei. Bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in die Türkei könne dies nicht mehr gewährleistet werden und wäre das Kindeswohl gefährdet. Das Kindeswohl habe aber vorrangige Bedeutung. Das BFA habe den Beschwerdeführer auch nicht von den vorläufigen Beweisergebnissen in Kenntnis gesetzt, weshalb er der Beweiswürdigung nicht entgegentreten habe können und sei somit sein Parteiengehör verletzt worden.

Das BFA verkenne zudem den Stellenwert einer Ehe zu einer dauerhaft in Österreich zum Aufenthalt berechtigten Frau und zu dem gemeinsamen Kind in Beziehung zu seinem Recht auf Aufrechterhaltung seins Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK. Es sei auch zynisch und lächerlich dem Beschwerdeführer vorzuhalten, dass er keiner Arbeit nachgehe, obwohl er gesetzlich keine Möglichkeit dazu habe. Der Beschwerdeführer habe gute soziale Kontakte und könne aufgrund dessen sofort in einem Kebab-Laden eines Freundes oder bei McDonalds anfangen zu arbeiten, sobald er über eine Arbeitsgenehmigung verfüge. Die Feststellung wonach die Bindungen zum Heimatland stärker wären als jener zu Österreich seien nicht nachvollziehbar, zumal die Ehegattin des Beschwerdeführers nach ihrer Karenz die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten werde. Ein negativer Verfahrensausgang sei daher antizipiert. Hinzu komme, dass das BFA aktenwidrig festgestellt habe, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2014 gestellt habe, obwohl dies bereits im Jahr 2012 erfolgt sei. Auf Seite 14 des bekämpften Bescheides habe das BFA festgestellt, dass der Beschwerdeführer "über keine familiären oder nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte verfüge". Dies stelle einen groben Mangel dar. Zudem habe der Beschwerdeführer die gesamte Familie seiner Ehegattin als privaten Anknüpfungspunkt. Dass der Beschwerdeführer regelmäßig einen Deutschkurs besuche und demnächst die A2 Prüfung ablegen werde, habe das BFA nicht als Minderungsgrund für die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses gewertet. Die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei auch deshalb neu zu bewerten, weil das Argument des kurzen Aufenthaltes spätestens mit der Einbringung der Beschwerde nicht mehr gelte, zumal dieser aufschiebende Wirkung zukomme. Im Weiteren folgen Verweise auf Judikate im Zusammenhang mit den zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien (VwGH 16.01.2007, 2006/18/0402; VwGH 22.11.2007, 2007/21/0317; VwGH 01.07.2009, U 1104/08).

Im Anschluss daran wurde auf den Asylgerichtshof verwiesen, welcher zwar jene Kriterien aus dem Urteil Boultif des EGMR für die Zumutbarkeit des Familiennachzuges von österreichischen Staatsbürgern in das Herkunftsland des Beschwerdeführers erwähne, sich jedoch mit einigen allgemeinen Stehsätzen begnüge, ohne auf die konkrete Situation der österreichischen Staatsbürgerin eingegangen zu sein. Es seien jedoch sämtliche Kriterien zu beachten, die sich aus dem Urteil ergeben. Schließlich wurde die fehlende Auseinandersetzung mit dem Kindeswohl gerügt. Das BFA habe es unterlassen, Feststellungen unter dem Aspekt des Art. 24 der Grundrechtecharta der EU sowie des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern (BVG-Kinderrechte) zu treffen. Bei den Bestimmungen des BVG-Kinderrechte handle es sich nicht um bloße Staatszielbestimmungen, sondern seien daraus direkt subjektive Rechte für Kinder ableitbar (VfGH U713/11, 18.06.2012; AsylGH S8 416170-1/2010, 09.11.2010). Die Rückkehrentscheidung habe eine direkte Auswirkung auf das Kindeswohl und hätte dies in die Entscheidung miteinfließen müssen. Der Beschwerdeführer spreche den Umständen entsprechend gut Deutsch und versuche sich - soweit dies sein psychischer Zustand zulasse - zu integrieren. Er könne sich aufgrund seiner Probleme in seinem Heimatort nicht mehr dort niederlassen und habe ein großes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Privatlebens in Österreich.

13. Am 01.04.2015 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch und wurde dem Beschwerdeführer dabei die Möglichkeit eingeräumt, ausführlich zu einer möglichen Integration in Österreich Stellung zu nehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei, kurdischer Abstammung und moslemischen Glaubens. Er stammt aus dem Dorf XXXX, Kreis XXXX in der Provinz XXXX, wo er die Grundschule, die Hauptschule und ein Lyzeum besucht hat. Anschließend war der Beschwerdeführer vier Jahre lang als Folklorelehrer tätig und absolvierte von 2004 bis 2006 den Militärdienst. Danach war er bis 2011 oder 2012 wieder als Folklorelehrer tätig.

Am XXXX2011 hat der Beschwerdeführer in der Türkei eine in Österreich lebende türkische Staatsbürgerin geheiratet und war mit ihr danach acht Monate in der Türkei aufhältig, ehe er ihr nach Österreich nachgereist ist. Der Beschwerdeführer ist seit August 2012 durchgehend in Österreich aufhältig und wohnt mit seiner Ehegattin und seinem am XXXX2013 in Österreich geborenen Kind im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer ist nicht berufstätig und wird der Lebensunterhalt durch die berufstätige Ehegattin finanziert. Eine Einstellungszusage für eine Anstellung in einem Kebab-Betrieb für den Fall des Erlangens einer Beschäftigungsbewilligung liegt vor. Am 10.07.2014 hat der Beschwerdeführer die Deutschprüfung Niveaustufe A2 des Österreichischen Integrationsfonds bestanden und spricht auf einfachem Niveau stichwortartig die deutsche Sprache. Sein Freundeskreis besteht überwiegend aus Türken. Der Beschwerdeführer ist kein Mitglied in einem Verein und hat auch keine Ausbildung absolviert. Der Beschwerdeführer leidet aktuell an keinen schweren chronischen oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen, sondern ist gesund und arbeitsfähig.

In Österreich leben neben seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn noch ein Cousin des Beschwerdeführers sowie die Verwandten seiner Ehegattin. In der Türkei sind nach wie vor seine Mutter sowie fünf Brüder und vier Schwestern aufhältig. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Das Haus, in dem der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise gelebt hat, gehört allen Geschwistern, wobei momentan die Mutter sowie zwei Brüder des Beschwerdeführers dort wohnhaft sind. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Familienangehörigen in der Türkei.

Der Sohn des Beschwerdeführers leidet an einer Entzündung des Kehlkopfes (Laryngittis), an einer Erschlaffung der Luftröhre (Tracheomalazie), sowie an chronischer Bronchitis, weshalb neben der medikamentösen Behandlung auch eine Langzeitinhalationstherapie vorgesehen ist.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers verfügt derzeit über den Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EG, welcher bis XXXX2016 gültig ist. Der Sohn des Beschwerdeführer verfügt über den bis XXXX2015 gültigen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus".

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesasylamtes und des BFA, beinhaltend unter anderem die Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt und dem BFA sowie den Beschwerdeschriftsatz.

* Verhandlung der Beschwerdesache

* Einsicht in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden:

2.2. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner Einreise ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der vorgelegten Personenstandsurkunde.

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu den familiären und privaten Verhältnissen samt Integrationsaspekten sowie zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren sowie den diesbezüglich vorgelegten Urkunden (Zertifikat und Zeugnis des türkischen Unterrichtsministeriums).

Dass der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht und die Deutschprüfung Niveaustufe A2 bestanden hat, geht aus der Bestätigung der Projektgruppe Frauen vom XXXX2014 sowie aus dem Prüfungszeugnis des Österreichischen Integrationsfonds vom XXXX2015 hervor. Dass er die deutsche Sprache stichwortartig auf einfachem Niveau spricht, ergibt sich aus den Wahrnehmungen des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung am 01.04.2015.

Die Einstellungszusage für eine Anstellung in einem Kebab-Laden ergibt sich aus dem Schreiben der XXXX KG vom 21.03.2015.

Das derzeitige Aufenthaltsrecht der Ehegattin sowie des Sohnes des Beschwerdeführers in Österreich geht aus den vorgelegten Kopien der Aufenthaltstitel hervor. Die Berufstätigkeit der Ehegattin geht aus dem Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung vom XXXX2015 hervor.

Dass der Beschwerdeführer kein Mitglied in einem Verein ist, keine Ausbildung absolviert hat und sein Freundeskreis überwiegend aus Türken besteht, ergibt sich aus den diesbezüglichen konsistenten Ausführungen des Beschwerdeführers im Asylverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung am 01.04.2015.

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Strafregisterauszug.

Der gemeinsame Wohnsitz des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Kind ergibt sich aus dem Auszug des zentralen Melderegisters.

Der Gesundheitszustand des Sohnes des Beschwerdeführers geht aus den im Akt befindlichen medizinischen Unterlagen des Klinikum XXXX sowie aus dem Schreiben des Dr. XXXX vom 03.12.2014 hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 10 AsylG 2005 wird Folgendes normiert:

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Gemäß § 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln, wird wir folgt normiert:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

3.2.2. Es liegen keine Umstände vor, dass dem Beschwerdeführer allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

3.2.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

* die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

* das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR XXXX1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

* die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

* den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

* die Bindungen zum Heimatstaat,

* die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

* auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR XXXX1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567;

21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99;

23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen beeinträchtigt das Recht auf Privatsphäre eines Asylantragstellers dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi

v. the United Kingdom, 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich stellte) ist im Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben maßgeblich zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher ist, zu unterscheiden (im Falle der Beschwerdeführerin Nnyanzi wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privatleben angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) auch in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung ist zwar nicht ausschlaggebend, ob der Aufenthalt des Fremden zumindest vorübergehend rechtmäßig war (EGMR 16.09.2004, Ghiban / BRD; 07.10.2004, Dragan / BRD; 16.06.2005, Sisojeva u.a. / LV), bei der Abwägung jedoch in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH 17.03.2005, G 78/04; EGMR 08.04.2008, Nnyazi / GB). Eine langjährige Integration ist zu relativieren, wenn der Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten, insbesondere etwa die Vortäuschung eines Asylgrundes (vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169), zurückzuführen ist (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168). Darüber hinaus sind auch noch Faktoren wie etwa Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, sowie der Grad der Integration welcher sich durch Intensität der Bindungen zu Verwandten und Freunden, Selbsterhaltungsfähigkeit, Schulausbildung bzw. Berufsausbildung, Teilnahme am sozialen Leben, Beschäftigung manifestiert, aber auch die Bindungen zum Herkunftsstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VfGH 29.09.2007, B1150/07 unter Hinweis und Zitierung der EGMR-Judikatur).

Gemäß der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 07.10.2010, B 950/10 sind betreffend der Frage der Integration einer Familie in Österreich insbesondere die Aufenthaltsdauer der Familie in Österreich, ein mehrjährigen Schulbesuch von minderjährigen Kindern, gute Deutschkenntnisse und eine sehr gute gesellschaftliche Integration der gesamten Familie zu berücksichtigen.

Es ist weiters als wesentliches Merkmal zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte (vgl. zB VfGH 12.6.2010, U614/10) - die Integration der Beschwerdeführer während eines einzigen Asylverfahrens (dessen Dauer im durch den Verfassungsgerichtshof entschiedenen Fall sieben Jahre betrug), welches nicht durch eine schuldhafte Verzögerung durch den Beschwerdeführer und seine Familie geprägt war, erfolgte.

Bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes ist immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls im Detail abzustellen. Eine Ausweisung hat daher immer dann zu unterbleiben, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

3.2.4. Übertragbarkeit der Judikatur

Es gibt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinen Grund zu der Annahme, dass oben zitierte Judikatur nicht auf § 9 BFA-VG übertragbar wäre, zumal sich die Beurteilungskriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG betreffend das Vorliegen eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben mit denjenigen des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 aF decken.

3.2.5. In diesem Zusammenhang ergab sich, dass der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt. Es halten sich seine Ehegattin, sein Sohn, ein Cousin sowie die Familie seiner Ehegattin in Österreich auf. Mit seiner Ehegattin und seinem Sohn besteht ein gemeinsamer Wohnsitz und finanziert die Ehegattin den gemeinsamen Lebensunterhalt.

Aufgrund dessen ergibt sich die Notwendigkeit, eine Interessensabwägung im Hinblick auf die durch die Rückkehrentscheidung bewirkte Trennung von seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn. Hier ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes beachtlich, dass dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass die Einreise unter Umgehung der entsprechenden fremdenrechtlichen Bestimmungen und der anschließenden Asylantragstellung mit dem Risiko des Scheiterns dieses Antrags verknüpft war. Dies wiegt umso schwerer, als diese Antragstellung offenkundig in missbräuchlicher Weise unter wahrheitswidriger Darstellung einer angeblichen Bedrohung erfolgte und der Beschwerdeführer angesichts dessen umso weniger damit rechnen durfte, dass die versuchte Familienzusammenführung über ein Asylverfahren und die daran eventuell anschließende Verfestigung des Aufenthalts während eines längeren Verfahrens Erfolg haben werde. Eine solche Vorgehensweise würde Asylwerber besser stellen als jene Fremde, die sich den üblichen fremdenrechtlichen Verfahren für den Familiennachzug unterwerfen müssen.

Diesen Erwägungen ist gegenüber zu stellen, dass für den Fall der Ausweisung des Beschwerdeführers auch eine Fortsetzung des Familienlebens mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn in der Türkei möglich ist, sofern sich diese vorerst nicht für eine Trennung und eine anschließende legale fremdenrechtliche Familienzusammenführung entscheiden. Abgesehen davon, dass im Hinblick darauf beim Beschwerdeführer selbst keine maßgeblichen Hindernisse erkennbar sind, zumal er bis August 2012 sein gesamtes bisheriges Leben in der Türkei verbrachte und dort weiterhin seine Familie zu seiner Unterstützung zur Verfügung steht, sind diesbezüglich auch angesichts gewisser Umstellungsschwierigkeiten keine gravierenden praktischen Hindernisse auf Seiten seiner Ehegattin und seines Sohnes festzustellen. Die Ehegattin sowie der Sohn des Beschwerdeführers sind türkische Staatsangehörige und der türkischen Sprache mächtig. Die Ehegattin ist mit den örtlichen Gepflogenheiten durch ihre regelmäßigen Urlaubsaufenthalte und dem achtmonatigen Aufenthalt nach der Eheschließung in der Türkei vertraut und würde sich bei einem Umzug in die Heimat des Beschwerdeführers in einem ihr vertrauten Umfeld bewegen.

Es ist dem Beschwerdeführer, seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn daher zumutbar, ihr Familienleben in der Türkei fortzusetzen und sind auch keine entgegenstehenden Gründe ersichtlich, dass das Familienleben nicht auch in der Türkei fortgesetzt werden könnte (vgl. hierzu VwGH 21.01.2010, 2007/01/0703 mit Hinweis auf die bei der individuellen Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien entsprechend der Urteile des EGMR vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 41, sowie vom 12. Jänner 2010, A. W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47.486/06, Randnr. 39ff, beide mwH auf die maßgebliche Rechtsprechung des EGMR).

Der gemeinsame Sohn ist im Alter von zwei Jahren jedenfalls noch anpassungsfähig und bedingt durch sein Alter im sozialen Leben in Österreich auch noch keinesfalls derart integriert, dass aufgrund der gesondert zu prüfenden Integration von Kindern eine Ausweisung unzulässig erschiene. Der Sohn des Beschwerdeführers leidet zwar an Atemwegserkrankungen, dies steht jedoch einem Leben in der Türkei ebenfalls nicht entgegen, da in der Türkei eine Behandlungsmöglichkeit für derartige Erkrankungen grundsätzlich gegeben ist.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass das Kindeswohl ein vorrangiger Erwägungsgrund der Behörde in ihrer Entscheidungsfindung zu sein habe, ist auszuführen, dass im gegenständlichen Fall auch unter Beachtung des Kindeswohles keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK erkennen lassen. So ist insbesondere nicht erkennbar, dass der Sohn des Beschwerdeführers in einer besonderen Weise von ihm abhängig wäre. Der Beschwerdeführer kümmert sich laut eigenen Angaben "normalerweise" um seinen Sohn und teilt sich mit seiner Ehegattin die täglichen Agenden der Erziehung, Pflege und Versorgung, insbesondere im Hinblick auf dessen Erkrankung der Atemwege. Angesichts der aus dem Versicherungsdatenauszug der Ehegattin der Beschwerdeführerin hervorgehenden seit 07.04.2015 bestehenden geringfügigen Beschäftigung, könnte aber auch die Ehegattin des Beschwerdeführers die Erziehung, Pflege und Versorgung des gemeinsamen Kindes übernehmen und führte der Beschwerdeführer auch an, für den Fall des Erlangens einer Beschäftigungsbewilligung in einem Kebab-Laden arbeiten zu wollen, was eine überwiegende Erziehung, Pflege und Versorgung seines Sohnes ohnehin ausschließen würde.

Art. 24 Abs. 2 GRC (der Art. 1 Satz 2 BVG über die Rechte von Kindern entspricht) normiert zwar, dass das Kindeswohl bei allen Kindern betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen das Kindeswohl eine vorrangige Erwägung sein muss. Eine absolute Priorisierung ist damit jedoch nicht gefordert. Im Einzelfall kann die volle Entfaltung auch zugunsten der (höheren) Schutzwürdigkeit anderer Interessen zurücktreten (Fuchs ins Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar (2014) Art 24 Rz 33). Wie bereits erwähnt fällt im vorliegenden Fall die Abwägung auch unter Berücksichtigung des Kindeswohles zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Der Kontakt zu seinem Sohn wird dem Beschwerdeführer auch nicht unmöglich gemacht.

Der Beschwerdeführer brachte zudem vor, dass auch ein Cousins sowie die Verwandten seiner Ehegattin in Österreich leben. Es wurde von ihm jedoch keine besondere Beziehungsintensität im Sinne eines Abhängigkeitsverhältnisses zu diesen in Österreich lebenden Verwandten behauptet. Der Beschwerdeführer hat weder einen gemeinsamen Wohnsitz mit diesen, noch ist er auf besondere Unterstützungsleistungen angewiesen, was auf eine nicht besonders intensive Bindung schließen lässt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkt für eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit erkennbar.

Da somit im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers zu verneinen ist, bleibt zu prüfen, ob mit der Ausweisung ein Eingriff in dessen Privatleben einhergeht.

Der Beschwerdeführer reiste im August 2012 in das Bundesgebiet ein, stellte in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz und ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Das Gewicht dieses mehr als dreijährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist jedoch dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchte. Alleine durch die Stellung seines Antrags konnte er nicht von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen.

Er ist - wenn auch mangels Beschäftigungsbewilligung - nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und lebt von der finanziellen Unterstützung durch seine Ehegattin. Der Beschwerdeführer hat in Österreich auch keine Berufsausbildung genossen oder sich anderweitig fortgebildet.

Der Beschwerdeführer hat zwar einen Deutschkurs besucht und die Deutschprüfung A2 bestanden, spricht jedoch nur stichwortartig Deutsch. Zudem hat der Beschwerdeführer aus eigenem Bemühen offenbar keinerlei soziale Kontakte zu Österreichern geknüpft, sondern verkehrt vorwiegend in türkischen Kreisen. Weiters ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bis 2012 in der Türkei gelebt hat und gerade der Beginn der Sozialisierung als besonders prägend anzusehen ist. Es kann daher keinesfalls von einer "Entwurzelung" in der Türkei gesprochen werden, dies vor allem auch in Anbetracht der Tatsache, dass nach wie vor seine gesamte Herkunftsfamilie in der Türkei lebt und er zu diesen regelmäßig Kontakt hat. Es deutete daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre sich in die dortige Gesellschaft wieder einzugliedern.

Zu der vorgelegten Einstellungszusage ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einer bloßen Arbeitsplatzzusage für den hypothetischen Fall eines legalen Aufenthalts in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen kann (vgl. VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

Soweit in der Beschwerde bemängelt wird, dass das BFA seiner amtswegigen Verpflichtung zur Wahrheitsfindung nicht nachgekommen sei und den Beschwerdeführer nicht ausreichend angeleitet habe, ergänzende Angaben zu seinen integrationsbegründenden Umständen zu machen, ist dem zu entgegnen, dass das BFA durch konkrete Fragen in der Einvernahme am 10.10.2014 in jeder Hinsicht bemüht war, zu einem vollständigen Ermittlungsergebnis zu gelangen. In keiner Weise kann im gegenständlichen Verfahren ein mangelhaftes Vorgehen oder eine Verletzung des Grundsatzes der Offizialmaxime festgestellt werden. Dass BFA entsprach vielmehr den gesetzlichen Anforderungen an ein ordentliches Ermittlungsverfahren und führte schließlich eine mängelfreie Beweiswürdigung durch.

Wenn der Beschwerdeführer zudem bemängelte, dass sein Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei, zumal ihm die vorläufigen Ergebnisse der Beweisaufnahme nicht zur Kenntnis gebracht wurden, so ist anzumerken, dass die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im angefochtenen Bescheid vollständig wiedergegeben wurden und bestand somit im Rahmen der Beschwerde die Möglichkeit einer Stellungnahme, wodurch eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs saniert wurde (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45 Rz 40).

Dem Vorwurf, dass seitens des BFA aktenwidrig festgestellt worden sei, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag auf internationalen Schutz erst im Jahr 2014 gestellt, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, zumal aus den Feststellungen (AS 477 bis 478) hervorgeht, dass sich der Beschwerdeführer seit 06.08.2012 in Österreich aufhalte. Feststellungen zum Antragszeitpunkt wurden nicht getroffen. Erst in der rechtlichen Beurteilung (AS 484) wurde im Zusammenhang mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes ausgeführt, dass die Antragstellung im Jahr 2014 erfolgt sei. Angesichts der zuvor richtigen Feststellung zur Dauer des Aufenthaltes, handelt es sich hier offenbar um einen Tippfehler. Im Übrigen fehlt dem Beschwerdeführer diesbezüglich ohnedies auch die Beschwer, zumal das rechtliche Schicksal der gegen ihn ausgesprochenen Rückkehrentscheidung angesichts obiger Erwägungen kein anderes wäre.

Hinsichtlich der Familienangehörigen in Österreich wurde festgestellt, dass außer der Ehegattin und dem Sohn keine nahen Angehörigen im Bundesgebiet aufhältig seien (AS 477). Die Kritik in der Beschwerde, wonach die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine familiären oder nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte verfüge, einen groben Mangel darstelle, kann daher nicht nachvollzogen werden. Hinsichtlich der Anmerkung in der rechtlichen Beurteilung, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären oder nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte verfüge, kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes dem Bescheid in einer Gesamtbetrachtung eindeutig entnommen werden, dass es sich hierbei um ein ungenaue Formulierung handelt und das BFA von familiären und privaten Beziehungen ausgeht, diese jedoch nicht nennenswert seien.

Schließlich vermag der nicht näher konkretisierte Verweis auf eine Entscheidung des Asylgerichtshofes betreffend nicht beachteter Kriterien aus dem Urteil Boultif des EGMR keine Relevanz für gegenständliches Verfahren zu entfalten, zumal kein Bezug zum gegenständlichen Verfahren hergestellt werden konnte. Sollte damit die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2014, Zl. L515 1437677-1/12E, gemeint sein, so ist darauf zu verweisen, dass sich die gegenständliche Beschwerde gegen die Entscheidung des BFA richtet und ausschließlich diese Entscheidung des BFA im Beschwerdeverfahren überprüft wird.

Zu den in weiterer Folge getroffenen allgemeinen rechtlichen Aussagen zur Interessenabwägung bzw. im Hinblick auf die diesbezüglich zitierte Judikatur ist auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung oben zu verweisen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG geht das Bundesverwaltungsgericht daher davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Nach der Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände des Beschwerdeführers ist dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel auch gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen.

3.2.6. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in die Türkei unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet.

3.2.7. Die in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht

§ 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Diesbezüglich finden sich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift.

3.2.8. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht weiters hervor, dass das erkennende Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben, abgeht. Darüber hinaus wird zu diesem Thema keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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