Normen
B-VG Art139 Abs1 Z2 / Prüfungsumfang
B-VG Art21 Abs4
Beschluss des Stadtsenates vom 07.12.1970 "über die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienstjubiläen" ABl für Wien 5/1971 idF 39/2014
Wr BesoldungsO 1994 §39
Wr DienstO 1994 §13
Wr Verwaltungsgericht-DienstrechtsG §9
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:V109.2017
Spruch:
I. Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. für Wien Nr 5/1971 idF ABI. für Wien Nr 39/2014, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. März 2019 in Kraft.
II. Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung diese Aussprüche im Landesgesetzblatt für Wien verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2585/2017 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer war von 1. Jänner 2010 bis 31. Dezember 2013 Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien und ist seit 1. Jänner 2014 Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien. Er beantragte mit Schreiben vom 8. Februar 2016 die Erlassung eines Bescheides über seinen Stichtag für das Dienstjubiläum unter Anrechnung seiner Ausbildungs- und Dienstzeiten sowie die daraus resultierende bescheidmäßige Feststellung der Gebührlichkeit und Zuerkennung sowie Auszahlung der Remuneration aus Anlass seines Dienst-jubiläums bei einer Dienstzeit von 25 Jahren in der Höhe von 200 von Hundert seines Monatsbezuges (§39 Wr. Besoldungsordnung 1994 – Wr. BO 1994). Begründend führte er dazu im Wesentlichen aus, dass ihm sämtliche angeführte Zeiten in Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes und der Bestimmung des Art21 Abs4 B‑VG für den Stichtag für das Dienstjubiläum anzurechnen gewesen wären.
1.2. Mit Bescheid vom 21. November 2016 stellte (wegen einer Befangenheitsanzeige) die Vizepräsidentin in Vertretung des Präsidenten des Verwaltungs-gerichtes Wien gemäß §4a Abs1 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG) fest, dass dem Beschwerdeführer "im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides gemäß §39 Abs2 und 2a BO 1994 iVm §14 Abs2 DO 1994 sowie Z2 lita sublitbb iVm Z2 litb sublitaa und bb des Beschlusses des Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen keine Remuneration aus Anlass des 25jährigen Dienstjubiläums gebührt".
1.3. Das gemäß §4a Abs3 VGW-DRG zuständige Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 9. Juni 2017 die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Da der Beschwerdeführer erst nach dem 30. September 1999 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien eingetreten sei, habe die Behörde mit der Feststellung des Stichtages für das Dienstjubiläum des Beschwerdeführers mit 1. Jänner 2007 den rechtlichen Vorgaben der anwendbaren Ziffer 2 litb der "Richtlinien für die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienstjubiläen" des Wiener Stadtsenates entsprochen. Zu den geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Bestimmung der Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates im Hinblick auf Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG und Art7 B‑VG verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABl. 5/1971 idF ABl. 39/2014, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 27. September 2017 beschlossen, diese Verordnungsbestimmung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…] Ziffer 2 litb des Beschlusses des Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen sieht bei den nicht von lita leg.cit. erfassten Beamten, abgesehen von der in einem Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zur Gemeinde Wien zurückgelegten Zeit, lediglich die Berücksichtigung von 'sonstige[n] Zeiten gemäß lita bis zu einem Höchstausmaß von insgesamt 3 Jahren' vor. Für Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien sind auch Zeiten gemäß lita sublitbb leg.cit. zu berücksichtigen, 'die auf Grund des §5 Abs1 des Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetzes, LGBl Nr 84/2012, nicht für die Vorrückung angerechnet wurden'. Das Höchstausmaß der Berücksichtigung solcher Zeiten scheint jedoch auch für Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien drei Jahre zu betragen.
[…] Mit der B‑VG-Novelle BGBl I 8/1999 wurde zwar das den Landesgesetzgeber bindende sogenannte Homogenitätsgebot beseitigt, die garantierte Möglichkeit des Dienstwechsels jedoch beibehalten. Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG wurde insoweit geändert, als der zuständige Gesetzgeber nun nicht mehr verpflichtet ist, eine Anrechnung von Dienstzeiten vorzusehen. Wenn aber der Gesetzgeber eine Anrechnung dieser Zeiten vorsieht, ist es unzulässig, bei der Anrechnung danach zu differenzieren, ob diese beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband zurückgelegt worden sind. Durch diese Bestimmung soll – der Intention des Gesetzgebers zufolge – die Mobilität der Bediensteten zwischen den einzelnen Körperschaften erhöht werden (vgl. VfSlg 18.636/2008, 19.110/2010 sowie AB 1562 BlgNR 20. GP , 2 f.).
[…] Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG in der derzeit geltenden Fassung spricht nunmehr allgemein von der 'Anrechnung von Dienstzeiten' und gebietet damit, dass, sollte der Gesetzgeber eine Anrechnung von Dienstzeiten vorsehen, eine Gleichbehandlung bei der Anrechnung unter den in dieser Verfassungsbestimmung angeführten Körperschaften zu erfolgen hat (vgl. abermals VfSlg 19.110/2010).
[…] Unter den Tatbestand der 'Anrechnung von Dienstzeiten' iSd Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG sind all jene Ansprüche zu subsumieren, die vom Ablauf einer bestimmten Zeitspanne abhängen (zeitabhängige Rechte, zB auch die Dauer der 'Probedienstzeit' bei Aufnahme in ein definitives Dienstverhältnis [VfSlg 18.636/2008] sowie die Anrechnung von Zeiten, die von öffentlich Bediensteten bei einer Gebietskörperschaft verbracht worden sind, solange sie im Dienstverhältnis zur Gebietskörperschaft stehen, selbst wenn sie etwa einer ausgegliederten Einrichtung zur Dienstleistung zugewiesen sind [VfSlg 19.110/2010 mwN]). Es dürften auch solche Ansprüche davon erfasst sein, deren Gewährung – wie die Gewährung einer Remuneration aus Anlass eines Dienstjubiläums (vgl. VfSlg 11.693/1988) – im freien Ermessen der Dienstbehörde liegt.
[…] Der Verfassungsgerichtshof geht jedoch vorläufig davon aus, dass eine Berücksichtigung von verfassungsrechtlich als gleichwertig zu erachtenden Zeiten nach den Vorgaben in Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass eines Dienstjubiläums je nachdem unterschiedlich erfolgt, ob sie im Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zur Gemeinde Wien oder bei einer anderen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind. Die Tatsache, dass eine maximale Dauer von 3 Jahren als 'sonstige Zeit', die zur Dienstzeit iSd §39 Wr. BO 1994 zählt, für die Gewährung der Jubiläumszuwendung berücksichtigt werden kann, scheint jene Dienstnehmer zu benachteiligen, die einen Teil ihres Berufslebens nicht unmittelbar als Dienstnehmer der Gemeinde Wien verbracht haben, sondern Zeiten für den Anspruch auf Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung als 'zeitabhängiges Recht' bei einer anderen Gebietskörperschaft zurückgelegt haben (zu zeitabhängigen Rechten und Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG vgl. insbesondere VfSlg 18.236/2007, 18.636/2008). Dies dürfte dem Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG widersprechen, dessen Intention es ist, die Mobilität der Bediensteten zwischen den einzelnen Körperschaften zu erhöhen (VfSlg 18.636/2008, 19.110/2010; vgl. auch AB 1562 BlgNR 20. GP , 2 f.).
[…] An diesem Ergebnis dürfte auch das vom Bundesverwaltungsgericht zitierte Erkenntnis zu §20c Gehaltsgesetz 1956 (VfSlg 11.693/1988) nichts ändern, weil dieses Erkenntnis einerseits vor der Änderung von Art21 B‑VG mit der B‑VG‑Novelle BGBl I 8/1999 und der damit verbundenen Abschaffung des Homogenitätsgebotes ergangen ist und der zugrunde liegende Sachverhalt sich andererseits vom hier vorliegenden maßgeblich unterscheidet. Zu beurteilen war damals die Frage, ob jene Zeit zur Dienstzeit iSd §20c Gehaltsgesetz 1956, BGBl 54 idF BGBl 548/1984, zählt, die ein Beamter (für die Dauer von 20 Jahren) während eines für die Vorrückung in höhere Bezüge und für die Bemessung des Ruhegenusses wirksamen Karenzurlaubes unter Entfall der Bezüge in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Alleineigentum des Bundes standen, verbracht hat.
[…] Im Verordnungsprüfungsverfahren wird zu erörtern sein, ob der Begriff der 'Anrechnung von Dienstzeiten' iSd Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG auch die Anrechnung von Zeiten für die Gewährung einer Remuneration aus Anlass eines Dienstjubiläums erfasst."
4. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht (für das gemäß §6 BVwGG iVm §4a Abs3 VWG-DRG eine Senatszuständigkeit besteht) nach Erlassung des Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 2017, E2585/2015-8, aus Anlass der beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren betreffend die Erlassung eines Bescheides über den jeweiligen Stichtag für das Dienstjubiläum für Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien insgesamt vier gleichlautende Gesetzesprüfungsanträge (protokolliert zu den Zahlen V119/2017, V6/2018, V7/2018 und V15/2018) gestellt, die "Ziffer 2 litera b des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. Nr 5/1971 idF ABI. Nr 39/2014, wegen Gesetzwidrigkeit" aufzuheben.
4.1. Auch diese Fälle betrafen Feststellungsanträge von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes Wien über das Erreichen der notwendigen Zeiten für die Zuerkennung einer Remuneration aus Anlass eines Dienstjubiläums. Die Festsetzung des Stichtages für das Dienstjubiläum erfolgte jeweils durch die Vizepräsidentin (in Vertretung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien) als Dienstbehörde und es wurde – unter Berufung auf Ziffer 2 litb des Beschlusses des Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABl. 5/1971 idF ABl. 39/2014, angesichts der in einem Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien verbrachten Zeiten (sublitaa) sowie der sonstigen Zeiten im Höchstausmaß von insgesamt drei Jahren (sublitbb) – festgestellt, dass den Beschwerdeführern im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides keine Remuneration aus Anlass des 25-jährigen Dienstjubiläums gebühre.
4.2. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich in seinen Anträgen vom 13. Dezember 2017, V119/2017, vom 11. Jänner 2018, V6/2018 und V7/2018, sowie vom 26. Februar 2018, V15/2018, den vom Verfassungsgerichtshof – in seinem Prüfungsbeschluss vom 27. September 2017, E2585/2015‑8 – dargelegten Bedenken an.
II. Vorverfahren
1. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der in Prüfung gezogenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"[...] Zum Antragsgegenstand:
Der aktuelle Beschluss des Stadtsenates betreffend Richtlinien für die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen (in der Folge: Stadtsenatsbeschluss) wurde ursprünglich, gestützt auf §32 Abs.2 der Besoldungsordnung 1967, LGBl Nr 18/1967, am 7. Dezember 1970, Pr.Z3684, ABl. Nr 5/1971, gefasst und seither mehrfach geändert, zuletzt mit Beschluss des Stadtsenates vom 16. September 2014, Pr.Z02370-2014/0001-GIF, ABl. Nr 39/2014.
Die vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogene Bestimmung der Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses geht im Wesentlichen auf den Beschluss des Stadtsenates vom 1. Juni 1999, Pr.Z281199-M01, ABl. Nr 30/1999, zurück, durch welchen die Ziffer 2 zur Gänze neu gefasst wurde, wobei eine stichtagsbezogene Differenzierung hinsichtlich der für die Dienstjubiläen zu berücksichtigenden (Vordienst-)Zeiten eingeführt wurde. Weitere Änderungen der Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses sind durch die Beschlüsse des Stadtsenates vom 17. Mai 2011, Pr.Z01753-2011/0001-GIF, ABl. Nr 22/2011, und vom 16. September 2014, Pr.Z02370-2014/0001-GIF, erfolgt.
Der aktuelle Regelungsinhalt der Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses stützt sich auf die gesetzliche Grundlage des §39 Abs2 und 2a der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), LGBl Nr 55/1994. Die Regelung des §39 Abs2a zweiter Satz BO 1994 bietet dabei die rechtliche Basis dafür, dass im Stadtsenatsbeschluss hinsichtlich der für die Gewährung des Dienstjubiläums zu berücksichtigenden Zeiten in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des jeweiligen Eintrittes in ein Dienstverhältnis zur Stadt Wien unterschieden werden darf.
Gemäß Ziffer 2 des Stadtsenatsbeschlusses ist für diese Unterscheidung auf den Stichtag 1. Oktober 1999 abzustellen: Während für Beamtinnen und Beamte, die vor diesem Stichtag in ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zur Gemeinde Wien aufgenommen worden sind und seither ununterbrochen Bedienstete der Gemeinde Wien sind (Ziffer 2 lita des Stadtsenatsbeschlusses), unter anderem Zeiten, soweit sie gemäß §14 Abs1 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl für Wien Nr 56, zur Gänze für die Vorrückung angerechnet worden sind (vgl. Ziffer 2 lita sublitbb des Stadtsenatsbeschlusses), ohne zeitliche Begrenzung berücksichtigt werden dürfen, sind derartige Zeiten für nicht unter die Ziffer 2 lita des Stadtsenatsbeschlusses fallende Beamtinnen und Beamte nur noch (gemeinsam mit anderen 'sonstigen Zeiten gemäß Ziffer 2 lita') in einem Gesamthöchstausmaß von drei Jahren zu berücksichtigen (Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses).
[...] Zur Zulässigkeit des Antrages:
Das den Anlass der gegenständlichen Verordnungsprüfung bildende Spannungsverhältnis zu Art21 Abs4 B‑VG besteht ausschließlich in Bezug auf den Regelungsinhalt der Z2 litb des Stadtsenatsbeschlusses, zumal Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, gemäß §14 Abs1 Z1 und 11 DO 1994, in der gemäß Z2 letzter Satz des Stadtsenatsbeschlusses maßgebenden Fassung vor der 29. Novelle zur DO 1994, im Rahmen der Regelung der Z2 lita des Stadtsenatsbeschlusses ebenso wie Dienstzeiten zur Stadt Wien unbegrenzt für den Eintritt des Dienstjubiläums zu berücksichtigen sind.
Nach Auffassung des Stadtsenates ist allerdings auch in Bezug auf den Regelungsinhalt der Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses kein unauflöslicher Widerspruch zu Art21 Abs4 B‑VG gegeben.
Nach der Intention des (Verfassungs-)Gesetzgebers der B‑VG-Novelle BGBI. I Nr 8/1999 sollte die Regelung des Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG die Mobilität der Bediensteten zwischen den einzelnen Körperschaften erhöhen, indem sie die nach der Beseitigung des Homogenitätsgebotes beibehaltene verfassungsrechtliche Garantie der Möglichkeit des Dienstwechsels (Art21 Abs4 erster Satz B‑VG) konkretisiert.
Diese Zweckbestimmung kann allerdings schon deshalb nicht mehr erreicht werden, weil die Dienst- und Besoldungsrechte der Gebietskörperschaften inzwischen erheblich voneinander abweichen und die verpflichtende Berücksichtigung von Dienstzeiten, die im Rahmen eines grundsätzlich anders aufgebauten Dienst- und Besoldungssystems zurückgelegt wurden, somit kein Garant für einen möglichst reibungslosen Wechsel des Dienstes sein kann. Die verfassungsrechtlich gebotene Mitnahme von Dienstzeiten aus einem Dienstverhältnis in ein Dienstverhältnis einer anderen Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes, für welches im Übrigen gänzlich andere gesetzliche Rahmenbedingungen maßgebend sind, ist nicht geeignet, die negativen Folgen des Wechsels in ein Dienst- und Besoldungssystem, das hinsichtlich der sonst zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen als Verschlechterung empfunden wird, abzuwenden.
Nach der Judikatur zu Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG ist außerdem davon auszugehen, dass es diese Verfassungsbestimmung nicht gebietet, Dienstzeiten zum Bund, zu einem Land, zu einer Gemeinde oder zu einem Gemeindeverband überhaupt anzurechnen. Nur für den Fall, dass eine Anrechnung von Dienstzeiten vorgesehen ist, wäre es unzulässig, danach zu differenzieren, bei welcher der in Frage kommenden Körperschaften diese Zeiten zurückgelegt wurden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Mobilität der Bediensteten zwischen den einzelnen Körperschaften gewahrt werden kann, wenn Dienstzeiten (als Vordienstzeiten) generell nicht mehr angerechnet werden.
So hatte etwa die mit Erkenntnis des VfGH vom 4. Dezember 2008, Zl. G184/07, (VfSlg 18.636/2008) erfolgte (ersatzlose) Aufhebung des §16 Abs1 dritter, vierter und fünfter Satz DO 1994 nicht die in dem den Anlass für das Gesetzesprüfungsverfahren bildenden Ausgangsverfahren vom Beschwerdeführer intendierte Folge, dass seine Probedienstzeit als Beamter der Stadt Wien durch die erhoffte Berücksichtigung von Vordienstzeiten zu einer anderen Gebietskörperschaft zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits abgelaufen war. Vielmehr können seither auch Dienstzeiten zur Stadt Wien im Rahmen eines vertragsmäßigen Dienstverhältnisses zur Stadt Wien nicht mehr berücksichtigt werden, was von den davon (nachteilig) betroffenen Bediensteten der Stadt Wien als nicht sachgerecht empfunden wird, aber auch in keiner Weise geeignet ist, den Wechsel des Dienstes von anderen Gebietskörperschaften oder Gemeindeverbänden zur Stadt Wien zu fördern.
Die Problematik der Regelung des Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG zeigt sich auch in der gemeinschaftsrechtlich gebotenen Ausweitung ihres Anwendungsbereiches auf Dienstzeiten zu Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden aus dem EU- bzw. EWR-Raum. Auch wenn der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Juni 2010, Zl. B1427/08 u. a., (VfSlg 19.110/2010) der auf die im Kurzkommentar Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten, 2. Auflage 2007, vertretene Literaturmeinung gestützten Argumentation des Dienstrechtssenates der Stadt Wien als belangte Behörde nicht gefolgt ist, bleibt der Befund, dass die aus Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG vor dem Hintergrund der damaligen Wiener Rechtslage gefolgerte verpflichtende Vollanrechnung von (für die bei der Stadt Wien ausgeübte Tätigkeit nicht einschlägigen) Dienstzeiten zu einer Gebietskörperschaft aus dem EWR-Raum im Vergleich zu der nur eingeschränkten Möglichkeit der Anrechnung von einschlägigen Dienstzeiten zu einem (inländischen) privaten (allenfalls ausgegliederten) Rechtsträger zu einem nicht sachgerechten Ergebnis führt, unverändert richtig, mag dieser Befund auch die vom Dienstrechtssenat der Stadt Wien vorgeschlagene einschränkende Interpretation des Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG nicht rechtfertigen.
ln rechtspolitischer Hinsicht sollte das durch Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG angeordnete isolierte Festhalten an der Verpflichtung der (inländischen) Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände[…] zur gleichen Anrechnung von Dienstzeiten als letztes Überbleibsel des ansonsten bereits im Jahr 1999 abgeschafften Homogenitätsprinzips beseitigt und die betreffende Verfassungsbestimmung entweder aufgehoben oder umfassend umgestaltet werden.
Die vorstehenden Ausführungen sind im Rahmen des gegenständlichen Verordnungsprüfungsverfahrens insofern nicht unbeachtlich, als die Bedenken gegen den Regelungsinhalt des Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG in Bezug auf die rechtlichen Besonderheiten des Dienstjubiläums im Zusammenhang mit der Judikatur des EuGH zur Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr viel gravierender und daher auch rechtlich beachtlich sind.
[…] Zur Sache:
Nach Auffassung des Stadtsenates stellt sich vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH zur Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zu den Grundfreiheiten und tragenden Säulen des Unionsrechts gehört, nämlich die Frage, ob die innerstaatliche Norm des Art21 Abs4 B‑VG in Bezug auf die in Prüfung gezogene Norm überhaupt anzuwenden ist (vgl. VfSlg 15.427/1999, wonach im Konfliktfall auch nationales Verfassungsrecht auf Grund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts verdrängt wird). Nach dem EuGH-Urteil vom 5. Dezember 2013, Rs C-514/12 (Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken GmbH gegen Land Salzburg 'SALK') ist jede ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Personenfreizügigkeit, mag sie noch so unbedeutend sein, verboten. Daher dürfen Personen, die bei einer inländischen Gebietskörperschaft beschäftigt waren, gegenüber Wanderarbeitnehmerinnen und Wanderarbeitnehmern nicht bevorzugt werden, weil durch diese Ungleichbehandlung und Bevorzugung die unionsrechtliche Freizügigkeit eingeschränkt wird. Insoweit wird daher bezweifelt, dass Art21 Abs4 B‑VG ein gültiger und tauglicher Maßstab für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung ist.
Die bloße Wortinterpretation, wonach in Ziffer 2 litb des Stadtsenatsbeschlusses in (auf Grund des Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG) unzulässiger Weise hinsichtlich der Berücksichtigung von 'Dienstzeiten' zwischen Zeiten bei der Stadt Wien und Zeiten bei anderen Gebietskörperschaften differenziert wird, hätte eine das Rechtsinstitut der Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen ad absurdum führende Berücksichtigung sämtlicher Dienstzeiten, nicht nur zu anderen Gebietskörperschaften, sondern auch zu privaten Rechtsträgern aus dem EU- bzw. EWR-Raum zur Folge.
Durch Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, die sowohl in den Dienstrechten anderer Gebietskörperschaften vorgesehen sind als auch von privaten Rechtsträgern gewährt werden, soll im Allgemeinen gerade die langjährige Treue der Bediensteten zu ihrer Dienstgeberin belohnt werden. Die gleichzeitige Förderung des Dienstwechsels zu einer anderen Arbeitgeberin bzw. einem anderen Arbeitgeber liefe dieser Zielsetzung diametral entgegen. Scheidet eine Bedienstete bzw. ein Bediensteter knapp vor Ablauf der für ein Dienstjubiläum vorgesehenen Zeitdauer aus dem Dienstverhältnis aus, ist daher in Bezug auf die Remuneration aus Anlass von Dienstjubiläen grundsätzlich keine Anwartschaft entstanden, die entweder von der ehemaligen Dienstgeberin (aliquot) abzugelten wäre oder in das neue Dienstverhältnis übertragen werden könnte. Es ist daher evident, dass dieses Rechtsinstitut in einem Spannungsverhältnis mit der verfassungsgesetzlichen Verpflichtung, Dienstzeiten zu anderen Rechtsträgern berücksichtigen zu müssen, stehen muss.
Das bestehende Spannungsverhältnis wurde durch die bis 30. September 1999 geltende Wiener Rechtslage dahingehend aufgelöst, dass vorrückungswirksame Dienstzeiten zum Bund, zu einem anderen Land, einer anderen Gemeinde oder einem Gemeindeverband in vollem Umfang für die Dienstjubiläen zu berücksichtigen waren. Diese Rechtslage, die gemäß Ziffer 2 lita des Stadtsenatsbeschlusses nach wie vor für vor dem 1. Oktober 1999 begründete Dienstverhältnisse zur Stadt Wien anzuwenden ist, ist noch maßgebend durch das umfassende Verständnis des Homogenitätsprinzips alter Prägung bestimmt. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Dienstzeiten zu anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwies sich dabei (trotz oder wegen der verfassungsrechtlichen Garantie) eher als Mobilitätshindernis. Die Übernahme einer bzw. eines Bediensteten knapp vor Eintritt eines Dienstjubiläums war nach dieser Rechtslage für die neue Dienstgeberin nämlich stets mit einer erheblichen zusätzlichen finanziellen Belastung verbunden, welche nicht durch eine langjährige Dienstleistung für diese Dienstgeberin gerechtfertigt werden konnte, weshalb derartige Dienstwechsel nur ausnahmsweise zustande kamen.
Die mit 1. Oktober 1999 erfolgte Änderung des Stadtsenatsbeschlusses hatte hinsichtlich der Berücksichtigung von Dienstzeiten einen Paradigmenwechsel zur Folge und bewirkte eine Fortentwicklung der Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen in Richtung echter Treueprämien. Abgesehen von der erheblich eingeschränkten Berücksichtigung der bei Eintritt in das Dienstverhältnis zur Stadt Wien vorhandenen Berufserfahrung im Gesamthöchstausmaß von drei Jahren, sollen die Remunerationen aus Anlass des Dienstjubiläums seither nur noch als Belohnung für die langjährige Dienstzeit zur Stadt Wien gewährt werden (Ziffer 2 litb. des Stadtsenatsbeschlusses).
Die Umwandlung der Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen in eine echte Treueprämie ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH zur unionsrechtlichen Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geboten:
Mit Urteil vom 30. September 2003 in der Rechtssache Köbler, C-224/01 , widersprach der EuGH (im Ergebnis) der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Dienstalterszulage für Universitätsprofessoren als (mit der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbare) Treueprämie zu qualifizieren sei. Maßgebend für diese Entscheidung war, dass die betreffende Dienstalterszulage nicht nur die Treue zur im Anlassfall in Frage kommenden Universität lnnsbruck honorierte, weil die Anspruchsvoraussetzungen für diese Zulage auch dadurch erfüllt werden konnten, dass die erforderlichen Dienstjahre an einer anderen (staatlichen) österreichischen Universität oder einer diesen innerstaatlichen Universitäten gleichzuhaltenden staatlichen Universität aus dem EU- bzw. EWR-Raum zurückgelegt wurden. Die Nichtberücksichtigung von Dienstzeiten zu (Privat)Universitäten in anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft wurde vom EuGH als eine mit der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unvereinbare Abschottung des Arbeitsmarktes gewertet. An dieser Beurteilung vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass es nicht nur im EU-Ausland, sondern auch in Österreich Privatuniversitäten gab und dass Dienstzeiten zu diesen innerstaatlichen Universitäten für die Zuerkennung der Dienstalterszulage ebenfalls nicht zu berücksichtigen waren.
Nach Auffassung des Stadtsenates kann dieses EuGH-Urteil nur so verstanden werden, dass dieses Gericht die nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG (vgl. z. B. VfSlg 19.110/2010) bei rein innerstaatlichen Sachverhalten als zulässig erachtete Unterscheidung zwischen Dienstzeiten zu einer Gebietskörperschaft bzw. einem Gemeindeverband und Zeiten zu einem privaten Rechtsträger bei Sachverhalten mit EU- bzw. EWR‑Auslandsbezug nicht akzeptiert.
lm Fall von (vermeintlichen) Treueprämien erweist sich gerade die verfassungsrechtlich angeordnete Berücksichtigung von Dienstzeiten zu anderen – durch Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG privilegierten – Rechtsträgern insofern als besonders hinderlich, als erst dadurch die die unionsrechtliche Freizügigkeit verletzende Abschottung des Arbeitsmarktes bewirkt wird.
Der Gestaltungsspielraum für die österreichischen Gesetzgeber ist damit erheblich eingeschränkt. Verwirft man die theoretische Möglichkeit einer zulässigen Inländerinnen- bzw. lnländerdiskriminierung als nicht sachgerecht, ist eine Differenzierung bei der Anrechnung von Dienstzeiten für dienst- und besoldungsrechtliche Ansprüche generell ausgeschlossen. Es darf daher nur noch zwischen Vollanrechnung, teilweiser Anrechnung und Nichtanrechnung von Dienstzeiten zum selben Rechtsträger, mit der jeweils die Vollanrechnung oder teilweise Anrechnung oder Nichtanrechnung der Dienstzeiten zu (allen) anderen Rechtsträgern zwingend verbunden ist, gewählt werden.
Geht man davon aus, dass Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG nicht nur auf dienst- und besoldungsrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen anzuwenden ist, scheint eine europarechts- und verfassungskonforme Ausgestaltung ausgeschlossen. Ausgehend von der Zweckbestimmung dieser Remunerationen als Belohnung für die langjährigen treuen Dienste zu einer Dienstgeberin, wäre die teilweise Nichtberücksichtigung von Dienstzeiten zu dieser Dienstgeberin unbillig und würde zu zahlreichen Härtefällen führen. Die Mitberücksichtigung gleichartiger Dienstzeiten zu inländischen Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden im Sinn der vor dem 1. Oktober 1999 geltenden Rechtslage würde zwar der Zweckbestimmung einer Treueprämie zuwider laufen, wäre aber im Lichte der österreichischen Verwaltungstradition vor dem Hintergrund des (verbliebenen Rests des ursprünglichen) Homogenitätsprinzips isoliert betrachtet gerade noch akzeptabel. Dass auf Grund der Judikatur des EuGH damit eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Anrechnung auch sämtlicher Dienstzeiten zu allen anderen (privaten) Rechtsträgern verbunden wäre, stellt allerdings die Existenz derartiger Remunerationen völlig in Frage. Wenn für die Remuneration aus Anlass eines Dienstjubiläums nicht mehr auf die effektive Dienstzeit zur Stadt Wien abgestellt werden darf bzw. Dienstzeiten zu (allen) anderen Rechtsträgern wie Dienstzeiten zur Stadt Wien berücksichtigt werden müssen, wird das mit diesen Remunerationen verbundene Ziel, Anreiz und Belohnung für eine langjährige Dienstleistung für die Stadt Wien zu bieten, eindeutig verfehlt.
Nach Auffassung des Stadtsenates ist Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG daher auf Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen im Rahmen von nach dem 30. September 1999 begründeten Dienstverhältnissen zur Stadt Wien nicht anzuwenden, weil diese Remunerationen nach der seit 1. Oktober 1999 geltenden Rechtslage insofern eine echte Treueprämie darstellen, als dadurch im Wesentlichen nur die Dienstleistung für die Stadt Wien honoriert werden soll. Diese Regelung verfolgt das legitime Ziel, die Bediensteten langfristig an die Dienstgeberin Stadt Wien zu binden bzw. sie für die langjähre Dienstleistung für die Stadt Wien zu belohnen, und stellt in diesem Sinn auch keine Verletzung der unionsrechtlichen Grundfreiheit der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer-freizügigkeit dar. Nach dem ob zitierten EuGH-Urteil in der Rechtssache Köbler kann eine Beeinträchtigung der Personenfreizügigkeit im Fall einer Treueprämie, mit der die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer für ihre bzw. seine Treue zur Arbeitgeberin bzw. zum Arbeitgeber belohnt wird, gerechtfertigt werden. Dies kann laut EuGH allerdings nur dann der Fall sein, wenn hierbei nur die bei derselben Arbeitgeberin bzw. demselben Arbeitgeber verbrachten Zeiten berücksichtigt werden. Mit dieser Begründung kann auch eine unzulässige Beeinträchtigung der Möglichkeit eines Dienstwechsels zwischen Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden im Sinn des Art21 Abs4 B‑VG durch die als Treueprämie ausgestaltete Regelung betreffend Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen ausgeschlossen werden.
Entscheidend für diese Beurteilung ist auch, dass die vom Stadtsenat beschlossenen Richtlinien für die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen und deren als 'Kann-Bestimmung' ausgestaltete gesetzliche Grundlage (§39 Abs2 BO 1994) den Bediensteten der Stadt Wien keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf die Gewährung dieser Remunerationen (unter den im Stadtsenatsbeschluss vorgesehenen Voraussetzungen) einräumen.
lm Gegensatz zur Anrechnung von Dienstzeiten in Bezug auf die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung (VfSlg 19.110/2010), auf die Probezeit (VfSlg 18.636/2007) oder auf die Nebengebührenzulage bzw. die Ruhegenusszulage (VfSlg 18.236/2007) handelt es sich bei Remunerationen um Geldleistungen, die im freien Ermessen der Dienstbehörde liegen (VfSlg 11.693/1987). lnsbesondere der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass die Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung eine Ermessensentscheidung darstellt (VwGH vom 11. Oktober 1973, Zl. 410/73, vom 9. Oktober 2002, Zl. 97/12/0402, und vom 30. Mai 2011, Zl. 2010/12/0118). Insoweit führt das Erreichen einer bestimmten Dienstzeit nicht automatisch und zwingend zur Gewährung einer Remuneration, sondern wird das gesamte Verhalten der Beamtin bzw. des Beamten während dieser Dienstzeit beurteilt und insbesondere bei Vorliegen von disziplinären Verfehlungen tatsächlich keine Remuneration gewährt (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/12/0009, und vom 24. April 2002, Zl. 2001/12/0132). Wird die zu honorierende Dienstleistung über einen längeren Zeitraum der für den Eintritt eines Dienstjubiläums maßgebenden Dienstzeit nicht für die Stadt Wien, sondern für einen anderen Rechtsträger erbracht, kann sich die im Rahmen der Ermessungsentscheidung zu treffende Beurteilung nur auf einen erheblich verkürzten Zeitraum beziehen, was eine einheitliche, sachgerechte Bewertung, ob Bedenken gegen die Gewährung der vorgesehenen Remuneration bestehen, in solchen Fällen unmöglich macht. Es ist daher zulässig, sinnvoll und geboten, im Rahmen dieser Beurteilung ausschließlich auf Dienstzeiten zur Stadt Wien abzustellen.
Nach Auffassung des Stadtsenates erweist sich die Regelung der Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABl. Nr 5/1971 idF ABl. Nr 39/2014, daher als gesetzmäßig, insbesondere auch als mit Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG vereinbar." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
2. In den zu den Zahlen V119/2017, V6/2018 und V7/2018 protokollierten Verfahren über Gerichtsanträge des Bundesverwaltungsgerichtes hat der Wiener Stadtsenat innerhalb der gewährten Frist keine Äußerungen erstattet.
3. Der Verfassungsgerichtshof führte zu dem – beim Verfassungsgerichtshof zu V15/2018 protokollierten – gleichlautenden Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes (im Hinblick auf §19 Abs3 Z4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch.
III. Rechtslage
1. §39 des Gesetzes über das Besoldungsrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Wr. Besoldungsordnung 1994 – Wr. BO 1994), LGBl 55, lautet wie folgt:
"Einmalige Belohnungen
§39. (1) Für außergewöhnliche Arbeitsleistungen können in einzelnen Fällen Beamten einmalige Belohnungen in Form von monetären und/oder nicht monetären Leistungen (Remunerationen und/oder bezahlte Freizeit) gewährt werden. Auf die Bedeutung dieser Arbeitsleistungen ist dabei Bedacht zu nehmen.
(1a) Der Beamte, dem eine einmalige Belohnung in Form bezahlter Freizeit gewährt wird, behält für die Dauer dieser Dienstabwesenheit den Anspruch auf die in §38 Abs1 genannten Nebengebühren.
(2) Einmalige Belohnungen können auch aus Anlass des 25jährigen, 40jährigen und 50jährigen Dienstjubiläums gewährt werden. Scheidet der Beamte nach Vollendung des 35., aber vor Vollendung des 40. Dienstjahres aus dem Dienststand aus und hat er zu diesem Zeitpunkt bereits das 738. Lebensmonat vollendet, kann die einmalige Belohnung, die anlässlich der Vollendung des 40. Dienstjahres gewährt wird, ihm beim Ausscheiden aus dem Dienststand oder im Fall seines Todes an die Verlassenschaft ausgezahlt werden. Bei einem Beamten, dem nicht mehr als 60 Monate zur Vollendung des 720. Lebensmonats fehlen und der gemäß §68a Abs1 Z2 der Dienstordnung 1994 in den Ruhestand versetzt wird, gilt bei Anwendung des zweiten Satzes das 738. Lebensmonat im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung als vollendet. Die Voraussetzungen für das Dienstjubiläum sind auch dann erfüllt, wenn der Beamte einen Tag vor Erreichen der erforderlichen Dienstzeit aus dem Dienststand ausscheidet.
(2a) Bei Festsetzung der Höhe der einmaligen Belohnungen (Abs2) ist auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten Bedacht zu nehmen. Die Berücksichtigung von Zeiten als Dienstjahre im Sinn des Abs2 kann je nach Zeitpunkt des Eintrittes in das öffentlich-rechtliche oder unmittelbar davor liegende privatrechtliche Dienstverhältnis zur Stadt Wien unterschiedlich erfolgen.
(3) Einmalige Belohnungen können auch für die Verwaltung der Stadt Wien betreffende Verbesserungsvorschläge gewährt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, welcher Nutzen durch die Verwirklichung des Vorschlages erzielt wird, ob es sich bei dem Vorschlag um ein völlig neuartiges Gedankengut handelt oder ob der Vorschlag sich auf Vorbilder innerhalb oder außerhalb der Verwaltung der Stadt Wien stützt und ob der Vorschlag so weit ausgearbeitet ist, daß er sofort verwirklicht werden kann."
2. Der Beschluss des Stadtsenates vom 7. Dezember 1970 "über die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienstjubiläen", ABl. 5/1971 idF ABl. 39/2014, lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben; Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Richtlinien für die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienst-jubiläen
In Ausführung des §39 Abs2 und 2a der Besoldungsordnung 1994, LGBl für Wien Nr 55, gelten für die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienstjubiläen folgende Richtlinien:
1. Die Remuneration, die dem Beamten aus Anlaß eines Dienstjubiläums gewährt werden kann, beträgt:
a) bei einer Dienstzeit von 25 Jahren 200 vH,
b) bei einer Dienstzeit von 40 Jahren 400 vH,
c) bei einer Dienstzeit von 50 Jahren 600 vH,
des Monatsbezugs, der der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten am Ersten des Monats entspricht, in den das Dienstjubiläum fällt. Die Voraussetzungen für das Dienstjubiläum sind auch dann erfüllt, wenn der Beamte einen Tag vor Erreichen der erforderlichen Dienstzeit aus dem Dienststand ausscheidet.
2. Zur Dienstzeit nach Z1 zählen
a) bei einem Beamten, der vor dem 1. Oktober 1999 in ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zur Gemeinde Wien aufgenommen worden ist und seither ununterbrochen Bediensteter der Gemeinde Wien ist,
aa) die im bestehenden Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien zurückgelegte Zeit, soweit sie für die Vorrückung wirksam ist oder nur durch die Überstellung unwirksam geworden ist;
bb) Zeiten, soweit sie gemäß §14 Abs1 der Dienstordnung 1994, LGBl für Wien Nr 56, dem Beamten zur Gänze für die Vorrückung angerechnet worden sind oder anzurechnen wären, wenn der Beamte nicht am 31. Dezember 1970 dem Dienststand angehört hätte;
cc) Zeiten, soweit sie dem Beamten nach den vor dem 1. Jänner 1971 in Geltung gestandenen dienstrechtlichen Vorschriften oder nach Artikel IV der 1. Novelle zur Dienstordnung 1966 zur Gänze für die Vorrückung angerechnet worden sind;
dd) die in einem Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder einem Gemeindeverband zurückgelegte und nicht unter sublitaa bis cc fallende Zeit, soweit sie für die Vorrückung angerechnet worden ist;
ee) die in einem Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder einem Gemeindeverband zurückgelegte Zeit, die für die Vorrückung nur deshalb nicht angerechnet worden ist, weil sie vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegt;
ff) die in einem Ausbildungsverhältnis in einer Einrichtung der Gemeinde Wien zurückgelegte und nicht unter sublitaa bis cc fallende Zeit, sofern im unmittelbaren Anschluß daran ein diese Ausbildung voraussetzendes Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien begründet worden ist;
gg) die in einem Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zu einem Unternehmen zurückgelegte Zeit, wenn das Unternehmen von der Gemeinde Wien übernommen worden und die Gemeinde Wien gegenüber den Dienstnehmern in die Rechte des Dienstgebers eingetreten ist;
hh) die gemäß §10a Abs5 (ab 1. Jänner 2003 §10 Abs3) der Pensionsordnung 1995 zugerechnete Zeit;
b) bei einem von lita nicht erfaßten Beamten
aa) die in einem Dienstverhältnis oder Lehrverhältnis zur Gemeinde Wien zurückgelegte Zeit mit Ausnahme der Zeit eines Karenzurlaubes, die nicht für die Vorrückung gilt, der Zeit des eigenmächtigen und unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst und der Zeit des Fernbleibens vom Dienst infolge Freiheitsentzuges wegen eines gerichtlich zu ahndenden Tatbestandes;
bb) sonstige Zeiten gemäß lita bis zu einem Höchstausmaß von insgesamt drei Jahren; für Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien sind dabei auch Zeiten gemäß lita sublitbb zu berücksichtigen, die auf Grund des §5 Abs1 des Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetzes, LGBl Nr 84/2012, nicht für die Vorrückung angerechnet wurden.
Die mehrfache Berücksichtigung eines Zeitraumes ist ausgeschlossen. Bei einem Karenzurlaub, der allein oder bei mehreren ununterbrochen aufeinanderfolgenden Karenzurlauben in seiner Gesamtzeit länger als drei Jahre dauert, zählt die drei Jahre übersteigende Zeit, soweit sie nach dem 31. Dezember 1984 liegt, nicht als Dienstzeit gemäß Z1. Bei der Berücksichtigung von Zeiten gemäß lita sublitbb ist bei Bediensteten, die vor dem 16. April 2011 in ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien aufgenommen worden sind und seither ununterbrochen Bedienstete der Gemeinde Wien sind, §14 der Dienstordnung 1994 in der vor der 29. Novelle geltenden Fassung anzuwenden.
3. Die Remuneration ist an dem dem Dienstjubiläum nächstfolgenden Monatsersten auszuzahlen. Erfolgt die Auszahlung später als drei Monate nach diesem Zeitpunkt aus Gründen, die der Beamte nicht zu vertreten hat, so gilt als Bemessungsgrundlage der Monatsbezug im Monat der Auszahlung.
4. Bei einem Beamten, der nach einer Dienstzeit von 35 Jahren, aber vor einer Dienstzeit von 40 Jahren aus dem Dienststand ausscheidet und zu diesem Zeitpunkt das 738. Lebensmonat vollendet hat, gilt die Dienstzeit von 40 Jahren mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand als erfüllt.
5. Bei einem Beamten, dem nicht mehr als 60 Monate zur Vollendung des 720. Lebensmonats fehlen und der gemäß §68a Abs1 Z2 der Dienstordnung 1994 in den Ruhestand versetzt wird, gilt bei Anwendung der Z4 das 738. Lebensmonat im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung als vollendet.
6. Ist der Beamte vor Auszahlung der Remuneration verstorben, so ist diese an die Verlassenschaft auszuzahlen. Im Falle der Z3 gilt als Bemessungsgrundlage der letzten Monatsbezug.
7. Die Z1 bis 6 sind auf Vertragsbedienstete, für die die Vertragsbedienstetenordnung 1995, LGBl für Wien Nr 50, gilt, unter Bedachtnahme auf §50 der Vertragsbedienstetenordnung 1995 sinngemäß anzuwenden."
3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Verwaltungsgericht‑Dienstrechtsgesetzes (VGW‑DRG), LGBl 84/2012 idF LGBl 14/2017, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"2. Abschnitt
Mitglieder des Verwaltungsgerichts
Dienstrechtliche Sonderbestimmungen
§5. (1) Auf die Mitglieder des Verwaltungsgerichts sind die §§2a, 3, 6 bis 17a, 19 und 22, §23 Abs2, §24, §25 Abs4 bis 7, §§26 bis 27, §31 Abs5, §33, §37 Abs1 Z1, §38 Abs1, §§40 bis 42, 57 und 64 der Dienstordnung 1994 nicht anzuwenden.
(2) Die Bestimmungen der Abschnitte 7 und 8 der Dienstordnung 1994 gelten nur insoweit, als auf sie in diesem Gesetz ausdrücklich Bezug genommen wird.
(3) Soweit die Mitglieder nicht in Ausübung ihres richterlichen Amtes (§7 Abs2 VGWG) tätig sind, gilt auch §20 DO 1994.
[…]
Besoldung
§9. Für die Mitglieder des Verwaltungsgerichts gilt die Besoldungsordnung 1994 – BO 1994, LGBl Nr 55, mit folgenden Abweichungen:
1. Das Gehalt der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten und der sonstigen Mitglieder des Verwaltungsgerichts wird durch das Schema VGW und in diesem durch die Gehaltsstufe bestimmt. [Tabelle "Schema VGW"]
2. Die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident und die sonstigen Mitglieder des Verwaltungsgerichts sind mit Wirksamkeit der Ernennung in die Gehaltsstufe 1 des Schemas VGW einzureihen. Ihr Besoldungsdienstalter beträgt mit Wirksamkeit der Ernennung null Jahre. Die Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe erfolgt mit dem ersten Tag jenes Monats, der auf den Tag folgt, an dem die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident bzw. das sonstige Mitglied des Verwaltungsgerichts weitere vier Jahre ihres oder seines Besoldungsdienstalters vollendet.
[3.-4. …]
5. Mit dem Gehalt (Z1 bis 4) sind alle mengenmäßigen und zeitlichen Mehrdienstleistungen abgegolten.
6. Auf die Mitglieder des Verwaltungsgerichts sind die §2, §11 Abs1 bis 3 und 5 bis 7, §§13 bis 32, §33 Abs2 Z3 bis 5, §§36 bis 38, §39 Abs1 und 1a, §§39a, 40b, 40c und 40e bis 40k sowie §41 Abs1 BO 1994 nicht anzuwenden.
7. […]"
4. Die §§13, 14 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Wr. Dienstordnung 1994 – Wr. DO 1994), LGBl 56/1994 idF LGBl 28/2015, lauten (auszugsweise):
"Anrechenbare Dienstzeit
§13. (1) Die für alle von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Rechte entscheidende Dienstzeit beginnt mit dem Tag des Dienstantrittes bei der Stadt Wien, bei einem vorangegangenen nicht öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit dem Tag der Anstellung, und endet mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand.
(2) Inwieweit die der Anstellung vorangegangenen und die im Ruhestand verbrachten Zeiten anrechenbar sind, bestimmen §§14 und 15 sowie die Pensionsordnung 1995.
Besoldungsdienstalter
§14. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst, soweit sich aus §11 Abs7, §13 Abs3, §17 Abs4, §18 Abs3 bis 5 und 7 bis 9, §§40e, 40f, 40g, 40i, 40j und 40k der Besoldungsordnung 1994 nichts anderes ergibt, die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten (Dienstzeit) zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.
(2) Folgende, dem Tag der Anstellung vorangegangene Zeiten (Vordienstzeiten) sind auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen:
1. die Zeit, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder zu einem inländischen Gemeindeverband zurückgelegt wurde;
2. die Zeit der Leistung eines Grundwehrdienstes nach §20 Wehrgesetz 2001 – WG 2001, BGBl I Nr 146/2001, oder eines entsprechenden Ausbildungsdienstes gleicher Dauer nach §37 Abs1 WG 2001 oder des ordentlichen Zivildienstes nach §1 Abs5 Z1 Zivildienstgesetz 1986 – ZDG, BGBl Nr 679/1986;
3. die Zeit eines Dienstverhältnisses oder eines Dienstes, die den in Z1 und 2 genannten Dienstverhältnissen oder Diensten entsprechen und von einem Staatsangehörigen eines in §3 Abs1 Z2 genannten Landes in einem anderen solchen Land absolviert worden sind, sowie die in einem Dienstverhältnis zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört, zurückgelegte Zeit;
4. die Zeit, in der der Beamte auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes – HVG, BGBl Nr 27/1964, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 % gehabt hat.
(3) Über die in Abs2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die
1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder
2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.
(4) Ausgeschlossen von einer Anrechnung sind die Zeiten
1. die nach Abs2 Z1 und 3 zu berücksichtigen wären, wenn der Beamte aufgrund einer solchen Beschäftigung einen Anspruch auf laufende Pensionsleistungen erworben und diese nicht der Stadt Wien abgetreten hat,
2. in einem Dienstverhältnis nach Abs2 Z1 und 3, soweit sie nach den Vorschriften, die für dieses Dienstverhältnis gegolten haben, für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht wirksam gewesen sind, oder
3. welche im Zustand der Ämterunfähigkeit zurückgelegt wurden.
Die Einschränkung der Z2 gilt nicht für Zeiten, die nur deshalb nicht voll für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam waren, weil sie in einem Beschäftigungsausmaß zurückgelegt wurden, das unter der Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes lag. Waren solche Zeiten aus anderen Gründen für die Vorrückung nicht oder nicht voll wirksam (zB wegen eines Karenzurlaubes), ist die Z2 hingegen anzuwenden.
[(5)-(6) …]
(7) Vordienstzeiten sind jedenfalls anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Stadt Wien angerechnet worden sind. Wurde beim unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Stadt Wien das Besoldungsdienstalter infolge einer Überleitung nach den Bestimmungen des §49l der Besoldungsordnung 1994 pauschal bemessen, unterbleibt eine Ermittlung und hat die Einstufung auf Grundlage des bisherigen pauschal bemessenen Besoldungsdienstalters zu erfolgen.
(8) Die mehrfache Anrechnung ein und desselben Zeitraumes ist nicht zulässig."
IV. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat in den in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Verordnungsprüfungsverfahren erwogen:
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Im von Amts wegen eingeleiteten Prüfungsverfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. 5/1971 idF ABI. 39/2014, zweifeln ließe.
1.3. Es ist auch nichts hervorgekommen, das daran zweifeln ließe, dass das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Bestimmung bei seinen – im Wesentlichen gleich gelagerte Sachverhalte betreffenden – Entscheidungen denkmöglich anzuwenden hat.
1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, erweisen sich die Verordnungsprüfungsverfahren als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich als zutreffend erwiesen:
2.2. Mit dem Entfall des "dienstrechtliche[n] Homogenitätsgebot[es]" in Art21 Abs1 B‑VG mit der B‑VG-Novelle BGBl I 8/1999 (vgl. AB 1562 BlgNR 20. GP , 2 f.) sollte u.a. die zuvor bestehende "allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Anrechnung von Vordienstzeiten" abgeschafft werden (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Art21 B‑VG, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], 2. Lfg., 1999, Rz 37). Zudem wurde bewusst in Art21 Abs4 B‑VG die Anordnung, dass der Dienstwechsel "im Einvernehmen der zur Ausübung der Diensthoheit berufenen Stellen vollzogen" wird, gestrichen und an deren Stelle die mobilitätsfördernde Regelung in Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG in seiner geltenden Fassung aufgenommen, wobei dies wie folgt begründet worden ist:
"Nach dem vorgeschlagenen Art21 Abs4 zweiter Satz ist der nach der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung für das Dienstrecht zuständige Gesetzgeber – anders als nach geltender Rechtslage – zwar nicht verpflichtet, eine Anrechnung von Vordienstzeiten vorzusehen, die beim Bund, den Ländern, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden zurückgelegt worden sind; sofern er allerdings eine solche Anrechnung dieser Zeiten vorsieht, hat er auch vorzusehen, daß sie im selben Ausmaß anzurechnen sind. So wäre es beispielsweise unzulässig, wenn ein Bundesgesetz zwar die Anrechnung von beim Bund zurückgelegten Dienstzeiten in einem bestimmten Ausmaß vorsieht, die Anrechnung von bei einem Land (einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband) zurückgelegten Zeiten dagegen nur in einem geringeren Ausmaß ermöglicht oder gänzlich ausschließt."
Der Verfassungsgesetzgeber modifizierte mit dieser Novelle das bisherige System der Kongruenz des Dienstrechts der Gebietskörperschaften dahingehend, dass das zuvor in Art21 Abs1 B‑VG idF BGBl 1013/1994 enthaltene Kriterium des "wesentlichen Behinderns" des Dienstwechsels entfiel und allein das neue Verbot der unterschiedlichen Anrechnung von Vordienstzeiten (im Vergleich zum Gebot gleichartiger "Bedingungen für die dienstliche Laufbahn") aufgenommen wurde (Kucsko‑Stadlmayer,aaO, Rz 37; Cargnelli-Weichselbaum,Art21 B‑VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill‑Schäffer‑Kommentar Bundesverfassungsrecht, 19. Lfg., 2017, Rz 9; zur "wesentlichen Behinderung" des Dienstwechsels gemäß Art21 Abs1 B‑VG vor BGBl I 8/1999 ausführlich bereits: Pernthaler/Weber, Landeskompetenzen und bundesstaatliches Homogenitätsprinzip im Dienstrecht, FS Schnorr, 1988, 558 [573 ff.]).
2.3. Soweit der Wiener Stadtsenat die Anwendbarkeit von Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG als Prüfungsmaßstab für die Verordnungsbestimmung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art45 AEUV; EuGH 5.12.2013, Rs. C‑514/12, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH ["SALK"]) und des Verfassungsgerichtshofes zum Verhältnis von Unionsrecht und Verfassungsrecht in Frage stellt und behauptet, dass Art21 Abs4 B‑VG vom Unionsrecht verdrängt werde, verfängt diese Argumentation nicht, weil kein Widerspruch dieser Bestimmung zu Unionsrecht besteht (auch hat der Gerichtshof der Europäischen Union keinen solchen festgestellt); Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG sieht nämlich nur vor, dass die Anrechnung bestimmter Vordienstzeiten (bei Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden) einheitlich zu erfolgen hat, ohne jedoch eine allfällige — nach Maßgabe des Unionsrechts — verpflichtende Anrechnung anderer Vordienstzeiten auszuschließen.
2.4. Unter den Tatbestand der "Anrechnung von Dienstzeiten" iSd Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG sind all jene Ansprüche zu subsumieren, die vom Ablauf einer bestimmten Zeitspanne abhängen (zeitabhängige Rechte, zB auch die Dauer der "Probedienstzeit" bei Aufnahme in ein definitives Dienstverhältnis [VfSlg 18.636/2008], zu Nebengebühren [VfSlg 18.236/2007] sowie die Anrechnung von Zeiten, die von öffentlich Bediensteten bei einer Gebietskörperschaft verbracht worden sind, solange sie im Dienstverhältnis zur Gebietskörperschaft stehen, selbst wenn sie etwa einer ausgegliederten Einrichtung zur Dienstleistung zugewiesen sind [VfSlg 19.110/2010 mwN]). Da auch die Gewährung von Remunerationen aus Anlass eines Dienstjubiläums nach der in Prüfung gezogenen Verordnung von der Dauer des Dienstverhältnisses — also von einer bestimmten Zeitspanne — abhängt, sind auch die bei einer in Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG genannten Körperschaft verbrachten Zeiten gleich den bei der Remuneration gewährenden Körperschaft verbrachten Zeiten anzurechnen.
Der Umstand, dass Remunerationen aus Anlass eines Dienstjubiläums in Form von Ermessensentscheidungen zuerkannt werden, vermag an deren Qualifikation als zeitabhängige Rechte iSd Art21 Abs4 B‑VG nichts zu ändern, weil jedenfalls das Vorliegen der erforderlichen Dienstzeit eine Voraussetzung für die Gewährung darstellt (vgl. VfSlg 11.693/1988; zu zeitabhängigen Rechten und Art21 Abs4 B‑VG vgl. auch VwGH 25.2.2004, 2003/12/0162; 12.12.2008, 2005/12/0183; 10.3.2009, 2008/12/0078; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §20c Abs1 GehG 1956 wonach es sich zwar bei der Zuerkennung der Jubiläumszulage um eine Ermessensentscheidung handle, dieselbe "aus Anlass der Vollendung der im Gesetz angeführten Dienstzeiten […] grundsätzlich gewährt werden solle, es sei denn, der Beamte hätte sich als einer Belohnung für treue Dienste unwürdig erwiesen, obwohl ihm Untreue nicht vorgeworfen werden könne" — vgl. VwGH 30.5.2011, 2010/12/0118; zur vergleichbaren Regelung im VBG s. nun auch OGH 27.11.2012, 8 ObA 67/12d, mwN).
Auch wenn – wie die verordnungserlassende Behörde vorbringt – es sich nach der seit 1. Oktober 1999 geltenden Rechtslage bei den Remunerationen aus Anlass des Dienstjubiläums um "echte" Treueprämien des Dienstgebers handelte, ändert sich nichts daran, dass es sich auch in diesem Fall um "zeitabhängige" Rechte iSd Art21 Abs4 B‑VG handeln würde.
2.5. In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).
Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).
2.6. Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken nicht bestehen, hat die Aufhebung der gesamten Ziffer 2 litb der Verordnung zu erfolgen, zumal ansonsten bei nach 1999 ernannten Beamten eine noch stärkere Ungleichbehandlung zwischen Zeiten beim Dienstgeber "Gemeinde Wien" und bei "sonstigen" Dienstgebern iSd Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG geschaffen würde, als in der Verordnung des Wiener Stadtsenates vorgesehen war. Die Aufhebung bloß der Wortfolge "bis zu einem Höchstausmaß von insgesamt drei Jahren" würde hingegen die Absicht des Verordnungsgebers ins Gegenteil verkehren und stünde auch in Widerspruch zu jener Regelung in Ziffer 2 lita der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung, die für vor 1. Oktober 1999 in den Dienst aufgenommene Bedienstete gilt und zahlreiche verschiedene Tatbestände, die eine Berücksichtigung von Zeiten für das Dienstjubiläum ermöglichen, enthält.
2.7. Da der beim Verfassungsgerichtshof zu V15/2018 protokollierte Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes den beim Verfassungsgerichtshof zu V119/2017, V6/2018 und V7/2018 protokollierten Anträgen des Bundesverwaltungsgerichtes gleicht, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in dieser Rechtssache durchzuführen. Dies erfolgt im Hinblick darauf, dass die im Verfahren über den Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes zu V119/2017, V6/2018 und V7/2018 aufgeworfenen Rechtsfragen durch die Entscheidung über die sonstigen Anträge des Bundesverwaltungsgerichtes und in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnungsbestimmung bereits geklärt werden (vgl. VfSlg 19.960/2015; VfGH 29.9.2017, G243/2016, G236/2017).
V. Ergebnis
1. Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. 5/1971 idF ABI. 39/2014, ist daher wegen Verstoßes gegen Art21 Abs4 zweiter Satz B‑VG als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.
3. Die Verpflichtung der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des damit im Zusammenhang stehenden weiteren Ausspruchs erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §138a Abs1 Z8 Wr. Stadtverfassung.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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