UFS FSRV/0039-S/06

UFSFSRV/0039-S/063.7.2012

Ersatzfreiheitsstrafe; Bemessung; Begründungspflicht

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0229 eingebracht. Mit Erk. vom 19.6.2013 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. FSRV/0008-S/13 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, HR Dr. Michael Schrattenecker, in der Finanzstrafsache gegen RF., X-Stadt, vertreten durch Dr. Andreas Arnold, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 59, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung der Beschuldigten vom 31. März 2005 gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 15. Dezember 2004, StrNr. 2004/0086-001,

zu Recht erkannt:

Der Berufung wird in der Form teilweise Folge gegeben, dass die gemäß § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit vier Tagen festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, StrNr. 2004/0086-001, hat das Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Berufungswerberin (Bw.) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, weil sie als Einzelunternehmerin im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt 1.) vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2002 Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, und zwar Umsatzsteuer in Höhe von € 6.054,80 und Einkommensteuer in Höhe von € 4.041,15, insgesamt sohin € 10.095,95 verkürzt und 2.) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe von Voranmeldungen für den Zeitraum 01-12/2003 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von € 7.508,96 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Das Finanzamt nahm es als erwiesen an, dass die Beschuldigte seit März 2002 als Einzelunternehmerin ein Detektivunternehmen betrieb und für die Jahre 2002 und 2003 weder Abgabenerklärungen noch Umsatzsteuervoranmeldungen einreichte. Durch die Nichterklärung von Erlösen und Einkünften für 2002 sei erwiesen, dass die Beschuldigte die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt habe und durch die dadurch entstandene Abgabenverkürzung den Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG erfüllt habe. Bei einer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung sei festgestellt worden, dass für den Zeitraum 01-10/2003 weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden. Die Beschuldigte habe damit wiederholt die grundsätzlichsten abgabenrechtlichen Verpflichtungen - wie es die fristgerechte Abgaben von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. die Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen darstelle - verletzt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2004 habe sich die Beschuldigte auch geständig gezeigt, aber auf ihre mäßige Schulausbildung, ihr eigenes Unvermögen und vor allem auf die großen finanziellen Probleme verwiesen.

Aus diesem Grund wurde über sie gemäß § 33 Abs. 5 iVm. § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000.-- verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen ausgesprochen.

Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG pauschal mit € 363.-- bestimmt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten vom 31. März 2005, die sich ausdrücklich nur gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe sowie das Ausmaß der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe richtet. In der Berufung wird eingeräumt, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz die äußerst schwierige finanzielle und persönliche Situation der Beschuldigten bei der Strafbemessung berücksichtigt habe. Dennoch stellten die verhängten Strafen im konkreten Einzelfall für die Lebenssituation der Beschuldigten eine besondere Härte dar, die eine komplette wirtschaftliche Vernichtung der Beschuldigten befürchten ließen. Darüber hinaus sei das Kindeswohl der minderjährigen Tochter J. in Gefahr. Die Berufungswerberin sei mit Rücksichtnahme auf die Betreuungspflichten und schulischen Probleme ihrer Tochter halbtagsbeschäftigt und verdiene als Kassierin in einem Supermarkt € 520.-monatlich. Sie befinde sich in Privatkonkurs und sei ein Abschöpfungsverfahren im Laufen. Der drohende Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen würde den Verlust des Arbeitsplatzes nach sich ziehen. Außerdem würde dem Kind in der schwierigen Situation die Mutter genommen, eine gleichwertige Betreuung sei nicht vorhanden. In rechtlicher Hinsicht werde auf die Systemwidrigkeit des § 26 FinStrG verwiesen, nach der eine bedingte Bestrafung zwar im gerichtlichen, nicht aber im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren zulässig sei. Bei schwereren Delikten sei aufgrund der Gerichtszuständigkeit der Ausspruch einer bedingten Verurteilung möglich. Es werde der Antrag gestellt, die Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

Der Unabhängige Finanzsenat hat diese Berufung mit Berufungsentscheidung vom 6. April 2006, FSRV/0009-S/05, als unbegründet abgewiesen und damit die Höhe der verhängten Geldstrafe und die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2006/15/0223-8 in der Form abgesprochen, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Im Übrigen - also hinsichtlich der Ausmessung der Geldstrafe - wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Daraus ergibt sich, dass die Geldstrafe von € 4.000.-vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde und damit endgültig feststeht, hinsichtlich der Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe der Unabhängige Finanzsenat jedoch erneut zu entscheiden hat.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. Dezember 2004 wurde die Berufungswerberin der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Dieser Schuldspruch wird von der Bw. dem Grunde nach auch nicht bekämpft. Die Berufung richtet sich einzig gegen die verhängten Strafen. Nach § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet.

Nach § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters. Gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. sind bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Nach Abs. 3 sind schließlich bei Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Die Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmungen führt zu folgendem Ergebnis. Die Berufungswerberin hat das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung zu verantworten. Dies stellt nach der Systematik des Finanzstrafgesetzes das schwerwiegendste Vergehen dar, das Vorsatz und hinsichtlich des zweiten Faktums sogar Wissentlichkeit voraussetzt. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2004 letztendlich geständig gezeigt und damit ihr vorsätzliches Handeln zugestanden, so dass von einer geringen Schuld des Täters wohl nicht gesprochen werden kann. Dazu kommt der - im gesamten Verfahren unbestritten gebliebene - Verkürzungsbetrag von € 17.605,31 der zu einer Strafdrohung von € 35.200.-führt. An dieser angedrohten Höchststrafe hatte sich die Bemessung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu orientieren.

Das Finanzamt hat die Milderungs- und Erschwerungsgründe völlig zutreffend gewürdigt, und als mildernd das nunmehrige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung angenommen. Die mehrfache Tatwiederholung und damit der lange Tatzeitraum und die einschlägige Vorstrafe waren als erschwerend zu berücksichtigen, wobei festzuhalten ist, dass dem Erkenntnis vom 6.November 2001 ebenfalls eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, also das gleiche Umsatzsteuerdelikt zugrunde gelegen ist.

Was die wirtschaftliche Situation der Bw. betrifft, so war die im Berufungsschriftsatz dargelegte Lage bereits dem Finanzamt bekannt und wurde diese bei der Ausmessung der Geldstrafe so weit als möglich berücksichtigt. An der schlechten wirtschaftlichen Situation hat sich im Zeitraum zwischen Erkenntnis und erster Berufungsentscheidung nichts geändert, da sich die Berufungswerberin im Privatkonkurs bzw. in einem Abschöpfungsverfahren befand. Allerdings steht der Umstand, dass der Täter nur ein geringes Einkommen bezieht, als solcher der Verhängung einer Geldstrafe nicht entgegen (VwGH 25.6.1998, 96/15/0041). Die Verhängung einer Geldstrafe ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann gerechtfertigt, wenn es die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen. Auch die Anhängigkeit eines Schuldenregulierungsverfahrens kann eine Strafbemessung nach der Schuld des Täters nicht ausschließen (VwGH 31.3.2004, 2003/13/0136). Die Bw. verkennt in ihren Ausführungen, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nur eine Komponente der Strafbemessung darstellen, die die Schuld- und Unrechtskomponente nicht gänzlich verdrängen können.

Das weitere Berufungsvorbringen befasst sich mit Fragen des Strafvollzuges, die im Rahmen der Strafbemessung nicht zu klären sind; die Strafbemessung ist Teil der Erkenntnisfindung, bei der die angemessene Sanktionierung des strafbaren Verhaltens im Vordergrund steht. Bei der Bemessung der Geldstrafe bzw. der Ersatzfreiheitsstrafe kann nicht darauf Bedacht genommen werden, wie sich ein allfälliger Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe auf die familiären Verhältnisse eines Finanzstraftäters auswirken könnten.

Zur aufgezeigten Systemwidrigkeit des § 26 FinStrG ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5.3.1984, B 86/80, zu verweisen, wonach der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Regelung nicht unsachlich gehandelt habe, weil gerichtliche Verurteilungen mit einschneidenderen Folgen verbunden seien als verwaltungsbehördliche. Faktum ist, dass nach geltender Rechtslage eine bedingte Strafnachsicht im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren nicht vorgesehen ist und der Bw. demnach nicht mit einer bedingten Strafnachsicht "entgegengekommen" werden kann.

Letztlich ist nochmals festzuhalten, dass die Höchststrafe im vorliegenden Fall gem. § 33 Abs. 5 FinStrG € 35.209,82 beträgt und dass nur aufgrund der äußerst schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Situation der Beschuldigten mit einer Geldstrafe von € 4.000.-(dies entspricht rund 11 % der möglichen Höchststrafe) das Auslagen gefunden werden konnte.

Hinsichtlich der Geldstrafe von € 4.000.-hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates bestätigt, sodass diese daher endgültig in Rechtskraft erwachsen ist.

Hinsichtlich der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe wurde die Berufungsentscheidung aufgehoben, weil die Berufungsbehörde ihre Entscheidung nicht nachvollziehbar begründet habe.

Im zweiten Rechtsgang war daher die Ersatzfreiheitsstrafe erneut festzusetzen. Bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist ebenso wie bei der Bemessung jeder anderen Freiheitsstrafe auf die Umstände des Einzelfalles, wie insbesondere auf das Ausmaß der Schuld Bedacht zu nehmen. Die Ersatzfreiheitsstrafe kann nicht an einer (konkret oder gar abstrakt denkbaren) maximalen Geld- oder Wertersatzstrafe orientiert werden, weil - anders als für die Geld- oder Wertersatzstrafe - für die Ersatzfreiheitsstrafe eine absolute Höchstgrenze normiert worden ist, was die gedachte Proportionalität ausschließt (Fellner, Finanzstrafgesetz, § 20 TZ 8). Im Gegenstandsfall ist bei Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe zwingend von den gleichen Milderungs- und Erschwerungsgründen auszugehen, wie sie der Bemessung der Geldstrafe zugrunde gelegen sind. Als mildernd sind sohin das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung zu berücksichtigen, als erschwerend die mehrfache Tatwiederholung und die einschlägige Vorstrafe. Die Erstinstanz setzte in der Strafverfügung bei einer Geldstrafe von € 4.000.-eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen fest, obwohl der Milderungsgrund des Geständnisses noch nicht gegeben war. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis wird die Ersatzfreiheitsstrafe - bei gleichbleibender Geldstrafe - auf 20 Tage erhöht, eine Begründung dafür findet sich im Straferkenntnis nicht.

Unter Heranziehung der für die Geldstrafe relevanten Strafbemessungsgründe hielte die Berufungsbehörde die ursprünglich festgesetzten 14 Tage für sachgerecht. In Anbetracht der langen Verfahrensdauer bzw. des Umstandes, dass die verwirklichten Finanzvergehen zeitlich weit zurück liegen, erscheint eine deutliche Reduzierung der Ersatzfreiheitsstrafe auf die im Spruch festgesetzten vier Tage als gerechtfertigt. Dieses Ausmaß ist nach der bestehenden Verwaltungspraxis als unterdurchschnittlich anzusehen und berücksichtigt die Besonderheiten des Einzelfalles in besonderem Maße. Eine noch weitgehendere Herabsetzung der Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe würde zum Wegfall jeder Sühnewirkung führen, was den Intentionen des Finanzstrafgesetzes widersprechen würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am 3. Juli 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 21 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958

Stichworte