VwGH 2012/16/0229

VwGH2012/16/022919.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der F in O, vertreten durch Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Mirabellplatz 6/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 3. Juli 2012, Zl. FSRV/0039-S/06, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §20 Abs1;
FinStrG §32 Abs1;
FinStrG §20 Abs1;
FinStrG §32 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 927,84 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 2006, Zl. FSRV/0009-S/05, wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe 1. vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2002, Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen gewesen wären und zwar Umsatzsteuer in Höhe von EUR 6.054,80 und Einkommensteuer in der Höhe von EUR 4.041,15, insgesamt sohin EUR 10.095,95, verkürzt und

2. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe von Voranmeldungen für den Zeitraum 01-12/2003 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von EUR 7.508,96 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 33 Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen verhängt.

Mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2006/15/0223, hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid hinsichtlich der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und im Übrigen - hinsichtlich der Ausmessung der Geldstrafe - die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur weiteren Vorgeschichte in dieser Beschwerdesache wird - ebenso wie hinsichtlich der Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG - auf das eben genannte Erkenntnis verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin insoweit Folge gegeben, als sie gemäß § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der - nicht mehr bekämpfbaren - Geldstrafe die an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit vier Tagen festgesetzt hat.

Nach der Begründung im angefochtenen Bescheid habe die Beschwerdeführerin das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung zu verantworten. Dies stelle nach der Systematik des Finanzstrafgesetzes das "schwerwiegendste" Vergehen dar, das Vorsatz und hinsichtlich des zweiten Faktums sogar Wissentlichkeit voraussetze. Die Beschwerdeführerin habe sich in der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2004 geständig gezeigt und damit ihr vorsätzliches Handeln zugestanden, sodass von einer geringen Schuld des Täters wohl nicht gesprochen werden könne. Dazu komme der im gesamten Verfahren unbestritten gebliebene Verkürzungsbetrag von EUR 17.605,31, der zu einer Strafdrohung von EUR 35.200,-- führe. An dieser angedrohten Höchststrafe habe sich die Bemessung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu orientieren. Das Finanzamt habe die Milderungs- und Erschwerungsgründe völlig zutreffend gewürdigt und als mildernd das nunmehrige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung angenommen. Die mehrfache Tatwiederholung und damit der lange Tatzeitraum und die einschlägige Vorstrafe seien als erschwerend zu berücksichtigen gewesen, wobei festzuhalten sei, dass dem Erkenntnis vom 6. November 2001 ebenfalls eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, also das gleiche Umsatzsteuerdelikt, zu Grunde gelegen sei. Die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin sei bei der Ausmessung der Geldstrafe soweit als möglich berücksichtigt worden. An der schlechten wirtschaftlichen Situation habe sich im Zeitraum zwischen Erkenntnis und erster Berufungsentscheidung nichts geändert, weil sich die Beschwerdeführerin im Privatkonkurs bzw. in einem Abschöpfungsverfahren befunden habe. Allerdings stehe der Umstand, dass der Täter nur ein geringes Einkommen beziehe, als solcher der Verhängung einer Geldstrafe nicht entgegen. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters stellten nur eine Komponente der Strafbemessung dar, die die Schuld- und Unrechtskomponente nicht gänzlich verdrängen könnten. Lediglich auf Grund der äußerst schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin sei mit einer Geldstrafe von EUR 4.000,-- (rund 11% der Höchststrafe) das Auslangen gefunden worden. Bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe sei ebenso wie bei der Bemessung jeder anderen Freiheitsstrafe auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf das Ausmaß der Schuld, Bedacht zu nehmen. Die Ersatzfreiheitsstrafe könne nicht an einer maximalen Geld- oder Wertersatzstrafe orientiert werden, weil für die Ersatzfreiheitsstrafe eine absolute Höchstgrenze normiert worden sei, was die gedachte Proportionalität ausschließe. Im Beschwerdefall sei bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe zwingend von den gleichen Milderungs- und Erschwerungsgründen auszugehen, wie sie der Bemessung der Geldstrafe zu Grunde gelegen seien. Als mildernd seien sohin das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung zu berücksichtigen, als erschwerend die mehrfache Tatwiederholung und die einschlägige Vorstrafe. Unter Heranziehung der für die Geldstrafe relevanten Strafbemessungsgründe habe die belangte Behörde die ursprünglich in der Strafverfügung festgesetzten - und dann auf 20 Tage erhöhten - 14 Tage für sachgerecht gehalten. In Anbetracht der langen Verfahrensdauer bzw. des Umstandes, dass die verwirklichten Finanzvergehen zeitlich weit zurücklägen, erscheine eine deutliche Reduzierung der Ersatzfreiheitsstrafe auf die im Spruch festgesetzten vier Tage als gerechtfertigt. Dieses Ausmaß sei nach der bestehenden Verwaltungspraxis als unterdurchschnittlich anzusehen und berücksichtige die Besonderheiten des Einzelfalles im besonderen Maße. Eine noch weiter gehende Herabsetzung der Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe würde zum Wegfall jeder Sühnewirkung führen, was den Intentionen des Finanzstrafgesetzes widersprechen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde trägt die Beschwerdeführerin vor, der Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe sei unzulässig gewesen, weil einerseits die Strafbarkeit des im Jahre 2002 abschlossen gewesenen strafbaren Verhaltens der Beschwerdeführerin infolge der fünfjährigen Verjährungsfrist verjährt sei, andererseits sei die Vollstreckbarkeitsverjährung eingetreten, weil seit der Rechtskraft der Festsetzung der Geldstrafe mit Bescheid vom 6. April 2006 mehr als fünf Jahre vergangen seien.

Gemäß § 32 Abs. 1 FinStrG erlischt die Vollstreckbarkeit von Strafen wegen Finanzvergehen durch Verjährung. Die Frist für die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, in der auf die zu vollstreckende Strafe erkannt worden ist. Sie beträgt fünf Jahre. Nach Abs. 3 lit. e) leg. cit. werden in die Verjährungsfrist Zeiten, in denen bezüglich des Strafverfahrens ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist, nicht eingerechnet.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Geldstrafe mit Bescheid vom 6. April 2006, Zl. FSRV/0009-S/05, rechtskräftig festgesetzt. Das dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof geführte Verfahren dauerte vom 21. Juni 2006 (Postaufgabe der Beschwerde) bis zur Zustellung des Erkenntnisses vom 25. Oktober 2006, Zl. 2006/15/0223, im November 2006, somit höchstens ein halbes Jahr. Bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 3. Juli 2012 sind demnach unter Abzug der Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof jedenfalls mehr als fünf Jahre vergangen. Die Vollstreckbarkeit der Geldstrafe ist demnach verjährt.

Kann aber die Geldstrafe wegen Verjährung nicht mehr vollzogen werden, ist auch die Vollstreckung der gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG nur für den Fall der Uneinbringlichkeit an ihre Stelle tretenden Ersatzfreiheitsstrafe unzulässig. Dieser Fall ist jenem gleichzuhalten, in dem ein Abspruch über die nach der gesetzlichen Anordnung zugleich mit der Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe unterblieben ist (vgl. Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Band I, Rz 4 zu § 20).

Die Vollstreckbarkeitsverjährung der Geldstrafe erfasst demnach auch die Ersatzfreiheitsstrafe, die so gesehen kein isoliertes Schicksal haben kann. Die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe für eine bereits verjährte Geldstrafe sieht das Gesetz nicht vor, zumal diese einerseits zugleich mit der Geldstrafe und andererseits für den Fall von deren Uneinbringlichkeit festzusetzen ist. Kann die Geldstrafe aber nicht mehr eingebracht werden, weil die Vollstreckbarkeit verjährt ist, erweist sich die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe als rechtswidrig.

Der angefochtenen Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. Juni 2013

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