UFS RV/3860-W/10

UFSRV/3860-W/1025.5.2011

Mehrere mängelfreie Anbringen sind jeweils für sich zu beurteilen. Der Kontext der Anbringen kann nicht dazu führen, einem dieser Anträge einen undeutlichen Inhalt zu unterstellen.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/13/0082 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24.9.2014 abgelehnt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der S, x, vertreten durch CWS Causa Steuerberatungs-GesmbH, 1090 Wien, Türkenstrasse 25/6, vom 21. Oktober 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 11. Oktober 2010 betreffend Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Bescheide betreffend Forschungsprämien gemäß § 108c EStG 1988 für den Zeitraum 2005 bis 2007 nach der am 24. Mai 2011 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die S (i.d.F.Bw.) wurde einer umfassenden abgabenrechtlichen Prüfung unterzogen. Dabei getroffene Feststellungen führten dazu, dass im wiederaufgenommenen Verfahren neue Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2007 ebenso ergingen wie Bescheide betreffend die Forschungsprämie gemäß § 108c EStG 1988 die abweichend zu der in den Beilagen zu den Körperschaftsteuererklärungen dargestellten Höhe auf Grundlage der im Bp-Bericht getroffenen Feststellungen neu festgesetzt wurden.

Die resultierenden Bescheide betreffend Körperschaftsteuer (2005 bis 2007) ergingen mit 1. Juli 2010, jene betreffend Festsetzung der Forschungsprämie der Jahre 2005 bis 2007 mit 7. Juli 2010.

Mittels eines vom steuerlichen Vertreter der Bw. eingebrachten Schriftsatzes vom 5. August 2010 wurde eine Rechtsmittelfristverlängerung beantragt. Dem Schreiben liegt folgender Wortlaut zugrunde:

,Am 8. Juli 2010 langte der Körperschaftsteuerbescheid 2005 und am 7. Juli langten die Körperschaftsteuerbescheide 2006 und 2007 unserer o.a. Mandantin bei uns ein.

Innerhalb offener Frist beantragen wir namens und im Auftrag unserer o.a. Mandantin die Frist zur Einbringung des ordentlichen Rechtsmittels der Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2005, 2006 und 2007 (datiert mit 1. Juli 2010) um zwei Monate bis zum 5. Oktober 2010.'

Mit gleichem Schriftsatz wurde (nach Begründung der beantragten Rechtsmittelverlängerung) folgender Antrag gestellt:

,Weiters beantragen wir die Aussetzung der Einhebung der folgenden Abgabennachforderungen bis zur Erledigung unseres Ansuchens.'

Dem Antrag folgt eine ziffernmäßige (tabellarische) Darstellung der auszusetzenden Abgabenarten, die neben der Körperschaftsteuer für 2005 und 2006 samt Anspruchszinsen auch die Forschungsprämien der Jahre 2005 bis 2007 enthält.

 

Körperschaftsteuer 2005

261.570,13

Anspruchszinsen 2005

40.057,10

Körperschaftsteuer 2006

74.708,54

Anspruchszinsen 2006

7.754,51

Forschungsprämie 2005

108.481,76

Forschungsprämie 2006

163.624,25

Forschungsprämie 2007

337.727,24

Gesamt

993.923,53

Mit Eingabe vom 5. Oktober 2010 wurde Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 erhoben.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 wurde die Berufung gegen die Bescheide über die Festsetzung von Forschungsprämien gemäß § 108c EStG 1988 für die Jahre 2005 bis 2007 gemäß § 276 Abs. 1 BAO zurückgewiesen, nachdem die Berufungsfrist am 14. Juli 2010 abgelaufen sei.

Die Bw. erhob in der Folge mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 die gegenständliche Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid über die Festsetzung von Forschungsprämien für die Jahre 2005 bis 2007.

Die Bescheide seien zwar im Fristverlängerungsansuchen vom 5. August 2010 nicht näher angeführt worden, dass sich dieses auch auf die Bescheide betreffend Festsetzung der Forschungsprämien beziehe ergebe sich indes aus dem Aussetzungsansuchen. Aus § 85 (2) BAO ergebe sich, dass die Abgabenbehörde dem Einschreiter die Behebung inhaltlicher Mängel oder Formgebrechen innerhalb angemessener Frist aufzutragen habe.

Dass sich die Fristverlängerung auch auf die Forschungsprämien beziehe ergebe sich nicht nur dadurch, dass sie im Aussetzungsersuchen explizit erwähnt seien, sondern auch daraus, dass sie auch Gegenstand wesentlicher Feststellungen des Außenprüfungsberichtes gewesen wären.

Die Behörde sei bei Unklarheit über den Umfang eines Parteienantrages verpflichtet, den Antragsteller zur Präzisierung aufzufordern (vgl. VwGH 18.2.1972, 1504/71, 10.9.1986, 85/09/0260).

Forschungsprämien könnten bis zum Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides geltend gemacht werden. Diese sei weit zu interpretieren und betreffe auch Fälle, bei denen im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens neue Bescheide erlassen würden (vgl. Zorn, in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 108c). Da die Körperschaftsteuerbescheide noch nicht in Rechtskraft erwachsen seien, werde eine Anpassung der Forschungsprämien entsprechend der Berufung beantragt.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 8. November 2010 als unbegründet abgewiesen.

Die Berufungsfrist betrage gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat und könne aufgrund von Abs. 3 leg. cit. aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt verlängert werden.

Ein Fristverlängerungsantrag könne rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden. Einem verspäteten Antrag komme keine fristhemmende Wirkung zu, er sei zurückzuweisen (Ritz, BAO-Kommentar3, § 245 Rz. 14).

Gemäß § 273 Abs. 1 lit b BAO sei eine nicht rechtzeitig eingebrachte Berufung durch Bescheid zurückzuweisen.

Die Bw. habe mit 5. August 2010 einen Fristverlängerungsantrag betreffend die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2005 bis 2007 (bis 5. Oktober 2010) eingebracht. Dies ergebe sich aus der Überschrift sowie den einleitenden Sätzen. Das Fristverlängerungsansuchen sei daher keinesfalls als mangelhaft zu bezeichnen.

Gleichzeitig sei ein Antrag auf Aussetzung der Abgabennachforderungen betreffend Körperschaftsteuer, Anspruchszinsen sowie Forschungsprämien für 2005 bis 2007 eingebracht worden, dem ebenfalls kein inhaltlicher Mangel innewohne. Da ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung jedoch frühestens gleichzeitig mit der Berufung gestellt werden könne sei der Aussetzungsantrag zu Recht mit Bescheid vom 24. September 2010 abgewiesen worden (vgl. VwGH 11.2.1994, 92/17/0152).

Die Bescheide über die Forschungsprämien seien am 7. Juli 2010 erstellt worden. Unter Berücksichtigung eines 5-tägigen Postlaufes sei die Zustellung am 14. Juli 2010 erfolgt. Die Berufungsfrist sei daher mit 16. August 2010 abgelaufen, weshalb die Berufung vom 5. Oktober 2010 zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden sei.

Mit schriftlicher Eingabe vom 26. November 2010 beantragte die Bw. die Vorlage an die Behörde II. Instanz unter Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Die Bw. verweist darin auf die Rechtssprechung des VwGH (16.7.1996, Zl. 95/14/0148) wonach im Zweifel Anbringen einer Partei nicht ein solcher Inhalt beizumessen sei, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Weiters verweist die Bw. auf die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 29. Oktober 2010, wonach dieses der Berufung gegen die Abweisung des Aussetzungsantrages teilweise stattgegeben und die Forschungsprämien für die Jahre 2005 bis 2007 ausgesetzt habe, wogegen die Bw. ebenfalls einen Vorlageantrag gestellt habe. Es sei klärungsbedürftig, weshalb eine Aussetzung der Einbringung ohne zugrunde liegende Berufung verfügt worden sei.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird das Verfahren betreffend den erwähnten Aussetzungsantrag kurz zusammengefasst.

Der Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO (s. oben) erfolgte mit gleichem Schriftsatz (5. August 2010) wie das Fristverlängerungsansuchen und betraf die aufgrund der Feststellung der Bp. nachgeforderten Beträge betreffend Körperschaftsteuer, Anspruchszinsen und Forschungsprämie.

Mit Bescheid vom 24. September 2010 wurde der Antrag zurückgewiesen, nachdem eine den Antrag zugrunde liegende Berufung nicht eingebracht worden sei.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 21. Oktober 2010 verweist die Bw. auf die zwischenzeitig am 5. Oktober 2010 eingebrachte Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer (samt Säumniszinsen) und zudem auf ihre Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend der Forschungsprämien (vom 11. Oktober 2010).

Mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Oktober 2010 wurde der Berufung gegen die Abweisung des Aussetzungsantrages teilweise stattgegeben und die Aussetzung der Forschungsprämien (soweit am Abgabenkonten aushaftend) bewilligt.

Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung wurde mit Bescheid vom 9. November 2010 bescheidmäßig verfügt wogegen ebenfalls Berufung (vom 26. November 2010) erhoben wurde. Die Berufungsvorentscheidung vom 13. Dezember 2010 mit der die Berufung über den Ablauf der Aussetzung abgewiesen wurde begründet das Finanzamt damit, dass die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 21. Oktober 2010 mit Berufungsvorentscheidung vom 8. November 2010 abgewiesen und der Ablauf der Aussetzung gemäß § 212a Abs. 5 BAO zu verfügen gewesen sei. Die Berufungsvorentscheidung sei infolge des Vorlageantrages gemäß § 276 Abs. 3 BAO nicht aus dem Rechtsbestand getreten. Ein neuerlicher Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a Abs. 5 BAO könne bis zur Erledigung des Vorlageantrages gestellt werden.

 

In der am 24. Mai 2011 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde von Seiten der Bw. dargelegt, dass schon im Prüfungsverfahren in Besprechungen mit dem zuständigen Gruppenleiter der GroßBp., HR Mag. A klar gestellt worden sei, dass ein Rechtsmittel auch gegen die Festsetzung der Forschungsprämien erhoben werden würde. Die GroßBp. sei als Hilfsorganisation des Finanzamtes anzusehen. Nachdem die Behörde in Kenntnis der beabsichtigten Verfahrensschritte der Bw. gewesen seien, müsste schon die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach Ansicht der Bw. der Berufung zum Erfolg verhelfen.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 85 BAO (1+2) lautet:

(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Formgebrechen von Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift berechtigen an sich die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 115 BAO lautet:

(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

§ 245 BAO lautet (auszugsweise):

(1) Die Berufungsfrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, daß noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Berufungsfrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, daß die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt.

...

(3) Die Berufungsfrist kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

§ 201 BAO lautet (auszugsweise):

(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

...

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,

§ 212a BAO (1-6) lautet:

§ (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs. 1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Berufungen gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Berufungen betreffende Vorlageanträge (§ 276 Abs. 2) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden

a) Berufungsvorentscheidung oder

b) Berufungsentscheidung oder

c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anläßlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) nicht aus.

Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

(6) Wurde eine Abgabenschuldigkeit durch die Verwendung von sonstigen Gutschriften (§ 213 Abs. 1) oder Guthaben (§ 215 Abs. 4) gänzlich oder teilweise getilgt, so sind, falls dies beantragt wurde, die getilgten Beträge in die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung einzubeziehen, wenn die Tilgung

a) vor Fälligkeit der Abgabenschuldigkeit oder

b) vor Ablauf einer sonst für ihre Entrichtung gemäß § 210 Abs. 2 zustehenden Frist oder

c) bei später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzten Abgaben vor Ablauf eines Monats ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides oder

d) nach Einbringen des Antrages auf Aussetzung oder

e) innerhalb eines Monats vor Ablauf der Frist des Abs. 7

erfolgte.

Anträge auf Verlängerung der Berufungsfrist stellen Anbringen zur Geltendmachung von Rechten dar, die unter § 85 (1) BAO fallen (vgl. Ritz, BAO3 § 85 Rz. 5).

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 28.1.2003 Zl 2001/14/0229 zur Auslegung von Anträgen generell dargelegt:

,Für die Beurteilung von Parteianträgen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Das Verfahrensrecht ist vom Grundsatz beherrscht, dass es in der Interpretation von Parteienerklärungen auf das Erklärte ankommt und nicht auf die der Erklärung zugrundeliegenden Motive. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl das hg Erkenntnis vom 5. Juli 1999, 99/16/0115). Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen (vgl das hg Erkenntnis vom 29. März 2001, 2000/14/0014). Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Allerdings kann auch bei rechtsschutzfreundlicher Interpretation von Parteienerklärungen nicht Befugnis oder Pflicht der Behörde abgeleitet werden, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, dass der Kontext des Parteienvorbringens die Erstattung der nichterstatteten Erklärung nach behördlicher Beurteilung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lässt (vgl das hg Erkenntnis vom 8. April 1992, 91/13/0123).'

I. Schriftsatz vom 5. August 2010

Fristverlängerungsansuchen

Der Bw. hat mit Eingabe vom 5. August 2010 um Verlängerung der Rechtsmittelfrist für die Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 bis 5. Oktober 2010 ersucht.

Sowohl die Bescheide hinsichtlich der eine Verlängerung der Frist beantragt wird wie auch das Datum ihrer Erstellung (1. Juli 2010) werden bezeichnet.

Ritz BAO3 § 85 Rz. 1 führt hiezu näher aus: ,Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen auch andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich (zB VwGH 20.2.1998, 96/15/0127).'

Der VwGH erläutert mit Erkenntnis Zl. 93/13/0213 vom 16.3.1994: ,Im Beschwerdefall ist die von einem befugten Parteienvertreter verfaßte Berufung sowohl durch die Bezeichnung im Rubrum als auch im Einleitungs- und im Schlußsatz des Schriftsatzes in völliger Klarheit und Deutlichkeit ausschließlich gegen die Gewerbesteuerbescheide 1985 bis 1989 gerichtet. Eine dem Beschwerdeführer allenfalls vorschwebende Umdeutung des Urkundeninhaltes kommt daher nicht in Betracht'.

Die Erwähnung der Einbringung der Berufung durch einen befugten Parteienvertreter lässt den Schluss zu, dass der Gerichtshof die sich aus deren fachlicher Vorbildung ergebende Verantwortung und die diesen Personenstand betreffende Sorgfaltspflicht bei der Verfassung von Anbringen hervorstreichen will.

Im Gegensatz zur Meinung der Bw. ist der Inhalt des oben wörtlich wiedergegebenen Antrages um Erstreckung der Rechtsmittelfrist (isoliert betrachtet) eindeutig und keiner weiteren Auslegung zugänglich.

Ansuchen auf Aussetzung der Einhebung

Die Bw. geht von einem im Kontext (siehe unten) offenkundigen Fristverlängerungsersuchen auch hinsichtlich der Forschungsprämien aus, da mit gleichem Schreiben neben der Aussetzung der Einhebung der Abgabennachforderungen betreffend Körperschaftsteuer und Anspruchszinsen für 2005 und 2006 auch die Aussetzung der Einhebung der Nachforderungsbeträge betreffend die Forschungsprämien für die Jahre 2005 bis 2007 beantragt wurde.

Gemäß Ritz, BAO3 § 212a Rz. 5 haben Aussetzungsanträge die Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. ,Betrifft der Aussetzungsantrag mehrere Abgaben, so ist hinsichtlich jeder einzelnen Abgabe der Betrag, dessen Aussetzung beantragt wird, darzustellen (VwGH 28.5.1997, 97/13/0001).'

Der Antrag der Bw. auf Aussetzung der Einhebung enthält Angaben zu den Abgabenarten und -beträgen die mit den Nachforderungen aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung übereinstimmen und weist ebenfalls einen eindeutigen Inhalt auf.

Aussetzungsanträge sind von der Einbringung der maßgeblichen Berufung bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über diese zulässig (VwGH 91/14/0164 v. 10.12.1991). Vor Einbringung der Berufung gestellte Anträge sind daher zurückzuweisen (vgl. Ritz a.a.O. § 212a Rz. 4).

Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Aussetzung lag keine Berufung hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide 2005 bzw. 2006 bzw. der Forschungsprämien für die Jahre 2005-2007 vor.

Die vor Einbringung der Berufung vom 5. Oktober 2010 erfolgte Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung mit 24. September 2010 erfolgte somit zu Recht.

Berufung vom 5. Oktober 2010

Die Berufung vom 5. Oktober 2010 richtet sich in der Überschrift gegen die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2005 bis 2007. Aus dem Inhalt der Berufung (Pkt. 5) erschließt sich, dass auch die Forschungsprämien vom Berufungsschreiben umfasst sein sollen: ,'...Ebenso beantragen wir, jene Aufwendungen, die von der Außenprüfung zur Berechnung der Forschungsprämie 2005 gem § 108c EStG nicht anerkannt wurden, in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen. Hinsichtlich der Jahre 2006 und 2007 wurde die Forschungsprämie gem § 108c EStG geltend gemacht. Wir beantragen, jene der von uns in den Punkten 5 e.-f. genannten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die von der Außenprüfung nicht anerkannt wurden, in die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Forschungsprämie miteinzubeziehen.'

Dass die Behörde diese Berufung als auch gegen die Bescheide betreffend Forschungsprämien eingebracht und inhaltlich hinreichend bestimmt ansah folgt daraus, dass sie diese ohne vorgeschaltetes Mängelbehebungsverfahren (gemäß § 275 BAO) infolge Ablauf der Berufungsfrist zurückwies.

Die Bw. erläuterte im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass sich aus dem Zusammenhang mit dem Aussetzungsersuchen in eindeutiger Weise ergibt, dass sich der Fristverlängerungsantrag bzw. Berufung auch auf die Forschungsprämien bezieht.

Aus der Tatsache, dass sich auch die Berufung in der Überschrift nur gegen die Körperschaftsteuerbescheide (und nicht in eindeutiger Weise auch gegen die Festsetzung der Forschungsprämien) richtet ist abzuleiten, dass das Erfordernis eines Fristverlängerungsersuchens (wie auch einer klar bezeichneten Berufung) die Forschungsprämien betreffend schlichtweg übersehen und dies der Bw. erst mit dem gegenständlich bekämpften Zurückweisungsbescheid vom 11. Oktober 2010 vor Augen geführt wurde.

Zu Recht hat die Behörde darauf hingewiesen, dass es sich bei den behördlich festgesetzten Forschungsprämien ebenso um gesonderte rechtsmittelfähige Bescheide handelt wie jene betreffend Körperschaftsteuer.

Inhaltlicher Zusammenhang der Anbringen

Mit Eingabe vom 5. August 2008 wurden zwei auf Rechtsnormen der BAO (§§ 212a, 245 (3)) basierende Anbringen mit gemeinsamen Schriftsatz eingebracht.

Laut Bw. wäre es völlig sinnwidrig die Aussetzung einer Abgabe zu beantragen, wenn nicht gleichzeitig der Wille zur Einbringung einer Berufung vorhanden wäre.

Die Bw. beruft sich im Wesentlichen auf den Kontext von zwei isoliert betrachtet mängelfreien Anbringen.

Zur Ermittlungspflicht der Behörde hat der VwGH mit Rechtssatz zur Entscheidung vom 3.6.1992 Zl. 92/13/0127 dargelegt: ,§ 275 BAO regelt ausschließlich die Behebung von Mängeln einer Berufung, nicht aber auch von anderen Eingaben. Bei anderen Eingaben - wie zB einen Fristerstreckungsantrag - ist die Behörde nur zur Behebung von Formgebrechen und des Mangels der Unterschrift berechtigt und verpflichtet. Hingegen werden im Gesetz an den Inhalt von Anbringen, sofern es sich nicht um Rechtsmittel handelt, keine besonderen Anforderungen gestellt. Demzufolge ist auch ein Verfahren zur Behebung inhaltlicher Mängel im Gesetz nicht vorgesehen, wenngleich die Behörde im Hinblick auf § 115 BAO gehalten ist, bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens die Absicht der Partei zu erforschen.'

Fraglich ist somit, ob der Antrag auf Aussetzung der Einhebung betreffend der Forschungsprämien 2005 bis 2007 gemäß § 212a BAO (der u.a. das Vorliegen einer Berufung zur Voraussetzung hat) dazu führen kann, dass dem Fristverlängerungsansuchen hinsichtlich Körperschaftsteuer ein undeutlicher Inhalt dergestalt unterstellt werden kann, ob sich dieses auch auf die Forschungsprämien bezieht und daher Ermittlungshandlungen des Finanzamtes gemäß § 115 BAO erforderlich machen würde.

Der VwGH hat im Erkenntnis Zl. 91/13/0123 vom 8. April 1992 ausgesprochen, dass es in der Beurteilung von Parteienanbringen nicht auf Bezeichnungen und zufällige verbale Formen ankommt, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes. ,Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt allerdings voraus, daß eine der Auslegung zugängliche Parteienerklärung überhaupt vorliegt, und daß der Wille der Partei aus ihrem Vorbringen mit Eindeutigkeit erschlossen werden kann.... Erst recht kann auch bei rechtsschutzfreundlicher Interpretation von Parteienerklärungen nicht Befugnis oder Pflicht der Behörde abgeleitet werden, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, daß der Kontext des Parteienvorbringens die Erstattung der nichterstatteten Erklärung nach behördlicher Beurteilung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lasse.'

Einem inhaltlich determinierten, auf Verlängerung der Berufungsfrist hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide gerichteten Parteienvorbringen einen sich (nur) aus dem Kontext mit einem zweiten Anbringen (dem Aussetzungsantrag) ergebenden unklaren Inhalt zu unterstellen, kann auch unter Bedachtnahme auf das Gebot, dem Anbringen einer Partei im Zweifel jene Bedeutung beizumessen, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht Aufgabe der Behörden sein und ist aus § 85 (2) i.V.m. § 115 BAO nicht ableitbar.

Zwar könnte aus der Wortwahl des Aussetzungsanbringens ,Weiters beantragen wir die Aussetzung der Einhebung der Folgenden Abgabennachforderungen bis zur Erledigung unseres Ansuchens' geschlossen werden, dass die beantragte Aussetzung der Forschungsprämien notwendigerweise einer Berufung bedürfen, eine solche wurde jedoch ebenso wenig eingebracht wie ein Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist was die Behörde nach der oben dargelegten Rechtsansicht nicht verpflichtet, eine nicht erstattete Erklärung als erstattet zu fingieren.

Der Hinweis der Bw., wonach die Behörde bei Unklarheit über den Parteienantrag dazu gehalten ist, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Umfanges seines Begehrens aufzufordern, geht somit ins Leere.

Hinzu tritt dass, folgt man den Ausführungen der Bw., der beantragten Aussetzung der Nachforderungen hinsichtlich der Forschungsbeträge 2005 bis 2007 (ohne gleichzeitig eingebrachter Berufung) kein ,völlig sinnwidriger' Inhalt unterstellt werden kann.

Die Behörde hat den Bescheid vom 11. Oktober 2010 damit begründet, dass die Berufungsfrist bereits am 14. Juli 2010 abgelaufen ist. Diese (unzutreffende) Begründung hat sie im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vom 8. November 2010 dahingehend (unwidersprochen) korrigiert, dass die mit 7. Juli 2010 ausgefertigten Bescheide unter Berücksichtigung eines 5-tägigen Postlaufes am 14. Juli 2010 zugestellt wurden und die Berufungsfrist somit am 16. August 2010 geendet hat. Zum Zeitpunkt des Antrages betreffend der Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Forschungsprämien (5. August 2010) war die Rechtsmittelfrist betreffend der Bescheide über die Forschungsprämien 2005 bis 2007 noch nicht abgelaufen. Es stand der Bw. offen, eine form- und fristgerechte Berufung bzw. einen Fristverlängerungsantrag bis 16. August 2010 einzubringen.

Würde man von einer Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des Inhaltes des nach Ansicht der Bw. konkludent erschließbaren Antrages (hier: Fristverlängerungsansuchen betreffend Forschungsprämien, vgl. Berufung v. 21. Oktober 2010) ausgehen, müsste die Behörde den Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Aufnahme weiterer (nach Ansicht der Bw. gebotener) Ermittlungshandlungen abwarten, da das Aussetzungsersuchen (hier: betreffend Forschungsprämien) zum Zeitpunkt der Einbringung zwar mangels vorliegender Berufung zurückzuweisen gewesen wäre, aber nicht völlig sinnwidrig war.

Vgl. hiezu Stoll BAO § 212a 2271: ,Anträge auf Aussetzung können grundsätzlich frühestens gleichzeitig mit Einbringung der Berufung gestellt werden. Früher eingebrachte Anträge wären an sich, insoweit kein Zurückweisungsgrund vorliegt, abzuweisen. Ihre sachliche Berechtigung stellt sich aber spätestens nach Ablauf der Berufungsfrist (sofern bis zum Ende der Berufungsfrist ein Berufungsantrag gestellt wird) heraus, sodaß ein Zuwarten bis zum Einlangen der Berufung und der sodann vorzunehmenden Sacherledigung des Aussetzungsantrages (jedoch mit Hemmungswirkung ab Einbringung des Antrages) an sich als zulässig erachtet werden kann.'

Eine derart weit reichende Ermittlungspflicht die die Behörde dazu verhalten soll, zwei von der berufsmäßigen Vertretung der Bw. klar umrissene Anbringen auf allfällige Wechselwirkungen zu untersuchen die sich zudem (im Gegensatz zu den Ausführungen der Bw.) als nicht völlig sinnwidrig erweisen weswegen sie gegebenenfalls abzuwarten hätte ob die Bw. allenfalls weitere Willenserklärungen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist abgibt, ist den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu entnehmen.

II. Treu und Glauben

Laut Bw. haben Fragen zu Forschungsprämien im Zuge der Prüfungshandlungen zu massiven Meinungsverschiedenheiten geführt und waren Gegenstand wesentlicher Feststellungen des Prüfberichtes. Es hätte offenkundig sein müssen, dass sich das Fristverlängerungsansuchen auch auf die Forschungsprämien bezieht.

Gespräche sind laut der Bw. neben dem Prüforgan mit dem zuständigen Gruppenleiter der GroßBp., HR Mag. A geführt worden, dem bewusst gewesen sei, dass die Bw. eine Berufung einbringen würde. Die GroßBp. sei in diesem Fall als Hilfsorganisation der Behörde tätig geworden.

Die Bw. erläutert unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben sei davon auszugehen, dass der Behörde bewusst gewesen ist, dass die Bw. beabsichtigte ein Rechtsmittel zu ergreifen und dieses Wissen geeignet war, das Fristverlängerungsansuchen als auch auf die Forschungsprämien gerichtet aufzufassen.

Laut Ritz BAO3 § 114 Rz. 6 versteht man unter dem Grundsatz von Treu und Glauben dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (mWN).

Die Anwendung dieses Grundsatzes ist nach h.o. Ansicht aus nachfolgenden Gründen nicht geeignet der Berufung zum Erfolg zu verhelfen:

Wie die Vertreterin des Finanzamtes erläuterte kann nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass die Behörde in voller Kenntnis des Wissensstandes der Prüfungsbehörde war.

Neue Kenntnisse wie das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln sind nach Ritz BAO3 § 303 Rz. 14 aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen.

Selbst wenn die Großbetriebsprüfung die Behörde von der beabsichtigten Erhebung eines Rechtmittels in Kenntnis setzte, war dies nicht ausreichend, eine ordnungsgemäß erhobene Berufung bzw. ein entsprechend bezeichnetes Ansuchen um Fristverlängerung der Bw. zu ersetzen.

Der Grundsatz von Treu und Glauben kommt nur bei Ermessensentscheidungen bzw. bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe zu tragen.

Wenn dem Fristverlängerungsansuchen ein undeutlicher Inhalt beizumessen wäre, hätte die Behörde von sich aus (ohne Ermessensübung) tätig werden und die Absicht der Bw. in Hinblick auf § 115 BAO ermitteln müssen.

Schließlich ist nicht zu erkennen, gegen welche von ihr vertretenen Ansicht sich die Behörde mit der Zurückweisung der Berufung in Widerspruch gesetzt haben soll.

III. Nachträgliche Anpassung der Forschungsprämien

Der Bw. verweist in der Berufungsschrift auch auf die Rechtsmeinung von Zorn, Hofstätter/Reichl EStG Kommentar, § 108c wonach Forschungsprämien bis zum Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides geltend gemacht werden könnten, wobei ,Eintritt der Rechtskraft' sehr weit zu interpretieren sei und auch Fälle umfassen würde, in denen bereits rechtskräftige Bescheide aus dem Rechtsbestand ausscheiden und neue Bescheide erlassen würden.

Da die gegenständlichen Körperschaftsteuerbescheide noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind, wurde eine Anpassung der Forschungsprämien entsprechend der Berufung beantragt.

Die Darstellung von Zorn bezieht sich auf die Nachreichung des Antrages (Formular 108c).

Aus den von Zorn erwähnten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG 2005 geht hervor:

"(3) Die Prämien können erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung)."

,EB: Um sicherzustellen, dass sämtliche prämienbegünstigten Vorgänge grundsätzlich jeweils in einem einzigen Antrag berücksichtigt werden, können die Prämien frühestens nach Ablauf des Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden. Der Antrag ist spätestens bis zur Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides möglich, daher beispielsweise auch im Rahmen einer Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO.'

Im vorliegenden Fall hat die Bw. Anträge auf die Geltendmachung der Forschungsprämie 2005 mit Eingabe vom 6. Juli 2007 bzw. die Forschungsprämien für 2006 und 2007 mit Eingabe vom 20. Dezember 2007 dem Finanzamt übersendet (Anmerkung: Bilanzstichtag der Bw. ist jeweils der 30. September des Jahres).

Die Forschungsprämien wurden in der betragsmäßig bekannt gegebenen Höhe dem Abgabenkonto gemäß § 108c (3) EStG 1988 gutgeschrieben.

Aufgrund der Bp. ergingen unter sinngemäßer Anwendung des § 303 (4) BAO neue Bescheide gemäß § 201 (2) Z 3 BAO.

Der Verweis der erläuternden Bemerkungen bezieht sich auf jene Fälle, in denen noch kein Antrag auf die Geltendmachung von Forschungsprämien gestellt wurde. Es soll sichergestellt werden, dass im Rahmen der Wiederaufnahme ein entsprechender Antrag gestellt werden kann.

Im vorliegenden Fall können offene Rechtsmittel gegen die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2005 bis 2007 nicht dazu führen, ohne Bedachtnahme auf bereits eingebrachte Anträge auf Forschungsprämien und im Gefolge einer Bp. gemäß § 201 BAO ergangene (die Höhe korrigierende) Bescheide, die Forschungsprämien (ohne Berufung) betragsmäßig an die ursprünglich beantragte Höhe ,anzupassen'.

Der Bw. wäre es offen gestanden, ein Rechtsmittel gegen die von Seiten der Behörde im Gefolge der Bp. ergangenen Bescheide (rechtzeitig) einzubringen.

IV. Berufungsvorentscheidung betreffend Aussetzung der Einhebung (teilweise Stattgabe)

Der Bw. bringt weiters vor, die Behörde habe mit Berufungsvorentscheidung (vom 29. Oktober 2010) einer Berufung gegen die Abweisung des Aussetzungsantrages (vom 21. Oktober 2010) teilweise stattgegeben und damit die Nachforderungsbeträge betreffend die Forschungsprämien 2005 bis 2007 ausgesetzt. Es sei klärungsbedürftig, warum die Behörde ohne eine vorliegende Berufung Beträge aussetzen könne.

Die Behörde hat den (die Forschungsprämien betreffenden) Aussetzungsantrag vom 5. August 2010 zunächst mit Bescheid vom 24. September 2010 abgewiesen, nach dem zu diesem Zeitpunkt keine Berufung (weder betreffend Körperschaftsteuer noch Forschungsprämien) vorlag. Nach einer gegen die Abweisung eingebrachten Berufung (vom 21. Oktober 2010) hat sie dem Aussetzungsantrag teilweise (soweit am Abgabenkonto ein Rückstand aufschien) stattgegeben.

In der Berufungsvorentscheidung vom 13. Dezember 2010 betreffend der Berufung vom 26. November 2010 gegen den Bescheid vom 9. November 2010 mit dem der Ablauf der Aussetzung verfügt wurde begründet sie ihre Vorgehensweise damit, dass die Berufung vom 21. Oktober 2010 gegen den Zurückweisungsbescheid vom 11. Oktober 2010 betreffend der Forschungsprämien 2005-2007 mit Berufungsvorentscheidung vom 8. November 2010 abgewiesen hat und gemäß § 212a Abs. 5 BAO zwingend der Ablauf der Aussetzung zu verfügen gewesen sei.

Im Zeitpunkt der teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung lag somit keine Berufung gegen die Bescheide betreffend Forschungsprämien vor, sondern eine Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid wobei abzuklären war, ob eine Berufung (die Forschungsprämien betreffend) überhaupt rechtsgültig eingebracht worden war.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung erklärte die Vertreterin der Behörde, dass die Berufungsvorentscheidung vom 29. Oktober 2010 zu Unrecht ergangen sei. Mittlerweile seien im fortgesetzten Verfahren neue Aussetzungsanträge eingebracht worden.

Die nach Angaben der Behörde aufgrund eines Rechtsirrtums ergangene Berufungsvorentscheidung vermag nichts zur Klärung des gegenständlichen Rechtsmittels beizutragen. Insbesondere kann aus der ergangenen Berufungsvorentscheidung im Verfahren betreffend der Aussetzung der Einhebung nicht abgeleitet werden, dass durch deren teilweise Stattgabe eine Berufung gegen die Forschungsprämien damit (indirekt) anerkannt worden sei.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 25. Mai 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 18.02.1972, 1504/71
VwGH 11.02.1994, 92/17/0152
VwGH 20.02.1998, 96/15/0127
VwGH 28.05.1997, 97/13/0001
VwGH, 91/14/0164

Stichworte