UFS RV/0635-I/09

UFSRV/0635-I/097.2.2011

Bewertung GmbH-Anteil nach Wiener Verfahren: Das laufende Geschäftsjahr ist wg. ungewöhnlicher Entwicklung nicht in die Ermittlung des Ertragswertes einzubeziehen

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des W, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 15. September 2009 betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Schenkungssteuer gemäß § 8 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl 1955/141, idgF, mit 8 v. H. von € 178.072, sohin im Betrag von € 14.245,76, festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Mit Abtretungsvertrag vom 8. April 2005 hatte Wsen. seinen Geschäftsanteil an der Fa. P-GmbH im Nennbetrag von ATS 375.000 an seinen Sohn W (= Berufungswerber, Bw) zum Preis von € 1 mit allen Rechten und Pflichten "zum heutigen Tag" abgetreten. Festgestellt wurde, dass sich im Betriebsvermögen keine Liegenschaften befinden.

Zufolge einer bei der P-GmbH 2008/2009 durchgeführten Betriebsprüfung wurde vom Prüfer ua. eine Bewertung des übertragenen Geschäftsanteiles (BV) in Höhe von € 1,428.750,95 vorgenommen, woraus sich eine Schenkungssteuer im Betrag von € 138.336 ermittle.

Das Finanzamt hat sich dem Prüfungsergebnis angeschlossen und dem Bw mit Bescheid vom 15. September 2009, StrNr, ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 1,152.800 (= abgetretener Geschäftsanteil € 1,428.750,95 abzüglich Abtretungspreis - € 1 abzüglich Freibetrag gem. § 14 Abs. 1 ErbStG - € 2.200 abzüglich Freibetrag gem. § 15a ErbStG - € 273.749,95) gem. § 8 Abs. 1 (Stkl. I) ErbStG die 12%ige Schenkungssteuer im Betrag von € 138.336 vorgeschrieben. Übermittelt wurde dazu die Berechnung des gemeinen Wertes nach dem sog. Wiener Verfahren, woraus sich aus dem Vermögenswert (V) der P-GmbH zum Stichtag 31. Dezember 2004 (€ 12,43 je € 1/Nominale) sowie aus dem Ertragswert (E) - errechnet aus dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) der Jahre 2003 - 2005 - von € 92,43 je €1/Nominale insgesamt der gemeine Wert (G) je € 1/Nominale mit € 52,43 und sohin der gemeine Wert der abgetretenen Anteile (im Nominale von umgerechnet € 27.252,31) mit € 1,428.750,95 ergebe. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde vom Finanzamt ausgeführt:

"Die mit Abtretungsvertrag vom 8.4.2005 durch Herrn Wsen. an seinen Sohn W um den Abtretungspreis von € 1,00 übergebenen Geschäftsanteile an der P-GmbH in Höhe von ATS 375.000,00 (€ 27.252,31) unterliegen der Schenkungssteuer gem. § 1 (1) Zi. 2 iVm. § 3 (1) 1 Erbschaftssteuergesetz idF. vor dem 1.8.2008. Die Schenkung umfasst einen objektiven und einen subjektiven Tatbestand. Den objektiven Tatbestand bilden die Unentgeltlichkeit, die Freigebigkeit der Zuwendung, die Verminderung des Vermögens des Zuwendenden und die Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden, der subjektive erfordert den Bereicherungswillen:

Der betreffende schuldrechtliche Vertrag hat, wie für die steuerliche Wirksamkeit gefordert, einen nach außen ausreichenden Ausdruck sowie einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt, wäre jedoch unter Familienfremden denkunmöglich unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden. Von der zu vernachlässigenden Gegenleistung in Höhe von € 1,00 abgesehen, kann davon ausgegangen werden, dass der Übergeber den Willen hatte, den Übernehmer auf seine Kosten zu bereichern, dh., diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden.

Zur Bemessung und Darlegung der Höhe der Bereicherung war das Unternehmen erst zu bewerten: Zur Bewertung des betreffenden Geschäftsanteiles wurde das Wiener Verfahren 1996 herangezogen. Als Basis wurden die Handelsbilanzdaten des dem Bewertungsstichtag nächstliegenden Bilanzstichtags zum 31.12.2004 verwendet. Zur Ermittlung des Ertragswertes, für welchen die Ertragsaussichten nach der bereits am Stichtag erkennbaren Entwicklung zu schätzen sind, wurden die Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) der Jahre 2003, 2004 und 2005 angesetzt.

Die Betriebsprüfung hat sich bei der gegenständlichen Bewertung neben dem grundsätzlichen Weg des Wiener Verfahrens, wonach von vergangenen Erträgen auf die Zukunft geschlossen wird, auch der Möglichkeit bedient, einem dem Bewertungsstichtag (8.4.2005) näher liegenden Ergebnis (EGT 2005) mehr Gewicht beizumessen, als einem zeitlich entfernteren (EGT 2002). Diese Vorgangsweise wurde gewählt, da nach Ansicht der BP die Entwicklung keinen derart außergewöhnlichen, am Stichtag nicht vorhersehbaren Verlauf genommen hat, welcher einen Ansatz des EGT 2002 eher gerechtfertigt hätte: Das (sehr gute) Ergebnis des Jahres 2004 lag zum Stichtag vor, der Fremdkapitalanteil nahm von 95% des Jahres 2003 auf 80% ab, und es kann nicht behauptet werden, der Verlauf 2005 wäre (allein durch das Zwischenergebnis zum 31.3.2005 von € -30.702,00 ohne AfA) signifikant schlechter zu prognostizieren gewesen. Tatsächlich lagen nach dem EGT 2005 mit € 1.188.553,75 die EGT's der Jahre 2006 und 2007 bei € 810.343,23 bzw. 818.665,75 und der Fremdkapitalanteil sank letztlich auf 60,3 % 2005, bzw. 70,4% 2006 und 62,6% 2007. Die Bewertung ergab einen gemeinen Wert der schenkungsgegenständlichen Anteile in Höhe von € 1.428.750,95.

Da die Auftragslage 2005 unmittelbaren Einfluss auf das Ergebnis 2005 und auf dessen Absehbarkeit haben musste, und um auszuschließen, dass die Entwicklung einen unvorhersehbaren Verlauf genommen haben könnte, erging am 19.1.2009 das Ersuchen, unter Vorlage jeweils von Schriftverkehr und den gegenständlichen Verträgen, mitzuteilen, wann die Auftragsverhandlungen 2005 mit dm und OMV aufgenommen wurden, und wann die Aufträge erteilt wurden. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet; unabhängig davon erstattete Herr W am 4.3.2009 beim Finanzamt Innsbruck Selbstanzeige, wonach er seit 1997 100% der Gesellschaftsanteile an der P-GmbH besessen habe, und dass der Geschäftsanteil des Vaters immer Herrn W zuzurechnen gewesen sei.

Auf Grund der Selbstanzeige erging durch das zuständige BV-Team am 23.3.2009 ein Ersuchen um Ergänzung, mit welchem der Steuerpflichtige aufgefordert wurde, zum Nachweis der Richtigkeit seiner Angaben Unterlagen vorzulegen, insbesondere einen Schriftverkehr, welcher mit dem Treuhandverhältnis im Zusammenhang steht, einen Treuhandvertrag, sowie die schriftlich erklärte Auflösung des Treuhandverhältnisses. Mittels Schreiben vom 24.4.2009 der Rechtsanwälte ... an die Finanzlandesdirektion für Tirol wurde mitgeteilt, dass die angeforderten Unterlagen nicht vorliegen würden. Der Treuhandvertrag sei auf Grund der Tatsache, dass er zwischen Vater und Sohn abgeschlossen wurde, sowohl mündlich abgeschlossen als auch aufgelöst worden.

Dieses Treuhandverhältnis ist bisher durch keine relevanten und beweisbaren Rechtstatsachen nach außen in Erscheinung getreten: Das Treuhandverhältnis fand keine Erwähnung im gegenständlichen Abtretungsvertrag vom 8.4.2005. Ebenso wenig erfolgte eine Erwähnung anlässlich der beiden Betriebsprüfungen, Zeiträume 1998-2000, einerseits eine Prüfung gem. § 150 BAO (ABNr. 1x), andererseits eine Prüfung gem. § 99 FinStrG (ABNr. 1y). Weder bei der ersten Erörterung des vorläufigen und im wesentlichen gleichen Ergebnisses mit Herrn W anlässlich des Außendiensttermins vom 3.9.2008, noch bei der zweiten Erörterung mit dem steuerlichen Vertreter ... am 28.10.2008 im Finanzamt Innsbruck wurde diesbezüglich etwas dargelegt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Treuhandschaftsvereinbarungen erhöht beweisbedürftig, sollten Sie mit besonderen Besteuerungsfolgen verknüpft werden bzw. maßgebliche steuerliche Rechtsfolgen (im gegenständlichen Fall die Schenkungssteuer) davon abhängen. Die Parteien trifft die Verpflichtung zur Bekanntgabe des maßgeblichen Inhalts des betr. Treuhandverhältnisses. Vereinbarungen, welche nicht zeitnah nach außen zum Ausdruck kommen, können im Rahmen der freien Beweiswürdigung keine Anerkennung finden. Im gegenständlichen Fall wurde der Anforderung der zeitnahen Publizität nicht nachgekommen, und die behauptete Treuhandschaft wurde auch keiner anderen Behörde angezeigt. Zudem ist es ungewöhnlich, dass die Existenz einer Treuhandvereinbarung erst zwölf Jahre später bekanntgegeben wird.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, welcher zu beachten ist, fußt auf der Tatsache, dass das behauptete Treuhandverhältnis zwischen Vater und Sohn bestehen sollte: Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Verträge zwischen nahen Angehörigen, im vorl. Fall ein Treuhandvertrag, für den Bereich des Abgabenrechtes grundsätzlich nur Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend in Erscheinung treten, einen eindeutigen und klaren Inhalt haben und auch unter Fremden so abgeschlossen worden wären. Keines der geforderten Kriterien wurde erfüllt.

Am 7.5.2009 wurde durch den Prüfer ein Ersuchen um Ergänzung, Beantwortungsfrist 29.5.2009, ausgefertigt. Es sollte, wie bereits im Mail vom 19.1.2009 ersucht, mitgeteilt werden, wann die Auftragsverhandlungen mit dm und OMV aufgenommen, und wann die betreffenden Aufträge erteilt wurden; ohne diese Nachweise könne keine Abweichung von der bisherigen Bewertungsweise bzw. dem gemeinen Wert erfolgen.

Die gewünschten Unterlagen wurden jedoch bis dato nicht übermittelt; stattdessen wurden mit Schreiben von 22.6.2009 weitere Aussagen zur Treuhandschaft getroffen. Demgemäß wäre Herr Wsen. von Anfang an Treuhänder seines Sohnes gewesen, und wäre ihm der Geschäftsanteil zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich zuzurechnen gewesen. Er sei niemals als Gesellschafter aufgetreten, als Bürge oä. in Erscheinung getreten oder etwa bei der Abtretung des Gesellschaftsanteiles von Herrn S aufgetreten. Als Beweise wurden eidesstättige Erklärungen des Herrn S vom 28.5.2009 und von Herrn J, ehemals Filialleiter der X-Bank in XX vom 12.10.2009, wohl vermutlich 12.6.2009, vorgelegt. Auf Grund der Rechtsprechung können die genannten Erklärungen nicht beweisfähig sein zur rückwirkenden Behauptung einer Rechtstatsache, welche anders nicht belegbar ist und niemals anderweitig belegt wurde. Aus der gegenständlichen Sach- und Vertragslage kann sich, wie eingangs dargelegt, als einzig verbleibende Rechtstatsache nur das Vorliegen eines schenkungssteuerlichen Tatbestandes ableiten lassen."

In der dagegen erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht: Das Finanzamt habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, indem die vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen der Herren S und J unberücksichtigt geblieben und keine anderen Tatsachen ermittelt worden seien, die eine Treuhandschaft belegen könnten. Die Feststellung des "nicht beweisbaren Treuhandverhältnisses" aufgrund von Indizien (keine Erwähnung im Zuge ua. der Betriebsprüfung) sei nicht nachvollziehbar, da es gerade der Sinn der Treuhandschaft sei, nicht nach außen zu treten. Sowohl S als Mitbegründer der Gesellschaft als auch J, ehemals Filialleiter der Hausbank, hätten bestätigt, dass Wsen. zu keinem Zeitpunkt als Gesellschafter aufgetreten sei, woraus hervorkomme, dass das Treuhandverhältnis sehr wohl nach außen in Erscheinung getreten sei. Aufgrund dessen sei der Geschäftsanteil des Vaters seit der Gründung der GmbH dem Bw zuzurechnen gewesen, weshalb die gegenständliche Abtretung nicht der Schenkungssteuer unterliege. Die Bemessungssgrundlage sei unrichtigerweise aus dem EGT der Jahre 2003 - 2005 ermittelt worden. Die Ertragsaussichten seien jedoch nach der Judikatur aus dem Durchschnitt der letzten 3 Jahreserträge zu ermitteln, weshalb das außerordentliche Ergebnis 2005 nicht einzubeziehen sei. Insbesondere hätte erst ab Mitte 2005 die prognostizierte Planrechnung einen - jedenfalls zum Ende des 1. Quartals 2005 bzw. zum Zeitpunkt der ggstdl. Abtretung - unvorhergesehenen Verlauf genommen, da eine Vielzahl neuer Kunden gewonnen werden konnte (lt. Aufstellung: gesamt 8 Neukunden, darunter die Firmen OMV und DM, Gesamtumsatz € 1,532.500). Tatsächlich sei bei Budgeterstellung für das Jahr 2005 mit einem Umsatzrückgang von rund 4 % gegenüber dem Jahr 2004 gerechnet worden. Nach der Rechtsprechung seien aber unerwartete Umsätze auszuklammern. Das EGT stelle sich über die Jahre gemäß Jahresabschlüssen wie folgt dar:

Jahr

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in €

1995

- 24.122

1996

+ 11.824

1997

- 81.335

1998

+ 111.601

1999

+ 30.266

2000

+ 56.930

2001

+ 82.906

2002

+ 6.455

2003

- 128.258

2004

+ 535.004

Durchschnittsertrag

+ 60.100

2005

+ 1,188.554

Laut beigebrachter Berechnung (Schätzung nach dem Wiener Verfahren) ergebe sich nunmehr, bei unverändert übernommenem Vermögenswert (V), ausgehend von den Jahreserträgen der Jahre 2002, 2003 und 2004 der Ertragswert (E) mit € 20,90 (anstelle lt. BP/Finanzamt mit € 92,43), sohin der gemeine Wert (G) mit € 16,66 je € 1/Nominale. Der gemeine Wert des abgetretenen Geschäftsanteiles ermittle sich daraus mit € 454.023, dh. nur mit rund 1/3 des vom Finanzamt ermittelten gemeinen Wertes. Eine Wertdifferenz von 315 % allein durch die Einbeziehung des EGT des Jahres 2005 belege aber das Vorliegen ungewöhnlicher Umstände. Auch im Hinblick darauf wäre von einem außenstehenden Dritten im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs niemals ein Preis von € 1,428.751 für den Geschäftsanteil bezahlt worden, zumal das Unternehmen im Jahr 2003 kurz vor der Insolvenz gestanden habe.

Die Berufung wurde dem UFS direkt (ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Vorhalt vom 12. Jänner 2011 hatte der UFS seine Rechtsansicht dahin dargelegt, dass zum Einen das behauptete Treuhandverhältnis, weil es insbesondere einem "Fremdvergleich" nicht standhalte, steuerlich nicht anerkannt werden könne, zum Anderen aber der Berufungsargumentation hinsichtlich der Bemessungsgrundlage Berechtigung zukomme. Der Bw hat diesem vorläufigen Ergebnis mit Schreiben vom 2. Feber 2011 zugestimmt sowie den vormaligen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück gezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG (idF noch vor BGBl I 2007/39, in Geltung ab 1. August 2008) unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer. Nach § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts - somit ein Vertrag, wodurch jemandem eine Sache unentgeltlich überlassen wird - sowie nach Z 2 dieser Bestimmung jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Gegenstand einer Schenkung kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist (VwGH 14.5.1980, 361/79).

Zum Wesen der Schenkung gehört deren Unentgeltlichkeit und Freigebigkeit. Es gilt das Bereicherungsprinzip, wonach zu prüfen ist, ob neben einer objektiv eingetretenen Bereicherung des Begünstigten auch ein subjektiver Bereicherungswille beim Zuwendenden bestanden hat. Ein solcher Bereicherungswille braucht allerdings kein unbedingter zu sein; es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers, die sich im Zuge des Rechtsgeschäftes ergibt, bejaht bzw. in Kauf nimmt. Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (VwGH 29.1.1996, 94/16/0064), eine Betrachtung, die bei Zuwendungen an nahe Angehörige im Besonderen gerechtfertigt ist, weil Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht (vgl. VwGH 8.11.1977, 1168/77).

Im Gegenstandsfalle kann daher hinsichtlich der Abtretung des GmbH-Geschäftsanteiles im Nominale von € 27.252,31 vom Vater auf den Sohn zu einem nahezu nicht vorhandenen Abtretungspreis von nur € 1, sohin einer Vertragsgestaltung, zu welcher zwischen Familienfremden wohl keinerlei Veranlassung bestanden hätte, unbedenklich auf den vorhandenen subjektiven Bereicherungswillen seitens des Zuwendenden geschlossen werden. Aufgrund der daneben eingetretenen objektiven Bereicherung (siehe im folgenden Punkt 2.) ist daher von der Verwirklichung einer Schenkung iSd § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG auszugehen.

Zu den Berufungspunkten wird ausgeführt:

1. Treuhandschaft: Bei der steuerrechtlichen Beurteilung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist für ihre steuerliche Wirksamkeit erforderlich, dass die Vereinbarungen a) nach außen hin ausreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten; b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und c) auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. dazu in Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 17 f. zu § 3 ErbStG mit einer Vielzahl an Judikatur).

Im Gegenstandsfalle wurde vorgebracht, es würden keine schriftlichen Nachweise zur behaupteten Treuhandschaft zwischen dem Vater Wsen. und dem Berufungswerber vorliegen, weil das Treuhandverhältnis (wie auch dessen Auflösung) eben aufgrund des Verhältnisses Vater und Sohn bloß mündlich abgeschlossen worden wäre. Dem ist aber zu entgegnen, dass gerade bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen - wie oben dargelegt - eine erhöhte Publizität erforderlich ist und solche Verträge auch einem sogen. "Fremdvergleich" standhalten müssen, damit diese steuerlich wirksam anerkannt werden können. Diese Voraussetzungen treffen aber bei bloß mündlich abgeschlossenen Verträgen in keinster Weise zu, weil mangels Schriftlichkeit weder eine ausreichende Außenwirkung gegeben noch ein eindeutiger Inhalt der Vereinbarungen nachvollziehbar ist. Es kann damit auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ab wann das behauptete Treuhandverhältnis bestanden hätte bzw. wann es wiederum aufgelöst worden wäre. Es darf auch bezweifelt werden, dass zwischen fremden Personen, im Hinblick auf die damit allenfalls verbundenen Rechtsfolgen, ein Treuhandverhältnis bloß mündlich abgeschlossen würde.

Insofern ist auch den eidesstattlichen Erklärungen der Herren S und J, der Geschäftsanteil des Vaters sei nach deren Dafürhalten seit GmbH-Gründung dem Berufungswerber wirtschaftlich zuzurechnen, keine rechtliche Bedeutung beizumessen. Im Übrigen liegt es in der Natur der Funktion des Berufungswerbers als allein vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH (lt. Firmenbuch seit Gründung), dass er für die GmbH ua. vor der Hausbank in Erscheinung tritt, nicht aber Wsen. als "bloßer" Gesellschafter. Allein anhand dieses Umstandes kann daher in keinster Weise auf die "Außenwirkung eines bestehenden Treuhandverhältnisses" geschlossen werden.

Nach Ansicht des UFS ist daher die nachmalig behauptete Treuhandschaft steuerlich nicht anzuerkennen, welcher Rechtsansicht von Seiten des Berufungswerbers mittels Schreibens vom 2. Feber 2011 im Ergebnis zugestimmt wurde.

2. Bemessungsgrundlage: Nach § 19 Abs. 1 ErbStG idgF. richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes.

Gemäß § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG), BGBl 1955/148, idgF, ist für Aktien, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genußscheine, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Läßt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Nach § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen (vgl. VwGH 27.4.2000, 99/16/0249). Darunter sind Verhältnisse zu verstehen, die geeignet sind, den Preis für ein Wirtschaftsgut abweichend von den allgemeinen Marktverhältnissen zu beeinflussen, zB persönliche Notlage, persönliche Vorliebe oder besondere mit den gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbare Verwertungsmöglichkeiten (vgl. VwGH 15.3.2001, 98/16/0205-0207).

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab, dh. nach objektiven Gesichtspunkten (vgl. VwGH 29.11.2001, 2001/16/0296 u. a.).

Die og. Schätzung erfolgt durch erlassmäßige Regelungen nach dem sog. Wiener Verfahren (siehe dazu ausführlich in: Fellner, aaO, Rz. 47 ff. zu § 19), welches zwar keine verbindliche, jedoch eine geeignete Grundlage für die nach § 13 Abs. 2 BewG vorzunehmende Schätzung darstellt, mit dem Ziel, ein möglichst wirklichkeitsnahes Ergebnis zu erreichen (VwGH 25.4.1996, 95/16/0011).

Der Zeitpunkt der Bewertung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes, hier nach dem Zeitpunkt der Abtretung des GmbH-Anteiles am 8. April 2005. Es bestehen keine Bedenken in Fällen, in denen das Unternehmen keine unvorhersehbare Entwicklung genommen hat, die Bewertung auf einen dem Stichtag naheliegenden Zeitpunkt (z.B. Bilanzstichtag) abzustellen. Hinsichtlich der Ermittlung des Vermögenswertes (V) der GmbH wurde daher vom Finanzamt wie auch seitens des Bw zulässigerweise auf den nächstgelegenen Bilanzstichtag zum 31. Dezember 2004 abgestellt. Nach der anerkannten Schätzmethode des "Wiener Verfahrens" sind die zukünftigen Ertragsaussichten aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahreserträge (vor dem Ermittlungszeitpunkt) zu ermitteln. Wenn sich zur Zeit der Durchführung des Ermittlungsverfahrens das Ergebnis des Wirtschaftsjahres überblicken lässt, in das der Ermittlungszeitpunkt fällt, kann dieses Ergebnis in die Berechnung einbezogen werden, sofern die wirtschaftliche Entwicklung nicht einen außergewöhnlichen, am Stichtag nicht vorhersehbaren Verlauf genommen hat (VwGH 27.8.1990, 89/15/0124). Im Rahmen der Schätzung sind zukünftige Entwicklungen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Bewertungsstichtag auf Grund konkreter Umstände prognostizierbar sind bzw. zumindest erkennbar waren (VwGH 24.4.2002, 2001/16/0615-0619; VwGH 17.10.1980, 3447/78).

Im Gegenstandsfalle ist nunmehr aufgrund des stark schwankenden EGT über die Jahre (siehe Aufstellung eingangs, beginnend ab 1995) deutlich erkennbar, dass sich jeweils positive Geschäftsergebnisse mit darauf folgenden - beispielsweise im Jahr 2003 massiv - negativen abgewechselt haben und jedenfalls sich ein kontinuierlicher Aufwärtstrend nie abgezeichnet hat. Vergleicht man insofern das durchschnittliche EGT der Jahre 1995 bis einschließlich 2004 in der Höhe von € 60.100 mit jenem des in Streit gezogenen Jahres 2005 in Höhe von € 1,188.554, welches sohin ein nie zuvor erzieltes Geschäftsergebnis im Ausmaß des mehr als Doppelten des Vorjahres 2004 bzw. des nahezu 20fachen durchschnittlichen Ergebnisses aller Vorjahre (+ € 60.100) darstellt, so kann wohl der Berufungsargumentation dahin, dass das Betriebsergebnis des Jahres 2005 als außergewöhnlich und (zumindest in dieser Höhe) nicht vorhersehbar zu betrachten und daher nicht in die Ermittlung des Ertragswertes einzubeziehen sei, nach dem Dafürhalten des UFS nicht entgegen getreten werden.

Das Finanzamt selbst führt in der Bescheidbegründung an, zum 31. März 2005 sei noch ein Zwischenergebnis von - € 30.702 vorgelegen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Abtretungsvertrag) zeitnah dazu am 8. April 2005 konnte daher zwar allenfalls, im Hinblick auf eine mögliche Anwerbung von Neukunden, auf eine positivere Entwicklung, aber wohl kaum auf ein Betriebsergebnis in dieser Höhe geschlossen werden. Es ist daher durchaus davon auszugehen, dass das laufende Wirtschaftsjahr 2005, in welches der Ermittlungszeitpunkt (= Zeitpunkt der Schenkung) gefallen ist, eine eher außergewöhnliche und zum Stichtag nicht unbedingt vorhersehbare wirtschaftliche Entwicklung genommen hat. In Anbetracht obiger Judikatur kann aber diesfalls das Ergebnis des Wirtschaftsjahres 2005 nicht in die Berechnung des Ertragswertes einbezogen werden und erscheint es dem UFS vielmehr angebracht, der Ermittlung des Ertragswertes nach dem Wiener Verfahren die drei dem Stichtag vorangegangenen Geschäftsjahre 2002, 2003 und 2004 zugrunde zu legen.

Laut der vom Bw vorgelegten und zutreffenden Berechnung des gemeinen Wertes je € 1-Anteil von € 16,66 ergibt sich der Wert der abgetretenen Anteile (Nennwert € 27.252,31) im Betrag von € 454.023. Die Schenkungssteuer ermittelt sich hieraus nach Abzug der Gegenleistung von - € 1, des Freibetrages nach § 14 Abs. 1 ErbStG - € 2.200 und abzüglich des Freibetrages nach § 15a ErbStG (75 %) - € 273.750, sohin ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von € 178.072 gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Stkl. I) mit 8 % in Höhe von € 14.245,76.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Berufung insgesamt teilweise stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 7. Februar 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
§ 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
§ 13 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 10 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

Wiener Verfahren, gemeiner Wert, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, Geschäftsanteil, GmbH-Anteil, Ertragswert, ungewöhnliche Verhältnisse, unvorhersehbare Entwicklung, Fremdvergleich, Verträge zwischen nahen Angehörigen

Verweise:

VwGH 08.11.1977, 1168/77
VwGH 27.04.2000, 99/16/0249
VwGH 29.11.2001, 2001/16/0296
VwGH 25.04.1996, 95/16/0011
VwGH 27.08.1990, 89/15/0124
VwGH 24.04.2002, 2001/16/0615

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