UFS RV/0470-W/09

UFSRV/0470-W/094.3.2009

Es liegt ein nicht sanierbarer Mangel des Aufhebungsbescheides vor, wenn dessen Begründung lediglich aus der Zitierung des § 299 Abs. 1 BAO besteht.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des X, vom 18. August 2008 gegen die Bescheide des Finanzamtes Z vom 23. Juli 2008 betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 gemäß § 299 BAO und Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Der Berufung gegen den Aufehbungsbescheid gemäß § 299 BAO wird stattgegeben. Der angefochtene Aufhebungsbescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog im Streitjahr 2007 nichtselbständige Einkünfte. Im Rahmen seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 beantragte der Bw. ihm den Alleinverdienerabsetzbetrag zu gewähren.

Der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2007 wurde am 14. April 2008 erlassen. Mit diesem Bescheid wurde dem Bw. der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt und es ergab sich eine Einkommensteuergutschrift von € 1.624,-.

In der Folge stellte das Finanzamt fest, dass die Gattin des Bw. im Streitjahr 2007 den Grenzwert von € 2.200,- übersteigende Einkünfte bezogen hat.

Daraufhin erließ das Finanzamt am 23. Juli 2008 die angefochtenen Bescheide betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 gemäß § 299 BAO und betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007.

Zur Begründung des Aufhebungsbescheides gemäß § 299 BAO wurde ausgeführt, dass gemäß § 299 BAO die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben könne, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Hinsichtlich der Begründung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 führte das Finanzamt aus, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden konnte, da die steuerpflichtigen Einkünfte des Ehepartners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 2.200,- seien.

Der Bw. erhob Berufung sowohl gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2007 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007.

Zur Begründung der Berufung führte der Bw. aus, dass der Aufhebungsbescheid lediglich auch die bezogene Gesetzesstelle verweise und die Ausführung "wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist" nicht den zwingenden gesetzlichen Normen zur Feststellung und Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes entspreche.

Weiters moniert der Bw., dass in der Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2007 nur angeführt worden sei ,dass die steuerpflichtigen Einkünfte des Ehepartners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 2.200,- seien. Nicht angeführt sei jedoch die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte worden bzw sei nicht dargestellt worden, auf welchen Beweismitteln die Einkünfte beruhen. Dem Bw. als Partei sei keine Gelegenheit gegeben worden zum Ergebnis einer Beweisaufnahme Stellung zu beziehen. Die Begründung des Bescheides enthalte keine Beweiswürdigung und der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt sei für den Bw. nicht erkennbar. Der Bw. stellte fest, dass er den strittigen Betrag von € 364,- gutgläubig empfangen und verbraucht habe. Der Bw. beantragte die Aufhebung des Aufhebungsbescheides vom 23. Juli 2008.

Am 15. Dezember 2008 erließ das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nach Erstveranlagung vom 14. April 2008 im Rahmen der Nachbescheidkontrolle festgestellt worden sei, dass die Gattin des Bw. im Jahr 2007 Pensionseinkünfte von € 17.859,46 erhalten habe, weshalb aufgrund der Regelung des § 33 Abs. 4 EStG 1988 der Alleinverdienerabsetzbetrag für 2007 nicht zustehe und daher die Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO und Erlassung eines neuen Einkommensteuerbescheides nach Ansicht des Finanzamtes zu Recht erfolgt sei.

Der Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Entscheidung über seine Berufungen gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 23. Juli 2007 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Zur Begründung führte der Bw. aus, dass das Finanzamt zugestanden habe, dass die Angaben ungeprüft eingegeben und der Bescheid erstellt worden sei. Die in einem Versehen der Behörde liegende Unrichtigkeit des Bescheides könne nicht zu seinen Ungunsten korrigiert werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob hinsichtlich des gemäß § 299 BAO erlassenen Aufhebungsbescheides vom 23. Juli 2008 ein sanierbarer Begründungsmangel vorliegt, wenn das Finanzamt in diesem als Begründung lediglich den Gesetzeswortlaut des § 299 Abs. 1 BAO zitiert.

Der Unabhängige Finanzsenat geht im vorliegenden Fall von folgendem Sachverhalt aus:

Der Bw. hat in seiner Arbeitnehmererklärung für das Jahr 2007 den Alleinverdienerabsetzbetrag geltend gemacht. Das Finanzamt hat mit Einkommensteuerbescheid vom 14. April 2008 den Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt und eine Einkommensteuergutschrift von € 1.624,- festgestellt.

Das Finanzamt hat in der Folge festgestellt, dass die Gattin des Bw. im Streitjahr 2007 Einkünfte über dem gesetzlichen Grenzbetrag bezogen hat und am 23. Juli 2008 einen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO bezüglich des Einkommensteuerbescheides für 2007 erlassen. Zur Begründung desselben hat das Finanzamt ausgeführt:" Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich nicht als richtig erweist." Mit gleichem Datum hat das Finanzamt einen neuen Einkommensteuerbescheid für 2007 erlassen, in welchem dem Bw. der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht gewährt wurde und zu dessen Begründung ausgeführt, dass dieser nicht berücksichtigt wurde, da die steuerpflichtigen Einkünfte des Ehepartners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 2.200,- seien.

Der Bw. erhob das Rechtmittel der Berufung und gegen die Berufungsvorentscheidung stellte er den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom 23. Juli 2008 enthält in seiner Begründung keine Angaben über das Vorliegen der Aufhebungsvoraussetzungen und über die für die Ermessensübung maßgebenden Erwägungen.

In der gesetzlichen Bestimmung des § 299 Abs. 1 BAO ist geregelt, dass die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben kann, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzt die Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus und bedingt, dass gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides das Vorliegen der Aufhebungsvoraussetzungen dargelegt wird (VwGH 2.7.1998, 98/16/0105).

In der Begründung des Aufhebungsbescheides sind außerdem die Gründe für die Ermessensübung darzustellen (VwGH 29.9.1993, 92/13/0102).

Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

Zu der im gegenständlichen Fall strittigen Rechtsfrage wird im Unabhängigen Finanzsenat überwiegend die Meinung vertreten (vgl. UFS 7.6.2006, RV/0815-W/06; 10.10.2006, RV/0557-I/06; 7.12.2006, RV/0247-F/06, 2.1.2008, RV/0231-G/06; 5.6.2007, RV/0383-G/07; 22.9.2008, RV/0466-F/07), dass im Berufungsverfahren nur solche Aufhebungsgründe geprüft und anerkannt werden dürfen, die von der Abgabenbehörde erster Instanz bereits angeführt bzw. geltend gemacht wurden, wobei eine Zusammenschau von Aufhebungsbescheid und Ersatzbescheid (mangels entsprechenden Verweises) unzulässig ist, da es sich nach Lehre und Rechtsprechung um rechtlich zwei verschiedene Bescheide handelt, die jeder für sich den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen müssen (Ritz, BAO, § 299, TZ 45).

Sowohl die Wiederaufnahme des Verfahrens, als auch die Bescheidaufhebung nach § 299 BAO sind im 7. Abschnitt der Bundesabgabenordnung unter dem Kapitel "sonstige Maßnahmen" behandelt. Beide Regelungen lauten im hier maßgeblichen Zusammenhang gleich. Sowohl Wiederaufnahme als auch Bescheidaufhebung haben die gleiche Funktionsweise. Mit dem Verfahrensbescheid (Aufhebungsbescheid) wird die Rechtskraft durchbrochen und ein gesonderter materieller Bescheid ersetzt den aufgehobenen. Die Rechtsschutzposition des Bescheidadressaten ist vergleichbar.

Vom Finanzamt, welches als Behörde die Rechtskraft durchbricht, indem sie einen Aufhebungsbescheid erlässt, darf verlangt werden, dass die hiefür maßgeblichen Gründe bekannt gegeben werden, um die Nachprüfbarkeit zu ermöglichen bzw. zu garantieren. Wäre dem nicht so, könnten im Rechtsmittelverfahren Aufhebungsgründe nachgeschoben bzw. erst nachträglich gesucht werden. Dies ließe sich nicht mit dem Erfordernis vereinbaren, dass die Bescheidaufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraussetzt. (Ritz, BAO, § 299 TZ 13).

Bei der Wiederaufnahme ist eine Rechtskraftdurchbrechung zulässig, weil Neues auf der Sachverhaltsebene, mit der Eignung, einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen, vorliegt, während die Bescheidaufhebung einen im Spruch rechtswidrigen Bescheid voraussetzt.

Nach Ansicht der Referentin sprechen die aufgezeigten Gemeinsamkeiten der beiden Instrumentarien für eine verfahrensrechtliche Gleichbehandlung im Berufungsverfahren in dem Sinne, dass die Berufungsbehörde zu beurteilen hat, ob die von der Abgabenbehörde erster Instanz angeführten Gründe eine Wiederaufnahme bzw. eine Bescheidaufhebung rechtfertigen.

Aus den oben dargelegten Gründen ergibt sich, dass dem angefochtenen, lediglich mit dem Gesetzeswortlaut des § 299 Abs. 1 BAO begründeten Aufhebungsbescheid vom 23. Juli 2008 nicht sanierbare Mängel anhaften. In diesem Bescheid sind weder Ausführungen betreffend das Vorliegen der Aufhebungsvoraussetzungen noch Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung enthalten. Aus diesem Grund war der gegen den Aufhebungsbescheid gerichteten Berufung Folge zu geben.

Gemäß § 299 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des Aufhebungsbescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat. Dies bedeutet, dass mit dem Aufhebungsbescheid auch der mit ihm verbundene Einkommensteuerbescheid für 2007 aus dem Rechtsbestand ausscheidet. Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid vom 23. 7. 2008 richtet sich gegen einen rechtlich nicht mehr existenten Bescheid und ist aus diesem Grund deshalb als unzulässig geworden zurückzuweisen.

Ergeht auch an das Finanzamt

 

Wien, am 4. März 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Bescheidaufhebung, Begründung

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