UFS RV/1403-W/04

UFSRV/1403-W/0431.3.2005

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/13/0074 eingebracht. Mit Erk. v. 27.2.2008 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0733-W/08 erledigt.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Kittinger und die weiteren Mitglieder HR Dr. Walter Mette, Gerhard Mayerhofer und KomzlR Gottfried Hochhauser über die Berufung des EN, vertreten durch RS, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 23. Oktober 2003 betreffend Haftung gemäß § 9 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom 23. Oktober 2003 nahm das Finanzamt den Berufungswerber (Bw.) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der E-GmbH im Ausmaß von € 89.165,26 in Anspruch.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw. im Wesentlichen aus, dass er gegen den Haftungsbescheid und die Bescheide über den Abgabenanspruch aus Umsatzsteuer 1996-2000, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2000 sowie aus Kapitalertragsteuer 1998 das Rechtsmittel der Berufung erhebe.

Der Bw. habe in seiner ehemaligen Funktion als Geschäftsführer der E-GmbH alle Abgabenverpflichtungen auf Basis der ihm vorgelegten Meldungen der extern geführten Bücher immer fristgerecht entrichtet. Im Zuge der für den Zeitraum 1996 bis 1998 durchgeführten Betriebsprüfung seien Feststellungen getroffen worden, die zu den im Haftungsbescheid angeführten nachträglichen Abgabenverbindlichkeiten geführt hätten. Die Betriebsprüfung sei vom 15. November bis 29. Dezember 2000 durchgeführt worden, zu einem Zeitpunkt, in welchem die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft längst eingestellt gewesen sei.

Von den nachträglich festgestellten Abgabenschulden entfielen rund 50 % auf Umsatzsteuerverbindlichkeiten, die wiederum auf reine Formmängel der gelegten Teil- und Schlusssrechnungen zurückzuführen seien, wodurch sich bei strenger Anwendung des Umsatzsteuergesetzes eine Doppelbelastung, zum Teil sogar eine Dreifachbelastung der angeführten Leistungen mit Umsatzsteuer ergebe. Wäre der Formmangel erkannt und die Rechnungen berichtigt worden, ergäbe sich keine Umsatzsteuerschuld, da die Umsatzsteuer von den erbrachten Leistungen immer in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe an das zuständige Finanzamt entrichtet worden sei.

Die restlichen nachträglich festgestellten Abgabenverbindlichkeiten resultierten überwiegend aus Lohnnebenkosten des Geschäftsführergehaltes, welches im Feststellungszeitraum nicht zur Auszahlung gelangt sei. Die angespannte Liquiditätslage der E-GmbH sei vom Bw. als sorgfältiger ordentlicher Kaufmann dadurch entspannt worden, als er die eigenen Gehaltsforderungen an die Gesellschaft regelmäßig hintangestellt habe. Dies habe zu einer Kumulierung der Gehaltsforderungen und schließlich zu einer buchmäßigen Überschuldung der Gesellschaft geführt. Die sonstigen laufenden Betriebsausgaben sowie die Abgabenverbindlichkeiten seien immer zur Gänze beglichen worden. Eine Pflichtverletzung des Bw. liege daher nicht vor.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 25. März 2004 als unbegründet ab.

In dem dagegen rechtzeitig eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Bw. ergänzend vor, dass eine durchgängige Kausalität, dh. ein Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht vorliege. Die von den Prüfern während der Betriebs- und Lohnsteuerprüfung erhobenen Feststellungen und die damit verbundenen Steuerfolgen hätten während der Prüfung bis auf etwaige Geringfügigkeiten berichtigt und bereinigt werden können, sodass eine bescheidmäßige Festsetzung unterblieben wäre. Ein GmbH-Geschäftsführer hafte nur für solche Abgaben, die in jenem Zeitraum zu entrichten seien, in dem er eine aufrechte Geschäftsführerbefugnis gehabt habe. Im vorliegenden Fall sei die Geschäftsführung mit 30. September 1999 laut Firmenbucheintragung zurückgelegt worden. Die Uneinbringlichkeit bei der E-GmbH resultiere daraus, dass die Gesellschaft nicht mehr existiere bzw. die Abgaben zu einem Zeitpunkt festgesetzt worden seien, zu dem die Gesellschaft nicht mehr werbend tätig gewesen sei und über keine finanziellen Mittel mehr verfügt habe. Abgabenforderungen zum Zeitpunkt der Abgabenentstehung wären einbringlich gewesen.

Der Bw. habe während seiner gesamten Zeit als Geschäftsführer der E-GmbH die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet. Als Alleingeschäftsführer, als vollbeschäftigter Dienstnehmer und als einziger aktiver Fachmann im Unternehmen (die erforderliche Gewerbeberechtigung habe Herr HN, der Vater des Bw., zur Verfügung gestellt) habe der Bw. eine Aufgabenverteilung vorgenommen und Verantwortungsbereiche und -träger geschaffen. Während sich der Bw. die Akquisition, die Bauleitung, die Auftragsabwicklung, den Materialeinkauf und die Personalbesetzung vorbehalten habe, sei Frau IN als Gesellschafterin und Dienstnehmerin der GmbH mit der Leitung des Rechnungswesens betraut gewesen. Dazu hätten die Lohnverrechnung, das Zahlungswesen, die Führung des Kassabuches, die Führung des Wareneingangsbuches, das Schreiben von Rechnungen, die Belegübergabe an den Steuerberater zur buchmäßigen Erfassung, die fristgerechte Entrichtung der Abgaben und sonstige sämtliche im Büro anfallenden Tätigkeiten gehört. Kostenvoranschläge, Teil- und Schlussrechnungen seien inhaltlich, dh. hinsichlich Baufortschritt, geleistete Stunden, Stundensätze und Materialeinsatz, vom Bw. vorgegeben worden. Vor dem Versenden der Rechnungen seien diese nochmals auf inhaltliche Richtigkeit geprüft worden. Die gelegten Rechnungen seien regelmäßig dem Steuerberater zur buchmäßigen Erfassung übergeben worden. Die vom Steuerberater erstellte und unterfertigte monatliche Umsatzsteuervoranmeldung sei der Gesellschaft übermittelt und von dieser beim Finanzamt eingereicht worden; ausgewiesene Zahllasten seien von der Gesellschaft fristgerecht entrichtet worden.

Als Techniker und Handwerker mit Steuern weniger vertraut, habe der Bw. seinem Steuerberater vertraut und sich darauf verlassen, dass die beauftragte Buchhaltung ordnungsgemäß geführt und die Steuererklärungen richtig erstellt worden seien. Während der ganzen Jahre seiner Geschäftsführertätigkeit seien die Abgabenverbindlichkeiten immer ordnungsgemäß entrichtet worden. Die kleine überschaubare Familien-GmbH (in den besten Zeiten der Gesellschaft seien 6 Maurer beschäftigt worden) habe der Bw. kontrolliert und laufend überwacht. Der Bw. habe regelmäßig die Abfuhr der Abgabenverpflichtungen überwacht. Von der rechnerischen Richtigkeit der Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast habe er sich nicht überzeugt, was auch nicht zumutbar gewesen sei. Eine Verletzung der Überwachungspflicht des Bw. liege daher nicht vor.

Einer Pflichtverletzung sei der Bw. erstmalig beschuldigt bzw. eine persönliche Haftung angedroht bzw. mit dem Umstand konfrontiert worden, dass Abgabenrückstände aushafteten, zu einem Zeitpunkt, als die Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht worden sei, nämlich durch ein formloses Schreiben der Einbringungstelle des zuständigen Finanzamtes vom 16. Mai 2003. Die vorgeschriebenen Abgabenrückstände hätten im Betriebsprüfungsverfahren, welches in den Räumen des steuerlichen Vertreters der Gesellschaft abgewickelt worden sei, zur Gänze berichtigt und aufgeklärt werden können, sodass es zu keiner Nachbelastung gekommen wäre. Etwaige Abgabennachbelastungen hätten von der Gesellschaft jedenfalls entrichtet werden können. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Dezember 2000 sei der Bw. nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Die Gesellschaft sei im Kalenderjahr 2000 keine werbende Gesellschaft mehr gewesen, es sei keinerlei operative Tätigkeit mehr erfolgt. Die schon im Frühjahr 1999 beabsichtigte Firmenschließung habe sich verschleppt. Die Gesellschaft habe nur mehr in den Büchern bestanden. Es habe keine Geschäftsräumlichkeiten, keine Dienstnehmer, keine Betriebsmittel und keine Geschäftstätigkeit mehr gegeben. Mangels Pflichtverletzung fehle deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit.

Der Bw. stelle den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Laut Eintragung im Firmenbuch oblag dem Bw. als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen vom 22. Mai 1979 bis zur Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 18. Jänner 2001 die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Eine Zurücklegung der Geschäftsführung mit 30. September 1999 ist im Firmenbuch entgegen dem Vorbringen des Bw. nicht eingetragen. Bestätigt wird die Ausübung der Geschäftsführung durch den Bw. bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der E-GmbH sowohl durch die Unterfertigung der Abgabenerklärungen für 1999 am 5. Jänner 2001 laut Unterschriftsprobenblatt als auch durch die Nennung des Bw. als Geschäftsführer in den Beschlüssen des Konkursgerichtes vom 18. Jänner 2001, 13. Februar 2003 und 27. März 2003.

Die nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht auf Grund der Aufhebung ds Konkurses über deren Vermögen nach Schlussverteilung mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 27. März 2003 fest.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 19. November 1998, 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bw. nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 13. März 1991, 90/13/0143) aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie auch bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.9.1954, 1254/52; 18.10.1995, 91/13/0037, 0038) eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.

Dass der Gesellschaft keine Mittel zur Entrichtung der übrigen haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären, wurde vom Bw. für den Zeitpunkt der Abgabenentstehung insofern ausdrücklich in Abrede gestellt, als Abgabenforderungen zum Zeitpunkt der Abgabenentstehung einbringlich gewesen wären. Das Vorhandensein von Mittel zur Abgabenentrichtung wird auch durch die bis 4. Jänner 2001 auf das Abgabenkonto der E-GmbH geleisteten Zahlungen (15. November 2000: S 5,421,00, 28. November 2000: S 48.189,00, 4. Jänner 2001: S 403,00) bestätigt.

Dem Einwand, dass die Abgaben zu einem Zeitpunkt festgesetzt worden seien, als die Gesellschaft über keine finanziellen Mittel mehr verfügt habe, ist zu entgegnen, dass der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.9.1998, 98/16/0018) danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10.11.1993, 91/13/0181) somit maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.5.1992, 88/17/0216) grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend.

Sofern die Bw. die inhaltliche Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen bestreitet, ist dem entgegenzuhalten, dass dem Haftungsbescheid Abgabenbescheide vorangegangen sind, sodass es der Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.2.1999, 98/13/0144) im Verfahren über die Heranziehung der Bw. zur Haftung daher verwehrt ist, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als Vorfrage zu beurteilen. Der Bw. hat neben der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung ohnehin gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch berufen. Wird aber neben einer Berufung gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Berufungen zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 277 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. VwGH 10.9.1987, 86/13/0148).

Der Einwand, dass das Geschäftsführergehalt im Feststellungszeitraum nicht zur Auszahlung gelangt sei, ist nicht zielführend, weil es sich dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 3.11.1995, 93/15/0010) um eine Einwendung gegen den Abgabenanspruch handelt, sodass infolge der Festsetzung der Lohnsteuer, des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 2000 mit Bescheiden vom 19. Februar 2001 die Richtigkeit dieser Abgabenfestsetzungen nicht als Vorfrage zu beurteilen war.

Wenn der verantwortliche Vertreter seine abgabenrechtlichen Pflichten auf eine andere Person überträgt, wird er dadurch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.6.1999, 98/14/0171) nicht von seiner Verantwortung befreit. Es treffen ihn in einem solchen Fall Auswahl- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu Haftungsfolgen nach § 9 BAO führen kann. Es gehört zu den Pflichten des zur Vertretung einer juristischen Person Berufenen durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen dafür Sorge zu tragen, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten tatsächlich erfolgt. Der zur Vertretung einer juristischen Person Berufene hat die Tätigkeit der von ihm beauftragten Person in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschließen, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleibt (siehe dazu Stoll-BAO-Kommentar, 122 f und Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar, § 9 Rz 12, und die dort jeweils zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dem Vorbringen, dass eine Verletzung der Überwachungspflicht des Bw. nicht vorliege, kann daher nicht gefolgt werden, zumal der Bw. im Vorlageantrag selbst eingesteht, dass er seinem Steuerberater vertraut und sich darauf verlassen habe, dass die beauftragte Buchhaltung ordnungsgemäß geführt und die Steuererklärungen richtig erstellt worden seien, sich von der rechnerischen Richtigkeit der Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast jedoch nicht überzeugt habe, was auch nicht zumutbar gewesen sei.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Bw. konnte die Abgabenbehörde nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1989, 89/14/0044, auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. für die laut Rückstandsaufgliederung vom 26. Jänner 2005 unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der E-GmbH im Ausmaß von € 89.165,26 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 31. März 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

quantitative Unzulänglichkeit, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, maßgeblicher Zeitpunkt, Richtigkeit der Abgabenfestsetzung, Geschäftsführergehalt, Überwachungspflicht

Stichworte