BFG RV/1100376/2014

BFGRV/1100376/201429.2.2016

Ertrags- und umsatzsteuerliche Relevanz einer Vermietungstätigkeit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100376.2014

 

Beachte:
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2016/15/0036. Mit Erk. v. 13.9.2018 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben (hinsichtlich Umsatzsteuer 2000-2002). Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100526/2018 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia Mauthner in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Geser und Partner, GmbH & Co KG, Hof 320, 6866 Andelsbuch, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom 28. März 2006 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2004 und Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 zu Recht erkannt: 

I) Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 wird als unbegründet abgewiesen. Die betreffenden Bescheide bleiben unverändert.

II) Der Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2000 bis 2002 wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den angeschlossenen, einen Spruchbestandteil dieses Erkenntnisses bildenden Berechnungsblättern zu entnehmen.

Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.

 

 

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf.), errichtete in den Jahren 1999 bis 2002 ein Gebäude in der X-Straße in X und machte die auf die Errichtungskosten von 322.157,68 € (4.432.986,24 S) entfallende Umsatzsteuer von 53.887,57 € (741.509,13 S) als Vorsteuer geltend. Nach Fertigstellung des Gebäudes stellte er das Erdgeschoss (71 m2) und Teile des Kellers (24,54 m2) der Y. GmbH & Co KG unentgeltlich zur Verfügung, an der er im Streitzeitraum als Kommanditist beteiligt war. Komplementärin der KG war die Z. GmbH, deren Alleingesellschafter wiederum der Bf. war. Das Obergeschoß (72,12 m2), das Dachgeschoß (45,49 m2) und die verbleibenden Kellerteile (52,38 m2) vermietete der Bf. an seine Tochter, die dafür im Streitzeitraum eine monatliche Miete von 420,00 € (inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer) entrichtete.

In einem ersten Rechtsgang hatte die zuständige Referentin des unabhängigen Finanzsenates unter anderem zu beurteilen, ob die teilweise Vermietung des gegenständlichen Gebäudes als Einkunftsquelle zu behandeln und die damit im Zusammenhang stehenden Umsätze und Vorsteuern zu berücksichtigen sind. Seitens der Prüferin und ihr folgend des Finanzamtes wurde dies mit der Begründung verneint, der der Vermietung zugrunde liegende, zwischen dem Bf. und seiner Tochter abgeschlossene Mietvertrag erfülle nicht die Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen. So sei der Abschluss des auf fünf Jahre befristeten Mietvertrages mündlich erfolgt und habe keine Vereinbarung bezüglich der Dauer der Kündigungsfrist sowie der Höhe bzw. Zahlung einer Kaution enthalten. Zudem sei ein Mietzins von lediglich 2,25 €/m2 vereinbart worden, obwohl der Richtwertmietzins in XX ab 1. April 2003 6,63 €/m2 und ab 1. April 2005 6,91 €/m2 betragen habe. Abweichend dazu gelangte die Referentin zu dem Schluss, dass kein Zweifel am Bestand des vom Bf. behaupteten Mietvertrages bestehe, weil sämtliche für einen zivilrechtlichen Vertrag notwendigen Vertragsinhalte wie die Bestimmung der Vertragsparteien, des Mietobjektes, des Mietzinses und der Mietdauer vorlägen. Auch der niedrige Mietzins sei kein Grund, dem Mietvertrag die steuerliche Anerkennung zu versagen, da die dafür seitens des Bf. vorgebrachten Umstände - Mitbenützung des Kellers der Mieterin durch die Y. GmbH & Co KG sowie Erlaubnis für den Zutritt dieser Baufirma zur Wohnung der Mieterin zwecks Erreichung des Kellers - plausibel erscheinen würden und vom Finanzamt auch nicht in Abrede gestellt würden.

Der im weiteren Verlauf angerufene Verwaltungsgerichtshof hob die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 20. Mai 2010, RV/0116-F/06, mit Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2010/15/0119, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend führte das Höchstgericht dazu aus, die belangte Behörde habe sich nicht mit den Umständen, die der Bf. als Ursache für den niedrigen Mietzins ins Treffen geführt habe, auseinandergesetzt. Bereits dies stelle einen wesentlichen Begründungsmangel dar, weil sich die diesbezüglichen Berufungsausführungen auf allgemein gehalten Aussagen ("eine Wohnung in dieser Größenordnung, die neben einem Baubetrieb situiert sei, könne üblicherweise nur schwer vermietet werden") beschränkten oder schlicht unverständlich seien ("auch habe die Mieterin die Mitbenützung des Kellers durch die Baufirma sowie den Zutritt der Baufirma zu ihrer (Anm: im Obergeschoß gelegenen) Wohnung zur Erreichung de(s) betrieblich genutzten Kellers gestattet"). Dass das Finanzamt das Vorbringen in der Berufung nicht in Abrede gestellt habe, entbinde die belangte Behörde nicht von ihrer Begründungspflicht. Denn die belangte Behörde treffe gemäß § 115 Abs. 1 BAO eine amtswegige Ermittlungspflicht. Sie habe als Berufungsinstanz alle Ergebnisse des Verfahrens vor dem Finanzamt heranzuziehen und, falls erforderlich, von Amts wegen weitere Ermittlungen zu führen.

Nicht begründet habe die belangte Behörde überdies ihre Feststellung, wonach die Vermietungstätigkeit unzweifelhaft eine Einkunftsquelle darstelle. Die belangte Behörde stütze sich in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in der Berufung, wonach aus der dem Finanzamt vorgelegten Prognoserechnung ersichtlich sei, dass innerhalb eines Zeitraumes von rund zwölf Jahren ein Gesamtüberschuss der Einnahmen erzielt werde. Dass die vom Bf. im Zuge der Veranlagung 2004 vorgelegte Prognose für die Jahre 2002 bis 2017 kritisch gewürdigt oder auch nur mit den bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides tatsächlich realisierten Ergebnissen abgeglichen worden wäre, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Entscheidend aber sei, dass die belangte Behörde dem Berufungsvorbringen, wonach die Wohnung nur für einen Übergangszeitraum vermietet werde, keine Beachtung geschenkt habe und deshalb - trotz der für sie gemäß § 115 Abs.1 BAO bestehenden amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Erhebungen zur Dauer des Übergangszeitraumes angestellt habe. Ob die gegenständliche Vermietung eine Einkunftsquelle darstelle, sei daher noch nicht beurteilbar.

Im zweiten Rechtsgang wurde dem Finanzamt gemäß § 269 Abs. 2 BAO ein Ermittlungsauftrag zur Klärung der im Folgenden angeführten Sachverhaltsfragen erteilt:

Im Antwortschreiben vom 1. September 2014 teilte das Finanzamt dem BFG mit, die Prüferin habe Erhebungen beim Bf. durchgeführt. Konkret sei am 6. August 2014 mit der ehemaligen Mieterin eine Besichtigung des Gebäudes in der X-Straße in X erfolgt. Dabei sei Folgendes festgestellt worden:

Die Prognoserechnung ist aufgrund des Vorhalteverfahrens vom 26.07.2005 per Eingangsstempel 02.08.2005 eingelangt .

Auszug bis 2006 aus der vorgelegten Prognoserechnung

 

2002

2003

2004

2005

2006

Mieteinnahmen

764,00 €

4.582,00 €

4.582,00 €

4.582,00 €

4.811,00 €

Abschreibungen

-2.376,00 €

-4.752,00 €

-4.752,00 €

-4.752,00 €

-4.752,00 €

Instandhaltungen

0,00 €

0,00 €

0,00 €

0,00 €

-500,00 €

Sonstiges

0,00 €

0,00 €

0,00 €

0,00 €

-100,00 €

Gewinn/Verlust

-1.612,00 €

-170,00 €

-170,00 €

-170,00 €

-541,00 €

Verlust lt. Erklärung

-1.612,58 €

-170,61 €

-170,61 €

keine V+V erklärt

keine V+V erklärt

Differenz

-0,58 €

-0,61 €

-0,61 €

 

 

Datum Erstbescheid Umsatzsteuer

27.10.2003

28.10.2004

21.04.2005

 

 

Datum Erstbescheid Einkommensteuer

27.10.2003

04.11.2004

28.03.2005

 

 

Jahr 2000

Vorsteuer Teilherstellungskosten Wohnung

17.342,08 €

Vorsteuer Teilherstellungskosten Geschäft

9.754,92 €

Jahr 2001

Vorsteuer Teilherstellungskosten Wohnung

10.259,31 €

Vorsteuer Teilherstellungskosten Geschäft

5.770,86 €

Jahr 2002

Vorsteuer Teilherstellungskosten Wohnung

4.187,47 €

Vorsteuer Teilherstellungskosten Geschäft

2.355,45 €

 

Vorsteuer Wohnung für die Jahre 2000 bis 2002

31.788,86 €

Vorsteuer Geschäft für die Jahre 2000 bis 2002

17.881,23 €

Mit Schreiben vom 8. September 2014 wurde dem Bf. das Ergebnis des gegenständlichen Ermittlungsauftrages zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und ihm mitgeteilt, sofern seinerseits keine Stellungnahme erfolge, werde von der Richtigkeit der im Prüfbericht festgehaltenen Sachverhaltsangaben ausgegangen.

Ein Antwortschreiben des Bf. ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG bestimmt, dass in den mit Ablauf des 31.12.2013 beim VwGH anhängigen Verfahren die Verwaltungsgerichte an die Stelle der (sonstigen) unabhängigen Verwaltungsbehörden und, soweit es sich um Beschwerdeverfahren handelt, aller sonstigen Verwaltungsbehörden treten. Daher ersetzt das Bundesfinanzgericht den unabhängigen Finanzsenat im höchstgerichtlichen Verfahren in Abgabensachen. Für die neuerliche Entscheidung ist somit das BFG zuständig.

Das BFG hat der im Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2010/15/0119, vertretenen Auffassung des Höchstgerichts, wonach die Beurteilung der ertrags- und umsatzsteuerlichen Relevanz der beschwerdegegenständlichen Vermietungstätigkeit weiterer Sachverhaltsfeststellungen bedarf, durch Erteilung eines Ermittlungsauftrages an das Finanzamt Folge geleistet. Aufgrund der Ergebnisse dieser Ermittlungen steht nunmehr als Sachverhalt fest, dass der Bf. mit einer seiner Töchter einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag abgeschlossen hat. Nach Ablauf dieser fünf Jahre sah der Vertrag eine automatische Vertragsverlängerung mit einer jederzeit möglichen Kündigung zum Jahresende vor. Vereinbart wurde eine monatliche Nettomiete inklusive Betriebskosten in Höhe von 381,81 € und eine sich am Lebenshaltungskostenindex 2000 orientierende Wertsicherung der Miete. Die gegenständliche Wohnung befand sich im Ober- und Dachgeschoß eines in einer reinen Wohngegend stehenden Einfamilienhauses, dessen Erdgeschoss bis zum Jahr 2012 von der Fa. Y. GmbH & Co KG als Büro genutzt wurde. Dieser Firma wurde auch ein als Archiv genutzter Kellerraum zur Verfügung gestellt, wobei der Zugang zu diesem Raum über das gemeinsame Stiegenhaus erfolgte.

Ursprünglich plante der Bf. die Geschäftsführung der Fa. Y. GmbH & Co KG zurückzulegen, einen familienfremden Geschäftsführer einzusetzen und diesem das Ober- und Dachgeschoß des in den Jahren 2000 bis 2002 neu errichteten Hauses zu vermieten. Tatsächlich übte der Bf. die Geschäftsführertätigkeit für die angeführte Firma allerdings bis zur Einstellung der operativen Tätigkeit aus. Die aus diesem Grund nicht für einen allfälligen Nachfolger in der Geschäftsführerposition benötigten Räume im Ober- und Dachgeschoß des Hauses wurden vom Bf. nicht am Markt angeboten - weder wurden Inserate geschaltet noch wurde ein Immobilienmakler beauftragt - sondern an die bei der Fa. Y. GmbH & Co KG neben einer weiteren Person als Bürokraft angestellte Tochter vermietet. Die betreffende Tochter bezahlte ab November 2002 bis einschließlich März 2008 Miete, bewohnte die Räumlichkeiten jedoch bis zu ihrem Umzug in das von ihr auf dem Nebengrundstück errichtete Haus im Jahr 2011. Seit ihrem Auszug wohnt ihre Schwester unentgeltlich im Einfamilienhaus.

Rechtlich ist zu Verträgen zwischen nahen Angehörigen auszuführen, dass diese wegen des Fehlens des zwischen fremden Vertragspartnern üblicherweise bestehenden Interessensgegensatzes - unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit  - bestimmten Anforderungen genügen müssen, um steuerlich beachtlich zu sein. Hintergrund für diese "wirtschaftliche" Betrachtungsweise ist die Verhinderung einer willkürlichen Herbeiführung steuerrechtlicher Wirkungen zu Lasten der gleichmäßigen Besteuerung aller und der Umstand, dass der Gefahr der Verlagerung von privat motivierten Geldflüssen in einen steuerlich relevanten Bereich entgegengewirkt werden soll (VwGH 22.2.2000, 99/14/0082; VwGH 1.7.2003, 98/13/0184; VwGH 11.5.2005, 2001/13/0209; UFS 13.9.2005, RV/0059-F/05; UFS 12.10.2009, RV/0539-S/09; Doralt/Toifl, EStG14, § 2 Tz 158ff).

Verträge zwischen nahen Angehörigen erfahren dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (siehe dazu VwGH 18.10.1995, 95/13/0176; VwGH 22.2.2000, 99/14/0082; VwGH 1.7.2003, 98/13/0184).

Im Beschwerdefall bemängelte das Finanzamt insbesondere die geringe, fremdunübliche Höhe des Mietzinses. Dieser habe 2,25 €/m² betragen und sei trotz Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel im Streitzeitraum auch nicht erhöht worden, obwohl der Richtwertmietzins ab 1. April 2003 6,63 €/m² und ab 1. April 2005 6,91 €/m² betragen habe. Demgegenüber erachtete der Bf. die Mietzinshöhe deshalb als angemessen, weil zum einen "eine Wohnung in dieser Größenordnung, die neben einem Baubetrieb situiert sei, üblicherweise nur schwer vermietet werden könne" und weil "die Mieterin die Mitbenützung des Kellers durch die Baufirma sowie den Zutritt der Baufirma zu ihrer Wohnung zur Erreichung de(s) betrieblich genutzten Kellers gestattet habe".

Die am 6. August 2014 erfolgte Besichtigung des Gebäudes, in dem sich die beschwerdegegenständliche Wohnung befindet, ergab, dass es sich dabei um ein Einfamilienhaus handelt, das in einer reinen Wohngegend errichtet wurde. Baubetriebe sind bzw. waren in der näheren Umgebung des Mietobjektes nicht angesiedelt. Bei dem vom Bf. ins Treffen geführten "Baubetrieb" handelte es sich vielmehr um die im Erdgeschoss desselben Gebäudes befindlichen Büroräume der Fa. Y. GmbH & Co KG. Zudem erfolgte der Zugang des von der betreffenden Firma als Archiv genutzten Kellerraumes nicht über die vermieteten Wohnräume, sondern lediglich über das gemeinsame Stiegenhaus. Auch ist der gegenständliche Kellerraum - wie obig dargestellt - nicht Teil der an die Tochter vermieteten Räumlichkeiten, sondern wurde der Firma unmittelbar vom Eigentümer, also vom Bf., zur Verfügung gestellt. Das BFG kommt daher - abweichend von den Feststellungen im ersten Rechtsgang - zum Schluss, dass die vom Bf. für die Angemessenheit der geringen Mietzinshöhe angeführten Gründe in Wahrheit nicht zutreffen.

Hinsichtlich der Mietzinshöhe ist zudem zu beachten, dass das Finanzamt bei der Berechnung des m²-Preises nicht berücksichtigt hat, dass im vereinbarten Mietpreis von 381,00 € monatlich die Betriebskosten inkludiert sind. Laut Statistik Austria betrugen diese im Jahr 2004 für das Bundesland XX 1,68 €/m² (für die Jahre 2002 und 2003 konnten keine Werte ermittelt werden). Wird in die Wohnnutzfläche der vermietete Kellerraum einbezogen - das Finanzamt ist bei seiner Berechnung so vorgegangen - würde die monatliche Nettomiete schätzungsweise ca. 95,00 € betragen bzw. 0,6 €/m² (Wohnnutzfläche: 169,99 m² mal Betriebskosten: 1,68 €/m² ergibt: 285,58 €; 381,00 € minus 285,58 € ergibt 95,42 €). Bei Nichteinbeziehung des Kellerraumes in die Wohnnutzfläche ergibt sich schätzungsweise eine monatliche Nettomiete von ca. 183,00 € bzw. 1,6 €/m² (Wohnnutzfläche: 117,61 m² mal Betriebskosten: 1,68 €/m² ergibt: 197,58 €; 381,00 € minus 197,58 € ergibt 183,42 €). Eine derart geringe Miete kann aus der Sicht des BFG nur mit der Nahebeziehung zwischen Vermieter und Mieter erklärt werden und spricht gegen die Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses.

Auch die Vereinbarung eines Pauschalbetrages für Miete und Betriebskosten wird als unüblich gewertet. Solche Vertragsinhalte finden sich im allgemeinen Wirtschaftsleben allenfalls bei der Vermietung von Untermietzimmern, weil hier die tatsächliche Höhe der auf den Untermieter entfallenden Betriebskosten oftmals nicht festgestellt werden kann (keine gesonderten Strom- und Wasserzähler, etc.). Gerade bei großen Wohnungen - die im Beschwerdefall vermietete Wohnung hat 117 m² - ist es aber üblich, sicherzustellen, dass die gesamten, tatsächlich anfallenden Betriebskosten vom Mieter getragen werden. Sofern also die Betriebskosten nicht monatlich abgerechnet und dem Mieter in Rechnung gestellt werden, wird der Mieter vertraglich üblicherweise zu monatlichen Akontozahlungen verpflichtet, und - nach einer jährlich zu einem festgelegten Zeitpunkt erfolgenden Feststellung der Betriebskostenhöhe - zu einer entsprechenden Nachzahlung bzw. Gutschrift.  

Als weiteres Indiz für eine zwischen Fremden unübliche Vertragsbedingung wird der Umstand erachtet, dass im mündlichen Mietvertrag zwar eine Wertsicherungsklausel vereinbart wurde, offenbar aber kein Schwellenwert festgelegt wurde, bei dessen Erreichen eine Indexanpassung zu erfolgen hat. Der mündliche Mietvertrag lässt somit den Zeitpunkt, zu dem eine Indexanpassung des Mietzinses zu erfolgen hat, völlig offen. Realiter ist im Streitzeitraum auch keine Indexanpassung erfolgt.

Gesamthaft kommt das BFG daher zum Ergebnis, dass zum einen das Erfordernis eines klaren Vertragsinhaltes nicht gegeben ist und der Vertragsinhalt überdies nicht fremdüblich ist. Somit ist das Mietverhältnis jedenfalls ertragssteuerlich dem unbeachtlichen privaten Bereich zuzuordnen.

Bei der umsatzsteuerlichen Bewertung der Vermietungstätigkeit ist nicht nur das UStG 1994, sondern auch das Gemeinschaftsrecht und hier insbesondere Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 der mit 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden kurz: MwStSystRL) zu beachten, wonach als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 2 MwStSystRL sind wirtschaftliche Tätigkeiten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeit der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleich gestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.

Im Judikat Enkler vom 26.9.1996, C-230/94 , hat der EuGH die Ansicht vertreten, dass die Trennlinie der die Unternehmenssphäre prägenden "wirtschaftlichen" Tätigkeit von der privaten Sphäre eine Betrachtung der Gesamtheit der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles erfordert. Wird somit ein körperlicher oder nicht körperlicher Gegenstand (zB eine Wohnung) üblicherweise ausschließlich wirtschaftlich genutzt, ist dies in der Regel ein ausreichendes Indiz zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Bei Gegenständen, die sich sowohl für eine Nutzung zu privaten Zwecken als auch zu wirtschaftlichen Zwecken eignen - dazu gehört jedenfalls eine Wohnung in einem Einfamilienhaus - ist auf die Umstände der Nutzung abzustellen. Es ist somit ein Vergleich anzustellen zwischen der tatsächlichen Nutzung im Einzelfall und den Umständen, unter denen die jeweilig zu untersuchende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Je mehr sich die Nutzungsmodalitäten im zu prüfenden Fall von der im Wirtschaftsleben geübten Praxis unterscheiden, desto eher wird von einer privat veranlassten und nicht von einer „wirtschaftlich“ motivierten Tätigkeit iSd Art 9 MwStSystRL auszugehen sein (siehe dazu Arnoldi, Der Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" im Umsatzsteuerrecht, taxlex, 2015, 312; BFG 8.1.2015, RV/3100069/2010).

Angesichts des nicht annähernd marktkonformen Mietentgelts (siehe dazu zB VwGH 7.7.2011, 2007/15/0255; VwGH 23.2.2010, 2007/15/0003; BFG 8.1.2015, RV/3100069/2010) und der weiteren, obig dargestellten unklaren und unüblichen Vertragsinhalte ist nach Auffassung des BFG die beschwerdegegenständliche Wohnraumüberlassung nicht als unternehmerische Tätigkeit und damit auch nicht als umsatzsteuerlich relevant zu beurteilen.

Die Durchführung einer Liebhabereiprüfung erübrigt sich somit im Beschwerdefall. Wie aber im Folgenden aufgezeigt werden soll, würde eine solche Prüfung ebenfalls zum Ergebnis führen, dass die beschwerdegegenständliche Vermietung der Wohnung keine Einkunftsquelle darstellt.

Gegenständlich ist für die Streitjahre die Liebhabereiverordnung BGBl. 1993/33 idF BGBl. II 358/97 und BGBl II 1999/15 (in der Folge: LVO) maßgebend. Diese unterscheidet Betätigungen mit Einkunftsquellenvermutung (§ 1 Abs. 1 leg. cit.), das sind solche, die durch die Absicht veranlasst sind, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und nicht unter Abs. 2 fallen, und Betätigungen mit Liebhabereivermutung (§ 1 Abs. 2 leg. cit.). Liebhaberei ist gem. § 1 Abs. 2 Z 3 LVO auch zu vermuten, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen mit qualifiziertem Nutzungsrecht entstehen.

Bei der zu beurteilenden Tätigkeit handelt es sich unstrittig um eine solche im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 leg.cit. Die Annahme von Liebhaberei kann daher nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LVO nur ausgeschlossen sein, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn bzw. einen Gesamteinnahmenüberschuss erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Als absehbarer Zeitraum, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden muss, gilt ein solcher von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahre ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

Die in § 2 Abs. 3 und Abs. 4 LVO normierten Zeiträume kommen aber nur zur Anwendung, wenn der Plan des Steuerpflichtigen dahin geht, die Vermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Enthält der Plan hingegen das Vermieten auf einen begrenzten Zeitraum, so muss das positive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraumes erzielbar sein (vgl. VwGH 20.3.2013, 2009/13/0058; VwGH 22.5.2014, 2010/15/0119).

Bereits in der Beschwerde wurde vorgebracht, es sei geplant, die Wohnung nur für einen Übergangszeitraum zu vermieten, dessen Dauer noch nicht feststehe. Nunmehr konnte auf Grund der im Jahr 2014 durchgeführten Ermittlungen festgestellt werden, dass die Vermietung von November 2002 bis einschließlich März 2008 erfolgte. Von April 2008 bis Juni 2011 wurde die Wohnung von der ehemaligen Mieterin, der Tochter des Bf., unentgeltlich bewohnt.

Der Bf. hat lediglich für die Jahre 2002, 2003 und 2004 hinsichtlich der an seine Tochter vermieteten Wohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Aus diesen Erklärungen und aus den Verrechnungskonten geht hervor, dass der Bf. aus der beschwerdegegenständlichen Vermietungstätigkeit die folgenden Einnahmen erzielte, denen die folgenden Werbungskosten gegenüberstehen:

 

2002

2003

2004

2005

Mieteinnahmen

763,63 €

4.581,81 €

4.581,81 €

4.581,81 €

Abschreibungen

-2.376,21 €

-4.752,42 €

-4.752,42 €

-4.752,42 €

Instandhaltungen

0,00 €

0,00 €

0,00 €

0,00 €

Sonstiges

0,00 €

0,00 €

0,00 €

0,00 €

Jahresergebnis

-1.612,58 €

-170,61 €

-170,61 €

-170,61 €

 

 

2006

2007

2008

Mieteinnahmen

4.909,09 €

4.909,09 €

1.227,27 €

Abschreibungen

-4.752,42 €

-4.752,42 €

-2.376,21 €

Instandhaltungen

0,00 €

0,00 €

0,00 €

Sonstiges

0,00 €

0,00 €

0,00 €

Jahresergebnis

156,67 €

156,67 €

-1.148,94 €

Weder in den Steuererklärungen noch in den Verrechnungskonten wurde allerdings berücksichtigt, dass in den Mieteinnahmen die Betriebskosten inkludiert sind. Die Betriebskosten sind aber lediglich Durchlaufposten, sodass die Jahresergebnisse entsprechend zu adaptieren wären (der Werbungskostenüberschuss wäre jeweils höher bzw. der Einnahmenüberschuss kleiner). Gegenständlich kann eine Adaption aber deshalb unterbleiben, weil auch bei Übernahme der Werte des Bf. insgesamt ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von -2.960,01 € erzielt wurde.

Die Aufgabe der Vermietungstätigkeit war privat veranlasst, d.h. dem Bf. wurde der Entschluss, die Wohnung seiner Tochter ab April 2008 kostenlos zum Gebrauch zu überlassen, nicht von außen aufgezwungen, sondern er hat ihn freiwillig gefasst. Es liegt daher eine Liebhabereibetätigung vor, weshalb die diesbezüglich in den Streitjahren erklärten Einkünfte außer Ansatz zu bleiben haben.

Nicht zu berücksichtigen sind auch die mit der Vermietung im Zusammenhang stehenden Umsätze und Vorsteuern und zwar schon deshalb, weil im Beschwerdefall das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd Art 9 MwStSystRL verneint wurde (siehe dazu oben). Aber selbst wenn vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Unionsrechts ausgegangen worden wäre, ergibt sich aus den in Art. 135 MwStSystRL Deckung findenden § 2 Abs. 5 Z 2 und § 28 Abs. 5 Z 4 UStG 1994 iVm der LVO 1993, dass eine verlustträchtige Vermietung einer Eigentumswohnung als steuerfreie Grundstücksvermietung nicht der Umsatzsteuer unterliegt und kein Recht auf Vorsteuerabzug vermittelt (siehe dazu zB VwGH 16.2.2006, 2004/14/0082; VwGH 30.4.2015, 2014/15/0015).

Somit war die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2003 und 2004 sowie Einkommensteuer 2002 bis 2004 als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2000 bis 2002 war deshalb teilweise Folge zu geben, weil nicht nur strittig war, ob die mit der teilweisen Vermietung eines Gebäudes in Zusammenhang stehenden Umsätze und Vorsteuern zu berücksichtigen waren. In Streit stand darüber hinaus die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs für die im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen und betrieblich genutzten Gebäudeteile. Letzteres wurde vom damals zuständigen unabhängigen Finanzsenat in seiner Entscheidung vom 20. Mai 2010, RV/0116-F/06, bejaht und vom Höchstgericht im Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2010/15/0119 nicht als inhaltlich rechtswidrig beurteilt, weshalb diese Rechtsfrage auch nicht Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens war. Hinsichtlich des Sachverhalts, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung wird daher auf die Ausführungen in der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenat vom 20. Mai 2010, RV/0116-F/06, verwiesen, die insofern Bestandteil dieses Erkenntnisses ist.

Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 

Bei der Beurteilung der ertrags- und umsatzsteuerlichen Relevanz der Vermietungstätigkeit folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden daher nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Feldkirch, am 29. Februar 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 RL 2006/112/EG , ABl. Nr. L 347 vom 11.12.2006 S. 1
Art. 1 Abs. 1 Unterabsatz 2 RL 2006/112/EG , ABl. Nr. L 347 vom 11.12.2006 S. 1
Art. 135 RL 2006/112/EG , ABl. Nr. L 347 vom 11.12.2006 S. 1
§ 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 28 Abs. 5 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

EuGH 26.09.1996, C-230/94
VwGH 30.04.2015, 2014/15/0015

Stichworte