VwGH Ro 2019/05/0002

VwGHRo 2019/05/000229.1.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde P, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. August 2018, LVwG-AV-190/001-2017, betreffend baupolizeiliche Aufträge (mitbeteiligte Partei: J F in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §68 Abs1
BauO NÖ 2014
BauO NÖ 2014 §23
BauO NÖ 2014 §35
BauO NÖ 2014 §35 Abs1
BauO OÖ 1994 §46 Abs1
BauRallg
B-VG Art18 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019050002.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes 1.b. letzter Satz (Reduktion der Anzahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung des H A in S, vertreten durch die Thum Weinreich Schwarz Chyba Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, wird zurückgewiesen.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

I.

1 H A. (im Folgenden: A., dieser ist Revisionswerber in dem zur hg. Zl. Ro 2019/05/0001 protokollierten Verfahren) ist grundbücherlicher Eigentümer (u.a.) der Liegenschaft EZ 5, Grundbuch B., die (u.a.) die Grundstücke Nr. 14 und Nr. 17 umfasst, auf der sich das landwirtschaftliche Gehöft B... 9 befindet.

2 Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Mitbeteiliger) ist Eigentümer der an diese Liegenschaft in östlicher Richtung unmittelbar angrenzenden Liegenschaft EZ 67, zu der (u.a.) die Grundstücke Nr. 19 und Nr. 22 sowie das vom Grundstück Nr. 19 umschlossene Grundstück Nr. 20 gehören und auf der sich das Wohnobjekt B... 27 befindet.

Zur Vorgeschichte:

3 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde P. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 5. Mai 1970, AZ. B-23/70, wurde dem Rechtsvorgänger des A. die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Hühnerstalles samt einer Futterkammer und einem angeschlossenen Heizraum erteilt, welcher Stall mit einer Außenabmessung von 28,30 m x 10,60 m in nordwestlicher Richtung an das auf dem Grundstück bestehende landwirtschaftliche Gehöft angebaut werden sollte.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Juni 1976, AZ. B- 24/76, wurde den Rechtsvorgängern des A. die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Schweinestalles mit Silo, Düngerstätte und Jauchegrube erteilt. Der neu zu errichtende Schweinestall sollte (ebenso) in nordwestlicher Richtung an das landwirtschaftliche Gehöft, parallel zu dem mit Bescheid vom 5. Mai 1970 bewilligten Hühnerstall, angebaut werden. 5 Beide Bescheide enthielten keine Vorgaben zur Anzahl der Tiere, die in den Ställen gehalten werden dürften, und zu den zu erwartenden bzw. zulässigen Emissionen.

6 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Februar 1995, AZ. B- 81/1994, wurde den Rechtsvorgängern des A. die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung bzw. den Einbau eines Schweinemaststalles für 206 Mastschweine und 108 Ferkel auf dem Grundstück Nr. 17 erteilt.

7 Am 4. Dezember 1996 führte der Bürgermeister eine mündliche Verhandlung zur Endbeschau betreffend die Vorhaben

" Errichtung einer Güllegrube mit 190 m3 Fassungsvermögen

Geräteschuppenneubau

Einbau Schweinemaststall

Schweinestallungen, Silo, Düngerstätte und Jauchegrube" auf den Grundstücken Nr. 14 und Nr. 17 durch. In der darüber aufgenommenen baubehördlichen Niederschrift vom 4. Dezember 1996, die auf die baubehördlichen Verfahren mit den Zahlen "AZ.: B- 74/1993, 43/84, 81/94 u.24/74" Bezug nimmt, heißt es (auszugsweise):

" ...

Baubewilligung B-81/1994 vom 7.2.1995: (Einbau Schweinemaststall)

Befunde:

... Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß das Bauvorhaben

bewilligungsgem. ausgeführt wurde, ausgenommen:

1. Der geplante Silo wurde noch nicht hergestellt, die Errichtung ist, laut Bauwerber, für Frühjahr 1997 beabsichtigt.

2. Im Stalltrakt wurde zwischen hofseitiger Außenwand und Kammer 3 ein Gang hergestellt und wurde dadurch die Kammer 3 flächenmäßig reduziert. Mit diesem Gang ist auch eine direkte Verbindung in den anschließenden Stalltrakt (Bestandstrakt) gegeben. Ebenso wurde der Flur verlängert um eine Zugänglichkeit zum best. nordostseitig gelegenen Keller zu schaffen, dadurch reduziert sich die Fläche der Kammer 5. Die Kammer 2 wurde um ca 4,2 m verlängert und ergibt sich dadurch eine in gleicher Front verlaufende Außenmauer von Kammer 2 und Kammer 5.

Baubewilligung B-24/1976 vom 5.6.1976: (Schweinestall, Silo, Düngerstätte und Jauchegrube)

...

Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß das Bauvorhaben bewilligungsgem. ausgeführt wurde, jedoch ist der Schweinestall in einer Größe von 20 auf 8 m anstelle Ziegelmassivbauweise mit Stahlrahmen (Stützen und Dachtragwerk) mit Systemwänden Fabr. Wolf hergestellt.

Die Antragsteller nehmen vorstehendes Verhandlungsergebnis

zustimmend zur Kenntnis.

..."

8 Mit Bescheid vom 23. Dezember 1996, AZ. B-81/1994, erteilte der Bürgermeister den Rechtsvorgängern des A. unter Bezugnahme (u.a.) auf die einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildende Verhandlungsschrift vom 4. Dezember 1996 die Benützungsbewilligung für die "Baulichkeit Einbau

Schweinemaststall 206 Mastschweine und 108 Ferkel" auf dem Grundstück Nr. 17. Im Spruch des Bescheides heißt es weiters:

"Die, in der Niederschrift angeführten, Abweichungen werden nachträglich genehmigt."

9 In der baubehördlichen Niederschrift über die zur Überprüfung des Bauzustandes der Bauwerke, insbesondere des Schweinestalles, auf den Grundstücken Nr. 13, Nr. 14 und Nr. 17 durchgeführten Verhandlung vom 7. Februar 2006 wurde vom Bürgermeister als Verhandlungsleiter (u.a.) festgehalten:

" ...

Gegenstand der Verhandlung ist Folgender:

Im Zuge der Vorprüfung des Antrages der (Rechtsvorgänger des A.) vom 11.06.2003, Zl. ..., auf Erteilung der Baubewilligung betreffend der Errichtung eines Zuchtsauenstalles sowie Umbaumaßnahmen auf den Grundstücken Nr. 13, 14 und 17, KG ...,

welchen der Bürgermeister ... mit Bescheid vom 13.12.2005,

Zl. ..., zurückgewiesen hat, wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen festgestellt, dass gemäß den im Juni 2003 vorgelegten Plänen und Anträgen Umbauarbeiten im bestehenden Schweinestall geplant wurden, wobei die im Juni 2003 vorgelegten Pläne den bestehenden Schweinestall allerdings um 8,605 m länger und 0,785 m schmäler auswiesen, als mit dem

Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters ... vom 05.06.1976, B-

24/1976, bewilligt, ohne, dass in den Plänen bzw. dem Antrag diesbezüglich eine Baubewilligung beantragt wurde. Betreffend dieses vorhin erwähnten Schweinestalles liegt bislang ein Antrag der (Rechtsvorgänger des A.) als Grundeigentümer auf Erteilung einer Baubewilligung nicht vor, weshalb der Bürgermeister ... gemäß den §§ 33ff NÖ Bauordnung 1996 zwecks Überprüfung des Bauzustandes dieses Schweinestalles sowie der Frage, ob und inwieweit eine Baubewilligung für den Schweinestall im vorhandenen Zustand vorliegt oder nicht bzw. seitens der Grundeigentümer ein Antrag auf nachträgliche Baubewilligung gestellt wird, zu der gegenständlichen Verhandlung eingeladen hat.

..."

10 Dieser Verhandlungsniederschrift zufolge gestanden die Rechtsvorgänger des A. zu, dass der Schweinestall nicht gemäß den mit Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Juni 1976 bewilligten Plänen errichtet, sondern um 8,605 m länger, jedoch dafür um 0,785 m schmäler ausgeführt worden sei, was bedeute, dass der Schweinestall nur eine etwas größere Nutzfläche gegenüber der Baubewilligung aufweise. Sie gaben diesbezüglich an, dass sie im Rahmen der Endbeschauverhandlung am 4. Dezember 1996 für alle Bauvorhaben, hinsichtlich derer die Endbeschau und die Benützungsbewilligung beantragt worden seien, damit auch hinsichtlich dieses Schweinestalles, in Ansehung geringfügiger Änderungen die nachträgliche Baubewilligung mit der Benützungsbewilligung beantragt hätten. Es sei ihnen nach Vorhalt der Niederschrift vom 4. Dezember 1996 unverständlich, warum dort als Ergebnis des Lokalaugenscheines in Bezug auf den Schweinestall festgehalten worden sei, dass das Bauvorhaben bewilligungsgemäß ausgeführt, der Schweinestall jedoch in einer Größe vom 20 m auf 8 m anstelle Ziegelmassivbauweise mit Stahlrahmen (Stützen und Dachtragwerk) mit Systemwänden (Fabr. Wolf) hergestellt worden sei. Wieso in dieser Niederschrift nicht festgehalten worden sei, dass der Schweinestall länger und dafür schmäler als eingereicht errichtet worden sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Im Zusammenhang mit dem Benützungsbewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 23. Dezember 1996 seien sie auf jeden Fall davon ausgegangen, dass sämtliche geringfügigen Abweichungen von den jeweiligen Baubewilligungen nachträglich genehmigt worden seien, darunter auch der Schweinestall im tatsächlich errichteten Zustand.

11 In diesem Zusammenhang führte der bautechnische Amtssachverständige in der Verhandlung vom 7. Februar 2006 (u.a.) aus, dass der Schweinestall aufgrund der geänderten Ausmaße eine um 49,60 m2 größere Nutzfläche (gegenüber der mit Bescheid vom 5. Juni 1976 erteilten Baubewilligung) aufweise. In diesem Bescheid seien, wie damals üblich, keine genauen Angaben über die Schweineplätze enthalten. Wenngleich eine genaue Anzahl der Schweineplätze baubehördlich nicht festgelegt worden sei und auch im Bauansuchen keine näheren Angaben dazu gemacht worden seien, könnten zweifelsfrei in dem größer errichteten Schweinestall mehr Schweine untergebracht werden. Der nunmehr länger ausgeführte Schweinestall reiche zwar bis zu 5,10 m an die Grundgrenze des Nachbargrundstückes Nr. 10 des D. heran, die nachbarrechtlichen Abstände (seitlicher Bauwich) seien jedoch - auch unter Berücksichtigung des Bebauungsplanes im Jahr 1996 - eingehalten. 12 Mit Schreiben an den Bürgermeister vom 22. April 2015 führte der Mitbeteiligte (und ein weiterer Anrainer) Beschwerde über Geruchsbelästigungen, worin (u.a.) vorgebracht wurde, dass diese Belästigungen vom wahrscheinlich illegal errichteten Schweinestall und der Schweinehaltung auf dem Anwesen des A. ausgingen.

13 In der Folge wurden vom Bürgermeister am 31. August 2015 und am 28. September 2015 (u.a.) auf den Grundstücken Nr. 14 und Nr. 17 baubehördliche Überprüfungen durchgeführt. In der Niederschrift über diese Überprüfung vom 28. September 2015 heißt es (auszugsweise):

" ...

Am Beginn wurde erklärt, dass aufgrund der Stellungnahme des (Mitbeteiligten) die Innenabmessungen der einzelnen Stallabteile bzw. Gänge, Futterküche, usw. aufgenommen werden. Die Innenabmessungen der einzelnen Räume werden in einem Entwurfsplan des Betriebes (des A.) im Maßstab von 1:250 mit Datum 10.09.2015 eingetragen, welcher auch die Grundlage zur Bekanntgabe der Tierzahlen durch den Betreuungstierarzt Dr. ... M. ... darstellt.

1. Rinderstall im nordwestlichen Trakt anschließend an das Wohnhaus:

Im Zuge der Befundaufnahme wurde festgestellt, dass der Rinderstall nicht mehr besteht und anstelle dessen wie im o. a. Entwurfsplan vom 10.09.2015 dargestellt, der Ferkelstall 3 (L x B = 9,16 m x 2,93 m), der Abferkelstall (L x B = 7,88 m x 5,20 m + 9,58 m x 4,01 m), ein Umkleideraum und Gänge

eingebaut wurden. ... Für diesen Gebäudeteil liegt im Bauakt ...

keine baubehördliche Bewilligung auf und es ist daher in diesem Bereich um nachträgliche baubehördliche Bewilligung ... anzusuchen.

2. Aktenzahl Nr. B-24/1976 vom 05. Juni 1976 (Neubau von Schweinestallungen samt Jauchegrube, eines Silos sowie Errichtung einer Düngerstätte:

Für diesen Bereich des bestehenden Schweinestall wurde eine Endbeschau am 04.12.1996 vorgenommen bzw. eine Niederschrift vom 07.02.2006 aufgenommen.

Im Zuge der heutigen Befundaufnahme wurde festgestellt, dass in dem Plan vom April 1976 im Futtervorbereitungsraum (Futterküche) ein Technikraum eingebaut wurde. die Planmaße sind mit L x B = 8,80 m x 5,0 m angegeben. In der Natur wurde die Abmessung von 8,59 m x 4,94 m festgestellt. Im neben dem Futtervorbereitungsraum dargestellten Schweinestall wurden ein Gang bzw. der Ferkelstall 1 und der Ferkelstall 2 eingebaut. Die Planmaße des Schweinestalles sind mit 8,80 m x 5,55 m angegeben. In der Natur wurde das Ferkelabteil 1 mit Abmessungen von L x B = 4,30 m x 4,48 m bzw. das Ferkelabteil 2 L x B = 4,28 m x 4,50 m festgestellt. Im Bereich der im Einreichplan dargestellten Durchfahrt wurde wie bereits oben unter Punkt 1 erwähnt der Ferkstall 3 eingebaut. Dieser weist die Innenabmessungen von L x B = 9,16 m x 2,93 m auf.

Im Plan ist für den im Nordwesten angebauten Schweinestall eine Innenabmessung von 20,0 m x 7, 40 m angegeben. In diesem Bereich wurde an der südwestlichen Außenwand ein Gang mit den Innenabmessungen von 28,79 m x 1,03 m bzw. der Maststall 5 mit L x B = 10,06 m x 5,70 m, der Maststall 6 mit den Innenabmessungen von L x B = 9,99 m x 5,69 m sowie der Maststall 7 mit L x B = 8,76 m x 5,7 m eingebaut. Die Außenabmessungen des gesamten Stallgebäudes betragen 28,90 m x 7,20 m. Im Einreichplan von 1976 sind Außenabmessungen von 20,30 m x 8,0 m angegeben.

Für dieses Bauvorhaben (B-24/1976) liegt im Bauakt ein Bescheid zur Benützungsbewilligung vom 23.12.1996 auf. In diesem Bescheid werden die in der Niederschrift der Endbeschau vom 04.12.1996 angeführten Abweichungen ausdrücklich nachträglich bewilligt.

..."

14 Wie in dieser Niederschrift vom 28. September 2015 festgehalten, wurden die Ergebnisse der baubehördlichen Überprüfung in dem genannten, mit 10. September 2015 datierten Bestandsplan ("Entwurfsplan") vermerkt. Auf diesen Plan bezieht sich laut dem darauf gesetzten Vermerk des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 8. August 2018 das angefochtene Erkenntnis.

15 Mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister im Hinblick darauf, dass die Baubehörde die konsenslose Errichtung von Bauwerken zur Schweinezucht und -mast durch den Eigentümer (A.) festgestellt habe, den Antrag, die Nutzung der nachgewiesen konsenslosen Bauwerke nach § 35 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) bis zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes dieser Bauwerke zu verbieten und darüber bescheidmäßig abzusprechen.

16 Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bürgermeisters vom 28. Oktober 2015 wurde dem A. "von Amtswegen bzw. über Antrag" des Mitbeteiligten als Sicherungsmaßnahme ein baupolizeilicher Auftrag erteilt, dessen Spruch (auszugsweise) wie folgt lautet:

" ...

1. In nachstehend angeführten Räumlichkeiten des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, ...) wird jede Nutzung für Zwecke der Tierhaltung, insbesondere Schweinezucht, bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides zum Zwecke der Tierhaltung (insbesondere Schweinezucht) für diese Räumlichkeiten und Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige mit den erforderlichen Bestätigungen untersagt:

...

- Die gegenüber dem Einreichplan zum Bauvorhaben B- 24/1976, baubehördliche Bewilligung vom 05. Juni 1976, vergrößert ausgeführten Schweinestallungen. Konkret entspricht dies dem Maststall 7 lt. Tierbestandsliste vom 21.09.2015, unterfertigt durch den Betreuungstierarzt Dr. ... M. ..., ... .

...

..."

17 Dazu führte der Bürgermeister (u.a.) aus, dass mit Schreiben vom 22. April 2015 Beschwerden diverser Anrainer (im weiteren Sinn) der Gehöfte des A. über Baugebrechen bzw. die Errichtung und die Benützung von Räumlichkeiten für die Schweinezucht ohne baubehördliche Bewilligung eingelangt seien, darunter auch vom Mitbeteiligten, einem Nachbarn im Sinne des § 6 NÖ BO 2014. Dieser habe mit dem am 12. Oktober 2015 bei der Baubehörde eingegangenen Schreiben beantragt, dem A. gemäß § 35 NÖ BO 2014 bis zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes dieses Bauwerkes die Nutzung des Bauwerkes zu verbieten und darüber bescheidmäßig abzusprechen. Weiters heißt es in der Begründung des Bescheides (auszugsweise):

" ...

Für das landwirtschaftliche Gehöft B... 9 bestehen folgende

rechtskräftige baubehördliche Bewilligungen:

...

Zahl B-24/1976:

Errichtung eines Schweinestalles mit Silo, Düngerstätte und Jauchegrube. Baubehördliche Bewilligung vom 05.06.1976. Betreffend der Rechtskraft dieser Baubewilligung ist folgendes festzuhalten:

Dieser Schweinestall wurde gegenüber dem Einreichplan um 8,605 m länger und 0,785 m schmäler ausgeführt und weist somit eine um 49,6 m2 größere Nutzfläche auf. Diese abgeänderte Ausführung wurde in der Kollaudierungsniederschrift vom 04.12.1996 festgehalten und im Benützungsbewilligungsbescheid vom 23.12.1996 ausdrücklich nachträglich bewilligt.

Aufgrund der nunmehr vorliegenden Rechtsprechung (vgl. VwGH, GZ 2010/05/0182 u. a.) kann bei der vorgenommenen abgeänderten Ausführung dieses Schweinestalles nicht mehr von einer geringfügigen Änderung gegenüber dem bewilligten Einreichplan ausgegangen werden, welche im Zuge einer Fertigstellungsanzeige (Benützungsbewilligung) genehmigt werden kann. Das Ausmaß des Maststalles 7 entspricht mit 49,9 m2 in etwa dieser gegenüber der baubehördlichen Bewilligung vergrößerten Fläche und war somit für diesen Stallbereich das Nutzungsverbot auszusprechen.

..."

18 Diesen Bescheid begründete der Bürgermeister ferner (u.a.) damit, dass nach der Regelung des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 die Baubehörde die Nutzung eines Bauwerkes zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck zu verbieten habe. Im Falle der konsenslosen Errichtung bzw. nicht konsensgemäßen Nutzung von Gebäuden (zu einem anderen Zweck als bewilligt) sehe die NÖ BO 2014 in § 35 Abs. 1 weiters vor, dass dass die Baubehörde alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich seien, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon, anzuordnen habe. Im gegenständlichen Fall sei der Schutz von Personen vordringlich, und zwar insofern, als die Ehegattin des Mitbeteiligten unter einer schweren Erkrankung, welche zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Infekten jeder Art führe, leide.

19 Mit Schriftsatz vom 18. März 2016 legte A. an die Baubehörde (u.a.) einen Einreichplan samt Projektbeschreibung und anderen Unterlagen jeweils betreffend sein Anwesen B... 9 vor und regte an, hinsichtlich des gesamten Bauprojektes bei der zuständigen Behörde eine Überprüfung zu veranlassen, inwieweit die landwirtschaftlichen Betriebe UVP-pflichtig seien, d.h., der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterlägen.

20 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Juni 2016 wurde gemäß § 3 Abs. 7 iVm § 3a Abs. 3 und Anhang 1 Z 43 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 festgestellt, dass das von A. verfolgte Vorhaben "Errichtung eines Schweinestalles" kein die Verpflichtung zur UVP begründendes Vorhaben darstelle und insoweit keiner UVP unterzogen werden müsse. Die von dem Mitbeteiligten und anderen Personen dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2016 abgewiesen. Gegenständliches Verfahren

21 Mit Eingabe vom 21. März 2016 stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den Antrag, ein Verbot der Nutzung der Mastställe 5 und 6 und des Wartestalles 1 zu erlassen sowie den Abbruch bzw. die Beseitigung der konsenslos errichteten Einbauten und Vorrichtungen inklusive der von außen sichtbaren Abluftkamine für den Wartestall 1 und 2 sowie für die Mastställe 5, 6 und 7 auf der Liegenschaft B... 9 nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 anzuordnen. Dies begründete er (u.a.) mit dem konsenslosen Einbau von Zwangsentlüftungsanlagen in den genannten Ställen, wodurch er in seinem Recht auf Immissionsschutz fortlaufend beeinträchtigt werde.

22 Mit Schreiben vom 2. April 2016 stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den Antrag auf Erlassung eines Nutzungsverbotes auch hinsichtlich der Ferkelställe 1 und 2 sowie der Mastställe 1, 2, 3 und 4, weil die in der Baubeschreibung (Stallabteile zur Zahl B1/1994) angegebenen 108 Ferkelplätze und 206 Mastplätze wesentlich überschritten würden.

23 Mit Schreiben vom 11. April 2016 stellte der Mitbeteiligte an den Bürgermeister den weiteren Antrag, ein Verbot der Nutzung des konsenslos betriebenen Hühnerstalles auf der Liegenschaft (Zahl B-23/1970) zu erlassen sowie den Abbruch bzw. die Beseitigung jener konsenslos errichteten Einbauten und Installationen inklusive der von außen sichtbaren Abluftkamine für die Nutzung einer Zwangsentlüftungsanlage in diesem Hühnerstall anzuordnen.

24 Mit Schriftsatz vom 27. April 2016 nahm A. zu den Anträgen des Mitbeteiligten Stellung und brachte vor, dass er nur mehr die Stallungen betreibe, bezüglich derer eine entsprechende Baubewilligung und Benützungsbewilligung vorliege. Sämtliche konsenslos betriebenen Räumlichkeiten (Stallungen) seien mittlerweile geräumt worden. Weiters verwies er (u.a.) darauf, dass er am 18. März 2016 hinsichtlich der nicht genehmigten Stallungen ein entsprechendes Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung gestellt habe.

25 Am 12. Juli 2016 fand auf dem Grundstück Nr. 17 eine weitere baubehördliche Überprüfung statt, in deren Rahmen der beigezogene maschinenbautechnische Amtssachverständige (u.a.) einen Befund erstattete. In der diesbezüglichen baubehördlichen Niederschrift vom 12. Juli 2016 heißt es (auszugsweise):

" ...

B) Befund aus maschinenbautechnischer Sicht:

...

Legehennenstall:

Der Legehennenstall wird in Bodenhaltung betrieben. Im Hühnerstall wurden erhöhte Legenester mit zwei darunter liegenden Austragebändern für die gelegten Eier eingebaut. Der Legehennenstall wird über zwei Abluftventilatoren mechanisch entlüftet.

An den Abluftöffnungen wurden Abdeckungen aufgesetzt, sodass die Fortluft nicht vertikal ausgeblasen wird. Für die Belüftung des Stalles wurden an jeder Längsseite des Stalles vier Zuluftklappen eingebaut.

Aus den Einreichunterlagen ist ersichtlich, dass der Legehennenstall mit einem Ventilator (in der nordöstlichen Ecke) genehmigt wurde.

Der anfallende 'Festmist' wird am Ende jeder Legeperiode aus

dem Stall entfernt.

Maststall 5 ,6, 7:

Diese Mastställe wurden nicht entsprechend dem baubehördlichen Genehmigungsbescheid ausgeführt. Der Maststall 7 wird derzeit nicht betrieben. Die Mastställe 5, 6 und 7 wurden mit einer gemeinsamen Abluftanlage ausgerüstet und wird die Fortluft vertikal über Dach ausgeblasen. Die Zuluft strömt über die Porendecken frei nach. Alle 3 Ställe sind wie im ursprünglichen Genehmigungsbescheid vorgesehen mit einem Spaltboden und Gülleweiterleitung in die nebenliegende Güllegrube ausgestattet.

..."

26 Mit Schreiben vom 13. Juli 2016 brachte der Mitbeteiligte im Wesentlichen (u.a.) vor, dass die Gesamtimmissionsbelastung durch Geruch trotz der mit Bescheid vom 28. Oktober 2015 ausgesprochenen Nutzungsverbote auf seiner Liegenschaft 48,1 % der Jahresgeruchsstunden nach der Geruchsimmissionsrichtlinie 2008 (GIRL 2008) betrage. Nach dieser Richtlinie seien in Dorfgebieten höchstens 15 % zulässig. Laut der O.ö. Umweltanwaltschaft liege eine Gesundheitsgefährdung ab 25 % der Jahresstunden vor. Die Zusatzbelastung durch lungengängigen Feinstaub PM10 betrage bis zu 2,6 µg/m3. In bereits belasteten Gebieten seien höchstens 0,4 µg/m3 zulässig. Der Mitbeteiligte ersuche daher dringend, analog zu den bereits verfügten Nutzungsverboten ergänzende Nutzungsverbote für den Hühnerstall, den Wartestall 1 und die Mastställe 5 und 6 zu verfügen.

27 Der vom Bürgermeister bestellte Amtssachverständige für Agrartechnik DI S. vertrat in seinem schriftlichen Gutachten vom 25. Juli 2016 in Bezug auf die Frage, inwieweit die Abänderung der Ablufteinrichtungen beim Hühnerstall die Immissionssituation auf der Liegenschaft des Mitbeteiligten beeinflusse bzw. ob die derzeit im Hühnerstall verwendete Ablufteinrichtung eine Verschlechterung der Immissionssituation gegenüber der mit Bescheid vom 5. Mai 1970 genehmigten Abluftanlage darstelle, die Auffassung, dass der Stall eine verhältnismäßig geringfügige Emissionsquelle darstelle. Aus den zur Veranschaulichung in seinem Gutachten enthaltenen bildlichen Darstellungen sei ersichtlich, dass die tatsächlich hergestellte Lüftungsanlage im Bereich der Liegenschaft des Mitbeteiligten zu geringeren Immissionen führe als die genehmigte Anlage.

28 In seiner mit Schriftsatz vom 3. August 2016 zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme brachte A. vor, dass aufgrund dieser Ausführungen des Sachverständigen keine Veranlassung bestehe, ein über die bereits verfügten Nutzungsverbote hinausgehendes Nutzungsverbot zu verhängen.

29 Der Mitbeteiligte vertrat in seiner mit Schreiben vom 4. August 2016 zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme (u.a.) die Auffassung, dass sowohl die Fragestellung der Baubehörde als auch das Gutachten des Amtssachverständigen DI S. gesetzwidrig seien, weil weder die Immissionsvorbelastung durch die bei der Beurteilung von Nutztierhaltungsbetrieben relevanten Immissionsarten "Geruch, Feinstaub PM10 und Ammoniak" noch die Immissionsgesamtbelastung durch diese Immissionsarten ermittelt worden sei.

30 Mit Bescheid vom 11. Oktober 2016 ordnete der Bürgermeister "von Amtswegen bzw. über Antrag" des Mitbeteiligten Folgendes an:

" SPRUCH

I.

a) Für die in den Warteställen 1 und 2 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebaute Zwangsentlüftungsanlage wird der Abbruch/Entfernung angeordnet, welche bis 31. Dezember 2016 unter Beachtung abfallwirtschaftlicher Vorschriften durchzuführen ist. Der Abbruchsauftrag/Entfernungsauftrag wird ausgesetzt, soferne bis 30.11.2016 um eine nachträgliche Baubewilligung der Entlüftungsanlagen mit Anpassung an den Stand der Technik bei der Baubehörde eingekommen wird.

b) Für die in den Mastställen 5, 6 und 7 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebaute Zwangsentlüftungsanlage wird der Abbruch/Entfernung angeordnet, wobei dieser unter Beachtung abfallwirtschaftlicher Vorschriften durchzuführen ist. Dieser Abbruchauftrag/Entfernungsauftrag ist vorerst bis zur rechtskräftigen Beendigung des Bauverfahrens betreffend der bereits beantragten, nachträglichen Baubewilligung (Antrag von 21.3.2016) in Ansehung der Mastställe 5, 6 und 7 ausgesetzt.

c) Bei den in dem Hühnerstall (Legehennenstall) des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) eingebauten Zwangsentlüftungsanlagen sind die vorhandenen Baugebrechen (örtliche Situierung, Ausgestaltung der Abluftöffnungen) entsprechend der baubehördlichen Bewilligung zu beheben und in Ansehung dieser Belüftungsanlage der Zustand gemäß Baubewilligungsbescheid vom 5.5.1970, B-23/1970, herzustellen, dies jeweils bis 31.12.2016. Dieser Instandsetzungsauftrag wird ausgesetzt, soferne bis 30.11.2016 um eine nachträgliche Baubewilligung der Entlüftungsanlagen im Hühnerstall (Legehennenstall) mit Anpassung an den Stand der Technik bei der Baubehörde eingekommen wird.

d) In den Räumlichkeiten des Hühnerstall (Legehennenstall) des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) wird die Öffnung der Außenfenster und Außentüren jeweils zu Belüftungszwecken untersagt.

Diese Sicherungsmaßnahme gilt bis zu einer allfälligen baubehördlich bewilligten Änderung der Entlüftungsanlage im Hühnerstall (Legehennenstall) und der Erstattung der diesbezüglichen Fertigstellungsanzeige.

e) In den Räumlichkeiten des Wartestalles 1 des landwirtschaftlichen Gehöftes B... 9, ..., (Grundstücke 14 und 17, Katastralgemeinde ...) wird jede Nutzung für Zwecke der Tierhaltung, insbesondere Schweinezucht, bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides zum Zwecke der Tierhaltung (insbesondere Schweinezucht) für diese Räumlichkeiten und Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige mit den erforderlichen Bestätigungen untersagt.

f) Die weiteren bzw. weitergehenden Anträge des Nachbarn (Mitbeteiligten) vom 02.04.2016, 11.04.2016 und 12.07.2016 werden abgewiesen.

II.

Einer Berufung gegen diesen Bescheid in Ansehung des Spruches Punkt I. (d) und (e) wird gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

III.

Die Vorschreibung der Kosten, Abgaben und Gebühren gemäß den §§ 75 ff AVG bleibt einem eigenen Bescheid vorbehalten.

..."

31 Dazu führte der Bürgermeister (u.a.) aus, dass an seinen rechtskräftigen Bescheid vom 28. Oktober 2015 angeknüpft werde. Schon mit Schreiben vom 4. April 2016 und 11. April 2016 seien vom Mitbeteiligten als Nachbarn des A. im Sinne der NÖ BO 2014 Anträge auf Erlassung eines Nutzungsverbotes in Bezug auf den Hühnerstall (Wartestall 1) und die Mastställe 5, 6 und 7 gestellt worden. Nach Hinweis auf die durchgeführten baupolizeilichen Überprüfungen und eingeholten Sachverständigengutachten ging der Bürgermeister im Wesentlichen davon aus, dass für die Zwangsentlüftungsanlagen in den Warteställen 1 und 2 sowie in den Mastställen 5, 6 und 7 eine baubehördliche Bewilligung fehle, sodass nach § 35 NÖ BO 2014 der Abbruch dieser Anlagen anzuordnen sei (zu Spruchpunkt I.a und I.b). Ferner wurde begründend ausgeführt, dass ein Abbruchauftrag nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung eines nachträglich gestellten Antrages auf Baubewilligung vollstreckt werden dürfe, weshalb von der Vollstreckung hinsichtlich der eingebauten (gemeinsamen) Zwangsentlüftungsanlage in den Mastställen 5, 6 und 7 bis zur Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Baubewilligung Abstand genommen werde.

32 Für eine Lüftungsanlage im Hühnerstall liege zwar eine Baubewilligung vor, jedoch sei die Zwangsentlüftungsanlage des Hühnerstalles anders, als im seinerzeitigen Bewilligungsbescheid angeordnet, ausgeführt worden, sodass ein Baugebrechen im Sinne des § 34 NÖ BO 2014 vorliege, dessen Behebung aufzutragen sei. Es sei demnach der Auftrag zu erteilen, die Entlüftungsanlage bis 31. Dezember 2016 so herzustellen, wie es in dem seinerzeitigen Baubewilligungsbescheid festgelegt worden sei. Der Mitbeteiligte bestehe trotz Übermittlung des Amtssachverständigengutachtens und dem Hinweis, dass die tatsächlich errichtete Entlüftungsanlage im Hühnerstall eine Verbesserung der Immissionssituation darstelle, auf seine Anträge zur Anordnung von baupolizeilichen Maßnahmen. Sofern A. bis zum 31. Dezember 2016 um nachträgliche Baubewilligung für die derzeit anders situierte Zwangsentlüftungsanlage im Hühnerstall - unter gleichzeitiger Anpassung der Entlüftungsanlage an den Stand der Technik - einkomme, werde dieser Instandsetzungsauftrag bis zur rechtskräftigen Beendigung des nachträglichen Baubewilligungsverfahrens ausgesetzt (zu Spruchpunkt I.c). In Bezug auf die Spruchpunkte I.d) und I.e) verwies der Bürgermeister auf § 35 Abs. 1 und 3 NÖ BO 2014.

33 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl A. als auch der Mitbeteiligte - dieser mit der Erklärung, den Bescheid im Umfang der Spruchpunkte I.b) und I.e) anzufechten  - jeweils Berufung. 34 Mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 (Spruchpunkt I.) gab die revisionswerbende Partei (im Folgenden: Gemeindevorstand) diesen Berufungen keine Folge, dies mit der Maßgabe, dass aus Anlass der Berufungsentscheidung die in den Spruchpunkten I.a) und I.b) des erstinstanzlichen Bescheides gesetzte Frist für die Durchführung der baupolizeilichen Aufträge und die Frist für ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung von Amts wegen neu festgelegt wurden.

35 Der Mitbeteiligte erhob gegen den Berufungsbescheid vom 15. Dezember 2016 Beschwerde.

36 Im weiteren Beschwerdeverfahren legte der Mitbeteiligte an das Verwaltungsgericht (E-Mail vom 11. Dezember 2017) das im Auftrag der Baubehörde erstattete humanmedizinische Gutachten des Dr. M. "zu Um- und Zubauten von Stallungen, Einbau von Abluftanlagen" auf den Liegenschaften des A. vom 23. Oktober 2017 vor und wies auf die in diesem Gutachten gezogene Schlussfolgerung hin, wonach Um- oder Zubauten, welche zu einer Zunahme der Emissionen führten, aus medizinischer Sicht in dieser Situation nicht vertretbar seien. Vielmehr sei es wünschenswert, dass durch diverse Maßnahmen, wie die Verlegung der Tierhaltung nach außerhalb des Wohngebietes oder den Einbau von Filteranlagen, die bestehenden Emissionen reduziert würden.

37 Mit Beschluss vom 11. April 2018 bestellte das Verwaltungsgericht Dr. M. zum nichtamtlichen Sachverständigen für Humanmedizin.

38 Am 4. Mai 2018 führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der dazu beigezogene Sachverständige für Humanmedizin Dr. M. vertrat in Bezug auf die Feinstaubbelastung durch den Hühnerstall die Auffassung, dass Grundlage der vorliegenden Berechnung Staubpartikel (PM10) seien, die bis tief in die Atemwege eingeatmet werden könnten. Je nach der konkreten chemischen Zusammensetzung des Staubes gebe es verschiedene schädliche Auswirkungen. Im Hinblick auf den Hühnerstall liege hauptsächlich ein Bioaerosol, vor allem entzündungsauslösende Inhaltsstoffe, vor. Im Fall von Hühnern sei der gefährlichste Bestandteil Endotoxin, das sei ein Sammelbegriff für mikrobielle Bestandteile. Es gebe sowohl Studien zu akuten Effekten (z.B. Auswirkungen des Tagesmittelwertes auf die Todesrate, Erkrankungsrate) als auch Langzeitstudien (d.h. Auswirkungen des Jahresmittelwertes auf das Herzinfarktrisiko, Lungenkrebs, chronische Lungenerkrankungen, Schlaganfallrisiko usw.). Alle diese Studien zeigten, dass auch bei niedrigen Belastungen bereits eine Gefährdung vorliege und hier das Risiko besonders stark zunehme. Nachdem die medizinische Wissenschaft keinen Schwellenwert angeben könne, ab dem keine Gefahr bestehe, gebe es in verschiedenen Bereichen Festlegungen des Gesetzgebers bzw. von Verwaltungsbehörden sowie Richtlinien für Sachverständige. Demnach sei eine Zusatzbelastung von weniger als 1 bis 3 % des Grenzwertes irrelevant. Das Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L) sehe einen Jahresgrenzwert von 40 µg/m3 (Durchschnitt) vor. Es gebe einen Tagesgrenzwert von 50 µg/m3, der allerdings an bis zu 25 Tagen pro Jahr überschritten werden dürfe. Damit stelle der vom agrartechnischen Amtssachverständigen DI S. berechnete Wert von 1 µg/m3 (d.h. etwas über 2,5 %) Zusatzbelastung einen Wert dar, der nicht mehr als gesundheitlich irrelevant angesehen werden könne. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.

39 Der zu dieser Verhandlung beigezogenen Amtssachverständige für Agrartechnik DI S. führte unter anderem aus, dass die Belüftungsanlage bzw. Abluftanlage auf die Gesamtfeinstaubbelastung im Ortsteil B... keine Auswirkungen habe und nur für die Verteilung des Feinstaubes eine Rolle spiele. 40 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (Spruchpunkt 1.) der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Berufungsbescheid vom 15. Dezember 2016 mit folgendem weiteren Ausspruch teilweise Folge gegeben:

" ...

a. Spruchpunkt I.b. des Bescheides des Bürgermeisters ... vom 11. Oktober 2016 (wird) dahingehend abgeändert, dass die in den Mastställen 5, 6 und 7 eingebauten Zwangsentlüftungsanlagen innerhalb von sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses abzubrechen sind. Die zusätzlich im Bescheid des Bürgermeisters ausgesprochene Aussetzung dieser Anordnung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Bauverfahrens betreffend die beantragte nachträgliche Baubewilligung für die Mastställe 5, 6 und 7 wird ersatzlos behoben. Darüber hinaus wird dem (A.) jede Nutzung der Mastställe 5 und 6 untersagt. Für die Umsetzung dieses Nutzungsverbotes wird eine Frist von einem Monat ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses eingeräumt.

b. Spruchpunkt I.c. des Bescheides des Bürgermeisters ... vom 11. Oktober 2016 (wird) dahingehend abgeändert, dass der Abbruch der bestehenden Zwangsentlüftungsanlage sowie die Herstellung der mit Bescheid vom 5. Mai 1970 im Hühnerstall bewilligten Zwangsentlüftungsanlage innerhalb von zwei Monaten ab Rechtkraft dieses Erkenntnisses angeordnet wird. Die zusätzlich im Bescheid des Bürgermeisters ausgesprochene Aussetzung dieser Anordnung, sofern bis 30. November 2016 um eine nachträgliche Baubewilligung für die Entlüftungsanlage angesucht wird, wird ersatzlos behoben. Weiters ist die Anzahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner innerhalb von drei Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses auf 1360 zu reduzieren."

Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 2.) und eine Revision für zulässig erklärt (Spruchpunkt 3.). Ferner wurde A. zum Ersatz der Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen Dr. M. von EUR 528,-- an das Land Niederösterreich verpflichtet (Spruchpunkt 4.) und eine Revision auch gegen diesen Kostenbeschluss für zulässig erklärt (Spruchpunkt 5.).

41 Dazu führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass der Gemeindevorstand die Abweisung der Berufung zum Teil auch mit der Rechtskraft des Bescheides des Bürgermeisters vom 28. Oktober 2015 und der deshalb vorliegenden res iudicata begründet habe. Dieser Argumentation sei entgegenzuhalten, dass mit diesem Bescheid keine Anträge des Mitbeteiligten abgewiesen worden seien. Daher begründe der Bescheid vom 28. Oktober 2015 für den Mitbeteiligten nur insofern eine entschiedene Sache, als die damit dem A. erteilten baupolizeilichen Aufträge zulässigerweise nicht noch einmal beantragt werden könnten. Sofern aber über die erteilten Aufträge hinaus vor Erlassung des Bescheides vom Mitbeteiligten Anträge gestellt worden seien, seien diese nach Erlassung dieses Bescheides weiterhin offen gewesen. Der Bescheid vom 28. Oktober 2015 stehe daher einer Entscheidung über solche darüber hinausgehenden Anträge des Mitbeteiligten nicht entgegen. 42 Weiters führte das Verwaltungsgericht zu Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Erkenntnisses aus, dass mit Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Juni 1976 den Rechtsvorgängern des A. eine Baubewilligung für einen Schweinestall erteilt worden sei, der in etwa im Bereich der Mastställe 5 und 6 liegen sollte. Diese Bewilligung sei für einen Stall mit Außenabmessungen von etwa 20,00 m x 8,00 m erteilt worden. Errichtet worden sei jedoch ein um 8,605 m längerer und um 0,785 m schmälerer Stall, der sich auch im Inneren (insbesondere durch den entlang der südlichen Längsseite anstatt in der Mitte verlaufenden Bedienungsgang sowie durch die Abteilung in mehrere Stallteile) maßgeblich vom bewilligten Stall unterscheide. Eine von der Baubewilligung abweichende Errichtung eines Bauwerkes, die über eine Verschiebung um einige Zentimeter hinausgehe, stelle nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber der Baubewilligung ein rechtliches "aliud" dar, welches durch diese - zur Gänze - nicht mehr gedeckt sei (Hinweis auf VwGH 27.5.2008, 2007/05/0138).

43 Die im Bescheid des Bürgermeisters vom 23. Dezember 1996 mit der Benützungsbewilligung ausgesprochene nachträgliche Genehmigung von Abweichungen umfasse die Mastställe 5 und 6 schon deshalb nicht, weil sich dieser Bescheid nur auf die mit Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Februar 1995 bewilligten Stallgebäude bezogen habe, die in östlicher Richtung an die Mastställe 5 und 6 anschlössen. Selbst wenn man aber in dem Bescheid auch darüber hinausgehende nachträgliche Bewilligungen sehen wollte, so würden sich diese nur auf die in der Niederschrift vom 4. Dezember 1996 angeführten Abweichungen, die die beschriebenen Abweichungen von der Baubewilligung vom 5. Juni 1976 hinsichtlich der Außenabmessungen nicht umfassten, beziehen.

44 Ein Teilkonsens unter Zugrundelegung des Bescheides vom 5. Juni 1976 für die Mastställe 5 und 6 sei schon deshalb zu verneinen, weil das geplante Stallgebäude eine Trennung in mehrere Ställe nicht vorgesehen habe (sondern nur Boxen innerhalb eines einheitlichen Stalles und einen diesen etwa halbierenden Spaltenboden) und auch sonst in mehrfacher Hinsicht (etwa hinsichtlich der in der Niederschrift vom 4. Dezember 1996 erwähnten abweichenden Bauweise und Dachkonstruktion) vom tatsächlich errichteten Stallgebäude abweiche. Die Baubewilligung vom 5. Juni 1976 sei daher durch die Errichtung des abweichenden Stallgebäudes nicht in Anspruch genommen worden und gemäß § 103 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 spätestens fünf Jahre nach ihrer Erteilung (demnach am 5. Juni 1981) erloschen. Somit liege für das gesamte tatsächlich errichtete Schweinestallgebäude, das neben den Mastställen 5 und 6 auch den Maststall 7 umfasse, keine Baubewilligung vor.

45 § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 sehe vor, dass die Behörde den Abbruch eines Gebäudes anzuordnen habe, für das keine Baubewilligung vorliege. Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass daneben nach § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 auch der Ausspruch eines Nutzungsverbotes für nicht bewilligte Bauwerke möglich sei und der Nachbar daher einen solchen Antrag zulässigerweise stellen könne. Der Wortlaut des § 35 Abs. 3 NÖ BO 2014 in der Fassung vor der Novelle LGBl. 50/2017 erwecke zwar den Eindruck, die Anwendung der Bestimmung setze das Vorliegen einer Baubewilligung (Bauanzeige) voraus und greife nur im Falle einer Nutzung zu einem anderen als dem bewilligten Zweck, während im Falle der gänzlichen Konsenslosigkeit des Bauwerks nur ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 leg.cit. in Betracht käme. Mit der Novelle LGBl. 50/2017 sei jedoch eine "Klarstellung" (so der Motivenbericht zur Regierungsvorlage Ltg.-1378/B-23/3-2017) durch den Gesetzgeber im Sinne der hier vorgenommenen Auslegung erfolgt, sodass dem Antrag des Mitbeteiligten auf Erlassung eines Nutzungsverbotes (ergänzend zum bereits mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. Oktober 2015 ausgesprochenen Nutzungsverbot für den Maststall 7, sodass nunmehr die Nutzung des gesamten entgegen der Baubewilligung vom 5. Juni 1976 errichteten Stallgebäudes untersagt sei) für die beiden Mastställe 5 und 6 zu entsprechen und Spruchpunkt I.b) des Bescheides des Bürgermeisters (vom 11. Oktober 2016) entsprechend abzuändern sei. 46 In Bezug auf Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Erkenntnisses führte das Verwaltungsgericht aus, dass für den Hühnerstall unbestritten eine Baubewilligung vorliege, weshalb weder ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 noch ein Nutzungsverbot nach § 35 Abs. 3 leg. cit. in Betracht komme. Unabhängig vom Vorliegen einer Baubewilligung sei jedoch die Anordnung eines Nutzungsverbotes als Sicherungsmaßnahme nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 zum Schutz von Personen oder Sachen möglich. 47 Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen zu der vom Hühnerstall ausgehenden Immissionsbelastung sei das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass zwar nicht die vom Hühnerstall auf die Nachbargrundstücke wirkende Geruchsbelastung, wohl aber die Feinstaubbelastung Sicherungsmaßnahmen rechtfertige. Diesen Feststellungen zufolge liege eine Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub ab einer Zusatzbelastung von 1 bis 3 % des durch das IG-L gegebenen Grenzwertes vor, wobei bei bereits bestehenden hohen Belastungen das Risiko einer Gesundheitsgefährdung bei weiterer Zunahme der Belastung nicht mehr so stark zunehme. Im Hinblick darauf, dass die gesamte Gemeinde P. in einem Feinstaub-Sanierungsgebiet liege, sei von einer hohen Grundbelastung auszugehen. Daher werde im vorliegenden Fall eine Zusatzbelastung von 3 % des IG-L-Grenzwertes, also 1,2 µg/m3, als Grenze für eine Gesundheitsgefährdung angenommen. Nachdem die Zusatzbelastung durch eine durch Tierhaltung gegebene Emissionsquelle linear von der Anzahl der gehaltenen Tiere abhänge, müsse die Anzahl der gehaltenen Hühner im Hühnerstall um 20 % reduziert werden, um diesen Wert zu erreichen.

48 Allerdings könne die Prüfung der Belastung in einem baupolizeilichen Verfahren nicht jene umfassende sein, die nach § 48 NÖ BO 2014 in einem Baubewilligungsverfahren stattzufinden habe. Es sei lediglich zu prüfen, ob vom Hühnerstall für sich alleine eine Gefahr für Personen oder Sachen ausgehe. 49 Die sonstige Belastungssituation finde in einem solchen Fall entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten nur insoweit Berücksichtigung, als sich aus ihr eine Veränderung der konkreten Gefährlichkeit der baulichen Anlage ergebe. Im vorliegenden Fall sei dies auf Grund der Lage in einem Gebiet mit unbestritten hoher Geruchsbelastung (was zu einer Maskierung der Gerüche aus dem Hühnerstall und damit letztlich zur Irrelevanz dieser Geruchsbelastung führe) bzw. Feinstaubbelastung (was zu einer Annahme eines höheren Irrelevanzkriteriums für eine Gesundheitsbelastung, nämlich 3 % des IG-L-Grenzwertes führe) der Fall. Die konkrete (Vor‑)Belastung durch andere Anlagen und die Prüfung der konkreten Auswirkung einer Anlage auf die insgesamt auf dem Nachbargrundstück verursachten Immissionen müssten aber bei Prüfung der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 außer Betracht bleiben. Ansonsten wäre es etwa möglich, dass emissionsträchtige Anlagen durch die Erhöhung der Emissionen aus anderen Anlagen in der Umgebung plötzlich - als Teil von nur in ihrer Gesamtheit schädlichen Emissionen - eine Gefährdung darstellten und ihre Nutzung nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 untersagt werden könnte. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Möglichkeit einer nachträglichen Nutzungsbeschränkung unabhängig vom Bestehen eines Baukonsenses gewollt, hätte er dies mit hinreichender Deutlichkeit (wie etwa der Bundesgesetzgeber in § 79 GewO 1994) zum Ausdruck bringen müssen.

50 Werde aber eine Gefährdung alleine durch Emissionen von einem Bauwerk bewirkt, so sei dieser durch Sicherungsmaßnahmen zu begegnen, und zwar auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Baukonsens bestehe und die Prüfung der Emissionsbelastung an sich Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens hätte sein müssen, diese aber faktisch nicht erfolgt sei. Dem Inhaber der Baubewilligung könne, auch wenn dieser über eine Baubewilligung verfüge, kein schrankenloses Recht zum Ausstoß von Emissionen zugebilligt werden. Dieses finde vielmehr seine Grenze dort, wo Personen oder Sachen erwiesenermaßen durch die von der baulichen Anlage ausgehenden Emissionen gefährdet und daher Schutz benötigen würden.

51 Aus diesem Grund sei Spruchpunkt I.c) des Bescheides des Bürgermeisters vom 11. Oktober 2016 um eine Beschränkung der Zahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner auf 1.360 (dies entspreche einer Reduktion um 20 %) als Sicherungsmaßnahme zu ergänzen. Das darüber hinausgehende Begehren des Mitbeteiligten auf Erlassung eines kompletten Nutzungsverbotes für den Hühnerstall sei im Hinblick auf die vorhandene Baubewilligung abzuweisen. 52 Die mit den baupolizeilichen Aufträgen ausgesprochenen "Aussetzungen" dieser Aufträge fänden allerdings im Gesetz keine Deckung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zwar im Falle eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens für bisher nicht bewilligte bauliche Anlagen die Vollstreckbarkeit eines darauf bezogenen baupolizeilichen Auftrages gehemmt, dies ändere aber nichts daran, dass nach § 34 Abs. 2 bzw. § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 die einzige Voraussetzung für die Erlassung eines Beseitigungs-, Herstellungs- oder Abbruchauftrages das Bestehen eines konsenswidrigen Zustandes (Abweichung von der Baubewilligung bzw. Fehlen einer solchen) sei. Ob der Bescheid sogleich vollstreckbar sei, stelle keine Vorfrage im Titelverfahren dar, sodass eine Aussetzung nach § 38 AVG nicht in Betracht komme. Somit seien die mit den Spruchpunkten I.b) und I.c) des Bescheides erteilten baupolizeilichen Aufträge ohne die vom Bürgermeister und in der Folge vom Gemeindevorstand zusätzlich ausgesprochenen "Aussetzungen" zu erteilen. 53 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme: Dies sei zunächst die Frage, ob der Nachbar bei der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 hinsichtlich des Schweinestalles auch die Erlassung eines Nutzungsverbotes habe begehren können, obwohl für diesen Stall ein Baukonsens fehle. Insbesondere werfe der vorliegende Fall aber die Frage der Tragweite von Sicherungsmaßnahmen nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 auf, konkret, ob diese auch bei Vorliegen eines Baukonsenses angeordnet werden könnten, wenn eine Gesundheitsgefährdung des Nachbarn durch die konsentierte Anlage feststehe und die Zulässigkeit der Immissionsbelastung im vorangegangenen Baubewilligungsverfahren zu prüfen gewesen wäre, eine solche Prüfung jedoch faktisch nicht erfolgt sei. Dabei sei noch zu berücksichtigen, dass der Mitbeteiligte behaupte, seine Rechtsvorgänger seien dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden.

54 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit der Erklärung, dass dieses insoweit angefochten werde, als der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den (oben genannten) Berufungsbescheid vom 15. Dezember 2018 teilweise Folge gegeben und die Spruchpunkte I.b) und I.c) des erstinstanzlichen Bescheides vom 11. Oktober 2016 abgeändert worden seien, sohin dass das Erkenntnis zur Gänze im Spruchpunkt 1.bekämpft werde. In dessen Spruchpunkt 4. werde es hingegen nicht angefochten. 55 Der Mitbeteiligte und A. erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

56 Vorauszuschicken ist, dass das VwGG den Eintritt als mitbeteiligte Partei auf Seiten des Revisionswerbers nicht kennt. Die Stellung als Mitbeteiligter setzt vielmehr rechtlich geschützte Interessen im Widerspruch zur Interessenlage des Revisionswerbers voraus (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2017/05/0215, mwN). Im Hinblick darauf war der von ihm als Revisionsbeantwortung eingebrachte Schriftsatz vom 17. Dezember 2018, in dem von ihm erklärt wird, sich großteils den Ausführungen der revisionswerbenden Partei anzuschließen, zurückzuweisen.

57 Die vorliegende Revision erweist sich in Anbetracht der im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision aufgeworfenen und in der Revision näher dargestellten Rechtsfragen als zulässig.

58 Die Revision führt in Bezug auf die Abänderung des Spruchpunktes I.c) des erstinstanzlichen Bescheides betreffend den dort genannten Hühnerstall (Legehennenstall) durch das angefochtene Erkenntnis (Spruchpunkt 1.b.) im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht die Bestimmung des § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 unrichtig ausgelegt habe. Von den in dieser Bestimmung erwähnten Sicherungsmaßnahmen, die im Hinblick auf den Bauzustand und die damit verbundenen Auswirkungen zur Einhaltung eines Baukonsenses bzw. die NÖ BO 2014 selbst rasch zu erlassen seien, sei die nachträgliche Abänderung rechtskräftig erteilter Baubewilligungen für Bauvorhaben, die dann auch errichtet worden seien, zu unterscheiden. Für die nachträgliche Änderung oder Einschränkung eines rechtskräftigen Baukonsenses bzw. die spätere Erteilung von zusätzlichen Auflagen zum Emissions- und Immissionsschutz, wie dies unter anderem § 79 Gewerbeordnung 1994 oder § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 vorsehe, bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Zwar habe die NÖ Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) in § 32 die Verpflichtung der Baubehörde normiert, für bewilligte nichtgewerbliche Betriebsanlagen unter bestimmten Voraussetzungen nachträgliche Auflagen als Ergänzung der Baubewilligung vorzuschreiben, um dem Emissionsschutz des § 48 leg. cit. zu entsprechen. Eine dem § 32 leg. cit. entsprechende Bestimmung sei jedoch offensichtlich bewusst nicht in die NÖ BO 2014 aufgenommen worden, die keine Regelung treffe, die es den Baubehörden ermöglichte, eine Baubewilligung aus Sicht des Immissionsschutzes zu Gunsten von Nachbarn (§ 48 NÖ BO 2014) nachträglich durch Erteilung von Auflagen einzuschränken oder andere Einschränkungen der Betriebsausübung vorzunehmen. § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 bilde daher keine Rechtsgrundlage dafür, dass entgegen dem Baubewilligungsbescheid die Tierhaltung im Hühnerstall auf

1.360 Stück Hühner dauerhaft eingeschränkt werde.

59 Ferner stehe zwar nach der NÖ BO 2014 die Anhängigkeit eines Bauansuchens der Erteilung eines Abbruch- oder Instandsetzungsauftrages nicht entgegen, ein solcher Auftrag dürfe jedoch erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung eines nachträglichen (anhängigen) Bauansuchens vollstreckt werden (Hinweis auf hg. Judikatur). Es sei aufgrund der NÖ BO 2014 nicht ausgeschlossen, sondern zulässig, dass in baupolizeilichen Auftragsbescheiden die Hemmung bzw. Aussetzung eines baupolizeilichen Auftrages festgehalten bzw. angeordnet werde, wenn bereits ein nachträgliches Baubewilligungsansuchen betreffend das auftragsgegenständliche Bauwerk anhängig sei bzw. zeitnah um eine nachträgliche Baubewilligung eingekommen werde. Das Verwaltungsgericht habe daher zu Unrecht den in Spruchpunkt I.c) des erstinstanzlichen Bescheides getroffenen Ausspruch der Aussetzung (Hemmung) des Auftrages in Ansehung der Zwangsentlüftungsanlage aufgehoben.

60 In Bezug auf die Abänderung des Spruchpunktes I.b) des erstinstanzlichen Bescheides betreffend die dort genannten Schweinemastställe durch das angefochtene Erkenntnis (Spruchpunkt 1.a.) führt die Revision im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht auch den Ausspruch der Aussetzung (Hemmung) der Vollstreckbarkeit des Auftrages in Ansehung der für diese Ställe eingebauten Zwangsentlüftungsanlage in Verkennung des § 35 Abs. 2 NÖ BO 2014 zu Unrecht aufgehoben habe, wobei auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen im Zusammenhang mit dem Hühnerstall verwiesen wurde.

61 Was die in Abänderung des Spruchpunktes I.b) des erstinstanzlichen Bescheides angeordnete Untersagung der Nutzung der Mastställe 5 und 6 anlange, so sei festzuhalten, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes vom rechtskräftigen baupolizeilichen Auftragsbescheid des Bürgermeisters vom 28. Oktober 2015, der in einem nur aufgrund von Beschwerden, nicht jedoch aufgrund von Anträgen - von Amts wegen - eingeleiteten Verfahren erlassen worden sei, eine Bindungswirkung ausgehe, sodass das Verwaltungsgericht aufgrund dieses Bescheides als res iudicata den Berufungsbescheid in Ansehung der Mastställe 5 und 6 hätte bestätigen müssen. Wenn auch das Stallgebäude von den Rechtsvorgängern des A. anders als mit Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Juni 1976 bewilligt ausgeführt worden sei - womit das Verwaltungsgericht die Untersagung der Nutzung der Mastställe überdies begründe (rechtliches "aliud") -, so habe im Zusammenhang mit der Fertigstellungsanzeige am 4. Dezember 1996 eine Kollaudierungsverhandlung stattgefunden, bei der auch die als Mastställe 5, 6 und 7 bezeichneten Schweineställe im Rahmen der Überprüfung diverser Baubewilligungsbescheide - so auch des Bescheides vom 5. Juni 1976 - besichtigt worden seien. Die Rechtsvorgänger des A. hätten daher davon ausgehen können und nach den damaligen baurechtlichen Vorschriften auch darauf vertrauen dürfen, dass letztlich diese Abänderungen als geringfügig genehmigt worden seien. Setze allerdings die Behörde einen Vertrauenstatbestand schon vor Jahrzehnten, dürfe - auch unter Bedachtnahme auf die Intentionen des neu geschaffenen (wenn auch eine andere Materie regelnden) § 6 Abs. 7 NÖ BO 2014 - davon ausgegangen werden, dass die Baubehörde an diesen Rechtsschein gebunden sei und dass sohin eine nachträgliche Genehmigung für die Mastställe 5 und 6 vorliege.

62 Entgegen der weiteren Begründung des Verwaltungsgerichtes, dass in Ansehung der Mastställe 5 und 6 im Hinblick darauf, dass ein einheitliches Stallgebäude mit drei Ställen vorgesehen gewesen sei, kein Teilkonsens vorliegen könne, sei auf jeden Fall von einem Teilkonsens in Bezug auf diese beiden Mastställe auszugehen. Der seinerzeit mit Bescheid vom 5. Juni 1976 bewilligte Schweinemaststall sei in Form von drei gegliederten Ställen, teilweise länger und kürzer, mit Mehrflächen von rund 49,6 m2, errichtet worden. Ungeachtet des Umstandes der Kollaudierungsverhandlung vom 4. Dezember 1996 sei nun zu berücksichtigen, dass der VwGH in seiner jüngeren Rechtsprechung seit dem Jahre 2008 bzw. 2010 ausspreche, dass größere Abweichungen von einem bewilligten Bauwerk auch dann nicht als bewilligt gälten, wenn in einem nachträglichen Benützungsbewilligungsverfahren einfacher Art (ohne ausdrückliches nachträgliches Baubewilligungsverfahren) die Änderung genehmigt worden sei. In diesem Sinne sei davon auszugehen, dass der Maststall 7 (mit rund 47,6 m2 als Mehrfläche) nicht bewilligt worden sei, aber die anderen Mastställe 5 und 6 vom Baukonsens und der Kollaudierungsverhandlung umfasst seien. Eine spätere, teilweise auch zu einer anderen Bauordnung aufgekommene Rechtsprechung könne nicht dazu führen, dass wegen allenfalls etwas größerer Abweichungen des errichteten Bauwerkes von der seinerzeitigen Baubewilligung trotz Kollaudierungsverhandlung mit nachträglichem Konsens nunmehr die gesamte Baubewilligung als erloschen und die gesamte errichtete Baulichkeit als konsenslos gälten. Diesbezüglich sei der Baubewilligungsbescheid vom 5. Juni 1976 nicht erloschen, sondern nach wie vor aufrecht, sodass das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine fehlende Baubewilligung für die Mastställe 5 und 6 angenommen habe. 63 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Zur anzuwendenden Rechtslage:

64 Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0001, mwN).

65 Zu diesem Zeitpunkt stand die NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 1/2015, in der Fassung LGBl. Nr. 12/2018 - dadurch wurde die NÖ BO 2014 in ihren §§ 5 und 18 geändert - in Geltung. Dem ist die Änderung der NÖ BO 2014 durch LGBl. Nr. 50/2017 vorangegangen, wodurch unter anderem § 34 und § 35 NÖ BO 2014 novelliert wurden. 66 Gemäß § 70 Abs. 10 NÖ BO 2014 sind die am Tag des Inkrafttretens der Änderung der NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 50/2017, - dies war am 13. Juli 2017 - anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen. In Anbetracht der oben genannten, vom Mitbeteiligten im Jahr 2016 gestellten Anträge auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ist für die Beurteilung des Revisionsfalles daher insoweit die NÖ BO 2014 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2016 maßgeblich.

67 § 34 und § 35 NÖ BO 2014 lauten:

"§ 34

Vermeidung und Behebung von Baugebrechen

(1) Der Eigentümer eines Bauwerks hat dafür zu sorgen, dass dieses in einem der Bewilligung (§ 23) oder der Anzeige (§ 15) entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten und nur zu den bewilligten oder angezeigten Zwecken (z. B. landwirtschaftlicher Betrieb bei landwirtschaftlichem Wohngebäude) genutzt wird. Er hat Baugebrechen zu beheben.

(2) Kommt der Eigentümer eines Bauwerks seiner Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nach, hat die Baubehörde nach Überprüfung des Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15, unter Gewährung einer angemessenen Frist, die Behebung des Baugebrechens zu verfügen.

Die Baubehörde darf in diesem Fall

(3) Den Organen der Baubehörde und den beauftragten Sachverständigen ist der Zutritt zu allen Teilen der Bauwerke an Werktagen zur Tageszeit, bei Gefahr im Verzug auch an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nachtzeit zu gestatten. Wenn nötig, ist dem Eigentümer mit Bescheid diese Verpflichtung aufzutragen."

"§ 35

Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag

(1) Die Baubehörde hat alle Sicherungsmaßnahmen, die zum Schutz von Personen und Sachen erforderlich sind, insbesondere die Untersagung der Nutzung sowie die Räumung von Gebäuden oder Teilen davon anzuordnen.

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß.

(3) Die Baubehörde hat die Nutzung eines Bauwerks zu einem anderen als dem bewilligten oder aus der Anzeige (§ 15) zu ersehenden Verwendungszweck zu verbieten. Abs. 1 und 2 sowie § 34 Abs. 1 und 2 bleiben davon unberührt."

Zu den Mastställen (Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Erkenntnisses):

68 Die Revision bekämpft die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass in Bezug auf diese Ställe kein Baukonsens vorliege, mit dem Vorbringen, dass in der Kollaudierungsverhandlung am 4. Dezember 1996 auch die (nunmehr) als Mastställe 5, 6 und 7 bezeichneten Schweineställe besichtigt und in der Folge nachträgliche Baubewilligungsansuchen gestellt worden seien. Unabhängig davon, ob die nachträglichen Bewilligungen Gegenstand des Kollaudierungsbescheides vom 23. Dezember 1996 gewesen seien, hätten die Rechtsvorgänger des A. bzw. dieser selbst davon ausgehen können, dass letztlich diese Abänderungen als geringfügig genehmigt worden seien. 69 Zu diesem Vorbringen ist zunächst auszuführen, dass nach der hg. Rechtsprechung eine Baubewilligung für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird, sodass ein Abweichen hievon - jedenfalls bei einer nicht bloß geringfügigen Verschiebung des Bauwerkes (vgl. etwa VwGH 3.7.2001, 2001/05/0072) - ein rechtliches "aliud" darstellt, welches eine neuerliche Baubewilligung erfordert (vgl. etwa VwGH 24.2.2016, Ro 2015/05/0012, mwN).

70 Auf dem Boden dieser Rechtsprechung kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es in der Errichtung des gegenüber der erteilten Baubewilligung um 8,605 m längeren und 0,785 m schmäleren Stallgebäudes (dieser entspricht in etwa den heutigen Mastställen 5, 6 und 7) ein "aliud" erblickt hat.

71 Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend ausführt, kann auch aus dem Benützungsbewilligungsbescheid vom 23. Dezember 1996 keine nachträgliche Bewilligung dieser Abweichungen abgeleitet werden. Denn dem Spruch dieses Bescheides ist unmissverständlich zu entnehmen, dass die Benützungsbewilligung nur für den Einbau eines Schweinemaststalles für 206 Mastschweine und 108 Ferkel erteilt wurde (dieser entspricht in etwa den heutigen Mastställen 1, 2, 3 und 4). Verdeutlicht wird dieser Umstand insbesondere auch dadurch, dass in der linken oberen Ecke des Bescheides die Geschäftszahl des Baubewilligungsbescheides vom 7. Februar 1995 betreffend den Schweinemaststall (B-81/1994) angeführt ist. Die im Bescheid überdies ausgesprochene nachträgliche Genehmigung von in der Niederschrift angeführten Abweichungen bezieht sich aufgrund der angeführten Geschäftszahl demnach ebenfalls nur auf Abweichungen im Zusammenhang mit der Errichtung jenes Schweinemaststalles (Mastställe 1, 2, 3 und 4), nicht jedoch auf die Abweichungen betreffend den "aliud"-Schweinestall (Mastställe 5, 6 und 7). 72 Dem Vorbringen des Gemeindevorstandes, es bestehe zumindest ein Teilkonsens für die Mastställe 5 und 6, ist zu entgegen, dass aus dem dem Baubewilligungsansuchen für die Schweinestallungen samt Silo, Düngerstätte und Jauchegrube vom 16. April 1976 beigelegten Einreichplan hervorgeht, dass es sich bei den Mastställen 5, 6 und 7 um ein einheitliches Bauwerk handelt. Aufgrund der Einheitlichkeit dieses Bauwerkes kommt daher die Annahme eines Teilkonsenses für die Mastställe 5 und 6 nicht in Betracht.

73 Somit kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es unter Hinweis auf § 103 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 zum Ergebnis gelangt ist, dass für das hier in Rede stehende, tatsächlich errichtete Stallgebäude keine Baubewilligung vorliegt. 74 Wenn die Revision vorbringt, dass vom rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters vom 28. Oktober 2015 eine Bindungswirkung ausgehe und im Hinblick darauf das Verwaltungsgericht den Berufungsbescheid in Ansehung der Mastställe 5 und 6 hätte bestätigen müssen, so ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger hg. Judikatur grundsätzlich die Begründung eines Bescheides nicht der Rechtskraft fähig ist und damit keine Bindungswirkung entfaltet. Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt hiefür nur insoweit eine Rolle, als (auch) sie zu der (nach den für Gesetze maßgebenden Regeln vorzunehmenden) Auslegung (Deutung), nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 8.3.2019, Ra 2019/11/0024, mwN). Wenn somit der Spruch eines Bescheides für sich beurteilt keine Zweifel an seinem Inhalt offen lässt, dann sind Begründungselemente nicht etwa als Auslegungsbehelf heranzuziehen (vgl. etwa VwGH 26.9.2017, Fe 2016/05/0001, mwN). 75 Im vorliegenden Fall ergeben sich keine Zweifel am Inhalt des Spruches des Bescheides vom 28. Oktober 2015. Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass sich das darin ausgesprochene Nutzungsverbot nicht auf die Mastställe 5 und 6, sondern (u.a.) auf den Maststall 7 bezieht. Über die Mastställe 5 und 6 wurde damit nicht abgesprochen.

76 Der behauptete Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses zur hg. Judikatur betreffend die Bindungswirkung rechtskräftiger Bescheide ist daher nicht ersichtlich.

77 Soweit sich die Revision in diesem Umfang gegen Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, erweist sie sich daher als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Zum Hühnerstall (Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Erkenntnisses):

78 Diesbezüglich vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass zwar in Anbetracht des Vorliegens einer Baubewilligung für diesen Stall weder ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 noch ein Nutzungsverbot gemäß § 35 Abs. 3 leg. cit. in Betracht komme. Unabhängig vom Vorliegen einer Baubewilligung sei jedoch die Anordnung eines Nutzungsverbotes als Sicherungsmaßnahme nach § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 zum Schutz von Personen oder Sachen möglich. Im Hinblick auf die vom Hühnerstall ausgehende Feinstaubbelastung sei die Beschränkung der Zahl der im Hühnerstall gehaltenen Hühner auf 1.360 (dies entspreche einer Reduktion um 20 %) als Sicherungsmaßnahme anzuordnen. Diese Auffassung des Verwaltungsgerichtes bekämpft die Revision (u.a.) mit dem Vorbringen, dass § 35 Abs. 1 NÖ BO keine Rechtsgrundlage dafür bilde, eine Baubewilligung aus Sicht des Immissionsschutzes zu Gunsten von Nachbarn durch Erteilung von Auflagen nachträglich einzuschränken oder andere Einschränkungen der Betriebsausübung vorzunehmen.

79 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 einer allfälligen Beseitigung von in ihrer baulichen Substanz wesentlich beeinträchtigten oder rechtswidrigen Bauwerken dienen (vgl. in diesem Zusammenhang den Motivenbericht zu § 35 NÖ BO 2014 in der Stammfassung, Ltg.-477/B- 23/2-2014). Eine Änderung einer rechtskräftigen Baubewilligung sieht die Bestimmung nicht vor.

80 Das Wesen einer Auflage - dabei handelt es sich um eine Nebenbestimmung eines Bescheides, die eine Willensäußerung der Behörde darstellt und dem Hauptinhalt des Bescheidspruches beigefügt wird (vgl. etwa VwGH 21.5.2007, 2006/05/0256) - besteht darin, dass mit einem nach dem Hauptinhalt den Antragsteller begünstigenden rechtsgestaltenden Bescheid auch konkrete belastende Gebote oder Verbote verbunden werden. Durch eine Auflage wird der Träger des im Bescheid eingeräumten Rechtes für den Fall dessen Inanspruchnahme zu einem bestimmten Verhalten, also zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden, verpflichtet (vgl. etwa VwGH 25.4.2019, Ra 2018/22/0272, mwN). Wie der übrige Inhalt eines Bescheides unterliegen auch Nebenbestimmungen dem Legalitätsgebot. Die Beisetzung einer Nebenbestimmung eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann zulässig, wenn dies das Gesetz bestimmt (vgl. etwa VwGH 25.9.2018, Ra 2017/05/0267, mwN). 81 Auf dem Boden der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bausubstanz des Hühnerstalles wesentlich beeinträchtigt ist oder ein rechtswidriges Bauwerk vorliegt. Dass die Anordnung einer Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 35 Abs. 1 NÖ BO 2014 in Frage kommt, ist daher nicht ersichtlich. Bei der vom Verwaltungsgericht angeordneten Verpflichtung zur Reduktion der Anzahl der Hühner handelt es sich auch nicht um eine derartige Sicherungsmaßnahme, sondern dem Wesen nach um eine aufgrund der vom Hühnerstall ausgehenden erhöhten Feinstaubbelastung nachträglich erteilte Auflage, also die Änderung der rechtskräftigen Baubewilligung. 82 Die NÖ BO 2014 enthält (anders als dies etwa § 46 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 ermöglicht) keine normative Grundlage für die nachträgliche Erteilung einer Auflage. Auf andere gesetzliche Bestimmungen hat sich das Verwaltungsgericht nicht gestützt. 83 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang des Spruchpunktes 1.b. letzter Satz gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

84 Was die ersatzlose Behebung des Ausspruches der Aussetzung der Anordnungen in Bezug auf die Mastställe und den Hühnerstall anlangt, so ist darauf hinzuweisen, dass die NÖ BO 2014 keine Grundlage dafür enthält, dass ein Auftrag "ausgesetzt" (dem Inhalt nach aufschiebend bedingt) erteilt werden kann. Das Verwaltungsgericht hat daher alle "Aussetzungen der Anordnungen" zu Recht behoben.

85 Auch in diesem Umfang war die Revision daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

86 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG hat der Gemeindevorstand in dem hier vorliegenden Fall einer Amtsrevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen war (vgl. etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2018/02/0116, mwN).

Wien, am 29. Jänner 2020

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