Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §22;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §50 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §70 Abs1 Z4;
BauRallg;
VermV 1994 §7 Z2;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §22;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §50 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §70 Abs1 Z4;
BauRallg;
VermV 1994 §7 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, den Erstmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. September 1971 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf den Grundstücken Nr. 28/116 und 28/117, KG Straßerfeld, erteilt. Auf dem einen Bestandteil dieser Baubewilligung bildenden Plan ist der Abstand zum östlich an das zu bebauende Grundstück grenzenden Grundstück der Erstmitbeteiligten mit 3 m kotiert.
Mit einem weiteren Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. September 1981 wurde die Bewilligung für Umbauarbeiten am Wohnhaus und einem Nebengebäude nahe der hinteren Grundgrenze erteilt, die Bewilligung betraf insbesondere den Ausbau des Dachgeschosses und die Veränderung der Raumeinteilung im Bereich des Erdgeschosses.
Am 3. Mai 1999 brachten die Erstmitbeteiligten beim Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde eine "Bauanzeige" mit einem Antrag auf Erlassung eines Abbruchauftrages bzw. eines Auftrages zur Beseitigung von Baugebrechen ein. Der Antrag der Erstmitbeteiligten wurde darauf gestützt, dass das Wohngebäude der Beschwerdeführerin den Seitenabstand von 3 m zur Grundstücksgrenze der Erstmitbeteiligten nicht einhalte, weil eine Vermessung ergeben habe, dass der Abstand 2,90 m betrage, überdies sei das Gebäude höher als bewilligt errichtet worden. Die tatsächliche Ausführung widerspreche der Baubewilligung und den genehmigten Bauplänen und sei eine wesentliche Abweichung vom Konsens. Eine nachträgliche baubehördliche Bewilligung sei wegen der Nichteinhaltung des gesetzlichen Bauwichs nicht möglich.
Am 18. Juni 1999 wurde durch den von der mitbeteiligten Marktgemeinde beauftragten Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen D.I. E. B. in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten eine Vermessung durchgeführt, die ergeben hat, dass die Abstände des auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin befindlichen Gebäudes zum Grundstück der Erstmitbeteiligten im Punkt 10 2,92 m und im Punkt 7 2,87 m, bezogen auf den Gebäudesockel, betragen. Gegen das Messergebnis wurden keine Einwände erhoben.
Am 11. November 1999 brachten die Erstmitbeteiligten einen Devolutionsantrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde ein.
Am 13. April 2000 wurde eine baubehördliche Überprüfungsverhandlung durchgeführt, in deren Verlauf nochmals eine Messung im Bereich des linken seitlichen Bauwichs bzw. an der betreffenden Gebäudefront des Wohnhauses der Beschwerdeführerin vorgenommen wurde. Hinsichtlich der betreffenden Grundstücksgrenze wurde auf den Lageplan des D.I. E. B. vom 8. Juli 1999 verwiesen, der betreffende "Geometerplan" wurde von den Parteien anerkannt. Die Vermessung bestätigte im Wesentlichen die bereits vorliegenden Vermessungsergebnisse, wobei im Sockelbereich des Wohnhauses vermessen wurde, die Gebäudehöhe wurde im Traufenbereich mit 5,50 m, im Bereich des Firstes mit 7,84 m ermittelt. Aus bautechnischer Sicht wurde gefolgert, dass eine Abänderung des bestehenden Wohnhauses im Bereich der östlichen Giebelfront vorzunehmen sei. Es sei sicherzustellen, dass der Abstand zum Anrainergrundstück und die Höhe der Gebäudefront dem geltenden niederösterreichischen Baurecht entspreche. Das heiße, die Außenwand müsse einen Mindestabstand von 3 m, gemessen von der Grenzaufnahme durch D.I. E. B., aufweisen. Das bedinge ein generelles Auswechseln der Außenwand, gleichzeitig dürfe die Gebäudehöhe (mittlere Gebäudehöhe) der Giebelfront 6 m nicht überschreiten. Die Beschwerdeführerin erklärte, der Baubehörde bis 11. Juni 2000 ein Sanierungskonzept vorzulegen. Ein derartiges "Konzept" wurde nicht vorgelegt.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2000 erteilte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin den Auftrag, das auf dem näher bezeichneten Grundstück errichtete Einfamilienhaus innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzubrechen. Die Zuständigkeit des Gemeinderates ergebe sich auf Grund des Devolutionsantrages vom 9. November 1999. Der Abbruch umfasse auch die bestehenden Entsorgungsanlagen, Ver- und Entsorgungsleitungen seien abzusichern bzw. abzuschließen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. September 1971 sei die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses erteilt worden, die Bewilligung habe sich auf den Einreichplan des Baumeisters I. G. K. vom März 1971 bezogen. Der Plan habe ein eingeschossiges Gebäude vorgesehen, der Seitenabstand zur Grundstücksgrenze der Erstmitbeteiligten sei im Plan mit 3 m eingezeichnet gewesen. Das auf dem Grundstück bestehende Gebäude sei nicht durch die Baubewilligungen aus 1971 und 1981 gedeckt. Es weiche sowohl in seiner Anordnung auf dem Grundstück (seitlicher Bauwich) als auch in seiner Höhe vom bewilligten Projekt ab. Im vorliegenden Fall werde die Konsenslosigkeit des bestehenden Gebäudes auch nicht durch eine Benützungsbewilligung saniert, ein Anspruch auf Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes sei aus einer Benützungsbewilligung nicht ableitbar. Die Bewilligungsfähigkeit sei wegen der Nichteinhaltung der Vorschriften über den seitlichen Bauwich nicht gegeben; für das gegenständliche Grundstück sei im Bebauungsplan wahlweise die offene oder die gekuppelte Bebauungsweise festgelegt. Die gekuppelte Bebauungsweise sei nicht gewählt worden, in der offenen Bebauungsweise sei auf beiden Seiten ein Bauwich einzuhalten. Dieser müsse gemäß § 50 Abs. 1 zweiter Satz NÖ BauO 1996 - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - mindestens 3 m betragen. Da für das gegenständliche Gebäude eine Baubewilligung nicht vorliege und auch nicht erteilt werden dürfe, lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 Z. 3 erster Fall NÖ BauO 1996 vor, weshalb die Baubehörde einen Abbruchauftrag zu erteilen habe. Der Abbruch habe das gesamte Einfamilienhaus zu umfassen, da es sich dabei rechtlich um ein anderes als das bewilligte Gebäude handelte.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Im Wesentlichen hat sie sich der Rechtsansicht des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde angeschlossen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 erster Fall NÖ Bauordnung 1996, in der Fassung LGBl. 8200-5, hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1).
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/05/0201 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur). Es sind zwar Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines rechtlichen "aliud" auszugehen ist, es ist aber im Beschwerdefall zu beachten, dass es nicht allein auf eine Verschiebung der Lage des Gebäudes um einige Zentimeter ankommt, sondern dass gerade durch diese Abweichung vom genehmigten Plan eine Unterschreitung der Mindestabstände eingetreten ist. Die Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften ist jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen.
Wie schon auf Verwaltungsebene wiederholt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ihre Behauptung, mit dem Benützungsbewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. Oktober 1981 sei das Gebäude, so wie es errichtet worden sei, mitbewilligt worden. Diese Ansicht ist unzutreffend, zeigt doch der genannte Benützungsbewilligungsbescheid, dass damit keine Baubewilligung für die Abweichungen vom ursprünglich bewilligten Plan erteilt wurde. Die im Formular vorgesehene Zeile: "Die geringfügigen in der Niederschrift angeführten Abweichungen werden nachträglich genehmigt" ist in der Benützungsbewilligung durchgestrichen, die Niederschrift über die Kollaudierungsverhandlung enthält keinen Hinweis auf Abweichungen, die genehmigt werden sollen.
Eine Benützungsbewilligung gemäß § 111 der NÖ Bauordnung 1976, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Erlaubnis zur Benützung des Bauwerkes bildet, kann, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, den Baukonsens nicht abändern oder ersetzen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0055). Die Lage des Gebäudes wurde mehrmals vermessen, so nicht nur vom Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen D.I. E. B., sondern auch noch während der Verhandlung am 13. April 2000, in keinem Fall hat sich die Beschwerdeführerin gegen das Ergebnis der Vermessung bzw. die Art der Vermessung ausgesprochen. Wenn nunmehr in der Beschwerde ausgeführt wird, D.I. E. B. habe der Beschwerdeführerin gegenüber telefonisch erklärt, es seien Abweichungen bis zu 15 cm möglich, dies ergebe sich aus § 7 der Vermessungsverordnung 1994, so ist diesen Ausführungen zu entgegnen, dass § 7 Z. 2 der Vermessungsverordnung 1994 normiert, dass bei der Bestimmung von Grenzpunkten die mittlere Punktgenauigkeit von +/- 15 cm nicht überschritten darf; dies bedeutet aber nur, dass dann, wenn Vermessungen nach dem Vermessungsgesetz vorgenommen werden, die Genauigkeit bei der Bestimmung von Grenzpunkten zumindest +/- 15 cm betragen muss und darüber hinaus gehende Ungenauigkeiten unzulässig sind. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass genauere Messungen, bei denen es sich um einen Abstand von unter 15 cm handelt, unzulässig wären oder diese zwangsläufig unrichtig wären (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 19. April 2001, Zl. 98/06/0190, und vom 24. Oktober 2000, Zlen. 99/05/0290, 2000/05/0130, 2000/05/0131). Den übereinstimmenden Vermessungen, wonach das Gebäude der Beschwerdeführerin von der Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,92 m bzw. 2,87 m einhält, ist die Beschwerdeführerin auf Verwaltungsebene nicht entgegen getreten, somit konnte der Gemeinderat diese Vermessungsergebnisse seiner Entscheidung zu Grunde legen und davon ausgehen, dass das Gebäude der Beschwerdeführerin nicht den in der Baubewilligung vorgesehenen Abstand von 3 m einhält.
Unzutreffend ist schließlich auch die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht, wonach für die Gebäudehöhe die Höhe der Außenwand ab dem Fundament und nicht ab der Geländeoberkante entscheidend ist. Gemäß § 53 Abs. 1 NÖ BauO 1996 ist die Gebäudehöhe nach der mittleren Höhe der Gebäudefront zu bemessen. Bei der Überprüfung, ob das zuletzt 1981 bewilligte Gebäude die konsensgemäße Gebäudehöhe aufweist, ist § 22 der NÖ BO 1976 anzuwenden. Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0096, ausgeführt hat, ist die Gebäudehöhe nach dieser Bestimmung vom verglichenen Gelände bis zur Schnittlinie zwischen Gebäudefront und Dachkonstruktion zu messen, wobei durch die Worte "mittlere Höhe der Gebäudefront über dem verglichenen Gelände" der Bezug zum Boden gegeben ist. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzuweichen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin besteht ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf Einhaltung des Bauwichs nicht nur dann, wenn ein Bebauungsplan vorliegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt im Fall einer konsenslosen Bauführung im Seitenabstand den Anspruch eines Nachbarn auf Erlassung eines Abbruchauftrages bejaht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1979, Zlen. 787 und 3527/78).
Da das Gebäude, wie bereits ausgeführt, durch keine Baubewilligung gedeckt ist, war vor Erlassung eines Abbruchauftrages zu prüfen, ob eine Baubewilligung erteilt werden könnte.
In der offenen Bebauungsweise ist gemäß § 70 Abs. 1 Z. 4 NÖ BauO 1996 an beiden Seiten ein Bauwich einzuhalten. Dieser muss gemäß § 50 Abs. 1 leg. cit. im geregelten Baulandbereich (Bebauungsplan) der halben Gebäudehöhe entsprechen. Er muss aber (wenn nichts anderes bestimmt ist) mindestens 3 m betragen.
Da wie bereits ausgeführt, das Gebäude den Abstand von 3 m zur Grundgrenze der Erstmitbeteiligten nicht einhält, konnte eine Baubewilligung für das Gebäude nicht erteilt werden. Mit Recht hat daher der auf Grund des Devolutionsantrages der Anrainer zuständig gewordene Gemeinderat den Abbruchauftrag erteilt.
Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten war abzuweisen, weil in der zitierten Verordnung der Aufwandersatz mit S 12.500,-- pauschaliert ist und die Zuerkennung des Aufwandersatzes für Stempelmarken für nicht erforderliche Ausfertigungen der Gegenschrift nicht vorgesehen ist.
Wien, am 3. Juli 2001
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