European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018030012.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Punkte B. und C. des Tatvorwurfes im Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens samt dem darauf bezogenen Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 I. Gegenstand
2 A. Mit den durch die gegenständliche Revision bekämpften Spruchpunkten des Straferkenntnisses der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (KommAustria) vom 21. September 2016 wurde dem Erstrevisionswerber Folgendes zur Last gelegt:
"Sie haben als gemäß § 9Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlicher Beauftragter für den gesamten Bereich des Österreichischen Rundfunks für Übertretungen nach § 38 Abs. 1 Z 2 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 112/2015, zu verantworten, dass am 01.12.2015 im bundeslandweiten Hörfunkprogramm Radio Tirol
(...)
B.
1. während der von ca. 10:04:01: bis ca. 11:00:00 Uhr ausgestrahlten Sendung ¿Radio Tirol am Vormittag'
- 1. um ca. 10:11:41 Uhr (Sanatorium K),
- 2. um ca. 10:15:05 Uhr (Sanatorium K),
- 2. während der von ca. 11:04:13 bis ca. 12:00:00 Uhr ausgestrahlten Sendung ¿Radio Tirol am Vormittag'
- 1. um ca. 11:11:43 Uhr (Sanatorium K),
- 2. um ca. 11:14:53 Uhr (Sanatorium K),
- 3. um ca. 11:46:51 Uhr (Ivereinigung T),
- 3. während der von ca. 15:04:08 bis ca. 16:00:00 Uhr ausgestrahlten Sendung ¿Radio Tirol am Nachmittag'
- 1. um ca. 15:16:06 Uhr (Sanatorium K),
- 2. um ca. 15:19:35 Uhr (Sanatorium K),
- 3. um ca. 15:41:41 Uhr (Ivereinigung T),
- 4. um ca. 15:45:01 Uhr (Ivereinigung T),
- 4. während der von ca. ca. 16:04:05 bis ca. 17:00 Uhr ausgestrahlten Sendung Radio Tirol am Nachmittag'
- 1. um ca. 16:08:21 Uhr (Sanatorium K),
- 2. um ca. 16:11:51 Uhr (Sanatorium K),
Sponsorhinweise ausgestrahlt wurden;
C.
1. die von ca. 10:04:01 bis ca. 11:00:00 Uhr ausgestrahlte
Sendung ¿Radio Tirol am Vormittag' hinsichtlich des Sponsors
Sanatorium K,
2. die von ca. 11:04:13 bis ca. 12:00:00 Uhr ausgestrahlte
Sendung ¿Radio Tirol am Vormittag' hinsichtlich der Sponsoren
1. Sanatorium K und
2. Ivereinigung T,
3. die von ca. 15:04:08 bis ca. 16:00:00 Uhr ausgestrahlte
Sendung ¿Radio Tirol am Nachmittag' hinsichtlich der Sponsoren
1. Sanatorium K und
2. Ivereinigung T, sowie
- 4. die von ca. 16:04:05: bis ca. 17:00:00 Uhr ausgestrahlte Sendung ¿Radio Tirol am Nachmittag' hinsichtlich des Sponsors Sanatorium K,
nicht am Anfang oder am Ende eindeutig als gesponserte
Sendungen gekennzeichnet wurden;
(...)
Tatort: jeweils 1136 Wien, Würzburggasse 30
Sie haben dadurch die folgenden Rechtsvorschriften verletzt:
(...)
zu B.: jeweils § 38 Abs.1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF-G iVm § 9 Abs. 2 VStG
zu C.: jeweils § 38 Abs.1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 1 ORF-G iVm § 9 Abs. 2 VStG
(...)
Wegen diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie
folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro | Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von | gemäß |
(...) zu B.: 1.1.: 5000,-
1.2.: 5.000,-
2.1.: 5.000,- 2.2.: 5.000,- 2.3.: 5.000,-
3.1.: 5.000,- 3.2.: 5.000,- 3.3.: 5.000,- 3.4.: 5.000,- 4.1.: 5.000,- 4.2.: 5.000,-
Zu C.: 1.: 3.000,- 2.1. 3.000,- 2.2. 3.000,- 3.1. 3.000,- 3.2. 3.000,- 4.: 3.000,-
(...) | (...)
2 Tagen
2 Tagen
2 Tagen 2 Tagen 2 Tagen
2 Tagen 2 Tagen 2 Tagen 2 Tagen
2 Tagen 2 Tagen
1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag
(...) |
B.: jeweils § 38 Abs. 1 Z 2 ORF‑G iVm § 9 Abs.2, §§16 und 19 VStG
C.: jeweils § 38 Abs. 1 Z 2 ORF‑G iVm § 9 Abs. 2, §§ 16 und 19 VStG
(...) |
Allfällige weitere Aussprüche (...):
Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet der Österreichische Rundfunk für die verhängten Geldstrafen sowie die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
(...)
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt 101.200,- Euro"
3 Hinsichtlich der Spruchpunkte B. und C. wird in der Begründung des Straferkenntnisses der KommAustria zusammengefasst ausgeführt, dass jeweils von ca. 9 Uhr bis ca. 12 Uhr das moderierte Vormittagsprogramm "Radio Tirol am Vormittag" und von ca. 15 Uhr bis ca. 18 Uhr das moderierte Nachmittagsprogramm "Radio Tirol am Nachmittag" ausgestrahlt werde. Jeweils zur vollen Stunde würden in diesen Programmschienen Nachrichten, Wetter- und Verkehrsinformationen gesendet, die jeweils 4 Minuten dauerten. Die innerhalb dieser Sendungsstunden ausgestrahlten Beiträge "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen-Tirols Firmen aus der Nähe" seien nicht als Sendungen iSd § 1a Z 5 lit. b ORF-G zu beurteilen, sondern als bloße Sendungsteile innerhalb der jeweiligen als Sendung zu qualifizierenden Sendungen "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag". Durch das nicht gekennzeichnete Sponsoring der genannten Beiträge durch Ausstrahlung von Sponsorhinweisen zugunsten des Sanatoriums K und der Ivereinigung T innerhalb der jeweiligen Sendungen "Radio Tirol am Vormittag" bzw. Radio Tirol am Nachmittag sei gegen § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 1 und 2 ORF-G verstoßen worden, weshalb daher jeweils der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung iSd § 38 Abs. 1 Z 2 ORF-G erfüllt sei. Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt, weil in allen Fällen von schuldhaftem Verhalten des Erstrevisionswerbers mangels sorgfaltsgemäßer Wahrnehmung der geforderten Aufsichts- und Kontrollaufgaben in der Schuldform Fahrlässigkeit auszugehen sei.
4 B. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (VwG) der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien hinsichtlich der Spruchpunkte B. und C. des erstinstanzlichen Bescheides insoweit Folge, als es die jeweils verhängten Geldstrafen von Euro 5.000,- auf Euro 3.000,-
und von Euro 3.000,- auf Euro 1.800,- herabsetze und den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (spürbar) reduzierte (Spruchpunkt A). Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei (Spruchpunkt B).
5 In seiner Entscheidung legte das VwG den bereits von der KommAustria im Straferkenntnis festgestellten Sachverhalt zugrunde. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das VwG das Vorliegen des objektiven Tatbestandes hinsichtlich der Spruchpunkte B. und C. des Straferkenntnisses unter Hinweis auf die hinsichtlich der Beschwerde des ORF gegen den Feststellungsbescheid ergangene Entscheidung des VwG vom 12. Jänner 2018, W219 2123858-1/13E. Auch hinsichtlich der Beurteilung der subjektiven Tatseite schloss sich das VwG der Ansicht der KommAustria an und führte dazu im Wesentlichen aus, dass den Erstrevisionswerber an den Verwaltungsübertretungen ein Verschulden treffe, weil es sich dabei um Ungehorsamsdelikte handle, bei welchen gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens in Form fahrlässigen Verhaltens des Täters bestehe, welche von ihm aber widerlegt werden könne. Mit näherer Begründung kam das VwG aber zum Ergebnis, dass der vom Erstrevisionswerber geltend gemachte Verbotsirrtum nicht vorliege und daher ein Verschulden des Erstrevisionswerbers gegeben sei. Weiters beurteilte das VwG die in den Spruchpunkten B. und C. genannten einzelnen Handlungen als die Verwirklichung einzelner Delikte. Das ORF-G hätte vor der Ausstrahlung eines jeden einzelnen der in den Spruchpunkten B. und C. inkriminierten Inhalte des Hörfunkprogrammes eine spezifische Prüfung erfordert, ob die einzelnen Sendungselemente den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 1 und 2 ORF-G entsprächen. Die Betonung des hier übertretenen gesetzlichen Tatbestandes des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 ORF-G liege nicht auf einem gesamthaften rechtswidrigen Verhalten bei der Veranstaltung eines Programmes, sondern auf einzelnen Sendungsinhalten, die jeweils für sich den genannten Bestimmungen widersprächen. Darin unterscheide sich der gesetzliche Tatbestand des § 38 Abs. 1 Z 1 (gemeint wohl: § 38 Abs. 1 Z 2) ORF-G von jenem des § 107 iVm § 109 TKG 2003, für den der VwGH wegen Vorliegens einer "tatbestandlichen Handlungseinheit" - ungeachtet der bloß fahrlässigen Begehungsweise - bei mehreren Tathandlungen ein einziges Delikt angenommen habe (Hinweis auf VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108). Somit sei im vorliegenden Fall nicht von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen. Ein fortgesetztes Delikt, welches die Verhängung bloß einer Strafe für die jeweils in den Spruchpunkten B. und C. genannten Übertretungen bedingt hätte, liege demnach nicht vor. Auch ein Absehen von der Strafe komme nicht in Betracht, weil das tatbildmäßige Verhalten nicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibe.
6 C. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit aufgrund Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Revision insoweit, als damit die Spruchpunkte B. und C. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses samt den diesbezüglichen Kosten und der Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG bestätigt wurden. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass Rechtsprechung fehle, unter welchen Voraussetzungen innerhalb eines Flächenprogrammes im Hörfunk ausgestrahlte Sendungen als eigenständige Sendungen anzusehen seien, da sich der Verwaltungsgerichtshof bislang nur mit Sendungen im Fernsehbereich beschäftigt habe. Selbst wenn man von einer Übertragbarkeit der Rechtsprechung ausgehe, sei das VwG von den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsätzen abgewichen. Weiters sei das VwG von der Rechtsprechung des VwGH zum "fortgesetzten Delikt" abgewichen, weil gleichartige Einzelhandlungen gegen dieselbe Rechtsvorschrift vorlägen, welche in zeitlicher Kontinuität zueinander stünden, da die Tathandlungen in den Zeitraum eines Sendetages fielen (Hinweis auf VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052). Auch sei das VwG von der Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich der Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG abgewichen, weil im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestandes durch den Erstrevisionswerber nicht vorlägen und somit eine Haftung des ORF nicht ausgesprochen werden dürfe.
7 II. Rechtslage
8 A. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des ORF-Gesetzes, BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 50/2010 (ORF-G), lauten (auszugsweise):
"Sponsoring
§ 17. (1) Gesponserte Sendungen müssen folgenden
Anforderungen genügen:
...
2. Sie sind durch den Namen oder das Firmenemblem oder ein
anderes Symbol des Sponsors, etwa einen Hinweis auf seine Produkte oder Dienstleistungen oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen am Anfang oder am Ende eindeutig als gesponserte Sendung zu kennzeichnen (Sponsorhinweise). Sponsorhinweise während einer Sendung sind unzulässig. Das Verbot von Sponsorhinweisen während einer Sendung gilt nicht für die Einblendung von Hinweisen während der Übertragung von Veranstaltungen sowie während deren Wiederholung oder zeitversetzter Ausstrahlung, sofern der Österreichische Rundfunk und seine Tochtergesellschaften keinen Einfluss auf die Platzierung der Hinweise haben und hierfür weder unmittelbar noch mittelbar ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung erhalten.
...
Verwaltungsstrafen
§ 38. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 58 000 Euro zu bestrafen, wer - soweit die nachfolgend genannten Bestimmungen auf seine Tätigkeit Anwendung finden - nach diesem Bundesgesetz ein Programm veranstaltet, einen Abrufdienst anbietet oder sonst ein Online-Angebot bereitstellt und dabei
...
2. § 13 Abs. 4, § 13 Abs. 1 bis 6, § 14 Abs. 1, 3 bis 5 und 9 oder den §§ 15 bis 17 zuwiderhandelt;
..."
B. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (in dieser Fassung § 5), idF BGBl. I Nr. 3/2008 (§ 9) lauten (auszugsweise) wie folgt:
"Schuld
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
...
Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9.
...
(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand."
9 III. Erwägungen
10 A. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 31.1.2017, 2017/03/0001, und VwGH 24.4.2018, Ro 2018/03/0002). Die Revision erweist sich angesichts der in der Zulässigkeitsbegründung der Revision aufgezeigten Abweichung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zulässig und begründet.
11 B. Zunächst wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hinsichtlich des Revisionsvorbringens betreffend die Beurteilung der erwähnten Beiträge "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen-Tirols Firmen aus der Nähe" als eigenständige Sendungen iSd § 1a Z 5 lit. b ORF-G auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2018, Ro 2018/03/0011, verwiesen.
12 Ausgehend davon ist das VwG nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wenn es die genannten Beiträge als unselbständige Bestandteile der jeweiligen Sendungen beurteilte und demzufolge die objektiven Tatbestände des § 17 Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Satz ORF-G mangels Kennzeichnung der jeweiligen Sendungsstunden als gesponserte Sendungen sowie der Ausstrahlung von Sponsorhinweisen während der Sendungen als erfüllt ansah. Weshalb die subjektive Tatseite vom Erstrevisionswerber nicht erfüllt worden wäre, wird in der Revision nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich. Derart liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftung des ORF gemäß § 9 Abs. 7 VStG vor.
13 C. Dennoch ist die Revision mit Erfolg beschieden. Mit der Beurteilung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen als einzelne Handlungen und damit als einzelne Delikte ist das VwG (wie die Revision aufzeigt) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
14 Das VwG geht von einer fahrlässigen Begehung der Taten durch den Erstrevisionswerber gemäß § 5 Abs. 1 VStG aus. Der Verwaltungsgerichtshof kam in seinem Erkenntnis vom 3. Mai 2017, Ra 2016/03/0108, zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung (also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten) als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs (also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden), sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung (also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage) als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden kann (vgl. auch VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052).
15 Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. nochmals VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052).
16 Der Anfechtungsumfang umfasst im vorliegenden Fall zwei unterschiedliche Übertretungen, die dem Erstrevisionswerber vorgeworfen werden (vgl. oben Rz 2 f). Das ihm in den Punkten B. und C. des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses vorgeworfene Fehlverhalten wurde unstrittig am 1. Dezember 2015 in der Zeit von ca. 10:04:01 Uhr bis ca. 17:00 Uhr im bundeslandweiten Hörfunkprogramm Radio Tirol gesetzt.
17 Aufgrund des eindeutig erkennbaren Gesamtkonzeptes des Erstrevisionswerbers, Beiträge innerhalb der Sendungen "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" als eigenständige Sendungen iSd § 1a Z 5 lit. b ORF-G zu behandeln, der daraus abzuleitenden gesamteinheitlichen Sorgfaltswidrigkeit, sowie wegen des zeitlichen Zusammenhangs der ausgestrahlten Beiträge wären die dabei verwirklichten Handlungen im Ergebnis für jeden Punkt (Punkt B. und C.) jeweils für sich genommen als lediglich eine Tat zu beurteilen, weshalb über den Erstrevisionswerber dafür nur jeweils eine Strafe zu verhängen gewesen wäre.
18 Dieser Rechtslage hat das VwG nicht entsprochen und insofern seine in Revision gezogene Entscheidung in dem im Spruch genannten Umfang mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
19 IV. Ergebnis
20 A. Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Revision nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
21 B. Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte unterbleiben, weil die in der angefochtenen Entscheidung getroffene rechtliche Beurteilung - wie dargestellt - von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG). Ferner konnte auch gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das VwG, ein Tribunal iSd EMRK bzw. ein Gericht iSd Art. 47 GRC, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. dazu VwGH 19.6.2018, Ra 2018/03/0021, mwH).
22 C. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 29. Jänner 2019
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