Normen
ASVG §18b Abs1;
ASVG §18b Abs2;
ASVG §18b;
ASVG §225 Abs1 Z3;
ASVG §18b Abs1;
ASVG §18b Abs2;
ASVG §18b;
ASVG §225 Abs1 Z3;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund eines Antrags der Revisionswerberin vom 13. Februar 2015 auf Selbstversicherung ab 1. Jänner 2013 sprach die belangte Behörde (im Folgenden: belangte Pensionsversicherungsanstalt) mit Bescheid vom 9. April 2015 aus, dass der Anspruch der Revisionswerberin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres nahen Angehörigen J. H., geboren am 11. Juni 2007, gemäß § 18b, § 44 Abs. 1 Z 18 und § 76b Abs. 5a sowie § 77 Abs. 8 ASVG ab 1. Februar 2014 anerkannt werde. Für die Dauer, während welcher der Angehörige zumindest Pflegegeld in Höhe der Stufe 3 beziehe und eine erhebliche Beanspruchung der Arbeitskraft für Pflegeleistungen gegeben sei, werde der Beitrag zur Selbstversicherung zur Gänze aus Mitteln des Bundes getragen. Für die Zeit bis 31. Jänner 2014 sei eine Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben, weil Beiträge zur Selbstversicherung nur für Beitragszeiträume entrichtet werden könnten, welche nicht mehr als zwölf Monate vor der Antragstellung lägen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin am 26. April 2015 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragte, die Zeit vom 1. Jänner 2013 bis zum 31. Jänner 2014 ebenfalls für die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung anzuerkennen.
Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die nicht erwerbstätige Revisionswerberin habe am 13. Februar 2015 einen Antrag auf Selbstversicherung gemäß § 18b ASVG in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Sohnes gestellt, für den ab 1. Jänner 2013 Pflegegeld der Stufe 6 gewährt worden sei und der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebe. Die Revisionswerberin begehre, dass der Anspruch auf Selbstversicherung auch für die Zeit vom 1. Jänner 2013 bis zum 31. Jänner 2014 anerkannt werde. Zwar schränke § 18b ASVG die anzuerkennenden Zeiten vor der Antragstellung nicht ein. Jedoch seien gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Zeiten einer freiwilligen Versicherung iSd §§ 16 ff ASVG - sohin auch die gegenständliche Selbstversicherung - nur dann als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 anzusehen, wenn die Beiträge innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, entrichtet worden seien. Beitragszeitraum sei der Kalendermonat (§ 16b Abs. 6 ASVG). Frühester Beitragsmonat sei Februar 2014. Die Selbstversicherung könne erst ab Beginn dieses Monats festgestellt werden. Anders als für die freiwilligen Versicherungen gemäß §§ 18 und 18a iVm § 669 Abs. 3 ASVG sei im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG für § 18b ASVG keine Ausnahmeregelung vorgesehen. Die Revisionswerberin möge für die Zeit vor dem 1. Februar 2014 bei der belangten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten eines behinderten Kindes gemäß § 18a iVm § 669 Abs. 3 ASVG stellen.
Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18b ASVG iVm § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG fehle.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die belangte Pensionsversicherungsanstalt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Revisionswerberin bringt vor, ihr sei vor der Antragstellung über die Serviceline der belangten Pensionsversicherungsanstalt mitgeteilt worden, sie könne den Antrag erst nach Ende der Pflichtversicherung für das zweite Kind (Tochter) stellen. Am 2. April 2015 habe ihr Lebensgefährte erfahren, dass eine Falschberatung vorgelegen sei. Sie habe mit Schreiben vom 2. April 2015 ersucht, die Zeiten ab 1. Jänner 2013 zu berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, "ob eine rückwirkende Gewährung der Pensionsversicherungszeiten infolge der unrichtigen Rechtsauskunft - somit des schuldhaften Verhaltens der Behörde - verursacht wurde". Ihre Eingabe vom 2. April 2015 sei darüber hinaus dahingehend zu verstehen, "dass es sich dabei um einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gehandelt hat". Wäre sie bereits im Jahr 2013 im Zuge des Pflegegeldbescheides ihres Sohnes auf die Frist iSd § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG hingewiesen worden, hätte sie den Antrag noch im Jahr 2013 eingebracht.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass sich § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf den Zeitraum der Selbstversicherung nach § 18b ASVG auswirke, sei unrichtig. Nach § 18b Abs. 2 ASVG beginne die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wähle bzw. zu dem die Pflege aufgenommen werde. In den Gesetzesmaterialien zu § 18b ASVG finde sich kein Hinweis, dass
§ 225 Abs. 1 Z 3 ASVG anzuwenden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der mit BGBl. I Nr. 3/2013 eingeführte
§ 669 Abs. 3 ASVG eine rückwirkende Geltendmachung für längstens 120 Monate nur für die freiwillige Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG, nicht aber für jene des § 18b ASVG vorsehe, obwohl
§ 18b ASVG den Gesetzesmaterialien zufolge eingeführt worden sei, um eine "Lücke" im Bereich der Selbstversicherungsmöglichkeit zu schließen.
2.1. § 18b ASVG lautet samt Überschrift auszugsweise:
"Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger
§ 18b. (1) Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.
(1a) (...)"
§ 77 Abs. 8 ASVG lautet:
"(8) Für die nach § 18b Selbstversicherten sind die Beiträge zur Gänze aus Mitteln des Bundes zu tragen."
§ 225 Abs. 1 ASVG lautet auszugsweise:
"§ 225. (1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 sind anzusehen: 1. (...)
3. Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;
4. (...) "
2.2. Die Berechtigung einer Person, sich nach § 18b Abs. 1 und 2 ASVG für bestimmte Zeiten in der Pensionsversicherung selbst zu versichern, ist zwar nicht ident mit der Frage, ob die Zeit, die zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt hat bzw. hätte, als Beitragszeit im Sinne des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG anzusehen ist. Unter der Berechtigung, sich gemäß § 18b ASVG für bestimmte Zeiten selbst zu versichern, ist aber, wie sich sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG als auch aus ihrem daraus erhellenden Zweck ergibt, nichts anderes gemeint als die Berechtigung, für bestimmte, in § 18b ASVG genannte Zeiten durch Beitragsentrichtung wirksam Beitragszeiten in der Pensionsversicherung zu erwerben. Steht daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde fest, dass der (die) Antragsteller (Antragstellerin) für die von ihm (ihr) entsprechend § 18b ASVG gewählte oder danach begrenzte Zeit nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Beitragszeiten nicht mehr wirksam erwerben kann, so ist seine (ihre) Berechtigung zur Selbstversicherung zu verneinen. Auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung auch einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, ergibt sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann (vgl. das zu § 18a ASVG idF vor der 52. Novelle, BGBl. Nr. 20/1994, ergangene hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/08/0226, sowie das zu § 17 Abs. 7 ASVG ergangene hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0012).
3. Ein (bei materiell-rechtlichen Fristen in der Regel nicht begründeter) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. ein Anspruch auf Schadenersatz wegen behaupteter Falschauskunft sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Ein öffentlichrechtlicher Anspruch, so behandelt zu werden, als wäre eine Auskunft erteilt worden ("Herstellungsanspruch"), besteht nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2010, Zl. 2010/08/0244).
4. Die Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 4. November 2015
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