Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RO2015070011.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Die revisionswerbende Partei beantragte mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG), diese möge unter anderem feststellen, dass die in der Müllverbrennungsanlage D (MVA) eingesetzten Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG von der Beitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG ausgenommen seien.
Dem Antrag war ein Gutachten mit Tabellen (1 bis 10) beigelegt, aus denen die Zuordnung der Abfälle bzw. biogenen Abfallarten hervorgeht.
Die BH erließ einen Bescheid vom 17. Dezember 2013, in dem sie - jeweils bezogen auf diese Tabellen - ihre Feststellungen traf. Der auf die Tabellen 5 bis 9 bezogene (5.) Spruchteil lautete wie folgt:
"Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2013, stellt die Bezirkshauptmannschaft Tulln fest, dass nachstehende Abfälle gemäß § 3 Abs. 1a Ziffer 7 Altlastensanierungsgesetz anhand der in den nachfolgenden Tabellen 5 bis 9 getroffenen Zuordnung zu fünfstelligen Schlüsselnummern, die in der Zeit seit 1.1.2006 in der von der E GmbH, betriebenen Müllverbrennungsanlage, (...), eingesetzt wurden, von der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1 Ziffer 2 Altlastensanierungsgesetz ausgenommen sind:
Tabelle 5: Zuordnung der biogenen Abfallarten im Hausmüll für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 6: Zuordnung der biogenen Abfallarten im Sperrmüll für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 7: Zuordnung der biogenen Abfallarten in der Shredderleichtfraktion für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 8: Zuordnung der biogenen Abfallarten in den Rückständen aus der Abfallaufbereitung für die thermische
Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 9: Zuordnung der biogenen Abfallarten in den
sonstigen Abfällen mit hohem biogenen Anteil für die thermische
Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)"
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) änderte mit Bescheid vom 14. Februar 2014 den Bescheid der BH vom 17. Dezember 2012 gemäß § 10 Abs. 2 AlSAG unter anderem in Spruchpunkt II folgendermaßen ab:
"Gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 i.d.g.F., wird festgestellt, dass die Verbrennung nachstehender Abfälle Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle (Schlüsselnummer 91101 der ÖNORM S 2100), Sperrmüll (Schlüsselnummer 91401 der ÖNORM S 2100), Shredderleichtfraktion (Schlüsselnummer 57803 der ÖNROM S 2100), Rückstände aus der Abfallaufbereitung (Schlüsselnummer 91103 und Schlüsselnummer 91105 der ÖNORM S 2100), Rückstände aus der Altpapierverarbeitung (Schlüsselnummer 18407 der ÖNORM S 2100), Küchen- und Kantinenabfälle (Schlüsselnummer 91202 der ÖNORM S 2100), Straßenkehricht (Schlüsselnummer 91501 der ÖNORM S 2100), Rechengut (Schlüsselnummer 94701 der ÖNORM S 2100), inklusive der in diesen Abfällen enthaltenen biogenen Anteile in der Abfallverbrennungsanlage Dürnrohr der Altlastenbeitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, unterliegt."
Dagegen wandte sich die revisionswerbende Partei mit Beschwerde vom 17. März 2014 an das LVwG und beantragte, Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Mangelhaftigkeit des durchgeführten Verfahrens zur Gänze aufzuheben.
Das LVwG beauftragte einen abfallchemischen Amtssachverständigen Befund und Gutachten dazu zu erstatten, welcher bzw. welchen Schlüsselnummer(n) die von der revisionswerbenden Partei verwerteten Abfälle mit hohem biogenen Anteil aus Tabelle 5 bis 9 zuzuordnen seien. Das diesbezüglich erstattete Gutachten des ASV vom 17. Juli 2014 wurde den Verfahrensparteien mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht.
Das LVwG erließ nach Durchführung dieser mündlichen Verhandlung das nunmehr angefochtene Erkenntnis vom 20. November 2014, in welchem es über die Beschwerde gegen den Abänderungsbescheid des BMLFUW folgendermaßen entschied:
"1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass festgestellt wird, dass die von der E GmbH in der Zeit seit 1. Jänner 2006 in der MVA D eingesetzten Abfälle, welche als Abfall der Schlüsselnummer 91101 'Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle' gemäß der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis' mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur AbfallverzeichnisVO übernommen wurden,
- zu 14,5 % der Schlüsselnummer 11102 'überlagerte Lebensmittel'
- zu 4 % der Schlüsselnummer 91701 'Garten- und Parkabfälle'
- zu 8% der Schlüsselnummer 18702 'Papier und Pappe, beschichtet'
- zu 3,5 % der Schlüsselnummer 17202 'Bau- und Abbruchholz'
- zu 0,5% der Schlüsselnummer 12302 'Fette (zB Frittieröle)' und
- zu 0,5% der Schlüsselnummer 12101 'verdorbene Pflanzenöle'
der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis' mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur AbfallverzeichnisVO zuzuordnen sind, und in diesem Ausmaß von der Beitragspflicht des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG idF BGBl. I 136/2004 nach § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG idF BGBl. I 136/2004 ausgenommen sind.
2. Über diese Feststellung hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig."
Das LVwG stützte sich begründend im Wesentlichen auf das Gutachten des Amtssachverständigen. Es meinte, gegenständlich sei die Rechtsfrage zu klären, nach welchen Kriterien der AbfallverzeichnisVO ein Abfall im Feststellungsverfahren nach dem AlSAG einzustufen sei und ob eine ursprünglich lediglich aufgrund der Herkunft des Abfalls vorgenommene Zuordnung nach sachverständiger Beurteilung im AlSAG-Verfahren geändert werden könne. Der ASV habe gegenständlich für bestimmte vom Feststellungsantrag umfasste Abfallarten aufgrund ihrer Abtrennbarkeit und ihrer mengenmäßigen Erfassbarkeit eine Änderung der bisherigen Zuordnung aus fachlicher Sicht schlüssig und nachvollziehbar befürwortet. Es sei richtig, dass ein Herausrechnen des Anteils biogener Abfallbestandteile aus nicht im Ökostromgesetz genannten Abfallarten nicht zulässig sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2012, 2010/07/0017). Anders als im richtungsweisenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 2010, 2009/17/0073, habe das LVwG über technisch abtrennbare Abfallgemische zu entscheiden, sodass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend das Herausrechnen eines technisch untrennbar vermischten Abfallgemisches mit hohem biogenen Anteil auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei.
Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und "vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2013, 2009/07/0108, teilweise abweiche".
In der gegen das angefochtene Erkenntnis des LVwG erhobenen ordentlichen Revision wird im Zusammenhang mit ihrer Zulässigkeit lediglich darauf verwiesen, das LVwG habe im angefochtenen Erkenntnis erkannt, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
In der Umschreibung des Revisionspunktes heißt es, es werde Spruchpunkt 2 des Erkenntnisses des LVwG angefochten, mit welchem die Beschwerde (über die Feststellung in Spruchpunkt 1 hinaus) als unbegründet abgewiesen worden war. Die Revisionswerberin begehrte mit näherer Begründung auch in Bezug auf Sperrmüll eine dem (Siedlungsabfall betreffenden) Spruchpunkt 1 ähnliche prozentuelle Aufgliederung und eine dementsprechend teilweise Beitragsfreiheit.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
Nach § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Der im vorliegenden Fall erfolgte Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision genügt den Begründungserfordernissen nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Zweck dieser Begründungspflicht die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage. Das Verwaltungsgericht hat in der Begründung zum Ausspruch der Zulässigkeit der Revision daher (kurz) darzulegen, welche - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033, und vom 9. Juni 2015, Ro 2014/08/0083).
Im vorliegenden Fall wird zwar in der Begründung des Zulässigkeitsausspruches ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zitiert (2009/07/0108), jedoch weder sein Inhalt noch der rechtliche Aspekt näher dargestellt, in dem das LVwG von dieser Entscheidung "teilweise" abweiche. Es ist vor dem Hintergrund der gesamten Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zwar erkennbar, dass das LVwG diese "teilweise" Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs offenbar in der Gestaltung seines Spruchpunktes 1 erblickt (Feststellung der Beitragsfreiheit von Teilen der Siedlungsabfälle). Welche - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof dabei aber zu lösen hätte und wo konkret die "teilweise" Abweichung liege, wird aber sprachlich nicht formuliert.
Den Begründungserfordernissen des § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG wird durch eine solche Formulierung nicht entsprochen.
Auch die ordentliche Revision, die in Bezug auf die Zulässigkeit lediglich auf Spruchpunkt 3 des angefochtenen Erkenntnisses verweist, enthält keine Darstellung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass sich die Revision gar nicht auf Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses, sondern auf dessen Spruchpunkt 2 bezieht.
Aus der Revisionsbegründung geht hervor, dass die Revisionswerberin den Standpunkt vertritt, es hätte richtigerweise auch in Bezug auf Sperrmüll die gleiche Zuordnung getroffen werden müssen wie bei den Siedlungsabfällen. Es hätte richtigerweise auch festgestellt werden müssen, dass 31 % des Sperrmülls (SN 91401) - gegliedert in die Schlüsselnummern 18702 Papier und Pappe, beschichtet, 17115 Spanplattenabfälle, 17202 Bau- und Abbruchholz, und 91701 Garten- und Parkabfälle etc. - von der AlSAG-Beitragspflicht ausgenommen werde; in diesem Umfang hätte die Beschwerde daher nicht abgewiesen werden dürfen. Demgegenüber hatte das LVwG den Standpunkt vertreten, die abtrennbaren Anteile von Sperrmüll seien in den Siedlungsabfällen und ähnliche Gewerbeabfälle bereits enthalten.
Damit spricht die Revision aber eine andere Rechtsfrage an als die hinter der Gestaltung des Spruchpunktes 1 "in teilweiser Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes" stehende Rechtsansicht des LVwG.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er - wie hier - andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. die hg. Beschlüsse vom 28. November 2014, Ro 2014/06/0077, vom 23. April 2015, Ro 2014/07/0112, und vom 24. Juni 2015, Ro 2014/10/0103).
Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 10. Februar 2015, Ra 2015/02/0016, und vom 25. März 2014, Ra 2014/04/0001, uvm).
Eine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe der von der Revisionswerberin aufgeworfenen anderen, auf Spruchpunkt 2 bezogenen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung fehlt aber in der vorliegenden Revision.
In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. September 2015
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