Normen
B-VG Art133 Abs4;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Tir §2 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
B-VG Art133 Abs4;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Tir §2 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist der Revisionswerber Eigentümer des Grundstückes Nr. 960/3 GB N (V-Alm); die mitbeteiligte Agrargemeinschaft ist Eigentümerin der Grundstücke Nr. 158 und 961 EZ 121 GB N (G O-Alm).
Die mitbeteiligte Agrargemeinschaft beantragte beim Amt der Tiroler Landesregierung als damaliger Agrarbehörde erster Instanz im Jahr 2007 die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes vom S-Almweg bis zur G O-Alm. Diese solle wieder als Alm, und zwar als Galtviehalm, bewirtschaftet werden.
Mit Spruchpunkt I des Bescheides der Tiroler Landesregierung (als Agrarbehörde) vom 9. Jänner 2014 wurde der mitbeteiligten Agrargemeinschaft zu Gunsten der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 158 und 961 EZ 121 ein land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht u.a. auf Grundstück Nr. 960/3 eingeräumt; der Umfang und der Trassenverlauf des Bringungsrechts wurden beschrieben und die Entschädigung festgesetzt. Mit Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde die Bewilligung zum Ausbau und zur Ausgestaltung der genannten Bringungsanlage Variante 2 (= Neubaustrecke) erteilt.
Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht (LVwG).
Am 30. Oktober 2014 führte das LVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Mit Erkenntnis vom 13. November 2014 wies das LVwG die Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass in den Spruchpunkten I und II des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 9. Jänner 2014 auch auf die signierte Projektbeschreibung vom 9. Oktober 2014 ("Trassenbeschreibung der Neubaustrecke (Variante 2)" einschließlich des technischen Berichtes) Bezug genommen werde. Die ordentliche Revision wurde als zulässig erklärt.
Begründend führte das LVwG im Kern aus, ein Bringungsnotstand liege vor, weil derzeit nur ein Viehtriebweg zu den Weideflächen der G O-Alm bestehe. Das Vieh könne derzeit nur aufgetrieben werden, ein Transport mit Fahrzeugen sei mangels eines befahrbaren Weges nicht möglich. Die G O-Alm sei im Almbuch eingetragen; die Weideflächen seien landwirtschaftlichen Zwecken gewidmet. Die mitbeteiligte Partei beabsichtige, die G O-Alm mit Jungrindern und Schafen zu bewirtschaften. Eine solche zweckmäßige Bewirtschaftung der Alm-/Weideflächen umfasse unter anderem den Auf- und Abtrieb der Tiere, Personentransporte im Zusammenhang mit Weide- und Pflegemaßnahmen, Materialtransporte im Zusammenhang mit der Einzäunung, aber auch im Zusammenhang mit Baumaßnahmen und den Abtrieb der auf der Alm gehaltenen Tiere auf tiefer gelegene Weideflächen bei einem Wintereinbruch im Sommer. Eine wegemäßige Erschließung erleichtere die Durchführung der aufgezählten Tätigkeiten und damit die Almbewirtschaftung. In diesem Sinn sei nach einer derzeit noch geltenden Sonderrichtlinie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft für das österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft die Alpungsprämie für Almen, die nur über Fußwege oder Viehtriebwege erreichbar seien, höher als für jene Almen, die mit Allradtraktoren und Anhänger über Wege mit Unterbau erreichbar seien. Die wegemäßige Erschließung trage folglich auch dazu bei, dass die mitbeteiligte Agrargemeinschaft ihrer Verpflichtung zur Almbewirtschaftung nach § 4 Abs. 1 des Tiroler Almschutzgesetzes nachkommen könne.
Die Bewirtschaftung der Alm mit Jungrindern und Schafen stelle eine zweckmäßige Bewirtschaftung dar, für die die Errichtung eines befahrbaren Weges erforderlich sei. Der derzeit bestehende Nachteil werde durch das eingeräumte Bringungsrecht beseitigt. Die von der Antragstellerin geplante Errichtung eines Almgebäudes sei für die Annahme eines Bringungsnotstandes hingegen nicht entscheidend. Das Bringungsrecht führe zu einer deutlich verbesserten Erschließung der Alm und bewirke keine massive Störung des Betriebes der unterliegenden Alm des Revisionswerbers. Es bestehe nur zu Gunsten eines eingegrenzten Personenkreises und diene ausschließlich der Bewirtschaftung der Alm. Die vom Revisionswerber behaupteten Einschränkungen seines Weidebetriebes seien durch die Verfahrensergebnisse nicht bestätigt worden.
Das LVwG erachtete die ordentliche Revision als zulässig. Dies wurde damit begründet, dass der Revisionswerber insbesondere argumentiert habe, dass für eine Galtviehalm eine wegemäßige Erschließung jedenfalls nicht notwendig sei und nicht von einem Bringungsnotstand auszugehen wäre. Zu dieser Rechtsfrage, nämlich der Annahme eines Bringungsnotstandes für eine Alm, auf der lediglich Jungrinder und Schafe gehalten werden, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor. Es handle sich dabei um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, weshalb die ordentliche Revision zuzulassen gewesen sei.
Gegen dieses Erkenntnis wandte sich der Revisionswerber an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 23. Februar 2015, E 2054/2014-6, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Parallel dazu hatte der Revisionswerber bereits die hier vorliegende ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, in der er beantragte, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben, in eventu in der Sache selbst durch Abweisung des Antrags der mitbeteiligten Agrargemeinschaft zu entscheiden.
Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Agrargemeinschaft erstatteten Revisionsbeantwortungen, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 25a Abs. 1 erster Satz VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
2. Der vorliegende Fall wirft - entgegen der Auffassung des LVwG - keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf:
2.1. Ein Bringungsrecht im Sinn des GSLG ist gemäß § 1 Abs. 1 GSLG das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.
Nach § 2 Abs. 1 GSLG ist auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes ein Bringungsrecht einzuräumen, wenn (lit. a) die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und (lit. b) dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das den im § 3 Abs. 1 GSLG 1970 aufgestellten Erfordernissen entspricht und öffentliche Interessen, insbesondere des Forst- und Bergwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt.
Die für die Annahme eines Bringungsnotstandes in § 2 Abs. 1 GSLG (zunächst) zugrunde gelegten Kriterien sind somit die erhebliche Beeinträchtigung der zweckmäßigen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke mangels Vorliegens einer Bringungsmöglichkeit oder wegen Bestehens einer nur unzulänglich vorhandenen Bringungsmöglichkeit (vgl. das zur vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 des Kärntner GSLG ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, 90/07/0092, und zuletzt den hg. Beschluss vom 23. Oktober 2014, Ro 2014/07/0090).
2.2. Im vorliegenden Fall hat das LVwG die ordentliche Revision in Bezug auf die Frage zugelassen, ob für eine Alm, auf der lediglich Jungrinder und Schafe gehalten werden (Galtviehalm) ein Bringungsnotstand bestehen kann. In der Revision nimmt der Revisionswerber auch auf diese Rechtsfrage Bezug und vertritt die Ansicht, eine Rechtseinräumung für eine Galtviehalm in einer Höhenlage weit über der Baumgrenze entspreche nicht der Intentionen dieses Gesetzes. So wie das LVwG vertrat er die Ansicht, es liege nicht nur eine für den Anlassfall, sondern auch für weitere Fälle als grundsätzlich zu beurteilende Rechtsfrage vor.
Damit übersehen beide, dass die Frage, ob auch im Zusammenhang mit einer Galtviehalm in der genannten Höhenlage von einem Bringungsnotstand gesprochen werden kann, wenn diese nur durch einen Fußsteig bzw. Viehtriebweg erschlossen ist, nach den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalls zu klären ist. Es kommt jeweils auf die Umstände des konkret zu beurteilenden Falles an (vgl. in diesem Sinn zB die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1991, 87/07/0133, und vom 13. Dezember 2007, 2006/07/0093).
Im Übrigen hatte der Verwaltungsgerichtshof bereits mit der Einräumung eines Bringungsrechts für eine Galtviehalm zu tun (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 2010, 2009/07/0041); nach den Verhältnissen im dortigen Fall war die Rechtseinräumung zugunsten der Bewirtschaftung einer solchen Alm nicht zu beanstanden.
Ob ein Bringungsnotstand im Sinn des § 2 Abs. 1 GSLG vorliegt, ist also stets im Einzelfall anhand der konkreten Umstände des Falles zu prüfen und zu begründen; die in einem solchen Fall vom LVwG vorgenommene Beurteilung der festgestellten Umstände (hier: das Bestehen einer Galtviehalm über der Baumgrenze) wirft daher keine grundsätzliche Rechtsfrage nach Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. zu einer vergleichbaren einzelfallbezogenen Fragestellung den bereits zitierten hg. Beschluss vom 23. Oktober 2014, Ro 2014/07/0090).
2.3. Aus diesen Gründen lassen die im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Ausführungen zur Zulassung der Revision ebenso wenig wie das Vorbringen des Revisionswerbers in der Revision selbst in der genannten Fragestellung eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG erkennen.
3. Die ordentliche Revision bezieht sich aber auch auf andere Aspekte des gegenständlichen Falles.
3.1. In einer ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. die hg. Beschlüsse vom 28. November 2014, Ro 2014/06/0077, und vom 19. Februar 2015, Ro 2015/21/0002, mit weiteren Nachweisen).
In den Zulässigkeitsgründen der Revision bezieht sich der Revisionswerber in diesem Zusammenhang "ergänzend" auf die gegebene "grundsätzliche Verfahrensorganisation (Einheit von Projektverfasser, Gutachter und Behörde), alle organisiert bei der Agrarbehörde" (auch der Bescheidverfasser sei Mitarbeiter der gleichen Abteilung), was "ein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen" verhindere.
Mit diesem Vorbringen wird aber ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht.
3.2. Die vom Revisionswerber gerügte "grundsätzliche Verfahrensorganisation" bezieht sich offenbar auf die Struktur der Behörde (Agrarbehörde) und nicht auf das Verfahren vor dem LVwG. Dass im Verfahren vor dem LVwG kein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt worden wäre, ist den Zulässigkeitsausführungen nicht zu entnehmen.
Sollte der Revisionswerber allenfalls mit seinem Vorbringen die Beiziehung der Amtssachverständigen im Verfahren vor der Behörde auch im Verfahren vor dem LVwG rügen, so übersieht er, dass sich das LVwG mit der Frage der Befangenheit dieser Sachverständigen ausdrücklich befasst und vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 2014, E 707/2014) mit näherer Begründung verneint hat. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist darin nicht zu erkennen.
3.3. Weitere, gesondert dargestellte Gründe für die Zulässigkeit der Revision finden sich in den Zulässigkeitsausführungen nicht.
4. In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 23. April 2015
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