Normen
BauO Wr §7
B-VG Art133 Abs4
DMSG 1923 §1 Abs1
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170
DMSG 1923 §1 Abs5 idF 1999/I/170
DMSG 1923 §1 Abs6 idF 1999/I/170
DMSG 1923 §1 idF 1999/I/170
DMSG 1923 §3 Abs1
DMSG 1923 §3 idF 1999/I/170
MRKZP 01te Art1
StGG Art5
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090184.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einholung eines weiteren Gutachtens die vom Revisionswerber gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17. Oktober 2019, womit (neben einer Vielzahl von Objekten in F) auch Objekte eines näher beschriebenen Gebäudekomplexes, dessen grundbücherlicher Alleineigentümer der Revisionswerber ist, als Teil des Ensembles F im Hinblick auf die „straßenseitige Außenerscheinung samt Durchfahrt des Gebäudekomplexes“ gemäß § 1 Abs. 8 Denkmalschutzgesetz (DMSG) unter Denkmalschutz gestellt wurden, die hinsichtlich dieser Gebäudeteile erhobene Beschwerde abgewiesen und weiters erklärt, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit hier von Relevanz ‑ zusammengefasst aus, es habe als weiteren (gerichtlichen) Sachverständigen Z beiziehen müssen, weil im (behördlichen) Amtssachverständigengutachten nicht dargelegt worden sei, warum der verfahrensgegenständliche Gebäudekomplex Teil des Ensembles F sei. Auch das Privatgutachten des Revisionswerbers befasse sich nicht mit der Bedeutung des Ensembles, sondern nur mit der eigenständigen Bedeutung der gegenständlichen Objekte. Da im Verfahren jedoch die Bedeutung und der Dokumentationswert des Ensembles und in weiterer Folge die Zugehörigkeit der Objekte zum Ensemble eine Rolle spiele, sei mit dem Privatgutachten für den Revisionswerber nichts zu gewinnen.
3 Nach der Auseinandersetzung mit den vorliegenden Gutachten und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verwaltungsgericht im Wesentlichen dem Gutachten des Sachverständigen Z folgend zum Ergebnis gekommen, dass die verfahrensgegenständlichen Objekte im Hinblick auf die straßenseitige Außenerscheinung samt Durchfahrt des Gebäudekomplexes Teil des Denkmalensembles F seien. Eine weitere Einschränkung komme unter Heranziehung der Ausführungen des Sachverständigen Z aus fachlicher Sicht nicht in Betracht. Da es außerdem nur eine unmittelbar am Objekt vorbeiführende Straße und nur eine Durchfahrt gebe, sei der Spruch des bekämpften Bescheides auch hinreichend bestimmt.
4 Die daraufhin erhobene, vorliegende außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Dementsprechend erfolgt nach ständiger Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben. Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007; 25.4.2019, Ra 2019/09/0048).
8 In den gesondert vorzubringenden Gründen ist sohin konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008, mwN).
9 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zunächst mit Ausführungen zur „mangelnde[n] Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides“ und zu einer unzureichenden Konkretisierung der unter Schutz gestellten Teile. Dazu gibt er auch Rechtssätze aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wieder.
10 Wenn der Revisionswerber damit ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung aufzeigen möchte, ist darauf hinzuweisen, dass die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/02/0283). Nach der ständigen und bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat er konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (vgl. VwGH 19.7.2021, Ra 2021/09/0164, mwN). Diesen Anforderungen an die Darlegung der Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird der Revisionswerber mit seinem Vorbringen aber nicht gerecht. Überdies ist dem Revisionswerber entgegenzuhalten, dass sich bereits aus dem Spruch des Bescheides der belangten Behörde ergibt, welche Teile welchen Gebäudes konkret als Teil eines näher bezeichneten Ensembles unter Denkmalschutz gestellt wurden.
11 Soweit der Revisionswerber Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an einen Enteignungsbescheid zitiert und insofern ein Abweichen von dieser Rechtsprechung moniert, mangelt es schon an der Relevanz. Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/09/0157, mwN). In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/09/0030, mwN).
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass es sich bei einer Unterschutzstellung nach dem DMSG nicht um eine Enteignung handelt (vgl. VwGH 20.11.2008, 2007/09/0010, mit Verweis auf VfSlg. 9.189/1981). Vor diesem Hintergrund sind allfällige Anforderungen an einen Enteignungsbescheid für den Revisionsfall nicht von Relevanz. Der Revisionswerber zeigt auch nicht auf, inwiefern diese Rechtsprechung für den Revisionsfall relevant sein sollte und zu welchem anderen Ergebnis die Berücksichtigung der Rechtsprechung im Revisionsfall konkret geführt hätte.
13 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der Revision des Weiteren aus, das Verwaltungsgericht habe den Bebauungsplan der Stadtgemeinde F nicht berücksichtigt. Die Regelungen der Kärntner Bauordnung und des Ortsbildschutzes seien zur Erreichung des Zieles, der Erhaltung des Ensembles F ausreichend geeignet. Das Ignorieren dieses Parteivorbringens komme dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens gleich. Mit diesem Vorbringen legt der Revisionswerber aber nicht dar, welche Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bisher unbeantwortet geblieben, von welcher Rechtsprechung das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll bzw. zeigt er nicht auf, dass widersprüchliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Ein (behauptetes) Abweichen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begründet schon dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zufolge keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 1.6.2021, Ra 2021/09/0100, mwN).
14 In diesem Zusammenhang ist der Revisionswerber außerdem darauf hinzuweisen, dass in Verfahren nach § 1 Abs. 1 DMSG die im öffentlichen Interesse bestehende Erhaltungswürdigkeit ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung des Gegenstandes zu prüfen ist. Baurechtliche Belange sind nicht maßgeblich (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0117, wonach die Erfassung eines Gebäudes in einer Schutzzone gemäß § 7 Wiener Bauordnung [das ist ein wegen seines örtlichen Stadtbildes in seinem äußeren Erscheinungsbild erhaltungswürdiges Gebiet] eine Unterschutzstellung nach § 3 Abs. 1 DMSG wegen des unterschiedlichen Regelungsgehaltes der maßgeblichen Bestimmungen nicht zu ersetzen vermag; vgl. außerdem VwGH 29.4.2011, 2010/09/0230; 30.6.1994, 93/09/0228).
15 Der Revisionswerber weist in der Zulässigkeitsbegründung der Revision darüber hinaus auf „divergierende sachverständige Meinungen“ hin, zitiert Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie das Gericht in einem solchen Fall vorzugehen habe und kommt zum Ergebnis, dass das Verwaltungsgericht diese Anforderungen nicht erfüllt habe.
16 Wie der Revisionswerber zutreffend ausführt, hat das Gericht bei einander widersprechenden Gutachten nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu prüfen, welchem von ihnen höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Dabei hat es jene Gedankengänge aufzuzeigen, die es veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Bei einander widersprechenden Gutachten ist es dem Gericht somit gestattet, sich dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen, es hat aber in der Begründung seiner Entscheidung die Gedankengänge und sachlichen Erwägungen darzulegen, die dafür maßgebend waren, dass es das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat. Wenn das Gericht sich über ein von der Partei beigebrachtes Sachverständigengutachten hinwegsetzt, ist dies daher zu begründen. Der bloße Umstand, dass Sachverständige zu verschiedenen Ergebnissen kommen, macht weder das eine noch das andere Sachverständigengutachten unglaubwürdig (vgl. VwGH 9.5.2019, Ra 2018/02/0187; 20.2.2014, Ro 2014/09/0004, mwN). Anders als der Revisionswerber vermeint, ist das Verwaltungsgericht diesen Anforderungen aber gerecht geworden: Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis ausführlich mit der Beweiswürdigung befasst und ausgeführt, warum es dem Privatgutachten des Revisionswerbers nicht gefolgt ist und sich mit den Einwänden des Revisionswerbers auseinandergesetzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vermag der Revisionswerber daher auch mit diesem Vorbringen nicht aufzuzeigen.
17 Das in diesem Zusammenhang weiters erstattete Vorbringen des Revisionswerbers, das Verwaltungsgericht habe in der Verhandlung erstmals und überraschend das Thema auf die Frage des Ensembleschutzes eingeschränkt, ist schon vor dem Hintergrund des verfahrenseinleitenden Bescheides der belangten Behörde nicht nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung ist außerdem nicht nachvollziehbar, inwiefern das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber „keine ausreichende Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Rechte“ gegeben haben soll.
18 Soweit der Revisionswerber dem Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Besichtigung der Objekte und der fotografischen Dokumentation durch den Sachverständigen Willkür und die „rechtswidrige Erlangung von Beweismitteln“ vorwirft, zeigt er weder eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf noch legt er die Relevanz für das Verfahren dar. Auch hinsichtlich des Vorbringens, das Verwaltungsgericht habe unzulässigerweise das Ensembleunterschutzstellungsverfahren gemeinsam mit dem Unterschutzstellungsverfahren geführt, vermag der Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Für den Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht nachvollziehbar, woraus der Revisionswerber ein solches Verbot ableitet.
19 Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass spätere Veränderungen den Charakter eines Gebäudes als Denkmal für sich allein nicht zu hindern vermögen. Für das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ist nicht wesentlich, ob dieses in allen Details im Originalzustand erhalten ist; entscheidend ist vielmehr, ob dem Denkmal noch Dokumentationscharakter zukommt (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0117, mwN).
20 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 9. September 2021
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