VwGH Ra 2018/10/0103

VwGHRa 2018/10/01038.8.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der Salzburger Landesregierung in 5010 Salzburg, Mozartplatz 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 3. Mai 2018, Zl. 405-9/498/1/6-2018, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Salzburg; mitbeteiligte Partei: Y I in S), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MSG Slbg 2010 §7;
MSG Slbg 2010 §8 Abs1;
MSG Slbg 2010 §8 Abs2;
MSG Slbg 2010 §8 Abs4 Z5 litc;
MSG Slbg 2010 §8;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100103.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Mai 2018 erkannte das Landesverwaltungsgericht Salzburg dem Mitbeteiligten - in teilweiser Stattgebung dessen Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 2018 - eine Geldleistung nach dem Salzburger Mindestsicherungsgesetz - Sbg. MSG für den Monat März 2018 in einer bestimmten Höhe zu, wobei es die Revision für nicht zulässig erklärte.

2 Mit Blick auf die Bestimmungen zum "Einsatz der Arbeitskraft" nach § 8 Sbg. MSG führte das Verwaltungsgericht begründend im Kern aus, dem am 25. Mai 1996 geborenen Mitbeteiligten, der am 1. Februar 2018 bei einem Unternehmen in Salzburg eine Lehre für Elektrotechnik im zeitlichen Ausmaß von über 20 Stunden pro Woche begonnen habe, komme zwar die Ausnahmebestimmung des § 8 Abs. 4 Z 5 lit. c Sbg. MSG nicht zugute, weil er die Lehre nicht bereits vor Abschluss seines Asylverfahrens (am 29. September 2014) begonnen habe.

3 Dennoch könne dem inzwischen knapp 22-jähren Mitbeteiligten nicht vorgeworfen werden, dass sich dieser grundsätzlich weigere, seine "Arbeitskraft in irgendeiner Weise einzusetzen", und dass von diesem daher "keinerlei Beitrag zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes durch eigenes Einkommen geleistet" werde (Hinweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle LGBl. Nr. 124/2017, 123 BlgLT 15. GP, S. 9). Insbesondere habe der Mitbeteiligte glaubhaft dargestellt, dass die primäre Intention des Beginns seiner Lehrausbildung darin gelegen sei, nach deren Abschluss von Hilfeleistungen der öffentlichen Hand unabhängig zu werden. Unter diesen Umständen sei ein "sofortiger gänzlicher Entfall" der Mindestsicherung nach § 8 Abs. 1 und 5 Sbg. MSG "mit dem in den Erläuterungen zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers fallgegenständlich nicht vereinbar und rechtswidrig".

4 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 3. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wenden sich ausschließlich gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung nach § 8 Sbg. MSG.

8 Darin erachtet es die Revisionswerberin als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine Person, die "nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 8 Abs. 4 Sbg. MSG fällt und sich in einer Lehrausbildung befindet, ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einsetzt bzw. ein Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gegeben ist". Es bestehe keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu, ob eine nicht vom Einsatz der Arbeitskraft ex lege entbundene Person, die in einer Lehrausbildung stehe, ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einsetze.

9 Aus verschiedenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 26.9.1995, 94/08/0130, 4.7.2005, 2002/10/0068, und 30.9.2015, Ro 2015/10/0023) könne abgeleitet werden, dass "eine Lehr- bzw. Erwerbsausbildung als Ausbildung zu qualifizieren ist und nicht uneingeschränkt unter die Erwerbstätigkeit subsumiert werden" könne. Diesbezüglich weiche das Verwaltungsgericht von der hg. Rechtsprechung ab.

10 4.1. Vorauszuschicken ist, dass ein Widerspruch zwischen den von der Revisionswerberin zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu erkennen ist, lagen doch jenen Entscheidungen gerade keine Fälle zugrunde, in denen der Hilfesuchende eine Lehrausbildung absolvierte. Auch die von der Revisionswerberin angestrebte Aussage zu Lehrausbildungen lässt sich daher aus der angeführten Rechtsprechung nicht ableiten.

11 4.2. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis - auf nicht zu beanstandende Weise - die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 8 Abs. 4 Z 5 lit. c Sbg. MSG auf den Mitbeteiligten verneint, weil dieser seine Erwerbsausbildung nicht vor Abschluss seines Asylverfahrens begonnen hat. Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht - der Struktur der Bestimmung des § 8 Sbg. MSG entsprechend (vgl. zu dem vergleichbaren Aufbau des § 7 Stmk. MSG das von der Revisionswerberin erwähnte Erkenntnis Ro 2015/10/0023) - die Frage, ob der Mitbeteiligte bereit sei, seine Arbeitskraft im Rahmen seiner Möglichkeiten einzusetzen und sich um eine entsprechende Erwerbstätigkeit zu bemühen, anhand der allgemeinen Bestimmungen des § 8 Abs. 1 und 2 Sbg. MSG - nach denen unter anderem auf die persönliche Situation der Hilfe suchenden Person Rücksicht zu nehmen ist - beurteilt und ist in dem von ihm zu entscheidenden Fall zu dem Schluss gelangt, der Mitbeteiligte komme vorliegend durch die von ihm gewählte Lehrausbildung, durch deren Abschluss er beabsichtige, von Hilfeleistungen der öffentlichen Hand unabhängig zu werden, seiner Verpflichtung zum Einsatz seiner Arbeitskraft nach § 8 Sbg. MSG nach.

12 Vor dem Hintergrund dieser im angefochtenen Erkenntnis auf den Einzelfall bezogenen Beurteilung legt die Revisionswerberin mit den erwähnten Ausführungen keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (zu einzelfallbezogenen Beurteilungen vgl. etwa VwGH 20.1.2017, Ra 2015/03/0062, 24.2.2016, Ra 2016/04/0013 und 20.3.2018, Ra 2018/10/0030, jeweils mwN).

13 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. August 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte