Normen
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 2014 §21;
BauO NÖ 2014 §22 Abs2;
BauO NÖ 2014 §48;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2;
BauO NÖ 2014 §6;
BauRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050016.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/05/0096, mwN).
5 Ferner ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen nicht ausreicht. Ebenso reicht die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen nochmals die oben genannte hg. Entscheidung).
6 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde abgewiesen habe, ohne auf die Beschwerdepunkte im Detail korrekt einzugehen. Dadurch sei der Rechtszug abgeschnitten und das Recht der Revisionswerber auf Parteiengehör verletzt worden. Das Landesverwaltungsgericht habe ausgeführt, sie hätten erstmals in der Beschwerde die Einwendungen hinsichtlich der Beeinträchtigung der Standsicherheit und Trockenheit der Bauwerke vorgebracht, sodass diese Einwendungen zwar grundsätzlich zulässig, aber im Hinblick auf § 22 Abs. 2 NÖ BO 2014 unbeachtlich seien, weil die Einwendungen nicht innerhalb der Frist ausreichend konkretisiert worden seien und die Parteistellung erloschen sei.
7 Die Revisionswerber hätten als Nachbarn im bisherigen Verfahren auf alle Rechtsverletzungen hingewiesen. So sei konkret auf das Hochwassergebiet, die Niveauänderungen und die Verletzung des Parteiengehörs mangels Bauverhandlung eingegangen, "allerdings von der belangten Behörde nicht behandelt" worden. Die gegenständliche Entscheidung widerspreche daher der bisherigen ständigen Rechtsprechung.
8 "Abweichend von der zitierten bisherigen Rechtsprechung" (VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143, VwGH 17.4.2012, 2009/05/0054, VwGH 27.8.2014, 2012/05/0027, und VwGH 24.5.2016, Ra 2016/05/0035) sei im gegenständlichen Fall ein ausreichend konkretisiertes Vorbringen (insbesondere in Hinblick auf die Höhenmaße) erst nach Vorliegen des Vermessungsplanes (Höhenplanes) der Vermessung M. möglich gewesen, der am 23. September 2016 (über Auftrag der Revisionswerber) erstellt worden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt sei definitiv klar gewesen, dass ein nicht unerheblicher Niveauunterschied zwischen dem Baugrundstück und den benachbarten Grundstücken bestehe und "die erwähnten Auswirkungen (Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Rechte)" habe. Das Recht auf Geltendmachung der Einwendungen sei allerdings dadurch bewahrt worden, dass bereits mit Eingabe vom 19. Juni 2016 (damals noch unvertreten) Folgendes dargelegt worden sei: "Leider konnte ich nicht ausreichend prüfen, ob alle Maße im Plan der NÖ Bauordnung entsprechen". Naturgemäß könne eine derartige Prüfung durch Beauftragung einer Vermessung (Höhenmessung) nicht innerhalb einer zweiwöchigen Frist durchgeführt werden. Diese Vermessung sei so schnell als möglich in Auftrag gegeben worden, und der Höhenplan sei am 23. September 2016 vorgelegen, der mit der Beschwerde vorgelegt worden sei. Die Parteistellung sei nicht präkludiert, und es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Parteistellung erlöschen könne, wenn die Einwendungen zwar dem Grunde nach erfolgt seien ("Leider konnte ich nicht ausreichend prüfen, ob alle Maße im Plan der NÖ Bauordnung entsprechen"), aber mangels ausreichend zeitlicher Möglichkeiten nicht weiter hätten konkretisiert werden können. Dabei seien auch die fehlende Manuduktion gemäß § 13a AVG durch die Behörde sowie deren Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit und der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel zu berücksichtigen.
9 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
10 Nach der hg. Judikatur liegt eine Einwendung im Sinne des § 22 Abs. 2 NÖ BO 2014 (bzw. des § 42 Abs. 1 AVG) nur dann vor, wenn das Vorbringen wenigstens die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben erkennen lässt, was bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn ersichtlich sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung als verletzt erachtet. Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren (Präklusion). Wenn von einem Nachbarn nur unzulässige Einwendungen erhoben werden, worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit welchen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei im Gesetz kein Nachbarrecht zuerkannt worden ist, so kommt es daher zum Verlust der Parteistellung (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/05/0107, mwN).
11 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht gegen die Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes, dass die Revisionswerber mit Schreiben vom 9. Juni 2016 (ihnen zugestellt am 13. Juni 2016) von der Baubehörde unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 22 Abs. 2 NÖ BO 2014 aufgefordert worden seien, eventuelle Einwendungen gegen das gegenständliche Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Verständigung zu erheben.
12 Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis brachte der Erstrevisionswerber innerhalb dieser Frist in seiner Eingabe vom 19. Juni 2016 (u.a.) vor, dass er leider nicht ausreichend habe prüfen können, ob alle Maße im Plan der NÖ Bauordnung entsprächen. Die Zweitrevisionswerberin schloss sich diesen Einwendungen mit ihrem (am 24. Juni 2016 bei der Baubehörde eingelangten) Schreiben an und brachte darin im Rahmen einer Fotodokumentation (u.a.) vor, dass auf dem Baugrundstück "vermutlich konsenslose Anschüttungen" vorlägen.
13 Wenn die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung geltend machen, sie hätten konkret auf das Hochwassergebiet hingewiesen, zeigen sie damit schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, weil die Verschlechterung der Situation auf dem Grundstück des Nachbarn im Hochwasserfall nicht zu den in § 48 NÖ BO 2014 aufgezählten Beeinträchtigungen gehört und auch mit einem Vorbringen, dass durch eine Veränderung der Höhenlage des Geländes die natürlichen Abflussverhältnisse zum Nachteil des Grundstücks des Nachbarn geändert würden, kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 geltend gemacht wird, zumal der Hochwasserschutz nicht von der Baubehörde, sondern von der Wasserrechtsbehörde zu gewährleisten ist (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 23.7.2013, 2011/05/0194, mwN). Das genannte Revisionsvorbringen mit dem Hinweis auf eine solche Hochwassergefahr ("Hochwassergebiet") stellt somit keine taugliche Einwendung in einem Bauverfahren dar (vgl. dazu auch VwGH 10.12.2013, 2010/05/0134).
14 Nach ständiger hg. Judikatur kann ein in der Zulässigkeitsbegründung einer Revision behaupteter Verfahrensmangel nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, wobei auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang darzutun ist, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0093, mwN). Mit dem nicht weiter substantiierten Vorbringen, es sei den Revisionswerbern erst nach Vorliegen des Vermessungsplanes (Höhenplanes) möglich gewesen, ein ausreichend konkretisiertes Vorbringen zu erstatten, und diese Vermessung habe nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist (des § 22 Abs. 2 NÖ BO 2014) durchgeführt werden können, legt die Revision schon im Hinblick darauf, dass nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Überprüfung der Höhenlage innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen zwecks Erstattung eines diesbezüglichen Vorbringens im vorliegenden Revisionsfall unmöglich gewesen sei, keine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes im vorgenannten Sinn dar, zumal sie auch nicht darstellt, welches der durch § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 geschützten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in diesem Zusammenhang verletzt worden sei.
15 Entgegen der von den Revisionswerbern vertretenen Auffassung haben sich diese mit dem Vorbringen im Schreiben vom 19. Juni 2016, wonach nicht ausreichend habe geprüft können, ob alle Maße im Plan der NÖ Bauordnung entsprächen, das Recht auf Geltendmachung von Einwendungen nicht "bewahrt" und damit keine Einwendung "dem Grunde nach" erhoben, weil daraus nicht zu erkennen ist, in welchem baurechtlich geschützten subjektivöffentlichen Nachbarrecht sie sich als verletzt erachten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder ein allgemeiner Protest noch ein Vorbehalt, später Einwendungen zu erheben, eine taugliche Einwendung im oben genannten Sinn darstellt (vgl. dazu etwa die in Hengstschläger/Leeb, AVG § 42 Rz 33, zitierte hg. Judikatur).
16 Auch ist nicht ersichtlich, welcher Widerspruch zwischen der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes und den oben genannten, in der Revision zitierten hg. Entscheidungen bestehen soll, zumal in der Zulässigkeitsbegründung eine Darstellung der Vergleichbarkeit zwischen den diesen Entscheidungen zugrunde gelegten Sachverhalten und dem vorliegenden Revisionsfall fehlt und nicht dargelegt wird, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von der in diesen Entscheidungen zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Beurteilung abweicht.
17 Zu welchen Verfahrenshandlungen die Revisionswerber im Rahmen der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG hätten angeleitet werden müssen und welches Vorbringen sie bei Anleitung erstattet hätten, stellt die Revision ebenso nicht dar, sodass bereits deshalb auch diese Verfahrensrüge die Zulässigkeit der Revision nicht begründen kann (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 29.6.2016, Ra 2016/05/0052, 0053, mwN). Abgesehen davon bestand nach der hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 1.8.2017, Ra 2017/06/0003, mwN) auch schon angesichts des unbestritten gebliebenen Hinweises auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen im oben genannten Schreiben vom 9. Juni 2016 in Ansehung der Erhebung von Einwendungen keine weitere Manuduktionspflicht der Behörde.
18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2018
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