VwGH Ra 2017/06/0003

VwGHRa 2017/06/00031.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des A E in V, vertreten durch Dr. Harald Pichler, Rechtsanwalt in 9580 Villach-Drobollach am Faaker See, Seeblickstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 7. September 2016, KLVwG- 8/15/2016, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bausache (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Völkermarkt; mitbeteiligte Partei: D Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH, K; weitere Partei:

Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §14;
AVG §15;
AVG §42;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (LVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde V. vom 23. November 2015, mit welchem die Berufung des Revisionswerbers gegen die mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde V. vom 17. August 2015 der mitbeteiligten Partei erteilte Baubewilligung für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Zur Begründung führte das LVwG aus, der Revisionswerber sei unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG ordnungsgemäß zur mündlichen Bauverhandlung geladen worden und habe an dieser (wenn auch nicht bis zum Schluss) teilgenommen. Unstrittig sei ferner, dass der Revisionswerber vor der Verhandlung keine Einwendungen erhoben habe und in der Verhandlungsschrift vom 22. April 2015 auch keine Einwendungen des Revisionswerbers festgehalten worden seien. Gemäß § 15 AVG liefere eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift, soweit nicht dagegen Einwendungen erhoben worden seien, über den Verlauf und den Gegenstand der betroffenen Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges sei zulässig. Gegenständlich sei dem Revisionswerber dieser Gegenbeweis nicht gelungen (wird unter Auseinandersetzung mit den Aussagen der vernommenen Zeugen näher dargelegt). Angesichts des unbestritten gebliebenen Hinweises auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen in der Kundmachung zur mündlichen Verhandlung habe entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf den Beschluss vom 29. Jänner 2016, Ra 2015/06/0124, sowie die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 13a Rz 6 zitierte Judikatur) in Ansehung der Erhebung von Einwendungen keine weitere Manuduktionspflicht der Behörde bestanden. Die Zurückweisung der Berufung des Revisionswerbers sei daher zu Recht erfolgt.

6 In den zur Zulässigkeit vorgetragenen Gründen bringt der Revisionswerber vor, die vom LVwG angeführte Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Die Verhandlungsleiterin habe es nicht nur an der Wahrnehmung ihrer Manuduktionspflicht fehlen lassen, sie habe den Revisionswerber vielmehr mit dem Hinweis, dass ein Verlassen der Verhandlung kein Problem sei, falsch angeleitet. Sie habe es in weiterer Folge unterlassen, sowohl das Verlassen der Verhandlung durch den Revisionswerber zu protokollieren als auch zumindest nachzufragen, ob er mit dem Projekt einverstanden sei. Es gehe um die Thematik, dass eine Partei mit dem irreführenden Hinweis zum Verlassen einer Verhandlung bewegt worden sei, seine Einwendungen würden ohnehin berücksichtigt werden.

7 Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung können nicht nur solche des materiellen, sondern auch des Verfahrensrechtes sein. Eine solche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen. Dies setzt voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt, wovon in Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden kann, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird (vgl. den vom LVwG zitierten hg. Beschluss vom 29. Jänner 2016, Ra 2015/06/0124).

8 Die Revision zeigt mit ihren gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstatteten Ausführungen die Relevanz des behaupteten Mangels für den Verfahrensausgang jedoch nicht auf. Zunächst besteht der hg. Judikatur zufolge angesichts des unbestritten gebliebenen Hinweises auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen in der Kundmachung zur mündlichen Verhandlung in Ansehung der Erhebung von Einwendungen keine weitere Manuduktionspflicht der Behörde (vgl. neben der vom LVwG angeführten Rechtsprechung auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) § 13a E 21 und 22). Davon abgesehen liefert gemäß § 15 AVG, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Fallbezogen sind Einwendungen des Revisionswerbers weder protokolliert, noch wird behauptet, der Revisionswerber hätte Einwendungen im Sinne des § 42 AVG erhoben. Ebenso wenig hat der Revisionswerber behauptet, die Verhandlungsschrift vom 22. April 2015 entspreche nicht den Formvorschriften des § 14 AVG. Diese liefert somit, wie vom LVwG angenommen, vollen Beweis über deren Verlauf und Gegenstand. Dessen ungeachtet bleibt gemäß § 15 letzter Satz AVG der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des in der Niederschrift bezeugten Vorganges zulässig. Dieser Gegenbeweis ist dem Revisionswerber nicht gelungen. Dass das LVwG die diesbezügliche Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen habe (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2014, Ra 2014/08/0058, mwN), wird fallbezogen nicht vorgebracht. Das LVwG hat mit dem angefochtenen Erkenntnis weder die Rechtslage verkannt noch ist es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Vor diesem Hintergrund zeigt das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

9 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. August 2017

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