Normen
NAG 2005 §63 Abs3
NAG 2005 §64
NAG 2005 §64 Abs3
NAGDV 2005 §8 Z8 litb
UniversitätsG 2002 §63
UniversitätsG 2002 §74 Abs6
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017220087.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 2016, mit dem der Antrag des Revisionswerbers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom 20. Juni 2016 auf Verlängerung seiner - ihm erstmals ab dem 24. Juni 2014 erteilten und zuletzt bis zum 25. Juni 2016 verlängerten - Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG, in der fallbezogen maßgeblichen Fassung vor BGBl. I Nr. 56/2018) abgewiesen wurde.
2.2. Das Verwaltungsgericht führte begründend aus, der Revisionswerber sei seit April 2014 zum Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten gemeldet. Für die Ablegung der Ergänzungsprüfung Deutsch seien ihm zunächst drei (später vier) Semester zugebilligt worden, zuletzt sei ihm ein fünftes Semester genehmigt worden. Der Revisionswerber habe jedoch einen entsprechenden Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr 2015/2016 und auch späterhin nicht nachgewiesen. Das im Februar 2017 bei einem externen Institut erworbene allgemeine Sprachdiplom (ÖSD) auf B2-Niveau sei außerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraums erlangt worden und stelle keine studienrechtlich relevante Prüfungsleistung im Rahmen des Vorstudienlehrgangs dar. Was die Erkrankung des Revisionswerbers (Depression, Konzentrationsschwäche) betreffe, so sei damit kein unabwendbarer oder unvorhersehbarer Grund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG geltend gemacht worden. Das diesbezügliche Vorbringen sei unsubstanziiert; Beginn, Dauer und Symptome der Krankheit seien nicht näher dargelegt und glaubhafte Bescheinigungsmittel nicht vorgelegt worden. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum der Revisionswerber bei einer bescheinigten Erkrankung im Wintersemester 2015 die Ergänzungsprüfung bis zuletzt nicht habe ablegen können. Es sei daher von keinem bloß vorübergehenden Ereignis, sondern einer (länger) andauernden Krankheit auszugehen, die keinen beachtlichen Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG darstelle.
2.3. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, in der keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird.
4.1. Der Revisionswerber macht einerseits geltend, das Verwaltungsgericht sei von einer (länger) andauernden Erkrankung ausgegangen, nach den Feststellungen sei eine solche jedoch nicht vorgelegen (der Fall unterscheide sich insofern vom zitierten Erkenntnis VwGH 3.10.2013, 2012/22/0048). Zu der Frage, ob (wie hier) auch eine kurzfristige psychische Beeinträchtigung im Zusammenhang mit diversen "positiven" Aspekten (laufende Teilnahme an Sprachkursen, wiederholte Prüfungsantritte, Ablegung einer externen Deutschprüfung etc.) einen beachtlichen Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG darstelle, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
4.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, kann von einem unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG dann nicht die Rede sein, wenn der Hinderungsgrund dauerhaft ist (vgl. VwGH 9.11.2011, 2010/22/0138). Ist es nämlich einem Fremden wegen einer fehlenden geistigen und/oder körperlichen Voraussetzung nicht möglich, ein Studium erfolgreich zu betreiben, so kann dies nicht als Hinderungsgrund im Sinn der genannten Bestimmung gewertet werden (vgl. VwGH 13.9.2011, 2010/22/0036; 13.10.2011, 2009/22/0305).
4.3. Vorliegend ist das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gelangt, dass die vom Revisionswerber geltend gemachte Erkrankung als dauerhaft zu erachten sei und diese daher keinen beachtlichen Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG darstelle. Das Verwaltungsgericht stützte sich dabei einerseits auf die ärztliche Bestätigung vom 16. Dezember 2016, der zufolge der Revisionswerber an einer Depression leide und deshalb (schon) "am Wintersemester 2015 nicht teilnehmen und Prüfungen ablegen" habe können. Andererseits bezog es sich auf die ärztliche Bestätigung vom 13. Dezember 2016, der zufolge der Revisionswerber (auch aktuell bzw. weiterhin) an einer Depression mit Schlafstörung und mangelnder Konzentration leide. Aus beiden Bestätigungen folgerte das Verwaltungsgericht - nicht unvertretbar -, dass offenkundig von einer (länger) andauernden Erkrankung auszugehen sei. Gegenteiliges wurde auch vom Revisionswerber - der das Bestehen eines (bloß) vorübergehenden Hinderungsgrundes im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen hat (vgl. VwGH 13.12.2018, Ro 2017/22/0007) - nicht dargetan und ist fallbezogen im Hinblick darauf, dass der Revisionswerber seit dem Beginn des Studiums (Vorstudienlehrgangs) in Österreich vor mehreren Jahren keinerlei Studienerfolg nachweisen kann, auch nicht zu sehen (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0182; 13.10.2011, 2010/22/0076); daran vermögen die vom Revisionswerber hervorgekehrten "positiven" Aspekte nichts zu ändern.
4.4. Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts weicht - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - auch nicht von der (von ihm angeführten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ab. Insbesondere ist kein Widerspruch zum Erkenntnis VwGH 2012/22/0048 zu sehen, ist doch nach dem Vorgesagten auch im hier gegenständlichen Fall von einer (länger) andauernden Erkrankung auszugehen. Im Übrigen ist aus der Rechtsprechung keineswegs abzuleiten, dass - wie der Revisionswerber offenbar meint - eine dauerhafte Verhinderung erst bei einer Erkrankung ab ungefähr zweijähriger Dauer (wie im Sachverhalt zu VwGH 2012/22/0048) anzunehmen wäre. Vielmehr wurden in der Judikatur auch kürzere Zeiträume als dauerhaft erachtet (vgl. die Sachverhalte zu VwGH 13.12.2011, 2011/22/0274; 22.3.2018, Ra 2017/22/0070; (neuerlich) 2010/22/0138).
5.1. Der Revisionswerber macht andererseits geltend, die zuweisende Universität habe ihn zuletzt für ein weiteres Semester zum Vorstudienlehrgang zugelassen, Voraussetzung hierfür sei das Vorliegen eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses (nämlich seine Erkrankung) gewesen. Da die Kriterien für die Genehmigung des weiteren Semesters im Wesentlichen dieselben (gewesen) seien wie für die Annahme eines beachtlichen Hinderungsgrundes im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG, wäre das Verwaltungsgericht an die Beurteilung dieser Frage durch die Universität gebunden gewesen. Auch dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die universitätsrechtliche Genehmigung der Verlängerung eines Vorstudienlehrgangs durch Zulassung zu einem weiteren Semester - auch wenn dies Anhaltspunkte für einen der Zulassung zugrunde liegenden Studienerfolg liefern kann - für sich allein noch keinen Nachweis über einen Studienerfolg in einem bestimmten (erforderlichen) Ausmaß darstellt. Durch die Zulassung wurde zwar die Erfüllung der Bedingungen für das weitere Studium bestätigt, was aber keinen Nachweis über die Erbringung von universitären Leistungen in einem bestimmten Ausmaß darstellt. Eine Bindungswirkung für die Niederlassungsbehörde bei der Beurteilung des Vorliegens eines Studienerfolgsnachweises an die Entscheidung der Universität über die (weitere) Zulassung zum Studium bzw. Vorstudienlehrgang ist daher nicht gegeben. Vielmehr stellen die Prüfung der universitätsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen und die des Studienerfolgsnachweises nach dem NAG voneinander zu unterscheidende Beurteilungen dar (vgl. VwGH 25.10.2017, Ro 2017/22/0006; 23.5.2018, Ra 2017/22/0109).
5.3. Nach dem Vorgesagten ist daher (auch) die weitere vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits geklärt. Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht mit dieser ständigen Judikatur im Einklang.
6. Insgesamt werden daher - in der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen gesonderten Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2015/22/0147) - keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juli 2019
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