VwGH 2010/22/0076

VwGH2010/22/007613.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Z in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 26. März 2010, Zl. 319.649/2-III/4/10, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §20 Abs2;
NAG 2005 §24 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;
UniversitätsG 2002 §52;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2010220076.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines bosnischen Staatsangehörigen, vom 9. Oktober 2009 auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zuletzt im Besitz eines vom 10. Oktober 2008 bis 10. Oktober 2009 gültigen Aufenthaltstitels "Studierender" gewesen sei. Ihm sei erstmals im Jahr 2004 eine Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck erteilt worden. Er habe seit Aufnahme des Studiums am 23. Februar 2004 noch nie einen ausreichenden Studienerfolg von 16 ECTS-Punkten bzw. acht Semesterstunden erbracht. Für den Verlängerungsantrag vom 9. Oktober 2009 wäre als Nachweis der "erfolgten" Prüfungen das "Schuljahr" von Herbst 2008 bis Herbst 2009 heranzuziehen. In dieser Zeit habe der Beschwerdeführer jedoch nur eine Prüfung am 5. August 2009 mit zwei ECTS-Punkten bzw. zwei Semesterstunden nachgewiesen. Mit der Berufung habe er weitere Zeugnisse vorgelegt. Diese seien jedoch bereits dem neuen Studienjahr ab Herbst 2009 zuzurechnen. Im Übrigen wäre damit kein Nachweis von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten erbracht worden.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen zu sein, den Studienerfolg zu erbringen. Er würde seit der Geburt an einem Sprachfehler leiden und aus diesem Grund stottern.

Der Beschwerdeführer sei jedoch bereits seit dem Jahr 2004 im Besitz von Aufenthaltsbewilligungen und es sei bisher kein Studienerfolg nachgewiesen worden. Somit sei die erstinstanzliche Behörde schon in den letzten Jahren sehr großzügig gewesen. Beim Sprachfehler handle es sich nicht um ein unabwendbares oder gar unvorhergesehenes Ereignis im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG. Es fehle somit an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung und es dürfe dem Beschwerdeführer kein weiterer Aufenthaltstitel zum Zweck "Studierender" erteilt werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

§ 64 NAG lautet in der Stammfassung:

"Studierende

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

  1. 1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
  2. 2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität durchführen und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

    Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die behördlichen Feststellungen. Er bringt vor, dass er im Studienjahr 2009/10 bereits Prüfungen im Ausmaß von acht Semesterwochenstunden sowie neun ECTS-Anrechnungspunkten abgelegt habe. Damit habe er bereits einen Studienerfolg im Sinn des § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz erbracht. § 64 Abs. 3 NAG lege nicht fest, dass der ausreichende Studienerfolg bereits im vergangenen Studienjahr zu erbringen gewesen sei. Ob der Erfolg im derzeit laufenden Studienjahr oder bereits im vergangenen Studienjahr erbracht worden sei, sei nach § 64 Abs. 3 NAG unerheblich.

Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Der Beschwerdeführer verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit bis 10. Oktober 2009. Angesichts des maßgeblichen Zeitpunktes der Bescheiderlassung am 1. April 2010 war somit der Studienerfolg im Studienjahr 2008/09 nachzuweisen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist nämlich das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, 2010/21/0125, und dem folgend jenes vom 13. September 2011, 2010/22/0036).

Der Beschwerdeführer bringt an sich zutreffend vor, dass ein etwaiger fehlender Studienerfolg in früheren Studienjahren nicht die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages rechtfertigen könne. Andererseits vermag der Beschwerdeführer aus der wiederholten Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung trotz fehlenden Studienerfolgs kein Recht auf eine weitere Verlängerung abzuleiten.

Auch mit dem Hinweis auf seine Sprachprobleme zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Der Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen (vgl. etwa zuletzt das bereits zitierte Erkenntnis 2010/22/0036), dass von einem "unabwendbaren oder unvorhersehbaren" Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG dann nicht die Rede sein kann, wenn dieser Hinderungsgrund dauerhaft ist und der Fremde seit Beginn des Studiums in Österreich keinen Studienerfolg nachweisen könne.

Die belangte Behörde versagte somit zu Recht die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Studiums.

Eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK ist bei Fehlen der besonderen Erteilungsvoraussetzung des Studienerfolgs entbehrlich (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis 2010/22/0036).

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat -

als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 13. Oktober 2011

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