VwGH Ra 2017/17/0647

VwGHRa 2017/17/06476.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1. der U s.r.o., 2. des P B und 3. der K GmbH, alle vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22. März 2017, VGW- 002/069/13016/2016-24, VGW-002/069/13017/2016, VGW- 002/069/615/2017 und VGW-002/V/069/616/2017, betreffend Beschlagnahme, Einziehung und Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

GSpG 1989 §52;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §54 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170647.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Soweit die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zur Einstellung von Verwaltungsstrafverfahren", "zum Vorliegen eines Verdachts", bzw. "zur Zulässigkeit einer Beschlagnahme" im Zusammenhang mit der Einstufung des gegenständlichen Spieles als Glücksspiel behaupten, ist dem zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht vorliegend den Funktionsablauf der Geräte ausreichend feststellte und diese in nicht zu beanstandender Weise als Glücksspielgeräte qualifizierte. Weshalb ein Überwiegen des Zufalls bei den gegenständlichen Geräten nicht vorliegen sollte, zeigen die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auf; eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht vor.

5 Ebenso wenig ist den revisionswerbenden Parteien darin zu folgen, dass das angefochtene Erkenntnis von der "ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Verschulden" abgewichen sei. Beim Einwand, das Verwaltungsgericht sei zur Unrecht von einem Verschulden des Zweitrevisionswerbers ausgegangen, handelt es sich hier um eine Frage der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als reine Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. für viele etwa VwGH 22.6.2017, Ra 2016/17/0109, mwN). Aus welchem Grund im konkreten Fall die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, legt die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen nicht dar.

6 Soweit zur Revisionszulässigkeit weiters vorgebracht wird, auf die verfahrensgegenständlichen Geräte wäre § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG anstatt Z 1 leg. cit. anzuwenden gewesen, wird damit schon insofern keine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, aufgeworfen, weil es die revisionswerbenden Parteien unterlassen, mit diesem Vorbringen einen Bezug zum konkreten Sachverhalt darzustellen und damit nicht aufzeigen, welche konkrete Rechtsfrage sich in diesem Zusammenhang im Revisionsfall stellen und inwieweit das Schicksal der Revision von der aufgeworfenen Frage abhängen sollte (vgl. für viele z. B. VwGH 4.7.2018, Ra 2017/10/0007, mwN).

7 In Bezug auf das Zulässigkeitsvorbringen zur Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen des § 44a VStG ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass Revisionswerber, die eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes behaupten, konkret anzuführen haben, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen (vgl. für viele etwa VwGH 30.7.2018, Ra 2017/02/0165, mwN). Dass der Zweitrevisionswerber im konkreten Fall seine Verteidigungsrechte nicht wahrnehmen hätte können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.

8 Hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Beweisanträgen ab, ist auszuführen, dass, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (z.B. VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0005). Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.

9 Wenn die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung weiters der Bestimmung des § 54 Abs. 2 GSpG, wonach die Einziehung "mit selbständigem Bescheid" zu verfügen ist, die Bedeutung bemisst, dass mit dem Einziehungsbescheid nicht auch die Beschlagnahme dieser Eingriffsgegenstände ausgesprochen werden dürfe, übersieht sie dabei, dass durch die Verwendung des Wortes "selbständig" lediglich die Unabhängigkeit der Einziehung vom Ausgang von allfälligen damit im Zusammenhang stehenden Strafverfahren zum Ausdruck gebracht wird. Dass in dem Bescheid, mit dem die Einziehung verfügt wird, keine anderen behördlichen Anordnungen enthalten sein dürfen, lässt sich daraus hingegen nicht schließen (vgl. VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN). Hinsichtlich einer insofern behaupteten Abweichung "von der Rechtsprechung des VwGH" unterlässt es die Revision in diesem Zusammenhang abermals, anzugeben, von welcher (nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und inwiefern bezogen darauf eine Abweichung bestehen soll. Damit ist auch diesbezüglich die Begründung der Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. z.B. nochmals VwGH 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN).

10 Zum Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich der Kohärenzprüfung und "Prüfung der Unionsrechtswidrigkeit" ist schließlich festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff, sowie 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

11 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55).

12 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 6. September 2018

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