VwGH Ra 2018/09/0005

VwGHRa 2018/09/000525.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und Hofrat Dr. Doblinger sowie Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des R A in F, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG 30.17-2595/2016-8, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:

Normen

12010E049 AEUV Art49;
12010E056 AEUV Art56;
12010E267 AEUV Art267;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §2 Abs2;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090005.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 10. August 2016 wurde der Revisionswerber als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten GmbH der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 Abs. 1 VStG für schuldig erkannt und über ihn drei Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 2.000,- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen jeweils in Höhe von 40 Tagen) verhängt, weil diese GmbH als Veranstalter mit drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen, in Form von sog. Walzenspielen, veranstaltet habe.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 40 Stunden reduziert wurden. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision unzulässig sei.

3 Die revisionswerbende Partei erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Oktober 2017, E 3277/2017-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zum Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit und zur Kohärenzprüfung ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung im Revisionsfall jedenfalls im Ergebnis nicht abgewichen. Das Zulassungsvorbringen zeigt nichts auf, was diesbezüglich zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Die angefochtene Entscheidung steht entgegen diesem Vorbringen nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/2.

8 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (VwGH 5.10.2017, Ra 2017/17/0767).

9 Weiters setzt die Zulässigkeit der Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage bezogen auf die vom EuGH als erforderlich angesehene Gesamtwürdigung zu gelangen (vgl. VwGH 29.12.2017, Ra 2017/17/0893, mwN).

10 Mit dem Vorbringen einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs, zum Überraschungsverbot, zur Aktenwidrigkeit und zum Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz, zeigt der Revisionswerber eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne der oben dargestellten hg. Rechtsprechung nicht auf.

11 Hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das Verwaltungsgericht weiche von der hg. Rechtsprechung zu Beweisanträgen ab, ist auszuführen, dass ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 23.6.2017, Ra 2016/08/0141). Das Verwaltungsgericht setzt sich im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich mit der Funktionsweise der Geräte auseinander, weshalb eine derart krasse Fehlbeurteilung nicht ersichtlich ist. Außerdem hat der Revisionswerber es unterlassen, in der Revision konkret aufzuzeigen, zu welchen anderen Feststellungen die Befragung der Beamten, die die Bespielung der Geräte durchgeführt haben, geführt hätte und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist somit nicht ersichtlich (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/17/0267).

12 Bezüglich des Revisionsvorbringens, das Erkenntnis weiche von den gesetzlichen Vorgaben zur Einstellung von Verwaltungsstrafverfahren ab, ist darauf hinzuweisen, dass damit die Begründung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, schon weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung und inwiefern bezogen darauf das angefochtene Erkenntnis nach Ansicht des Revisionswerbers abweichen soll (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0050).

13 Die Revision weist überdies darauf hin, die Entscheidung weiche von der Rechtsprechung zur Unterscheidung von Zufall und Geschick ab, sodass die Bestrafung unzulässig gewesen wäre. Die Qualifikation der angebotenen Spiele hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; eine diesbezügliche Feststellung obliegt dem Verwaltungsgericht. Entgegen den Revisionsausführungen hat das Verwaltungsgericht Feststellungen zum Spielablauf getroffen. Die in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit wird in der Revision nicht näher dargestellt und bleibt somit unsubstanziiert. Insofern sich die Revisionsausführungen in der Folge vom festgestellten Sachverhalt entfernen, kann bereits schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 30.11.2017, Ra 2017/08/0083, mwN).

14 Die Revision rügt überdies, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, ohne darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass der Revisionswerber seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können und er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0787-0788, mwN).

15 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

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