VwGH Ra 2017/09/0012

VwGHRa 2017/09/001225.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die außerordentliche Revision der O M in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner, Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Börsegasse 9/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 27. Dezember 2016, VGW- 041/073/10042/2016-28, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7.Bezirk), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
EMRK Art6;
VStG §19;
VStG §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwGVG 2014 §38;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 27. Juni 2016 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, sie habe (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof)

"als Arbeitgeberin entgegen § 3 AuslBG am 28.12.2015 um 16:05 Uhr in 1060 Wien, Naschmarkt Stand (...),

1) den Ausländer SI, geboren am (...), ukrainischer Staatsbürger, als Verkäufer (wurde bei der Kontrolle mit grüner Schürze hinter der Theke angetroffen), und

2) die Ausländerin ZN, geboren am (...), ukrainische Staatsbürgerin, als Angestellte (wurde bei der Kontrolle hinter der Theke angetroffen)

beschäftigt",

obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Sie habe dadurch jeweils § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 AuslBG verletzt und es wurden über sie zwei Geldstrafen von je EUR 5.000,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen von je vier Tagen und acht Stunden verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte das Straferkenntnis. Es sprach aus, dass eine "ordentliche" Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Begründend gab das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensverlaufs und der Aussage einvernommener Personen im Rahmen eigener Erwägungen zunächst maßgebliche gesetzliche Bestimmungen wieder und führte anschließend weiter aus, die beiden verfahrensgegenständlichen Personen seien "hinter der Theke bzw. in deren Eingangsbereich" gewesen, der Mann habe eine grüne Schürze getragen, die er im Laufe der Kontrolle abgelegt habe. Die Revisionswerberin habe gegenüber den Kontrollorganen angegeben, die beiden verfahrensgegenständlichen Personen würden nur helfen, nicht arbeiten, wobei der Unterschied darin bestehe, für Helfen Trinken bzw. Essen und für Arbeit Geld zu erhalten.

4 Im Rahmen weiterer Ausführungen hielt das Verwaltungsgericht ferner fest, dass nicht bestritten worden sei, dass sich die verfahrensgegenständlichen Personen "hinter der bzw. im Eingangsbereich zur Theke befunden" hätten. Dieser Bereich des Lokals sei zweifelsfrei eine Betriebsstätte im Sinn des § 28 Abs. 7 AuslBG. Dass sich die beiden - wie in der Beschwerde vorgebracht - zwanglos im Lokal aufgehalten bzw. verteilt hätten, um Gespräche auf Russisch zu führen, sei nicht anzunehmen. Zum einen hielten sich Betriebsfremde üblicherweise nicht hinter Theken auf, zum anderen habe die Revisionswerberin selbst gegenüber den Kontrollorganen angegeben, die beiden hätten geholfen und dafür Kost erhalten. Naturalentgelt wie zum Beispiel freie Kost und Unterkunft komme als Entgelt in Frage (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. August 2001, 2001/09/0032). Auch der Umstand, dass eine Person zunächst eine grüne Schürze umgebunden gehabt habe, die sie im Laufe der Kontrolle abgelegt und nicht mitgenommen habe, als sie von der Polizei zur Feststellung der Identität mitgenommen worden sei, spreche dafür, dass diese Schürze von der Revisionswerberin für die Hilfstätigkeit im Lokal zur Verfügung gestellt worden sei, und sie nicht dieser Person gehört habe. Es seien somit Hilfstätigkeiten im Gastgewerbe, die geldwerte Arbeitsleistungen darstellten, einer geldwerten Zurverfügungstellung von freier Kost gegenübergestanden, weshalb ein Synallagma anzunehmen sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Mai 2008, 2007/09/0238). Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass wenn es sich bei der Tätigkeit der Ausländer nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um einfache manipulative Tätigkeiten handle, dies auf eine Stellung als Arbeitnehmer hindeute. Eine derartige Tätigkeit in einem Gastgewerbebetrieb für Kost und Logis könne als Beschäftigung im Sinn des AuslBG angesehen werden.

5 Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der dabei erhobenen Beweisergebnisse in Verbindung mit § 28 Abs. 7 AuslBG nehme es das Verwaltungsgericht Wien als erwiesen an, dass die beiden verfahrensgegenständlichen Personen am Tattag in dem Unternehmen der Revisionswerberin beschäftigt gewesen und deren Verwendung nach dem ASVG anmeldepflichtig gewesen sei. Dass keine unberechtigte Beschäftigung dieser Ausländer vorgelegen habe, hätte die Revisionswerberin glaubhaft machen müssen. Glaubhaft machen bedeute im Zusammenhang mit § 28 Abs. 7 AuslBG, dass der Beschuldigte eine plausible Erklärung dafür anzubieten und diese durch Beweismittel zu unterlegen habe, dass das Verhalten, bei dem der ausländische Staatsbürger beobachtet worden sei, in rechtlicher Beurteilung keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG darstelle. Gegenständlich seien "die beiden Damen" in einer Betriebsstätte der Revisionswerberin angetroffen worden. Die Glaubhaftmachung sei der Revisionswerberin nicht gelungen. Mit der Beschäftigung von Personen gehe die Pflicht einher, diese zur Sozialversicherung anzumelden.

6 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht aus, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Revisionswerberin seien auf Grund der Angaben in der mündlichen Verhandlung als durchschnittlich zu werten. Sie sei zum Tatzeitpunkt wegen der unberechtigten Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte vorbestraft gewesen, weshalb der zweite Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG mit einem Strafrahmen von EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,--

je unberechtigt beschäftigtem Ausländer zum Tragen komme. Die Revisionswerberin weise weitere nicht einschlägige verwaltungsrechtliche Vorstrafen auf. Milderungs- und Erschwerungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Bei der Strafbemessung seien auch general- und spezialpräventive Erwägungen zu berücksichtigen gewesen, nämlich insbesondere, dass die Revisionswerberin wie auch andere Beschäftiger ausländischer Arbeitskräfte von der Begehung gleichgelagerter Übertretungen abgehalten werden sollten. Da sich die Revisionswerberin weder kooperativ noch bemüht gezeigt habe, seien weitere (einschlägige) Übertretungen zu erwarten. Die Strafhöhe solle der Revisionswerberin vor Augen führen, dass sie bei Ausübung des Gastgewerbes eine entsprechende Sorgfalt an den Tag zu legen habe und welche Folgen für den Fall der Missachtung der gegenständlichen Vorschriften drohten. Auch generalpräventiv sei eine derartige Strafe erforderlich, um auch anderen deutlich vor Augen zu führen, dass gehäufte Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz letztendlich zu hohen Strafen führten. Unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erweise sich daher die von der Behörde verhängte Geldstrafe von je EUR 5.000,-- als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, liege sie doch angesichts des Strafrahmens noch im unteren Bereich.

7 Die Unzulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

8 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten durch das Verwaltungsgericht - die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand genommen - erwogen:

9 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der Revision wird unter diesem Gesichtspunkt zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das Verwaltungsgericht hätte die Rechtsvermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG hier nicht anwenden dürfen, weil es von einander ausschließenden Alternativmöglichkeiten "hinter der bzw. im Eingangsbereich zur Theke" als Aufenthaltsort der Ausländer ausgegangen sei. Nach dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Grundsatz "in dubio pro reo" wäre davon auszugehen gewesen, dass sich die Ausländer "im Eingangsbereich zur Theke" befunden hätten. Dabei handle es sich jedoch nicht um die von § 28 Abs. 7 AuslBG verlangten "Betriebsräume, Arbeitsplätze oder auswärtige Arbeitsstellen eines Unternehmens". Der Eingangsbereich liege begrifflich noch im Gastraum und sei somit auch Gästen frei zugänglich. Das Verwaltungsgericht hätte daher keine Beweislastumkehr zu Lasten der Revisionswerberin annehmen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2008, 2007/09/0238, klargestellt, dass die Rechtsvermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG in derartigen Fallkonstellationen (nur) dann greife, wenn die Personen in dem "dem bedienenden Personal vorbehaltenen Bereich hinter der Schank" angetroffen würden.

12 Die Revision ist aus den angeführten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt:

13 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl Nr. 218/1975, § 2 in der Fassung BGBl I Nr. 101/2005, § 3 und § 28 in der Fassung BGBl I Nr. 72/2013, lauten (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

...

Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige ‚Rot-Weiß-Rot - Karte', ‚Blaue Karte EU' oder ‚Aufenthaltsbewilligung - Künstler' oder eine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus', eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus', einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger' oder ‚Daueraufenthalt - EU' besitzt.

...

Strafbestimmungen

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige ‚Rot-Weiß-Rot - Karte', ‚Blaue Karte EU' oder ‚Aufenthaltsbewilligung - Künstler' oder keine ‚Rot-Weiß-Rot - Karte plus', keine ‚Aufenthaltsberechtigung plus', keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger' oder ‚Daueraufenthalt - EU' besitzt, oder

  1. b) ...
  2. c) ...,

    bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro;

    ...

(7) Wird ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt."

14 Im vorliegenden Fall ist bereits die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses derart mangelhaft, dass dies zur Aufhebung zu führen hatte:

15 Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens wiederstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. das Erkenntnis vom 14. September 2016, Ra 2015/08/0145, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076, mwN).

16 Den unter diesen Gesichtspunkten ununterscheidbaren Erwägungen im angefochtenen Erkenntnis ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, welche - (zweckmäßiger Weise) im Indikativ abzufassenden - Tatsachenfeststellungen, die auf Basis welcher Beweiswürdigung getroffen wurden, das Verwaltungsgericht einer rechtlichen Beurteilung unterzog.

17 Selbst wenn man jedoch annähme, das Verwaltungsgericht sei auf Tatsachenebene davon ausgegangen, die beiden verfahrensgegenständlichen Ausländer hätten sich "hinter der Theke bzw. in deren Eingangsbereich" aufgehalten, lässt sich die vom Verwaltungsgericht getroffene rechtliche Beurteilung darauf nicht gründen. Das Verwaltungsgericht folgerte daraus nämlich offenbar rechtlich, dieser Bereich des Lokals sei "zweifelsfrei eine Betriebsstätte im Sinne des § 28 Abs. 7 AuslBG". Davon ausgehend vermeinte es im Zusammenhang mit § 28 Abs. 7 AuslBG hätte die Revisionswerberin glaubhaft machen müssen, dass keine unberechtigte Beschäftigung dieser Ausländer vorgelegen wäre.

18 Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach mit Sachverhalten wie dem vorliegenden zu beschäftigen. So wurde im Erkenntnis vom 15. Mai 2008, 2007/09/0238, die Anwendung des § 28 Abs. 7 AuslBG, wonach mangels entgegenstehender Glaubhaftmachung vom Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung auszugehen ist, wenn Ausländer in einem Betrieb in Betriebsräumen (oder Teilen eines solchen) angetroffen werden, die Betriebsfremden im Allgemeinen nicht zugänglich sind, als zutreffend beurteilt und festgehalten, dass dazu in einem Gastraum auch jener dem bedienenden Personal vorbehaltene Bereich hinter der Schank gehört. Auch im Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, 2007/09/0295, wurde ausgehend davon, dass im dort zu beurteilenden Fall außer Streit stand, dass die Ausländerin im Betrieb des Beschwerdeführers "hinter der Theke" angetroffen wurde (und ihre Handtasche nach den behördlichen Feststellungen in einem nur über die Theke erreichbaren Hinterraum verwahrt war), die Anwendung des § 28 Abs. 7 AuslBG als nicht unrichtig qualifiziert, weil der dem bedienenden Personal vorbehaltene Bereich hinter der Schank in einem Gastraum einen (Betriebs‑)Bereich darstellt, der Betriebsfremden im Allgemeinen nicht zugänglich ist. Nach dem im Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, 2011/09/0161, zu beurteilenden Sachverhalt wurden ein Ausländer hinter der Theke und ein weiterer in der Küche des Lokals angetroffen. Da beide Orte im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, wurde auch in diesem Fall die Anwendung des § 28 Abs. 7 AuslBG als nicht rechtswidrig erkannt. (Siehe zur Anwesenheit des Ausländers in der Küche eines Lokals zudem etwa das Erkenntnis vom 27. März 2003, 2000/09/0194.)

Zur Betretung in einer Betriebsstätte muss daher notwendig hinzutreten, dass der Bereich, in dem der Ausländer angetroffen wurde, Betriebsfremden im Allgemeinen nicht zugänglich ist.

19 Im vorliegenden Fall lässt sich dem Erkenntnis gerade nicht zweifelsfrei entnehmen, dass sich die Ausländer bei ihrer Betretung hinter der Theke und damit in einem Bereich aufgehalten hätten, der Betriebsfremden in der Regel nicht zugänglich ist. Ein Antreffen im - für alle zugänglichen - Gastraum, mag dies auch im Eingangsbereich zur Theke sein, erlaubt jedoch nicht ohne Weiteres eine Heranziehung der Vermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG.

§ 28 Abs. 7 AuslBG entbindet das Verwaltungsgericht zudem nicht von seiner - angesichts der im Grunde des § 38 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 24 VStG geltenden, in § 37 erster Satz, § 39 Abs. 2, § 58 Abs. 2 und § 60 AVG vorgesehenen - Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen, ein dem Art. 6 EMRK entsprechendes Verfahren durchzuführen und seine Entscheidung schlüssig zu begründen (vgl. die Erkenntnisse vom 10. Dezember 2009, 2009/09/0065, und vom 26. Jänner 2012, 2009/09/0143, mwN).

20 Sofern das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit rechtlichen Ausführungen auch auf Hilfstätigkeiten im Gastgewerbe rekurrierte, wurden solche nicht festgestellt. Welche Arbeiten die Ausländer im Lokal ausführten, lässt sich dem Erkenntnis nicht entnehmen; eine Beurteilung als "einfache manipulative Tätigkeiten" ist deshalb auf dieser Grundlage nicht möglich (siehe jedoch etwa das Erkenntnis vom 20. Juni 2011, 2009/09/0058). Das bloße Tragen einer Schürze kann für sich genommen - jedenfalls im Bereich des Naschmarkts - in diesem Zusammenhang noch nicht ohne Weiteres als ausreichendes Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses angesehen werden. Die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zu einer Anmeldepflicht nach dem ASVG sind grundsätzlich verfehlt.

21 Zur Bemessung der Strafe ist schließlich darauf hinzuweisen, dass von der belangten Behörde und dieser folgend vom Verwaltungsgericht die Strafe auf Basis des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG verhängt wurde, wonach der Täter im Fall einer erstmaligen oder weiteren Wiederholung einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mit einer Geldstrafe von EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,-- zu bestrafen ist. Nach den diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis kamen Milderungs- und Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervor. Das Verwaltungsgericht sah es jedoch aus generalpräventiven Erwägungen als erforderlich an, Strafen in der ausgesprochenen Höhe zu verhängen, um anderen deutlich vor Augen zu führen, dass gehäufte Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz letztlich zu hohen Strafen führten. Das Verwaltungsgericht hat dabei übersehen, dass es sich bei der wiederholten Tatbegehung bereits um ein strafsatzqualifizierendes Tatbestandsmerkmal im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG handelt, das nicht ein weiteres Mal - auch nicht über die Intention der Generalprävention - bei der Strafzumessung herangezogen werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2016, Ra 2016/09/0056, sowie vom 6. Juli 2015, Ra 2015/02/0042, je mwN).

22 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

23 Von der Durchführung der vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.

24 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. April 2017

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