Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §6 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §12;
VStG §16 Abs2;
VStG §19;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §6 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §12;
VStG §16 Abs2;
VStG §19;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 5. November 2015 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber in dem von ihm betriebenen, näher bezeichneten Lokal in Feldkirch eine namentlich genannte kroatische Staatsangehörige vom 8. Mai 2015 bis 4. August 2015 beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Beschwerde des Revisionswerbers keine Folge und es bestätigte das verwaltungsbehördliche Straferkenntnis. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Das Landesverwaltungsgericht stellte dazu im Wesentlichen fest, dass die kroatische Staatsangehörige seit 8. Mai 2015 ohne Arbeitsmarktdokumente im Lokal des Revisionswerbers in Feldkirch beschäftigt worden sei. Erst über Antrag des Revisionswerbers vom 27. August 2015 sei für diese Ausländerin vom Arbeitsmarktservice Feldkirch eine Beschäftigungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis 31. August 2016 ausgestellt worden.
4 Rechtlich leitete das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des Inhalts der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG aus diesem Sachverhalt zusammengefasst ab, dass der Revisionswerber die kroatische Dienstnehmerin zumindest in dem im Straferkenntnis genannten Beschäftigungszeitraum ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt habe, sodass die Bestrafung zu Recht erfolgt sei.
5 Dem Einwand des Revisionswerbers, dass die Dienstnehmerin eine Anmeldebescheinigung mit dem Aufenthaltszweck "Arbeitnehmerin gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG" vorgelegt habe, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass es dem Revisionswerber möglich gewesen sei, sich bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu erkundigen, ob für die Beschäftigung kroatischer Arbeitskräfte Übergangsregelungen bestünden. Hätte er dies getan, wäre ihm mitgeteilt worden, dass für die hier gegenständliche Dienstnehmerin eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei. Dem Revisionswerber sei vorzuwerfen, dass er diese Erkundigung vor der Beschäftigung dieser Dienstnehmerin nicht eingeholt habe.
6 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei bereits mit Straferkenntnis vom 18. März 2014 einmal einschlägig bestraft worden, womit der Strafsatz von EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,-- anzuwenden sei. Durch die übertretene Strafnorm sollten arbeitsmarktpolitische Interessen geschützt werden; es solle insbesondere die Beschäftigung von Ausländern nur dann bewilligt werden, wenn die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarkts die Beschäftigung von Ausländern zulasse und dem wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Nachteilige Folgen illegaler Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte seien insbesondere die Gefahren schwerer volkswirtschaftlicher Schäden und einer Wettbewerbsverzerrung. Diesem Schutzzweck sei im vorliegenden Fall in nicht unerheblichem Maß - zumindest fahrlässig - zuwidergehandelt worden. Erschwerend sei, dass der Revisionswerber bereits einmal einschlägig bestraft worden sei, Milderungsgründe seien keine zu berücksichtigen. Ein Herabsetzen der Strafe unter die verhängte Mindeststrafe sei auf Grund des vorliegenden Sachverhalts nicht möglich. Die festgesetzte Strafe sei, so führte das Verwaltungsgericht abschließend aus, unter Würdigung des Sachverhalts und unter Berücksichtigung der - im Erkenntnis näher dargestellten - persönlichen Verhältnisse des Revisionswerbers schuld- und tatangemessen.
7 Die Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das Verwaltungsgericht - die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand genommen - erwogen hat:
9 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 In der Revision wird in diesem Zusammenhang zur Zulässigkeit zunächst unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22. März 2012, 2009/09/0214, vorgebracht, dass das Verwaltungsgericht bei der Strafbemessung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen sei, indem es die Ersatzfreiheitsstrafe in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der festgesetzten Geldstrafe ausgemessen habe, wofür im angefochtenen Erkenntnis auch keine Begründung enthalten sei.
12 Eine weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickt der Revisionswerber darin, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 6 Abs. 2 AuslBG im Hinblick auf die Frage fehle, ob die - in dieser Norm - festgelegte Frist von einer Woche hinsichtlich des Tatzeitraums zu Gunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen sei.
13 Schließlich wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin gesehen, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage fehle, ob das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg im Hinblick auf das im Verfahren erstattete Beschwerdevorbringen verpflichtet gewesen wäre, die entscheidungsrelevante "(Rechts‑)Frage" zu klären, ob die kroatische Staatsangehörige bereits in der Vergangenheit in Österreich unselbständig erwerbstätig und für einen Zeitraum von zumindest zwölf Monaten ununterbrochen zum österreichischen Arbeitsmarkt zugelassen gewesen sei, sodass sie im entscheidungsrelevanten Zeitraum bereits unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich gehabt habe.
14 Soweit sich dieses Zulassungsvorbringen gegen den Schuldspruch richtet, wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.
15 So übergeht das Vorbringen zu fehlender Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 AuslBG, dass ein Sachverhalt, der unter diese Bestimmung zu subsumieren wäre, weder im behördlichen Verwaltungsstrafverfahren oder im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgebracht, noch im angefochtenen Erkenntnis festgestellt wurde. Die erstmals in der Revision völlig unkonkret in den Raum gestellte Behauptung, dass "einem Arbeitgeber mit Sitz in Bregenz" eine Beschäftigungsbewilligung für die nämliche kroatische Staatsangehörige bis 10. Juli 2015 erteilt gewesen wäre, ist schon im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) unbeachtlich. Die insoweit aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich daher nicht, weil eine Entscheidung über die Revision von dieser nicht abhängt.
16 Eine allfällige Vorbeschäftigung der Dienstnehmerin in Österreich ist zunächst auf Tatsachenebene zu klären und somit keine Rechtsfrage. Das Verwaltungsgericht hat eine Vorbeschäftigung nicht festgestellt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt in diesem Zusammenhang dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (siehe den Beschluss vom 25. November 2015, Ra 2015/09/0095, mwN). Im vorliegenden Fall stellt der Revisionswerber den sich aus den Beweisergebnissen (etwa dem im Akt erliegenden Versicherungsdatenauszug der Dienstnehmerin) schlüssig abzuleitenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts, gegen welche substanziierte Einwendungen im Verfahren nicht erhoben wurden, bloß Behauptungen gegenüber, ohne darzulegen, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts unschlüssig, also unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Eine Rechtsfrage in der geforderten Qualität wird damit auch in diesem Punkt nicht aufgezeigt (siehe etwa den Beschluss vom 20. Mai 2015, Ra 2015/09/0029).
17 In dem dargelegten Umfang war die Revision daher zurückzuweisen.
18 Soweit sich der Revisionswerber gegen das Verhältnis zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe wendet, zeigt er hingegen ein relevantes Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf, weshalb die Revision insoweit zulässig und berechtigt ist.
19 Nach dem - vom Verwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen anzuwendenden - § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
20 § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen.
21 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht durch die Bestätigung des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses - ausgehend von einem Strafrahmen von EUR 2.000 bis EUR 20.000 - eine Geldstrafe von EUR 2.000 verhängt. Die Ersatzfreiheitsstrafe hingegen wurde bei einer Höchststrafe von 14 Tagen mit 168 Stunden und somit im Umfang von sieben Tagen ausgemessen. Diese Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit der Hälfte der möglichen Höchststrafe steht in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der Geldstrafe, die mit der Mindeststrafe (zehn Prozent der Höchststrafe) festgesetzt wurde. Eine Begründung für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe in dieser Höhe ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.
22 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Jänner 2013, 2010/09/0238, vom 22. März 2012, 2009/09/0214, u.v.a.m.) ist jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich. Da eine solche im angefochtenen Erkenntnis nicht erfolgt, stellt sich dieses in seinem Strafausspruch als rechtswidrig dar.
23 Ist der Ausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig, so ist der Strafausspruch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Gänze aufzuheben (siehe auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 22. März 2012, 2009/09/0214, mwN).
Zur Bemessung der Strafe ist schließlich darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde und dieser folgend das Verwaltungsgericht die Strafe auf Grund des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG verhängt hat, wonach der Täter im Falle einer erstmaligen oder weiteren Wiederholung einer Übertretung des AuslBG mit einer Geldstrafe von EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,-- zu bestrafen ist. Zugleich wurde es als erschwerend gewertet, dass der Revisionswerber bereits einmal einschlägig bestraft worden ist. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Strafbemessung übersehen, dass es sich bei einer "einschlägigen Vormerkung nach dem AuslBG", bereits um ein strafsatzqualifizierendes Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG handelt, das nicht ein weiteres Mal als Erschwerungsgrund herangezogen werden darf (vgl. dazu, dass eine solche Strafbemessung dem "Doppelverwertungsverbot" widerspricht, die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1996, 94/09/0347, und vom 28. Juni 2007, 2004/09/0002).
24 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang des Strafausspruchs und im Ausspruch über die Verfahrenskosten wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
25 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 6. September 2016
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)