VwGH 2009/09/0058

VwGH2009/09/005820.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der S T in F, vertreten durch Dr. Ingrid Neyer, Rechtsanwältin in 6800 Feldkirch, Schmiedgasse 23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 21. Jänner 2009, Zl. UVS-1-898/E7-2006, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1152;
ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §60;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
ABGB §1152;
ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §60;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe den türkischen Staatsangehörigen B. zumindest am 28. Juli 2006 in Feldkirch im Cafe O. mit dem Abräumen von Aschenbechern beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt.

Die Beschwerdeführerin betreibe das Cafe O. in Feldkirch. Dort habe sie am 28. Juli 2006 um 20.15 Uhr den türkischen Staatsangehörigen B. zumindest mit Abräumen von Aschenbechern beschäftigt. B. habe für diese Tätigkeiten Essen und Trinken gratis erhalten. Er habe zumindest für eine kurze Zeit über Aufforderung der Beschwerdeführerin Tätigkeiten in ihrem Gastgewerbebetrieb durchgeführt. Es liege eine bewilligungspflichtige Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vor. Ein dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht unterliegender Gefälligkeitsdienst komme nicht in Betracht. Es bestünden keine spezifischen Bindungen zwischen der Beschwerdeführerin und B. Die Tätigkeit sei nicht unentgeltlich, sondern für einen Naturallohn in Form von Essen und Trinken erbracht worden, was für eine Person in der üblichen finanziellen Situation eines Asylwerbers keine unbeträchtliche Zuwendung darstelle. Im Übrigen legte die belangte Behörde die für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, Voraussetzung für ein bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sei , dass sich "die betreffende Person in für Betriebsfremde normalerweise unzugänglichen Räumlichkeiten aufhält". B. habe sich weder in der Küche aufgehalten noch irgendwelche Tätigkeiten in der Küche des Lokals verrichtet. Er habe sich ausschließlich im Gastlokal aufgehalten und keinerlei für Betriebsfremde unzugängliche Räumlichkeiten betreten. B. sei dort Stammgast und habe am 28. Juli 2006 lediglich einige Aschenbecher zur Theke gebracht. Diese Handgriffe seien ausschließlich auf Bitte der Beschwerdeführerin erfolgt. Zu keinem Zeitpunkt sei er zu dieser Tätigkeit verpflichtet gewesen. Er habe spontan und freiwillig geholfen. Ein bewilligungspflichtiges Arbeitsverhältnis würde eine beiderseitige Verpflichtung voraussetzen. Es habe sich um einen freiwilligen Gefälligkeitsdienst des B. gehandelt. Es sei auch zu keinem Zeitpunkt ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung vereinbart worden. Dass B. im Anschluss einen Cafe gratis erhalten habe, könne nicht als Entgelt angesehen werden. Die Handgriffe des B. hätten nur wenige Minuten gedauert. Als die Beamten des KIAB das Lokal betreten hätten, habe sich B. schon wieder an seinem Tisch befunden. Beim Verbringen der Aschenbecher zur Theke handle es sich um unwesentliche Tätigkeiten. Es habe sich um eine spontane, kurzfristige und freiwillige Gefälligkeit gehandelt.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Wegen der durch § 41 Abs. 1 VwGG eingeschränkten Prüfungsbefugnis darf der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Beweiswürdigung der belangten Behörde nur auf ihre Schlüssigkeit, gemessen an Denkgesetzen und an menschlichem Erfahrungsgut, sowie dahin überprüfen, ob die Behörde alle dabei in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, Zl. 2001/08/0049). Die belangte Behörde ist gehalten, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG). Sie ist aber nicht verpflichtet, allen sonst noch denkbaren schlüssig begründbaren Sachverhaltsvarianten im Einzelnen nachzugehen, wenn sie sich nur mit allen Umständen schlüssig und nachvollziehbar auseinandergesetzt hat, die für und wider die von ihr tatsächlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 97/08/0150).

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Umstand, dass B. von den kontrollierenden Beamten der KIAB im Lokal des Cafe O. arbeitend (mit dem Abräumen von Aschenbechern) angetroffen worden ist, das Vorliegen einer (nach dem AuslBG unberechtigten) Beschäftigung abgeleitet hat, zumal die Beschwerdeführerin auf Grund des Krankenhausaufenthaltes ihres Mannes tatsächlich Bedarf an Arbeitskräften hatte. Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass bei einer Kontrolle nur ein kleiner Ausschnitt der im Rahmen einer Beschäftigung vorkommenden Tätigkeiten tatsächlich beobachtet werden kann.

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend und unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Serviertätigkeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der verwendete Ausländer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, Zl. 2009/09/0018). Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es ohnehin nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Anders als die Beschwerdeführerin meint, kann auch nicht davon die Rede sein, dass B. lediglich einen Gefälligkeitsdienst geleistet habe. Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer (kurzfristigen) Beschäftigung im Sinn des AuslBG ist fließend. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0285, mwN). Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass sich aus dem Umstand, dass B. im Cafe O Stammgast war, keine für Gefälligkeitsdienste typische spezifische Bindung ableiten lässt. Für das Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung von Ausländern im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG ist ferner nicht entscheidend, ob mit dem Ausländer für seine Verwendung ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder ob eine solche Vereinbarung unterblieb. Vielmehr gilt in solchen Fällen im Zweifel ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB und § 29 AuslBG). Demnach muss die Unentgeltlichkeit der Verwendung ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - mit dem Ausländer vereinbart worden seien und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis Zl. 2007/09/0285). Im gegenständlichen Fall wurde keine Unentgeltlichkeit vereinbart, sondern - unbeschadet des Zustehens eines höheren Anspruchslohnes -

eine Gegenleistung (Zurverfügungstellung von Essen und Trinken) in Aussicht gestellt. Die belangte Behörde hat das Vorliegen bloßer Gefälligkeitsdienste zutreffend verneint.

Es ist zusammenfassend nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin schuldhaft (vgl. § 5 Abs. 1 VStG) gegen § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen hat. Gegen die Höhe der Strafe, die an der Untergrenze des in § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG genannten Strafsatzes liegt, wendet sich die Beschwerde nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. Juni 2011

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