VwGH Ra 2016/01/0012

VwGHRa 2016/01/001223.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des B M F in W, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015, Zl. W221 1423474-1/22E, betreffend Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016010012.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Kameruns, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und damit die Abweisung des Antrages des Revisionswerbers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigt (Spruchpunkt A.I.). Weiters wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen (Spruchpunkt A.II.). Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).

Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber wie von ihm vorgebracht aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der politischen Gruppierung "SCNC" ("Southern Cameroons National Council") inhaftiert worden sei und dass aufgrund eines Haftbefehls nach ihm gefahndet werde. Da dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zukomme, habe er eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Auch liege fallbezogen kein "reales Risiko" iSd Art. 2 oder 3 EMRK vor. Zur Frage, ob eine Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig sei, führte das BVwG aus, es liege keine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Revisionswerbers in Österreich vor.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3.1. Die außerordentliche Revision bringt als grundsätzliche Rechtsfrage vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es verabsäumt habe, konkrete Feststellungen zur Anwendung der neuen Anti-Terror-Gesetzgebung in Kamerun anzustellen, welche, wie der Revisionswerber am 25. November 2015 mit der Vorlage aktueller Berichte vorgebracht habe, vornehmlich dazu benutzt werde, den SCNC zu zerschlagen.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung haben die Asylbehörden bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen. Das gilt auch für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0030, mwN).

Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 25. September 2014, Ra 2014/07/0057, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 17. November 2015, Ra 2014/01/0089).

Eine solche Relevanz wird fallbezogen nicht aufgezeigt, weil das BVwG auch die vom Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 25. November 2015 vorgelegten Länderberichte gewürdigt hat und zu dem Schluss kam, dass auch aus jenen Berichten nicht hervorgehe, dass eine Verfolgung alleine aufgrund der Mitgliedschaft zum SCNC stattfinde.

3.2. Der Revisionswerber bringt als weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, das BVwG habe die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen, weil sich der vom BVwG zentral angeführte Widerspruch in seinem Vorbringen hätte leicht auflösen lassen können.

Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 2014, Ro 2014/01/0011). Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0089, mwN).

Die Revision zeigt einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung nicht auf. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt ist, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 10. November 2015, Ra 2015/19/0189, mwN) .

3.3. Zuletzt macht der Revisionswerber als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geltend, das BVwG habe nicht bloß eine Zurückverweisung nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 vorgenommen, sondern vorab eine Interessenabwägung durchgeführt, in deren Rahmen über einen Beweisantrag des Revisionswerbers (Einvernahme seiner Lebensgefährtin) betreffend sein Familienleben in Österreich nicht abgesprochen worden sei.

Damit wird fallbezogen nicht dargetan, inwiefern die Einvernahme der Lebensgefährtin des Revisionswerbers zu einem für diesen günstigeren Verfahrensergebnis hätte führen sollen, da dessen Vorbingen betreffend sein Familienleben in Österreich vom Verwaltungsgericht ohnehin der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Somit wird kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/09/0036, mwN).

4. In der Revision werden aus diesen Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2016

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