Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen von Somalia, wurde mit hg. Beschluss vom 29. April 2015 (zu Ra 2015/19/0098) Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen ein genanntes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. Februar 2015 in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 bewilligt. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Wien bestellte daraufhin mit Bescheid vom 8. Mai 2015 (dem Verfahrenshelfer zugestellt am 19. Mai 2015) den nunmehr als Vertreter der Revisionswerberin einschreitenden Rechtsanwalt zum Verfahrenshelfer.
2 Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2015, beim Bundesverwaltungsgericht im Elektronischen Rechtsverkehr am selben Tag eingebracht, erhob die Revisionswerberin eine außerordentliche Revision verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründend führte die Revisionswerberin im Wesentlichen aus, der Verfahrenshelfer habe nach Zustellung des Bestellungsbescheides der Rechtsanwaltskammer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (verbunden mit einem Eventualantrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof) erhoben, zumal sich aus den Verfahrensunterlagen der Revisionswerberin gezeigt habe, dass eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vorliege und die gewählte Vorgehensweise - zuerst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verbunden mit einem Eventualantrag zu erheben - der gewöhnlichen anwaltlichen Praxis in Asylsachen entspreche. Innerhalb der sechswöchigen Frist ab Zustellung des Bestellungsbescheides habe der Verfahrenshelfer daher eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht. Er habe allerdings nicht gewusst, dass die Revisionswerberin ursprünglich neben dem Verfahrenshilfeantrag an den Verwaltungsgerichtshof auch einen solchen Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt hatte. Dieser habe mit Beschluss vom 29. April 2015 den Verfahrenshilfeantrag abgewiesen, wobei der Beschluss der Revisionswerberin am 4. Mai 2015 zugestellt worden sei. Daher sei auch die sodann vom Verfahrenshelfer an den Verfassungsgerichtshof (zunächst) erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2015, dem Verfahrenshelfer am 8. Oktober 2015 zugestellt, wegen Verspätung zurückgewiesen worden. Der Verfahrenshelfer sei daher - zumal ihm die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages durch den Verfassungsgerichtshof nicht zugestellt und damit nicht bekannt gewesen sei - durch ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis gehindert gewesen, rechtzeitig eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Selbst wenn dem Verfahrenshelfer Verschulden zur Last zu legen wäre, handle es sich dabei um einen minderen Grad des Versehens.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 3. November 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der wesentlichen Begründung ab; ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, das den Rechtsvertreter an der fristgerechten Einbringung der Revision gehindert hätte, liege nicht vor. Die Verfahrenshilfe sei der Revisionswerberin ausschließlich für die Einbringung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof - von eben diesem - gewährt worden und der Verfahrenshelfer sei entsprechend dem ihm konkret erteilten Mandat auch ausschließlich dazu berufen und berechtigt gewesen, ein Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anzustrengen. Die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision liege daher in dem Verschulden des Verfahrenshelfers, zumal ihm - ungeachtet einer ihm unbekannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes - eine Beschwerdeerhebung vor dem Verfassungsgerichtshof in Ermangelung eines Verfahrenshilfemandats von vornherein verwehrt gewesen sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumal das Bundesverwaltungsgericht keine erkennbare Differenzierung vorgenommen habe, wann ein Versehen den Verschuldensgrad des "minderen Grads des Versehens" überschreite. Im Übrigen existiere zu der Frage des Umfanges eines Verfahrenshilfemandates keine Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.
8 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision nicht auf, dass ihre Lösung von einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt:
9 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/18/0190).
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Dies gilt auch für den bestellten Verfahrenshelfer. Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Mai 2007, 2007/19/0206).
11 Die dem Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, sich über den Inhalt des Bestellungsbeschlusses ausreichend zu vergewissern und zu beachten, dass die Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgerichtshof zur Einbringung einer außerordentlichen Revision bei diesem Gerichtshof bewilligt und er daher (nur) hierfür von der Rechtsanwaltskammer als Verfahrenshelfer bestellt worden war.
Die vom Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene rechtliche Beurteilung, dass dem Verfahrenshelfer ein Versehen unterlaufen ist, das nicht (mehr) minderen Grades ist, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den bereits angeführten hg. Beschluss vom 30. Mai 2007).
12 Ausgehend davon werden in der Revision daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 6. September 2016
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