VwGH Ra 2015/15/0048

VwGHRa 2015/15/004829.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der Mag. V D in L, vertreten durch Mag. Werner Tschapeller, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 15. April 2015, Zl. RV/3100176/2014, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der - als Beschwerde zu behandelnden - Berufung der Revisionswerberin gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 in dem gegenständlich strittigen Punkt keine Folge. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Die Revisionswerberin habe im Jahr 2005 mit Geld ihres Stiefvaters zwei Liegenschaften von ihrem leiblichen Vater um 431.790,06 EUR erworben. Auch Ablösezahlungen an zwei Mieter über jeweils 15.000 EUR seien vom Stiefvater übernommen worden. Die Geldüberlassung sei mangels Fremdüblichkeit der mündlich getroffenen Vereinbarungen nicht als (verzinsliches) Darlehen anzuerkennen. Das Fehlen einer Vereinbarung über einen bestimmten oder auch nur annähernd bestimmbaren Rückzahlungstermin, das Fehlen von Kündigungsvereinbarungen, die Abstandnahme von laufenden Zinszahlungen und die Nichteinräumung entsprechender Sicherheiten stellten triftige Gründe dar, der gegenständlichen Vereinbarung die steuerliche Anerkennung zu versagen. Die (2011 verrechneten) Zinsen könnten daher nicht als Werbungskosten bei Ermittlung der sonstigen Einkünfte aus der in diesem Jahr erfolgten Weiterveräußerung der beiden Liegenschaften berücksichtigt werden.

6 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege nicht vor, weil umfangreiche - im Einzelnen angeführte - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen vorliege und darüber hinaus die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles abhängig sei.

7 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, das Erkenntnis verstoße gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, weil nach den Erkenntnissen vom 24. Mai 2012, 2009/15/0130, und vom 20. Mai 2010, 2006/15/0238, VwSlg. 8545/F, sowie dem Erkenntnis vom 15. Juni 1982, B 4/81, VfSlg. 9417, Verträge zwischen nahen Angehörigen nicht durch erhöhte Beweisanforderungen diskriminiert werden dürften. Auch liege ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip bei Spekulationsgeschäften nach § 30 EStG 1988 vor Einführung der Immobilienertragsteuer vor. Zudem habe das Finanzamt den "Kreditvertrag beim Kreditgeber nicht beanstandet", sondern die erklärten Kreditzinsen in Höhe von 90.624,04 EUR steuerlich erfasst. Ein und dasselbe Kreditverhältnis beim Kreditgeber anzuerkennen, beim Kreditnehmer hingegen nicht, stelle pure Willkür dar und entspreche somit nicht dem Gebot der schlüssigen Beweiswürdigung.

8 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt:

9 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. VwGH vom 26. Juli 2007, 2005/15/0013).

10 Die Frage, ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zu Stande gekommen und abgewickelt worden wäre, ist eine Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu lösen (vgl. VwGH vom 8. Februar 2007, 2004/15/0149).

11 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. VwGH vom 30. Juni 2015, Ra 2015/15/0028, mit weiteren Nachweisen).

12 Der zur Zulässigkeit der Revision vorgebrachte Grund, das Bundesfinanzgericht sei von den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2012, 2009/15/0130, und vom 20. Mai 2010, 2006/15/0238, abgewichen, liegt nicht vor. Im Beschwerdefall 2009/15/0130, der die Übernahme von Ausbildungskosten für den angestellten Sohn betraf, wie auch im zweitgenannten Fall von Gehalts- und Abfertigungszahlungen an die Ehefrau, war die (fehlende) Fremdüblichkeit der jeweiligen Vereinbarungen im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof von Bedeutung. In dem zur Zl. B 4/81 entschiedenen Fall stellte der Verfassungsgerichtshof gleichfalls auf einen Fremdvergleich ab. Auch dem gegenständlichen Revisionsfall liegen das Ergebnis eines Fremdvergleichs und nicht "erhöhte Beweisanforderungen" zu Grunde.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass zwischen Fremden abgeschlossene Darlehensverträge im Regelfall klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zinszahlungsvereinbarungen enthalten (vgl. mit weiteren Nachweisen das Erkenntnis vom 28. November 2002, 2001/13/0032). Es entspricht keinem üblichen Darlehensgeschäft zwischen Fremden, keinen bestimmten oder auch nur annähernd bestimmbaren Rückzahlungstermin zu vereinbaren. Auch ist es unter Fremden nicht üblich, Kredit einzuräumen oder Darlehen zuzuzählen, ohne entsprechende Sicherheiten zu empfangen (vgl. VwGH vom 24. November 1993, 92/15/0113), wenn - wie im Revisionsfall unbestritten - die Revisionswerberin im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaften über keine eigenen Einkünfte verfügt hat.

14 Dass der Stiefvater der Revisionswerberin im Jahr 2011 die gegenständlich strittigen Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hat, macht die Beweiswürdigung nicht unschlüssig. Das Bundesfinanzgericht hat sich mit dem diesbezüglichen Einwand auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang die Feststellung getroffen, dass die dem Ausweis von Zinsen aus Privatdarlehen zu Grunde liegenden Vereinbarungen erstmals im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung der Revisionswerberin hervorgekommen seien. Eine widersprüchliche Beweiswürdigung, von der Revisionswerberin als Willkür bezeichnet, liegt bei dieser (von der Revision nicht in Abrede gestellten) Sachlage von vornherein nicht vor.

15 Durfte das Bundesfinanzgericht das Bestehen einer (verzinslichen) Darlehensvereinbarung als nicht erwiesen annehmen, fehlte es an einer rechtlichen Grundlage für die Zuordnung des strittigen Betrages unter den Begriff der Werbungskosten.

16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. März 2017

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