Normen
ASVG §113 Abs1 Z1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §35 Abs3;
ASVG §4 Abs2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015080149.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1. Unstrittig ist, dass bei einer Kontrolle durch Organe des Finanzamts (Finanzpolizei) am 22. November 2013 um 21.20 Uhr in einem vom Mitbeteiligten in S betriebenen Gastlokal (Bar bzw. Vinothek) dessen Lebensgefährtin N C bei Kellnertätigkeiten angetroffen wurde, ohne dass diese zur Sozialversicherung angemeldet war. Die nachträgliche Anmeldung der N C erfolgte noch am Tag der Kontrolle um 22.39 Uhr rückwirkend ab dem 21. November 2013 mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von EUR 1.800,--. Am 27. November 2013 fand eine Änderungsmeldung statt, wonach das Dienstverhältnis am 22. November 2013 begonnen und das monatliche Bruttoentgelt EUR 1.500,-- betragen habe. Am 28. Februar 2014 erfolgte eine neuerliche Änderungsmeldung, wonach das Dienstverhältnis erst am 25. November 2013 begonnen und das monatliche Bruttoentgelt EUR 1.460,-- betragen habe.
2.1. Mit Bescheid vom 23. Jänner 2014 schrieb die Revisionswerberin dem Mitbeteiligten wegen seiner Meldepflichtverletzung gemäß § 33 Abs. 1 iVm. § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag von EUR 1.300,-- vor.
2.2. Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde mit dem (soweit noch wesentlichen) Vorbringen, er habe die ihm obliegenden Pflichten nach § 35 Abs. 3 ASVG mit (unter einem vorgelegter) Vereinbarung vom 20. November 2013 auf H P als Bevollmächtigten übertragen, dieser sei daher für die allfällige Verletzung der Meldepflichten verantwortlich. Da ein erstmaliger Meldeverstoß mit unbedeutenden Folgen vorliege, könne gemäß § 113 Abs. 2 ASVG der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und jener für den Prüfeinsatz auf EUR 400,-- herabgesetzt werden.
2.3. Die Revisionswerberin entgegnete, eine Pflichtenübertragung nach § 35 Abs. 3 ASVG setze voraus, dass Name und Anschrift des Bevollmächtigten unter dessen Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt gegeben würden. Vorliegend sei eine Bekanntgabe erst im Zuge der Einbringung der Beschwerde erfolgt, im Betretungszeitpunkt sei daher eine Bevollmächtigung nicht vorgelegen, sodass der Mitbeteiligte für die Einhaltung der Meldepflichten verantwortlich sei.
3. Das Verwaltungsgericht hob im ersten Rechtsgang mit Beschluss vom 5. Juni 2014 den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Sache zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Revisionswerberin zurück.
Die Revisionswerberin bekämpfte den Beschluss beim Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis vom 31. Oktober 2014, Ra 2014/08/0011, die Entscheidung mit der wesentlichen Begründung aufhob, die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG seien nicht erfüllt; es lägen brauchbare Ermittlungsergebnisse vor, die in einer allfälligen mündlichen Verhandlung zu vervollständigen seien.
4.1. Im fortgesetzten Verfahren brachte der Mitbeteiligte ergänzend vor, das Dienstverhältnis mit seiner Lebensgefährtin N C sei erst mit 25. November 2013 begründet worden, davor habe sie als mithelfende Familienangehörige unentgeltlich mitgearbeitet; sie habe dabei Gefälligkeitshandlungen - wie etwa Ausschenken von Wasser, Wegräumen von Gläsern und Unterhaltung mit Gästen - erbracht. Im Zeitpunkt der Kontrolle sei die Lokaleröffnung gefeiert worden, es habe sich um eine private Feier gehandelt, für Gäste und Kunden sei das Lokal erst ab dem 25. November 2013 geöffnet gewesen. Ein Beschäftigungsverhältnis mit N C sei daher im Zeitpunkt der Kontrolle (noch) nicht vorgelegen.
Der Mitbeteiligte legte einen mit N C abgeschlossenen, mit 18. November 2013 datierten Dienstvertrag ("Arbeiter-Dienstzettel") vor, in dem (auszugsweise) festgehalten ist, dass das Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werde und am 25. November 2013 beginne (Vertragspunkt 3.), die Arbeitnehmerin als "Küchenmitarbeiterin" mit einem monatlichen Bruttogehalt von EUR 1.460,-- eingestuft werde (Vertragspunkt 5.), die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden betrage (Vertragspunkt 8.) und die Dienstnehmerin die Lebensgefährtin des Dienstgebers sei, die Auszahlung des Arbeitsentgelts ab dem 25. November 2013 vereinbart werde und bis zur Inbetriebnahme des Lokals voraussichtlich am 25. November 2013 die Dienstnehmerin ihre Arbeitskraft im Rahmen mithelfender Familienmitglieder unentgeltlich zur Verfügung stelle (Vertragspunkt 11.).
4.2. Die Revisionswerberin erwiderte, der Mitbeteiligte sei - wie die Erstanmeldung vom 22. November 2013 und die Änderungsmeldung vom 27. November 2013 zeigten - selbst vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses am Betretungstag und nicht etwa von einer familienhaften Mitarbeit ausgegangen. Er habe das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zunächst auch nicht bestritten. Der nunmehr vorgelegte Arbeiter-Dienstzettel erscheine lebensfremd und nachträglich angefertigt.
Die Revisionswerberin brachte weiters vor, auf die Aufhebung des Straferkenntnisses im gesonderten Verwaltungsstrafverfahren (wegen § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG) und die Einstellung jenes Verfahrens mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 25. März 2015 gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG (weil auf Grund der Lebensgemeinschaft eine entgeltliche Mitarbeit nicht habe bewiesen werden können) komme es vorliegend nicht an. Es bestehe insoweit keine Bindungswirkung, auch gelte im Strafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo, weiters spreche eine (näher erörterte) zutreffende Beweiswürdigung und Beurteilung des Sachverhalts nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Nicht zuletzt habe der Mitbeteiligte mit N C vereinbart, dass diese mit der zunächst für den 25. November 2013 in Aussicht genommenen Lokaleröffnung angemeldet werden solle, wobei aber auf Grund der Vorziehung der Eröffnung auf den 22. November 2013 die Anmeldung bereits mit diesem Tag vorzunehmen gewesen wäre.
5.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht - ohne Durchführung einer (vom Mitbeteiligten mehrfach beantragten) mündlichen Verhandlung - der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Bescheid vom 23. Jänner 2014 statt und hob die Entscheidung ersatzlos auf.
5.2. Die vom Verwaltungsgericht getroffenen - mit beweiswürdigenden und rechtlichen Erwägungen vermengten - "Feststellungen" sind wie folgt zusammenzufassen:
Der Mitbeteiligte betreibe das Lokal als Einzelunternehmer seit November 2013. Im Zuge der Eröffnung am 22. November 2013 sei eine Weinprobe mit Kunden und Interessenten erfolgt. Die Kontrolle durch die Finanzpolizei habe um 21.20 Uhr stattgefunden, wobei festgestellt worden sei, dass N C, die Lebensgefährtin des Mitbeteiligten, im Betrieb tätig sei. Auf Grund der Angaben des Mitbeteiligten und der N C sei davon auszugehen gewesen, dass diese vollzeitbeschäftigt sei.
Im Zuge der Aktennachbearbeitung sei von der Finanzpolizei festgestellt worden, dass N C noch am Tag der Kontrolle um
22.39 Uhr rückwirkend mit 21. November 2013 zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Im Betretungszeitpunkt habe daher offenbar ein nicht gemeldetes Dienstverhältnis bestanden. Die Meldung sei in der Folge zweimal berichtigt worden, nämlich am 27. November 2013 auf Dienstbeginn 22. November 2013 und am 28. Februar 2014 auf Dienstbeginn 25. November 2013.
Im - erstmals mit der Beschwerde vorgelegten, mit Datum 18. November 2013 unterfertigten - Arbeiter-Dienstzettel werde ein Dienstverhältnis zwischen dem Mitbeteiligten und N C beginnend mit 25. November 2013 bescheinigt. Weiters sei darin festgehalten, dass N C bis zur voraussichtlichen Inbetriebnahme des Lokals am 25. November 2013 ihre Arbeitkraft als mithelfendes Familienmitglied unentgeltlich zur Verfügung stelle.
Laut den Erhebungen der Finanzpolizei sei N C bei der Kontrolle hinter der Theke tätig gewesen. Die Angaben bei der Kontrolle habe überwiegend der Mitbeteiligte gemacht, wobei dieser in keiner Weise darauf hingewiesen habe, dass N C im Rahmen familiärer Beistandspflichten unentgeltlich mithelfe bzw. bereits eine Vereinbarung über ein später (am 25. November 2013) beginnendes Dienstverhältnis bestehe. Wären solche Hinweise erfolgt, so wären sie im Kontrollblatt vermerkt und auch näher hinterfragt worden.
Der dargestellte Geschehensablauf mit zweimaliger Berichtigung der Anmeldung spreche dafür, dass offenbar schon am 22. November 2013 zumindest dem Grunde nach vereinbart gewesen sei, dass die Mitarbeit der N C im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen solle. Auf Grund der Kontrolle habe noch am Abend des 22. November 2013 eine Nachmeldung stattgefunden. Dass die damalige Anmeldung nur irrtümlich im Zusammenhang mit der Anlegung des Datensatzes in der EDV erfolgt wäre, sei nicht glaubwürdig; ein solcher Irrtum hätte sofort bemerkt und rasch berichtigt werden können. Auch das zeitliche Zusammentreffen und der Umstand, dass der Mitbeteiligte unmittelbar nach der Kontrolle H P informiert habe, schließe einen derartigen Zufall aus.
Die - wahrscheinlich nachträglich unter Anleitung des H P angefertigten - Urkunden (Arbeiter-Dienstzettel, Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 ASVG) hätten einen späteren Dienstbeginn dokumentieren bzw. die Verantwortung des Mitbeteiligten für die Meldepflichtverletzung abwenden sollen. Allerdings lägen keine zwingenden Beweise vor, dass diese Vermutung den Tatsachen entspreche, also Urkunden gefälscht und falsche Aussagen (im Strafverfahren) abgelegt worden seien. Auch habe die Finanzpolizei bei der Kontrolle nur wenige Sätze mit dem Mitbeteiligten gewechselt bzw. mit N C praktisch gar nicht gesprochen. Nähere Erhebungen bezüglich der Grundlagen der Mitarbeit der N C (ob im Rahmen familiärer Beistandspflichten oder eines Dienstverhältnisses, zur Art der Tätigkeit, zur Höhe des Entgelts etc.) seien unterblieben. Der Mitbeteiligte habe am Tag der Lokaleröffnung in der Kontrollsituation anderes zu tun gehabt, als Umstände zu erklären, zu denen er gar nicht befragt worden sei. Folglich könne aus dem Nichterwähnen der nur wenige Tage alten schriftlichen Vereinbarungen nicht zwingend geschlossen werden, dass es diese damals noch nicht gegeben habe. Auch die Einvernahmen der betreffenden Personen im Strafverfahren hätten - trotz auffälliger Wissenslücken - keine klaren Widersprüche und andere Auffälligkeiten gezeigt, sodass eine Rückdatierung des Dienstzettels bzw. falsche Beweisaussagen nicht belegt seien.
5.3. In der rechtlichen Würdigung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Vorschreibung eines Beitragszuschlags nach § 113 Abs. 1 ASVG setze eine Verletzung der Meldepflichten in Bezug auf ein Dienstverhältnis voraus. Die Revisionswerberin habe die Beschäftigung der N C im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Zeitpunkt der Kontrolle trotz Bestreitung im Verfahren ohne weitere Begründung bejaht.
Nach § 4 Abs. 2 ASVG sei Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werde, wozu auch Personen gehörten, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen einer selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwögen (wird unter Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs näher erörtert).
Soweit Dienste im Rahmen einer Lebensgemeinschaft geleistet würden, hätten diese ihre Grundlage in der eheähnlich eingerichteten Gemeinschaft und nicht in einem Arbeitsvertrag. Ihre Erbringung führe daher - ähnlich wie bei familienrechtlichen Mitarbeitspflichten - nicht zu einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Eine Lebensgefährtin könne auch für ihre Mitarbeit in der Hauswirtschaft und im Betrieb des Mannes keine Entlohnung verlangen, wenn sie sich diese nicht ausbedungen habe.
Ausgehend von der schlüssigen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts im Strafverfahren sei daher für den Betretungstag nicht von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Mitbeteiligten und N C auszugehen. Diese habe vielmehr als Lebensgefährtin ihre Tätigkeit im Rahmen einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung unentgeltlich geleistet. Da ein Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG somit nicht vorgelegen sei, hätten auch keine Meldepflichten bestanden.
5.4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung führte das Verwaltungsgericht aus, der maßgebliche Sachverhalt könne "durch die Aktenlage hinreichend geklärt" erachtet werden. In der Beschwerde seien keine noch zu lösenden Tatsachenfragen konkret und substanziiert aufgezeigt worden.
5.5. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
6. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und die Aufhebung bzw. Abänderung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück- bzw. Abweisung der Revision.
7. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob ein Dienstverhältnis zwischen dem Mitbeteiligten und seiner Lebensgefährtin N C im Betretungszeitpunkt vorgelegen ist (und daher dem Mitbeteiligten wegen Verletzung seiner Meldepflichten ein Beitragszuschlag zu Recht vorgeschrieben wurde), die Rechtslage verkannt hat bzw. von der Rechtsprechung abgewichen ist, indem es die ordnungsgemäße Ermittlung und Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalts verabsäumt hat.
8. Vorauszuschicken ist, dass das Vorliegen eines meldepflichtigen Dienstverhältnisses im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ab dem 25. November 2013 unstrittig ist. Strittig - und näher zu prüfen - bleibt indessen, ob das Dienstverhältnis bereits am 22. November 2013 bestanden hat, als N C bei Kellnertätigkeiten im Lokal des Mitbeteiligten betreten wurde, ohne dass sie nach § 33 Abs. 1 ASVG zur Sozialversicherung angemeldet war.
9.1. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wozu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen einer selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. VwGH 26.5.2014, 2013/08/0194). Unterscheidungskräftige Kriterien sind die Bindungen an Ordnungsvorschriften über Arbeitsort, Arbeitszeit, arbeitsbezogenes Verhalten sowie sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer Umstände beim kumulativen Vorliegen der genannten Kriterien die persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt die Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbilds der Beschäftigung auch die an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. VwGH 15.2.2017, Ra 2014/08/0055; 15.10.2015, 2013/08/0175).
Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (VwGH 20.3.2014, 2012/08/0024).
9.2. Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten - wie dies bei der hier zu beurteilenden Tätigkeit der N C als Kellnerin der Fall ist -, so kann die Behörde bzw. das Gericht von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn ausgehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substanziiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. VwGH 23.10.2017, Ra 2015/08/0135; 19.12.2012, 2012/08/0165).
Vorliegend verantwortet sich der Mitbeteiligte damit, dass N C auf Grund der mit ihm unterhaltenen Lebensgemeinschaft und der damit verbundenen Beistands- und Mitwirkungspflichten im Betretungszeitpunkt unentgeltlich im Lokal mitgeholfen habe.
9.3. Das Bestehen einer Lebensgemeinschaft schließt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus (vgl. VwGH 4.6.2008, 2005/08/0044). Von einem - auf eine ausdrückliche oder schlüssige dienstvertragliche Vereinbarung gegründeten - Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer Lebensgemeinschaft ist auszugehen, wenn der Lebensgefährte seine Mitarbeit im Betrieb des Partners - ähnlich einem fremden Dienstnehmer - in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausübt und wenn er für die Tätigkeit auch einen Entgeltanspruch hat.
10.1. Im Hinblick darauf wird das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren nach Durchführung der notwendigen Beweisaufnahmen die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, um beurteilen zu können, ob einerseits ein Entgeltanspruch der N C für ihre Tätigkeit als Kellnerin im Betretungszeitpunkt am 22. November 2013 bestand und - sollte dies der Fall sein - ob andererseits N C ihre Mitarbeit im Betrieb des Mitbeteiligten auch in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt hat.
Es wird daher im fortgesetzten Verfahren - unter Bedachtnahme auf die widersprechenden Behauptungen zu dieser Frage (vgl. näher Punkt 4.) - insbesondere zu ermitteln und festzustellen sein, ob die Inbetriebnahme des Lokals und damit eine entgeltliche Tätigkeit bereits ab dem 22. November 2013 oder erst später anzunehmen ist.
10.2. Das Verwaltungsgericht wird die im fortgesetzten Verfahren erforderlichen Beweisaufnahmen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durchzuführen haben. Es gehört nämlich gerade im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichts, dem im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer - hier vom Mitbeteiligten auch ausdrücklich beantragten - mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. VwGH 27.10.2016, Ra 2016/08/0134; 17.3.2016, Ra 2016/08/0007).
Soweit sich vorliegend - entgegen den soeben dargelegten Grundsätzen - das Verwaltungsgericht damit begnügte, seine Entscheidung auf die im gesonderten Verwaltungsstrafverfahren gewonnenen Beweisergebnisse zu gründen, ohne eine gebotene mündliche Verhandlung zur Beweisaufnahme durchzuführen, ist das angefochtene Erkenntnis mit einem gravierenden Mangel behaftet (vgl. VwGH 4.11.2015, Ra 2015/08/0124).
11.1. Jedenfalls keine Berechtigung kommt dem Einwand zu, der Mitbeteiligte habe die ihm nach den §§ 33, 34 ASVG obliegenden Pflichten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG auf einen Bevollmächtigten (H P) übertragen, sodass nur dieser Adressat der Vorschreibung des Beitragszuschlags sein könne (vgl. VwGH 3.10.2002, 98/08/0326). Voraussetzung für eine Pflichtenübertragung nach § 35 Abs. 3 ASVG ist nämlich, dass Name und Anschrift der Bevollmächtigten unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt gegeben werden. Hat der Dienstgeber den im § 35 Abs. 3 ASVG vorgezeichneten Weg nicht beschritten, so bleibt er selbst der Gebietskrankenkasse verantwortlich und zur Erstattung der erforderlichen Meldungen persönlich verpflichtet (vgl. VwGH 8.9.2010, 2010/08/0162; 15.3.2005, 2003/08/0053).
11.2. Vorliegend ist unstrittig, dass der Mitbeteiligte die (behauptete) Vereinbarung vom 20. November 2013 über die Bestellung des H P zum Bevollmächtigten der Revisionswerberin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt (der Kontrolle am 22. November 2013) nicht in der im § 35 Abs. 3 ASVG vorgeschriebenen Weise mitgeteilt hat. Für eine im Betretungszeitpunkt wirksame gesetzmäßige Bekanntgabe im aufgezeigten Sinn reichte es freilich nicht aus, die (behauptete) Vereinbarung erst nachträglich im gegenständlichen Verfahren nachzuweisen (vgl. VwGH 7.4.2016, Ra 2015/08/0217).
12. Insgesamt war daher - im Hinblick auf die erörterten Mängel - der Revision stattzugeben und das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 20. Juni 2018
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