Normen
ASVG §58 Abs5;
ASVG §67 Abs10;
ASVG §68 Abs1;
ASVG §68 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015080038.L00
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Kostenersatzbegehren der revisionswerbenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
1. Der Mitbeteiligte ist seit dem Jahr 1990 handelsrechtlicher Geschäftsführer der W G Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden nur: GmbH), über deren Vermögen am 25. Februar 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In jenem Verfahren wurde mit Beschluss vom 4. Juli 2011 der Sanierungsplan mit einer Gesamtquote von 20 % angenommen. Mit Beschluss vom 17. August 2011 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Verfahren aufgehoben.
2. Die Revisionswerberin teilte - nach der Aktenlage - dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom 30. Juni 2011 mit, dass auf dem Beitragskonto der GmbH Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für die Zeit ab November 2010 von EUR 18.350,67 unberichtigt aushafteten. Die Beträge seien gegenüber der GmbH großteils uneinbringlich, zumal im Insolvenzverfahren eine Quote von lediglich 20 % zu erwarten sei. Der Mitbeteiligte werde im Hinblick auf § 67 Abs. 10 ASVG aufgefordert, den nach Abzug der Quote verbleibenden Restbetrag von EUR 14.680,57 zu begleichen oder darzulegen, weshalb ihm ein haftungsbegründendes Verschulden nicht anzulasten sei. Im Rahmen eines solchen Entlastungsbeweises müssten einerseits die einzelnen Verbindlichkeiten und andererseits die Zahlungen an die Gläubiger für die Zeit ab November 2010 belegt werden.
Ob dieses - ohne Rückschein versendete - Schreiben dem Mitbeteiligten zugestellt wurde, ist aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich. Eine Reaktion des Mitbeteiligten auf das Schreiben ist nicht erfolgt.
3.1. Mit Haftungsbescheid vom 26. Juli 2011 sprach die Revisionswerberin aus, dass ihr der Mitbeteiligte als Geschäftsführer der GmbH gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG EUR 14.583,45 zuzüglich Verzugszinsen von 8,38 % aus EUR 14.015,61 ab dem 28. Juli 2011 schulde und diese Schuld binnen 15 Tagen zu begleichen habe.
Begründend führte die Revisionswerberin aus, die GmbH als Dienstgeberin schulde für den Zeitraum November 2010 bis Februar 2011 Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren von EUR 18.229,32 zuzüglich Verzugszinsen von 8,38 %. Der Mitbeteiligte sei als Geschäftsführer für die Abfuhr der Beiträge verantwortlich gewesen. Im Insolvenzverfahren sei am 4. Juli 2011 ein Sanierungsplan mit einer Quote von 20 % beschlossen worden, die Restforderung sei gegenüber der GmbH uneinbringlich. Der Mitbeteiligte habe auf das Schreiben vom 30. Juni 2011 nicht - insbesondere nicht durch den Nachweis einer Gleichbehandlung der Revisionswerberin und der anderen Gläubiger - reagiert. Nach der Rechtsprechung habe derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun, aus denen ihm die Erfüllung nicht möglich gewesen sei, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Vorliegend sei daher dem Mitbeteiligten anzulasten, dass er der Pflicht zur Abfuhr der Beiträge schuldhaft nicht nachgekommen sei, und deshalb seine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG auszusprechen gewesen.
Die Begründung enthält ferner eine Aufgliederung in Teilbeträge - nämlich sieben Teilbeträge (von zusammen EUR 17.509,56) für die betreffenden Kalendermonate November 2010 bis Februar 2011 und einen pauschalen Restbetrag (von EUR 9,96) für das Kalenderjahr 2010 - sowie kapitalisierte Zinsen bis 27. Juli 2011 (von EUR 709,80), deren Gesamtsumme (EUR 18.229,32) nach Abzug der Sanierungsplanquote (EUR 3.645,87) den Haftungsbetrag ergibt.
3.2. Der anwaltlich vertretene Mitbeteiligte erhob mit Schriftsatz vom 23. August 2011 Einspruch gegen den Bescheid und brachte vor, die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG seien nicht erfüllt. Es fehle an einer schuldhaften Pflichtverletzung, zumal keine Mittel für eine zumindest anteilige Befriedigung der Ansprüche der Revisionswerberin vorgelegen seien. Ab dem haftungsrelevanten Zeitraum (ab November 2010) seien auch die Löhne nicht bzw. nur mehr anteilig im gleichen Ausmaß wie die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt worden. Zudem sei Ratenzahlung vereinbart worden. Im Übrigen sei der Haftungsbetrag falsch berechnet worden, weil Beitragszuschläge und Zinsen enthalten seien, für die keine Haftung bestehe.
Zum Beweis legte der Mitbeteiligte Forderungsanmeldungen der Dienstnehmer im Insolvenzverfahren vor und beantragte Parteienvernehmung.
3.3. Die Revisionswerberin entgegnete mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2011, im Haftungsverfahren habe der Verpflichtete darzulegen, weshalb er für die Entrichtung der Beiträge nicht Sorge tragen konnte, und dafür entsprechende Beweise anzubieten. Trotz der amtswegigen Ermittlungspflicht treffe nämlich denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die besondere Verpflichtung, darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung nicht möglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, dass er der Pflicht nicht nachgekommen sei. Vorliegend sei der Mitbeteiligte mit Schreiben vom 30. Juni 2011 aufgefordert worden, darzulegen, weshalb ihm ein haftungsbegründendes Verschulden nicht anzulasten sei. Er habe darauf nicht reagiert, sodass seine Haftung auszusprechen gewesen sei. Soweit der Mitbeteiligte die Bedienung der Löhne im gleichen Ausmaß wie der Sozialversicherungsbeiträge behaupte, sei ihm entgegenzuhalten, dass es für die Erfüllung der Gleichbehandlungspflicht nicht bloß auf die Dienstnehmerforderungen, sondern auf die Gesamtsumme aller fälligen Forderungen und der darauf geleisteten Zahlungen ankomme. Was die sonstigen Einwendungen betreffe, so sei eine Ratenvereinbarung nicht getroffen worden; die Zinsenpflicht ergebe sich aus § 58 Abs. 5 ASVG, Beitragszuschläge seien nicht angelastet worden.
3.4. Der Landeshauptmann übermittelte die Entgegnung der Revisionswerberin an den Mitbeteiligten zur Äußerung. Dieser erwiderte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011, er sei seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Das Schreiben vom 30. Juni 2011 sei ihm offenbar wegen der Postsperre im Insolvenzverfahren nicht zugestellt worden, sonst hätte er darauf reagiert. Nach der Rechtsprechung sei ein Vertreter im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG dann exkulpiert, wenn er nachweise, dass er im Beurteilungszeitraum entweder über keine Mittel verfügt und deshalb keine Zahlungen geleistet habe, oder dass er zwar über Mittel verfügt aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung die Beitragsschulden nur zu jenem Teil bzw. im nicht geringeren Ausmaß als die Forderungen der anderen Gläubiger beglichen habe. Letzteres sei hier der Fall gewesen, sodass der Mitbeteiligte für die Beitragsschulden nicht haftbar gemacht werden könne. Wie der Mitbeteiligte weiters ausführte, habe er in den sechs Monaten vor der Konkurseröffnung Zahlungen von EUR 37.489,27 an die Revisionswerberin geleistet. Nur für diese "Ungleichbehandlung" könne ihn allenfalls ein Verschulden treffen. In den in Rede stehenden Monaten habe er keine Löhne und Gehälter mehr ausbezahlt, wie die Anerkennung der Dienstnehmerforderungen von EUR 39.300,-- im Insolvenzverfahren zeige. Folglich seien die Löhne und Gehälter sowie die Sozialversicherungsbeiträge gleich behandelt worden.
Zum Beweis legte der Mitbeteiligte das Anmeldungsverzeichnis im Insolvenzverfahren vor und beantragte die Einvernahme des Masseverwalters.
3.5. Die Revisionswerberin entgegnete mit Schriftsatz vom 22. März 2012, das Schreiben vom 30. Juni 2011 sei nicht an die GmbH, sondern an den Mitbeteiligten persönlich an dessen Privatanschrift gesendet worden. Der Mitbeteiligte sei seiner Mitwirkungspflicht trotz Aufforderung nicht nachgekommen, habe er doch ein entsprechendes Vorbringen nicht erstattet und die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt. Für die Erfüllung der Gleichbehandlungspflicht komme es nicht bloß auf die Bedienung der Dienstnehmerforderungen, sondern auf die Summe aller fälligen Forderungen und der darauf geleisteten Zahlungen an. Eine diesbezügliche Beurteilung sei mangels Vorlage der erforderlichen Unterlagen durch den Mitbeteiligten nicht möglich.
3.6. Der Landeshauptmann übermittelte die Entgegnung der Revisionswerberin an den Mitbeteiligten zur Äußerung. Dieser erwiderte mit Schriftsatz vom 25. April 2012, bei ordnungsgemäßer Zustellung des Schreibens vom 30. Juni 2011 wäre er seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Im Abgabenverfahren herrsche der Untersuchungsgrundsatz, die Behörde habe daher von Amts wegen die materielle Wahrheit zu erforschen. Vorliegend sei die Revisionswerberin ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen, da sie die betreffenden Unterlagen (vor allem das Anmeldungsverzeichnis und die Insolvenzberichte des Masseverwalters) nicht beigeschafft habe. Hätte sie dies getan, wäre hervorgekommen, dass der Mitbeteiligte seiner Gleichbehandlungspflicht entsprochen habe. Nicht zuletzt enthalte der Haftungsbescheid auch keine Ausführungen zur subjektiven Tatseite, wobei Vorsatz vorliegen müsse, der dem Mitbeteiligten nicht anzulasten sei.
3.7. Die Revisionswerberin entgegnete mit Schriftsatz vom 25. September 2013, die Beischaffung des Anmeldungsverzeichnisses und der Insolvenzberichte hätte zur Überprüfung der Gleichbehandlung keineswegs ausgereicht. Vielmehr wäre eine Auflistung aller Verbindlichkeiten gegenüber der Revisionswerberin und den anderen Gläubigern sowie der erfolgten Zahlungen zu erstellen gewesen. Dafür wäre aber die Mitwirkung des Mitbeteiligten erforderlich gewesen, die unterblieben sei. Bezüglich der subjektiven Haftungsvoraussetzungen reiche leichte Fahrlässigkeit aus.
4.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hob das Verwaltungsgericht - auf das die Zuständigkeit zur Entscheidung über den als Beschwerde zu behandelnden Einspruch übergegangen ist - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Haftungsbescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Revisionswerberin zurück.
4.2. Das Verwaltungsgericht führte - nach Darstellung des Verfahrensgangs und des Vorbringens - im Wesentlichen aus, die Haftung des Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG setze neben der Uneinbringlichkeit beim Vertretenen die ziffernmäßige Bestimmtheit der Beitragsschulden, die rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter sowie die Kausalität der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit voraus.
Vorliegend sei zwar - da der Sanierungsplan durch das Insolvenzgericht bestätigt worden sei und damit von der Befriedigung der Revisionswerberin mit einer Quote von 20 % auszugehen sei - von der Uneinbringlichkeit der restlichen Beitragsschulden bei der GmbH auszugehen. Dem Haftungsbescheid sei jedoch nicht zu entnehmen, wie sich der vorgeschriebene Betrag konkret zusammensetze, weil weder ein Rückstandsausweis noch eine andere Aufstellung beigefügt sei. Die Revisionswerberin werde daher im Folgebescheid darzulegen haben, welche Beiträge für welchen Dienstnehmer in welchem Zeitraum jeweils herangezogen worden seien. Weiters werde die Revisionswerberin zu prüfen haben, ob nicht Beiträge für einen länger zurückliegenden Zeitraum bereits von der Einforderungsverjährung umfasst seien. Auch eine schuldhafte Pflichtverletzung sei nicht ohne Weiteres anzunehmen. Dass die GmbH die Beiträge nicht bezahlt habe, die Einbringung erfolglos geblieben sei und der Mitbeteiligte am Verfahren nicht mitgewirkt habe, reiche für die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht aus; dies insbesondere, weil der Mitbeteiligte das Schreiben vom 30. Juni 2011 nicht erhalten habe, sodass aus seiner unterbliebenen Reaktion nicht auf eine Verletzung der Mitwirkungspflicht geschlossen werden könne. Den Mitbeteiligten treffe zwar eine Darlegungspflicht, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei, die Behauptungs- und Beweislast dürfe aber nicht überspannt und die Behörde nicht von jeder Ermittlungspflicht entbunden werden. Die Revisionswerberin werde daher darzulegen haben, inwiefern dem Mitbeteiligten eine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten sei.
Die Revisionswerberin habe die wesentliche Ermittlungs- und Begründungstätigkeit gleichsam an das Verwaltungsgericht delegiert (Hinweis auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Ein solches Vorgehen führe zu einer Einschränkung des Rechtsschutzes des Mitbeteiligten. Der angefochtene Bescheid sei daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Sache an die Revisionswerberin zurückzuverweisen.
4.3. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
5. Gegen diesen Beschluss wendet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben bzw. in der Sache selbst zu erkennen.
Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
6. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7. Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, es fehle Rechtsprechung zu den §§ 27, 28 VwGVG. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufhebung und Zurückverweisung widerspreche den Intentionen des Gesetzgebers. Das Verwaltungsgericht hätte in der Sache selbst entscheiden müssen.
Die Revision ist zulässig, weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs zu § 28 VwGVG abgewichen ist. Die Revision ist aus dem Grund auch berechtigt.
8.1. Zu den für kassatorische Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG geltenden Voraussetzungen ist auf das schon erwähnte hg. Erkenntnis Ro 2014/03/0063 zu verweisen (§ 43 Abs. 2 VwGG). Der Verwaltungsgerichtshof hat darin dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG verbleibenden Ausnahmen von der meritorischen Entscheidungspflicht sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken - etwa wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat - Gebrauch gemacht werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits hervorgehoben (vgl. etwa VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.
8.2. Vorliegend sind Ermittlungsmängel, die eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Verwaltungsgericht im soeben aufgezeigten Sinn rechtfertigen könnten, aus den nachstehenden Erwägungen nicht zu sehen.
9. Die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG setzt die Uneinbringlichkeit der Beiträge, die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit sowie den Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus (vgl. VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG).
10.1. Die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner ist in der Regel (unter anderem) nach Abschluss eines Sanierungsplans anzunehmen, ist doch - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - davon auszugehen, dass der in der Quote nicht mehr Deckung findende Teil der Beitragsforderung uneinbringlich sein wird (vgl. VwGH 22.9.1999, 96/15/0049; 26.5.2004, 2001/08/0127).
Da vorliegend der Sanierungsplan am 4. Juli 2011 mit einer Quote von 20 % angenommen und am 17. August 2011 rechtskräftig bestätigt sowie das Sanierungsverfahren aufgehoben wurde, ist das Verwaltungsgericht zutreffend von der Uneinbringlichkeit der nicht durch die Quote gedeckten Beitragsschulden bei der GmbH ausgegangen.
10.2. Auch die Stellung des Mitbeteiligten als Vertreter im Sinn des § 67 Abs. 10 ASVG ist auf Grund seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH zu bejahen (vgl. VwGH 29.3.2000, 95/08/0140).
11. Was das - vom Mitbeteiligten bestrittene - Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung betrifft, so ist im Hinblick darauf, dass der Haftungsbescheid im Wesentlichen rückständige Beiträge für den Zeitraum ab November 2010 betrifft, auf die durch die Novelle BGBl. I Nr. 62/2010 (SRÄG 2010) mit 1. August 2010 geänderte Rechtslage abzustellen. Was den pauschal ausgewiesenen Beitragsrest für das Jahr 2010 anbelangt, so traf den Mitbeteiligten auch insofern (selbst bei früherer Fälligkeit) ab dem 1. August 2010 die Gleichbehandlungspflicht (vgl. näher Punkt 12.1.) und ist daher auch insoweit das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung nach der Rechtslage ab dem SRÄG 2010 zu beurteilen.
12.1. Durch das SRÄG 2010 wurde der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 10 ASVG dahingehend erweitert (vgl. zur vorangehenden Rechtslage VwGH (verstärkter Senat) 12.12.2000, 98/08/0191, VwSlg. 15528A), dass durch die Einfügung des § 58 Abs. 5 ASVG den dort angeführten Vertretern (u.a. von juristischen Personen) die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen übertragen wurde. Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten ist daher nunmehr Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001). Eine solche die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (vgl. VwGH 7.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).
12.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH 26.5.2004, 2001/08/0043; 26.1.2005, 2002/08/0213; 25.5.2011, 2008/08/0169). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (vgl. VwGH 21.9.1999, 99/08/0065).
13.1. Ausgehend von diesen Grundsätzen hätte der Mitbeteiligte nicht nur allgemein dartun müssen, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat. Vielmehr hätte er in Hinblick darauf, dass er die Einstellung aller Zahlungen nicht behauptet hat, insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen müssen (vgl. abermals VwGH 2002/08/0213; Ra 2015/08/0040). Der anwaltlich vertretene Mitbeteiligte machte jedoch - obwohl er dazu im Verfahren vor dem Landeshauptmann wiederholt aufgefordert wurde, indem ihm die Stellungnahmen der Revisionswerberin vom 13. Oktober 2011 und 22. März 2012 (in denen jeweils auf die Notwendigkeit eines solchen Vorbringens hingewiesen wurde) zur Gegenäußerung zugestellt wurden - keinerlei diesbezügliche Angaben. Auf das Schreiben der Revisionswerberin vom 30. Juni 2010 und dessen strittige Zustellung kam es im Hinblick auf die durch den Landeshauptmann erfolgten Aufforderungen nicht mehr an (vgl. VwGH 21.5.1996, 93/08/0221).
13.2. Davon ausgehend ist der Mitbeteiligte seiner besonderen Mitwirkungspflicht im Verfahren trotz Aufforderung nicht nachgekommen. Im Hinblick darauf kann nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung ohne weitere Ermittlungen eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden.
13.3. Die Haftung des Mitbeteiligten erstreckt sich nach dem oben Gesagten auf die Beitragsschulden zur Gänze. Sie umfasst im Hinblick auf die §§ 58 Abs. 5, 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG. Beitragszuschläge wurden nicht angelastet. Eine Ratenvereinbarung wurde weder konkret behauptet noch nachgewiesen.
14.1. Wie das Verwaltungsgericht verkennt, bedarf es auch keiner weiteren Klarstellung, wie sich der Haftungsbetrag im Einzelnen zusammensetzt. Die im Bescheid enthaltene Aufgliederung in Teilbeträge für bestimmte Zeiträume zuzüglich Verzugszinsen ist für das gegenständliche Verfahren hinreichend.
14.2. Das Verwaltungsgericht irrt auch insofern, als es die Frage einer allfälligen Verjährung der Beitragsschulden für näher erörterungsbedürftig erachtet.
Nach § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei (allenfalls fünf) Jahren vom Tag der Fälligkeit an. Vorliegend geht es um Beiträge, die ab dem Jahr 2010 fällig geworden sind, sodass bis zur Erlassung des Bescheids vom 26. Juli 2011 Verjährung allein schon mangels Fristablaufs keinesfalls eingetreten sein kann. Spätestens durch diesen Bescheid wurde die Verjährungsfrist unterbrochen und konnte während des gesamten weiteren der Feststellung der Beitragsschulden dienenden Verfahrens einschließlich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht neuerlich zu laufen beginnen (vgl. VwGH 10.4.2013, 2012/08/0093).
Gemäß § 68 Abs. 2 ASVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach der Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Von gegenüber dem Haftungspflichtigen festgestellten Beitragsschulden kann allerdings so lange nicht gesprochen werden, als noch ein Streit über die Haftungsverpflichtung selbst nach § 68 Abs. 1 ASVG besteht (vgl. VwGH 26.5.2004, 2001/08/0209).
15. Die Kausalität der dem Mitbeteiligten anzulastenden Pflichtverletzungen für die Uneinbringlichkeit und der Rechtswidrigkeitszusammenhang sind mangels eines stichhältigen Bestreitungsvorbringens bzw. gegenteiliger Anhaltspunkte ebenso zu bejahen.
16.1. Aus den dargestellten Erwägungen sind daher Ermittlungsmängel, die eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Verwaltungsgericht rechtfertigen könnten, nicht zu sehen. Von krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken sowie einer Delegierung der wesentlichen Ermittlungs- und Begründungstätigkeit durch die Revisionswerberin an das Verwaltungsgericht kann überhaupt keine Rede sein. Vielmehr kann - nach einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung (§ 24 VwGVG) - vom Verwaltungsgericht meritorisch entschieden werden.
16.2. Die Zurückverweisung der Sache ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht geboten, um dem Mitbeteiligten einen effektiven Rechtsschutz in einem Rechtsmittelverfahren zu ermöglichen, ist doch ein solcher jedenfalls gewährleistet (vgl. VwGH 19.1.2017, Ro 2014/08/0082).
17. Insgesamt hat daher das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine kassatorische Entscheidung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG getroffen. Der angefochtene Beschluss war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
18. Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG hat die Revisionswerberin im Fall einer Amtsrevision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz. Ein Aufwandersatz gegenüber der Revisionswerberin kommt aber auch deswegen nicht in Betracht, weil sie selbst Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG ist. Der diesbezügliche Antrag war daher abzuweisen (vgl. VwGH 12.1.2016, Ra 2014/08/0028).
Wien, am 11. April 2018
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