VwGH Ra 2014/04/0042

VwGHRa 2014/04/004224.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision der K GmbH in W, vertreten durch Mag. Florian Knotek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Pergerstraße 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29. Juli 2014, Zl. VGW- 101/042/20498/2014-4, betreffend Zustellung in Angelegenheit Entziehung der Gewerbeberechtigung, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs6 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs6 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

"Erstes" Verfahren:

1.1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 13. November 2008 wurde der Revisionswerberin gemäß § 87 Abs. 1 Z 4a iVm § 376 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Gewerbeberechtigung "Immobilienverwalter" entzogen. Die Zustellung des Bescheides erfolgte im Wege der in § 365l GewO 1994 vorgesehenen Zustellfiktion. Darüber hinaus wurde der Revisionswerberin am 23. November 2009 eine Kopie des Bescheides anlässlich einer Vorsprache bei der Behörde persönlich ausgehändigt.

1.2. Die gegen die Gewerbeentziehung erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 14. April 2010 als verspätet zurück. Er begründete dies damit, dass der erstinstanzliche Bescheid nach § 365l GewO 1994 am 12. Jänner 2009 rechtswirksam zugestellt worden und somit die am 7. Dezember 2009 bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung verspätet gewesen sei.

1.3. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes erhob die Revisionswerberin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der aus Anlass des Beschwerdefalles beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend § 365l GewO 1994 beantragte. Mit Erkenntnis vom 24. September 2013, G 103/2012-10 (VfSlg. 19.787/2013), hat der Verfassungsgerichtshof § 365l GewO 1994 (in der Fassung BGBl. I Nr. 82/1997) als verfassungswidrig aufgehoben und weiters ausgesprochen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

1.4. Mit hg. Erkenntnis vom 13. November 2013, 2013/04/0124, wurde der den Anlassfall bildende Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. April 2010 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1.5. Eine Entscheidung des mit 1. Jänner 2014 in das fortgesetzte Verfahren eingetretenen Verwaltungsgerichtes Wien liegt bis dato noch nicht vor.

"Zweites" Verfahren:

2.1. Am 1. Juni 2011 beantragte die Revisionswerberin die neuerliche Zustellung des erstinstanzlichen Gewerbeentziehungsbescheides vom 13. November 2008. Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 wies der Magistrat der Stadt Wien diesen Antrag ab. Der dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 16. Juli 2012 keine Folge, weil die Zustellung des Gewerbeentziehungsbescheides am 12. Jänner 2009 gemäß § 365l GewO 1994 rechtswirksam erfolgt sei. Dies habe er bereits mit dem Berufungsbescheid vom 14. April 2010 ausgesprochen und an die dortigen Feststellungen sei er gebunden. Da ein Recht auf mehrmalige Zustellung eines Bescheides nicht bestehe, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

2.2. Mit hg. Erkenntnis vom 13. November 2013, 2012/04/0118, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes vom 16. Juli 2012 auf. In der Begründung verwies er auf die Aufhebung des § 365l GewO 1994 durch den Verfassungsgerichtshof und die daran anschließende Aufhebung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 14. April 2010 durch den Verwaltungsgerichtshof. Da dieser Bescheidaufhebung ex-tunc- Wirkung zukomme, sei bei der Beurteilung des Bescheides vom 16. Juli 2012, welcher vom Landeshauptmann ausdrücklich mit der Bindungswirkung des (damals) rechtskräftigen Bescheides vom 14. April 2010 begründet wurde, so vorzugehen, als ob jener Bescheid zum Zeitpunkt der Erlassung des vorliegend angefochtenen Bescheides nicht bestanden hätte. Damit entfalle die vom Landeshauptmann als tragende Begründung für den angefochtenen Bescheid ins Treffen geführte Bindungswirkung.

2.3. Das auch in dieses Verfahren mit 1. Jänner 2014 eingetretene Verwaltungsgericht Wien hat mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 29. Juli 2014 ausgesprochen, dass der Antrag der Revisionswerberin vom 1. Juni 2011 auf (neuerliche) Zustellung des mit 13. November 2008 datierten Bescheides betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung als unzulässig zurückgewiesen wird.

Das Verwaltungsgericht begründete dies im Wesentlichen damit, dass auf Grund der Aufhebung des § 365l GewO 1994 der genannte Gewerbeentziehungsbescheid der Revisionswerberin bislang nie zugestellt worden sei. Da die Entziehung der Gewerbeberechtigung von Amts wegen erfolge, komme der Revisionswerberin kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines solchen Bescheides zu. Die Zustellung des Bescheides diene auch keinem rechtlichen Interesse der Revisionswerberin, zumal ihr durch die Nichtzustellung ohnedies kein Rechtsnachteil entstehe bzw. entstanden sei.

2.4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Sie bringt unter anderem vor, die Revisionswerberin sei durch den Bescheid (gemeint wohl: das Erkenntnis) "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Beiziehung zu einem sie betreffenden Verwaltungsverfahren sowie ihrem Recht auf Verständigung über eine Entscheidung einer Behörde verletzt." Auch werde das "einfachgesetzlich gewährleistete Recht der Revisionswerberin auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung infolge Nichtvorliegens von Entziehungstatbeständen verletzt".

3. Die vorliegende Revision erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

3.1. Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG kann gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nur dann zulässig ist, wenn die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung zumindest möglich ist (vgl. etwa hg. Beschlüsse vom 30. September 2002, 2000/10/0029, und vom 26. April 2013, 2012/07/0085, beide mwH). Diese Rechtsprechung kann auf die infolge der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 geänderte Rechtslage übertragen werden, zumal eine auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG gestützte Berechtigung zur Revisionserhebung die Möglichkeit der Rechtsverletzung voraussetzt (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 27. November 2014, Ra 2014/03/0039, und vom 21. April 2015, Ro 2014/01/0034).

Eine Revision ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen fehlender Revisionsberechtigung somit immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann.

3.2. Ein solcher Fall liegt gegenständlich vor:

Im vorliegenden Verfahren geht es um die neuerliche Zustellung des erstinstanzlichen Gewerbeentziehungsbescheides vom 13. November 2008. Zwar trifft es nicht zu - wie das Verwaltungsgericht Wien in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses offenbar meint -, dass sich die Anlassfallwirkung der Aufhebung des § 365l GewO 1994 unmittelbar auf den erstinstanzlichen Bescheid erstrecke und allein deshalb eine Zustellung des Gewerbeentziehungsbescheides nicht erfolgt sei. Über das rechtliche Schicksal des erstinstanzlichen Bescheides wird vielmehr im fortgesetzten Verfahren zum hg. Erkenntnis 2013/04/0124 ("erstes" Verfahren) entschieden.

Unabhängig vom Ausgang des ("ersten" Verfahrens kann die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts im "zweiten" Verfahren nicht in ihren Rechten verletzt sein. Für den Fall, dass der amtswegig zu erlassende und die Entziehung einer Berechtigung aussprechende Bescheid vom 13. November 2008 nicht rechtswirksam zugestellt wurde, ist dieser nicht erlassen und entfaltet somit auch keine Rechtswirkungen gegenüber der Revisionswerberin. Eine Verletzung des "einfachgesetzlich gewährleistete(n) Recht(s) der Revisionswerberin auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung" läge demnach nicht vor. Ein Rechtsanspruch auf Erlassung eines solchen Bescheides kommt der Revisionswerberin - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - zudem nicht zu. Wurde der Gewerbeentziehungsbescheid hingegen rechtswirksam zugestellt (etwa durch die am 23. November 2009 erfolgte persönliche Aushändigung einer Bescheidkopie), fehlt der Revisionswerberin ein rechtliches Interesse an einer neuerlichen Zustellung. Sie wäre in diesem Fall nicht in ihrem "Recht auf Verständigung über eine Entscheidung einer Behörde" verletzt.

Die Revisionswerberin kann somit durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, mit dem der Antrag auf neuerliche Zustellung des Gewerbeentziehungsbescheides vom 13. November 2008 zurückgewiesen wird, nicht in ihren Rechten im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG verletzt sein.

4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2015

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