VwGH 2013/04/0124

VwGH2013/04/012413.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde der X-GmbH in W, vertreten durch die Burghofer Rechtsanwalts GmbH in 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. April 2010, Zl. M63/001403/2010, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
GewO 1994 §365l;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
B-VG Art140 Abs7;
GewO 1994 §365l;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. April 2010 wies die belangte Behörde eine Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen einen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (der Behörde erster Instanz) vom 13. November 2008, mit dem der beschwerdeführenden Partei gemäß § 87 Abs. 1 Z. 4a iVm § 376 Z. 16a Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 die Gewerbeberechtigung "Immobilienverwalter" entzogen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der an die beschwerdeführende Partei an deren Standort in W, W.-straße, abgefertigte erstinstanzliche Bescheid am 10. Dezember 2008 an die Behörde erster Instanz mit dem Vermerk "verzogen" zurückgestellt worden sei.

In ihrer am 6. Dezember 2009 eingebrachten Berufung habe die beschwerdeführende Partei, vertreten durch ihre handelsrechtliche Geschäftsführerin S.K., (u.a.) die rechtswirksame Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides bestritten und dazu vorgebracht, S.K. sei zwischen 10. November 2008 und 12. Dezember 2008 nicht in Wien, somit ortsabwesend gewesen. Nach einem vorgelegten Schreiben des Architekten DI K. habe sich S.K. in diesem Zeitraum bei dessen Eltern in Niederösterreich als Gast aufgehalten, "um sich bewusst losgelöst von Beruf und Alltag in Ruhe auszukurieren und anschließend zu erholen".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen - unter Wiedergabe u.a. des § 19 Zustellgesetz (ZustG) und des § 365l GewO 1994 - aus, nach der zuletzt angeführten Bestimmung sei der erstinstanzliche Bescheid am 12. Jänner 2009 rechtswirksam zugestellt worden, sodass die zweiwöchige Berufungsfrist bereits am 26. Jänner 2009 abgelaufen sei. Die erst am 7. Dezember 2009 bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Aus Anlass des Beschwerdefalles stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. September 2012, Zl. A 2012/0019, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 365l GewO 1994 (in der Fassung BGBl. I Nr. 82/1997) samt Überschrift als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu, den ersten Satz der genannten Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 24. September 2013, G 103/2012-10, hat der Verfassungsgerichtshof § 365l GewO, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 82/1997, als verfassungswidrig aufgehoben, und weiters ausgesprochen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse jeweils vom 27. Februar 2013, Zlen. 2013/01/0009 und 0010, mwN).

Der vorliegende Beschwerdefall bildet den Anlassfall für die Aufhebung der Bestimmung des § 365l GewO 1994.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf diese Bestimmung gestützt, die nach dem Gesagten im Beschwerdefall nicht (mehr) anzuwenden war.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. November 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte