Spruch:
I.) Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgeben.
II.) Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit Beschluss vom 13. April 1999 bewilligte der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführern gemäß § 61 VwGG die Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen die oben genannten Bescheide. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Wien bestellte daraufhin mit Bescheid vom 3. Mai 1999 (dem Verfahrenshelfer zugestellt am 10. Mai 1999) Dr. , Rechtsanwalt in Wien zum Verfahrenshelfer. Dieser erhob sodann am 10. Juni 1999 Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, wobei er sich auf seine Bestellung zum Verfahrenshelfer berief. Der Verfassungsgerichtshof wies in weiterer Folge diese Beschwerden mit Beschluss je vom 23. Juni 1999, B 1019/99 bis 1021/99 als verspätet zurück. Diese Beschlüsse wurden dem Verfahrenshelfer nach seinen Angaben am 13. Juli 1999 zugestellt.
Da der Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien dem Verfahrenshelfer am 10. Mai 1999 zugestellt wurde, war demnach die Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshof - Beschwerde am 21. Juni 1999 abgelaufen.
Die Beschwerdeführer begründen ihre am 23. Juli 1999 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Wiedereinsetzungsanträge im Wesentlichen damit, ihr Rechtsvertreter habe durch einen minderen Grad des Versehens irrtümlich angenommen, dass die Bestellung zum Verfahrenshelfer auch für die Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gelte.
Hiefür seien im Wesentlichen drei Umstände maßgeblich:
- der bestellte Verfahrenshelfer habe sich im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde infolge einer außergewöhnlichen Arbeitsbelastung und damals auftretender gesundheitlicher Probleme in einer besonderen Stresssituation befunden, weshalb er die Verfassung der Beschwerde an den schon öfters betrauten und sonst sehr verlässlichen Dr. PS übertragen habe, welcher anstatt einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eine solche an den Verfassungsgerichtshof verfasst habe, die in der Folge auch eingebracht worden sei;
- neben dem Namen jener Person, die den Beschluss über die Gewährung der Verfahrenshilfe gefertigt habe, habe sich der Stempel "Verwaltungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof" befunden, sodass aus dem Beschluss nicht eindeutig hervorgegangen sei, ob es sich um einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungsgerichtshofes oder aber beider Gerichtshöfe gehandelt habe;
- die des Weiteren vom Verfahrenshelfer gestellte Prognose, eine Befassung des Verwaltungsgerichtshofes werde auch nach Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof im Abtretungswege möglich sein, beruhe auf einem, einem "Ereignis" im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG gleichzuhaltenden Irrtum. Dem Verfahrenshelfer falle jedoch insoferne nur ein minderer Grad des Versehens zur Last. In dieser Hinsicht sei nämlich darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Abtretung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof nicht einheitlich, nicht übersichtlich und schwer vorhersehbar sei. In der Regel trete der Verfassungsgerichtshof Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof ab, ohne sich mit der Frage des Vorliegens der Prozessvoraussetzungen auseinander zu setzen. Es müsse daher als ein minderer Grad des Versehens angesehen werden, wenn der Verfahrenshelfer auch im vorliegenden Fall mit der Möglichkeit einer Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gerechnet habe. Dafür, dass er die Zurückweisung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof bloß auf Grund eines minderen Grad des Versehens nicht vorhergesehen habe, spreche auch die Vorschrift des § 61 Abs. 4 VwGG, wonach die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer durch den Verfassungsgerichtshof im Falle des Art. 144 Abs. 3 B-VG auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gelte. Im Hinblick auf den dem B-VG innewohnenden Grundsatz der Gleichstellung der beiden Höchstgerichte müsse es als zumindest vertretbare Rechtsauffassung angesehen werden, dass die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer durch den Verwaltungsgerichtshof auch als eine solche im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gelten könne.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein minderer Grad des Versehens hindert die Wiedereinsetzung nicht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (siehe den hg. Beschluss vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0176, mwN). Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Parteien nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich bei dem verschuldeten Ereignis höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Beschluss vom 8. August 1996, Zl. 96/14/0072, 0078). Zu beurteilen ist somit das Verhalten des Rechtsanwaltes selbst (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Jänner 1990, Zl. 89/18/0202, 0203). Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also jedenfalls nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige, bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die schon zitierten hg. Beschlüsse vom 23. Februar 1995 und vom 8. August 1996, mwN).
Bei Anwendung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Rechtsanwalt obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, sich über den Inhalt des Bestellungsbeschlusses zu vergewissern. Dabei hätte es dem Rechtsanwalt auf Grund des Verweises auf § 61 VwGG sowohl im Bewilligungsbeschluss als auch im Schreiben an den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Wien und auf Grund des Hinweises auf § 26 Abs. 3 VwGG bei der Rechtsbelehrung über den Beginn des Fristenlaufes auffallen müssen, dass die Verfahrenshilfe ganz unmissverständlich zur Einbringung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bewilligt und er hierfür von der Rechtsanwaltskammer als Verfahrenshelfer bestellt worden war. Dass aus dem neben dem Namen des Berichters aufscheinenden Stempelaufdruck (der gemeinsamen Einlaufstelle) "Verwaltungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof" nicht eindeutig hervorgehe, um den Beschluss welchen Gerichtes es sich nun tatsächlich handle, überzeugt einerseits schon im Hinblick auf die eindeutige Textierung des Beschlusses ("Der Verwaltungsgerichtshof bewilligt gemäß § 61 VwGG ...") nicht und andererseits ist durch die (auch vom Verfahrenshelfer zitierte) Beifügung "eingelangt 4. Mai 1999" eindeutig erkennbar, dass es sich hiebei um den auf dem Schriftstück angebrachten Eingangsvermerk handelt. Soweit der Rechtsanwalt unter Hinweis auf seine besondere Stresssituation im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde darauf hinweist, deren Verfassung einem schon öfters betrauten und sonst sehr verlässlichen Mitarbeiter übertragen zu haben, welcher anstatt einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eine solche an den Verfassungsgerichtshof verfasst habe, ist ihm zu entgegnen, dass ihn auch die Delegierung der Beschwerdeverfassung nicht von der Verpflichtung entbunden hat, diese vor Unterfertigung zu kontrollieren und sich dabei auch über den Inhalt des Bestellungsbeschlusses zu vergewissern. Wenn der Verfahrenshelfer des Weiteren damit argumentiert, er habe die Prognose gestellt, eine Befassung des Verwaltungsgerichtshofes werde auch nach Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof im Abtretungswege möglich sein, so macht er im Ergebnis als Wiedereinsetzungsgrund geltend, dass ihm ein entschuldbarer Rechtsirrtum unterlaufen sei. Unabhängig von der Frage, ob dieser Rechtsirrtum an sich einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könne, kann jedoch von einem minderen Grad des Versehens keine Rede sein. Auch der Verfassungsgerichtshof weist nämlich in ständiger Rechtsprechung Verfassungsgerichtshofbeschwerden als verspätet zurück (und mit den Beschwerden verbundene Abtretungsanträge ab), wenn bei ihrer Einbringung nur mehr die Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde - wegen § 26 Abs. 3 VwGG - offen war (vgl. VfSlg. 14.333 mwN). Selbst wenn - was im gegenständlichen Fall nicht geschehen ist, aber vom Verfahrenshelfer offenbar als möglich angesehen wurde - die Ablehnung der Behandlung der Sukzessivbeschwerde durch den Verfassungsgerichtshof unter Verzicht auf die Prüfung der Rechtzeitigkeit erfolgt wäre, hätte dies zur Zurückweisung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof wegen Versäumung der Beschwerdefrist geführt. Die Geltung einer von beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gewährten Verfahrenshilfe auch für das Beschwerdeverfahren vor dem anderen Gerichtshof wurde nur für den Fall der so genannten Sukzessivbeschwerde in der - auch vom Verfahrenshelfer zitierten - Bestimmung des § 61 Abs. 4 VwGG vorgesehen. Wenn der Verfahrenshelfer dessen ungeachtet ungeprüft im Sinne seiner Ansicht agierte, so stellt dies eine grobe Sorgfaltswidrigkeit dar, welche die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt.
Den Wiedereinsetzungsanträgen war daher nicht stattzugeben.
Bei diesem Ergebnis waren die am 23. Juli 1999 zur Post gegebenen Beschwerden wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigte.
Wien, am 4. Februar 2000
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