VwGH 99/11/0286

VwGH99/11/028620.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: für Verkehr, Innovation und Technologie) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Juni 1999, Zl. UVS- 03/P/15/00715/99, betreffend Aufforderung zur Beibringung eines Befundes (mitbeteiligte Partei: K in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §64 Abs2;
KDV 1967 §31;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;
AVG §64 Abs2;
KDV 1967 §31;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. Oktober 1997 entzog die Bundespolizeidirektion Wien der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: mbP.) gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die für die Gruppe(n) B erteilte Lenkerberechtigung und sprach gleichzeitig aus, dass ihr gemäß § 73 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Einer eventuellen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt. Die Behörde stützte ihren Bescheid auf eine amtsärztliche Untersuchung vom 30. Oktober 1997, welche sich ihrerseits auf einen Befund des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (gemeint: eine verkehrspsychologische Untersuchung vom 17. September 1997) stützte, wonach die mbP. aus gesundheitlichen Gründen (wegen ausgeprägter Depression und Wiederholungsgefahr des Alkoholmissbrauches) zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe B nicht geeignet sei.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritt die mbP. die Feststellungen der Bundespolizeidirektion Wien und brachte vor, wenn der die amtliche Untersuchung durchführende Arzt seiner Untersuchung die von ihr zur Verfügung gestellten ärztlichen und psychologischen Befunde zu Grunde gelegt hätte, so hätte er in eindeutiger Weise feststellen können, dass die mbP. auf Grund ihres derzeitigen Gesundheitszustandes sehr wohl zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe B in der Lage sei. Als Beweis wurde ua eine neuerliche Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung angeboten.

Im Berufungsverfahren ersuchte die zuständige Magistratsabteilung die für Gesundheitssachen zuständige Abteilung mit Schreiben vom 16. Dezember 1997, es möge ein Gutachten im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeugs der Gruppe B gemäß § 30 KDV 1967 erstellt werden. Mit Schreiben vom 8. Juni 1998 teilte die Magistratsabteilung 15 mit, dass das gewünschte Gutachten nicht habe fertig gestellt werden können, weil die mbP. auf die für 16. Juli 1998 vorgesehene psychiatrische Begutachung an der Universitätsklinik für Psychiatrie Wien verzichtet habe. Im Verwaltungsakt erliegt weiters ein Schreiben der Universitätsklinik für Psychiatrie des Allgemeinen Krankenhauses in Wien vom 16. Dezember 1998, derzufolge die mbP. auf die Untersuchung, zuletzt vereinbart für 16. Dezember 1998, verzichtet habe.

Daraufhin forderte der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 8. Februar 1999 die mbP. gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 auf, binnen zwei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides einen zur Erstellung eines ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befund der Universitätsklinik für Psychiatrie, Allgemeines Krankenhaus Wien, 1090 Wien, betreffend ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges beizubringen. Im Falle des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist werde die Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 zu entziehen sein. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien aus, da gemäß § 31 zweiter Satz KDV eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, der eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzubeziehen hat, anzuordnen sei, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht eines krankhaften Zustandes ergibt, der die geistige Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, sei inzwischen im Zuge des berufungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens mehrmals versucht worden, die mbP. einer eingehenden fachärztlichen Untersuchung zuzuführen. Diese sei jedoch nicht zur notwendigen Untersuchung im Allgemeinen Krankenhaus erschienen.

Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 21. Juni 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und hob den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien auf. Begründend führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aus, das Verfahren sei bereits am 1. November 1997, dem Tag des Inkrafttretens des FSG, anhängig gewesen, es sei daher nach wie vor das KFG 1967 anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelte eine Lenkerberechtigung dann bereits mit der Zustellung des Bescheides erster Instanz und nicht erst mit dessen Rechtskraft als entzogen, wenn der Berufung gegen einen Entziehungsbescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Da im konkreten Fall der Berufung gegen den Entziehungsbescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei, habe sich die mbP. zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Aufforderung zur Beibringung eines psychiatrischen Befundes nicht mehr im Besitz einer Lenkerberechtigung befunden. Der das Verfahren bei der Entziehung der Lenkerberechtigung regelnde § 75 KFG 1967 setze jedoch eine aufrechte Lenkerberechtigung voraus, nur eine solche könne entzogen werden. Die auf § 75 Abs. 2 KFG 1967 gestützte Aufforderung sei demnach unzulässig gewesen. Damit erweise sich auch die Androhung, wonach im Falle des fruchtlosen Verstreichens der gesetzten Frist zur Beibringung des verlangten Befundes die Lenkerberechtigung entzogen werde, als verfehlt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: für Verkehr, Innovation und Technologie). Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien habe bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Rechtslage verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass eine Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 auch im Berufungsverfahren ergehen könne. Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass eine bescheidmäßige Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 in allen Fällen zu ergehen habe, in denen der Besitzer der Lenkerberechtigung die erforderliche Mitwirkung am Ermittlungsverfahren verweigert. Unterlasse die Berufungsbehörde im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens die Erlassung einer bescheidmäßigen Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967, so belaste dies einen nachfolgenden Berufungsbescheid, mit dem die erstinstanzliche Entziehung der Lenkerberechtigung trotz Fehlens eines entsprechenden fachärztlichen Befundes bestätigt wird, mit Rechtswidrigkeit. Folge man der Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, führe dies in konsequenter Fortsetzung der von diesem vertretenen Rechtsansicht zu dem Ergebnis, dass eine Berufung gegen den Entziehungsbescheid obsolet wäre, weil die Lenkerberechtigung ohnedies bereits durch die Bescheiderlassung erster Instanz entzogen wäre und eine bereits entzogene Lenkerberechtigung im Berufungswege nicht abermals entzogen werden könne. Die Entziehung einer Lenkerberechtigung und damit deren rechtlicher Untergang setze jedoch die Rechtskraft eines Entziehungsbescheides voraus. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ihre in der Bescheidbegründung vertretene Auffassung wiederholte, und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Auch die mbP. erstattete eine Gegenschrift, in der sie sich der Auffassung der belangten Behörde anschloss, der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Februar 1999 sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu Recht ersatzlos behoben worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Das Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung der mitbeteiligten Partei war bereits am 1. November 1997, dem Tag des Inkrafttretens des FSG, anhängig. Wie die belangte Behörde zu Recht erkannte, war auch für sie die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des FSG maßgeblich.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des KFG 1967 lauteten (auszugsweise):

"§ 75. ...

(2) Vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ist ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß § 67 Abs. 2 ... einzuholen. ... . Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen oder die Lenkerprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, so ist ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen.

...

§ 123. (1) ... . Entscheidet der Landeshauptmann in erster Instanz, haben über dagegen eingebrachte Berufungen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zu entscheiden. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann gegen Bescheide der unabhängigen Verwaltungssenate Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben."

§ 31 KDV 1967 lautete:

"§ 31. Als ausreichend frei von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen im Sinne des § 30 Abs. 1 Z 1 gelten Personen, bei denen weder Erscheinungsformen von solchen Krankheiten oder Behinderungen, noch schwere geistige und seelische Störungen vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht eines krankhaften Zustandes ergibt, der die geistige Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, der eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzubeziehen hat, anzuordnen."

2. Die Beschwerde ist zulässig. Sie erweist sich aus folgenden Erwägungen auch als begründet:

2.1. Wie die beschwerdeführende Partei zutreffend hervorhebt, ist ein Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 auch im Berufungsverfahren zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1991, Zl. 91/11/0020, vom 12. November 1991, Zl. 91/11/0082, vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/11/0318, und vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0220; implizit kommt diese Auffassung auch in den hg. Erkenntnissen vom 6. Juni 1984, Zlen. 84/11/0137, 0138, sowie vom 24. Februar 1998, Zl. 97/11/0375, zum Ausdruck).

2.2. Kommt der Aufgeforderte einem Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 nicht nach, so kann auch die Berufungsbehörde, die einen derartigen Aufforderungsbescheid erlassen hat, mit Entziehungsbescheid nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 vorgehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1991, Zl. 91/11/0020, vom 12. November 1991, Zl. 91/11/0082, und vom 24. Februar 1998, Zl. 97/11/0375; implizit kommt diese Auffassung auch im hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/11/0318, zum Ausdruck). Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters wiederholt dargelegt hat, setzt der Gesetzgeber in diesem Fall die Weigerung, der Aufforderung Folge zu leisten, dem Mangel einer der in Betracht kommenden Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung gleich. Dabei kommt es nicht darauf an, zu welchem Ergebnis die von der Behörde mit dem rechtskräftigen Aufforderungsbescheid getroffenen Anordnungen letztlich geführt hätten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 1983, Zl. 82/11/0044, vom 22. September 1987, Zl. 87/11/0119, und vom 19. September 1989, Zl. 89/11/0064 (Slg. Nr. 12991/A)).

2.3. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies nicht auch dann gelten sollte, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Entziehungsbehörde erster Instanz einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt hat.

Zunächst ist den diesbezüglichen Überlegungen der belangten Behörde die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten. Wie sich aus den Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zum hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0220, ergibt, hatte die Entziehungsbehörde erster Instanz in diesem Fall einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gleichwohl gab der Verwaltungsgerichtshof im soeben erwähnten Erkenntnis seiner Rechtsauffassung Ausdruck, dass auch die Berufungsbehörde zur Erlassung eines Aufforderungsbescheides gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 ermächtigt gewesen wäre.

Einzuräumen ist der belangten Behörde zwar, dass nach der seit dem hg. Erkenntnis vom 8. November 1962, Zl. 725/62, mittlerweile ständigen Rechtsprechung der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung durch die Entziehungsbehörde erster Instanz zur Folge hat, dass dem Bescheid ohne Rücksicht darauf, ob ein Rechtsmittel erhoben wird oder nicht, vorzeitig die Wirkung der Entziehung der Lenkerberechtigung zukommt (vgl. in diesem Sinne auch die von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnisse vom 5. Juni 1967, Zl. 90/67, vom 21. Mai 1970, Zl. 522/69, vom 10. November 1977, Zl. 1920/76, sowie vom 19. Dezember 1977, Zl. 8/77). Es trifft auch zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. September 1987, Zl. 86/11/0180, den aufrechten Bestand einer Lenkerberechtigung als systemlogische Voraussetzung für einen Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 angesehen und die Auffassung vertreten hat, dass der das Verfahren bei der Entziehung der Lenkerberechtigung regelnde § 75 KFG 1967 nach Wortlaut und Sinn eine aufrechte Lenkerberechtigung voraussetzt, dass mithin nur eine solche entzogen werden kann. Es trifft schließlich auch zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0051, einen Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 für rechtswidrig angesehen hat, der unter einem mit einer Entziehung der Lenkerberechtigung erlassen wurde.

Die belangte Behörde übersieht allerdings, dass die beiden von ihr zitierten zuletzt genannten hg. Erkenntnisse jeweils zu Konstellationen ergangen sind, die mit dem Beschwerdefall in einem entscheidenden Punkt nicht übereinstimmen. In dem dem hg. Erkenntnis vom 22. September 1987, Zl. 86/11/0180, zu Grunde liegenden Fall wurde der angefochtene Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 zu einem Zeitpunkt erlassen, als eine rechtskräftige Befristung der Lenkerberechtigung bereits wirksam geworden war. Vor diesem Hintergrund ist die von der belangten Behörde zitierte Aussage des Verwaltungsgerichtshofes zu verstehen, der aufrechte Bestand einer Lenkerberechtigung bilde eine systemlogische Voraussetzung für einen Aufforderungsbescheid nach § 75 Abs. 2 KFG 1967. In dem dem hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0051, zu Grunde liegenden Beschwerdefall hatte die Erstbehörde die Lenkerberechtigung nach § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt. Die Berufungsbehörde hatte den Erstbescheid dahin abgeändert, dass die Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend sei und der Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert werde, sich bis spätestens einen Monat vor Ablauf der Entzugszeit ärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis ausdrücklich hervorhob, war das Entziehungsverfahren mit der Erlassung des Berufungsbescheides bereits beendet. Der unter einem erlassene Aufforderungsbescheid, der gleichzeitig mit dem Abschluss des Entziehungsverfahrens wirksam wurde, und zwar für die Zeit nach dessen Abschluss, in der der Beschwerdeführer gar keine Lenkerberechtigung mehr hatte, fand nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz keine Deckung. In beiden Fällen, auf die sich die belangte Behörde beruft, lag im Zeitpunkt der Erlassung des Aufforderungsbescheides nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 somit bereits eine rechtskräftige Beendigung der Lenkerberechtigung vor. Darin ist der entscheidende Unterschied zum Beschwerdefall zu sehen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch die erstinstanzliche Entziehungsbehörde steht der Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 durch die zur Entscheidung über die Berufung - diese Entscheidung führt im Fall der Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides zum rechtskräftigen Untergang der Lenkberechtigung - verpflichtete Berufungsbehörde ebenso wenig entgegen wie (im Falle einer Nichtbefolgung des Aufforderungsbescheides) einer Entziehung nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, unterließ sie - insbesondere was die vom Landeshauptmann von Wien angenommene Erforderlichkeit der Beibringung eines psychiatrischen Befundes anlangt - jegliche Feststellungen, auf deren Grundlage sie die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Aufforderungsbescheides hätte beurteilen können.

2.4. Die mbP. weist in ihrer Gegenschrift darauf hin, sie sei in den jeweiligen Aufforderungsschreiben im Berufungsverfahren von der Universitätsklinik für Psychiatrie ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sowohl die Erstuntersuchungskosten wie auch allfällige Kosten weiterer Untersuchungen von ihr selbst zu tragen seien. Die Vorgangsweise des Landeshauptmannes von Wien, die dahin ging, der Beschwerdeführer habe "direkt" den nicht amtlichen Sachverständigen zu bezahlen, widerspreche jedoch den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens, weshalb die Zuweisungen an die Universitätsklinik für Psychiatrie am Allgemeinen Krankenhaus Wien absolut nichtige Rechtsakte darstellten. Es sei daher nicht in einer den Verwaltungsvorschriften entsprechenden rechtswirksamen Art versucht worden, die mitbeteiligte Partei einer eingehenden fachärztlichen Untersuchung zuzuführen.

Wie bereits oben ausgeführt, fehlen hiezu jegliche Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Schon aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, da er sich einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht. Im Übrigen entspräche die von der mitbeteiligten Partei gerügte Vorgangsweise der Rechtslage. Die Erbringung eines (erforderlichen) Befundes hat auf Kosten der Partei zu erfolgen (vgl. die bei Grundtner MGA KFG5 (1998), E 34 zu § 75 KFG 1967 zitierte hg. Rechtsprechung).

Unter der Voraussetzung, dass der von der belangten Behörde vorgelegte Verwaltungsakt vollständig ist, hegt der Verwaltungsgerichtshof freilich keine Bedenken, dass der Landeshauptmann von Wien angesichts der von der mbP. selbst vorgelegten ärztlichen Unterlagen und des, wenn auch äußerst knapp gehaltenen, amtsärztlichen Gutachtens im erstinstanzlichen Entziehungsverfahren vor dem Hintergrund des § 31 KDV die Auffassung vertreten durfte, es bedürfe zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der mbP. eines psychiatrischen Befundes (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1990, Zl. 90/11/0063). Sollte die mbP., wofür der Verwaltungsakt Indizien bietet, einen bereits vereinbarten Untersuchungstermin nicht wahrgenommen haben, so bestünden auch gegen die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 (diese Bestimmung bietet der Behörde eine Handhabe dagegen, dass der Besitzer einer Lenkerberechtigung im Entziehungsverfahren durch Verweigerung seiner Mitwirkung die Entziehung der Lenkerberechtigung verhindert; vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, Zl. 91/11/0020) durch den Landeshauptmann von Wien nach den bisherigen Darlegungen keine Bedenken.

3. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Da nach § 47 Abs. 3 VwGG Mitbeteiligte in keinem Fall als unterlegene Partei anzusehen sind und die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei auf Art. 131 Abs. 2 B-VG im Zusammenhang mit § 123 Abs. 1 letzter Satz KFG 1967 beruht, findet im vorliegenden Fall gemäß § 47 Abs. 4 VwGG kein Aufwandersatz statt.

Wien, am 20. September 2001

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