VwGH 99/02/0219

VwGH99/02/021931.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der M in J, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Juli 1999, Zl. VwSen-106070/14/Sch/Rd, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 1999 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe am 2. November 1998 um 17,20 Uhr im Gemeindegebiet von M. auf einer näher bezeichneten Bundesstraße ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und um 18,31 Uhr desselben Tages am Gendarmeriepostenkommando M. gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 und 4 Straßenverkehrsordnung 1960 begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) zu verhängen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass im Beschwerdefall ebenso wie in dem mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1999, Zl. VwSen-106069/14/Sch/Rd, abgeschlossenen, gegen die Beschwerdeführerin geführten Verwaltungsstrafverfahren eine Reihe von Blasversuchen vorgelegen sei, wobei in beiden Fällen lediglich jeweils ein Blasversuch mit einem Ergebnis zustande gekommen sei. Mit Rücksicht auf den gleich gelagerten Sachverhalt und die in beiden Fällen gleichartige Verantwortung der Beschwerdeführerin genüge es, zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen, auf die Ausführungen im letztangeführten Bescheid zu verweisen.

Die Beschwerdeführerin macht im Rahmen der Verfahrensrüge insbesondere geltend, durch den Verweis auf Ausführungen in einem anderen Bescheid werde der Begründungspflicht nicht Genüge getan. Hiezu ist festzuhalten, dass ein Begründungsmangel nur dann zu einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen kann, wenn er eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides hindert, insbesondere, wenn dadurch die Partei des Verwaltungsverfahrens über die von der Behörde angestellten Erwägungen nicht unterrichtet und an der Verfolgung ihres Rechtsanspruches gehindert worden ist. Auch kann ein Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides führen, wenn der Beschwerdeführer die Relevanz dieses Mangels dartut. In dieser Hinsicht kann aber weder der Beschwerde noch der Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Gegenschrift der belangten Behörde ein hinreichendes Vorbringen entnommen werden. Die Beschwerdeführerin selbst gesteht zu, dass in beiden Fällen die mangels Erzielung eines gültigen Messergebnisses von der Behörde zugrunde gelegte Verweigerung der Untersuchung des Atemluftalkoholgehaltes Verfahrensgegenstand war. In beiden Fällen wurden der Beschwerdeführerin eine Vielzahl von Blasversuchen zugestanden (elf bzw. neun Versuche); in beiden Fällen kam auch jeweils ein Blasversuch mit einem gültigen Ergebnis zustande; in beiden Fällen habe die Beschwerdeführerin das Nichtzustandekommen eines zweiten gültigen Versuches damit zu erklären versucht, dass sie "es" - die ausreichende Beatmung des Alkomaten - nicht könne. Bei diesem Sachverhalt kann der belangten Behörde aber nicht der Vorwurf rechtswidrigen Vorgehens gemacht werden, wenn sie durch den Verweis auf die Ausführungen in dem im angefochtenen Bescheid zitierten, der Beschwerdeführerin ebenfalls zugestellten Bescheid trachtete, unnötige Wiederholungen zu vermeiden. Diese Vorgangsweise der belangten Behörde verletzt die Beschwerdeführerin daher in keinen Rechten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1991, Zl. 90/05/0096, und vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0103, mit weiteren Nachweisen).

Weder aus dem Hinweis, dass die den beiden Bescheiden zugrunde gelegenen Sachverhalte neun Tage auseinander gelegen gewesen seien, noch aus der Rüge, die belangte Behörde habe sich mit dem von ihr über Antrag der Beschwerdeführerin angeforderte medizinische Gutachten hinsichtlich der Frage, ob sie in Stresssituationen nicht in der Lage sei, einen Alkomattest durchzuführen, nicht auseinander gesetzt, kann ersehen werden, dass die belangte Behörde bei Unterlassung der gerügten Vorgangsweise zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Auch hat es die Beschwerdeführerin unterlassen darzulegen, inwiefern aus der eingeholten ärztlichen Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass die Erstellung eines Gutachtens zu dem vorgegebenen Beweisthema nicht möglich sei, etwas für sie gewonnen werden könnte. Im Übrigen hat die belangte Behörde in dem im angefochtenen Bescheid zitierten Bescheid die angeführte ärztliche Stellungnahme dahin gewürdigt, dass daraus keine bei der Beschwerdeführerin vorliegende psychisch bedingte Unmöglichkeit der Beatmung des Alkomaten abgeleitet werden könne. Abgesehen davon hat der Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, dass durch "Streß" keine gravierende psychische Ausnahmesituation angenommen werden kann, die das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Feber 1997, Zl. 96/11/0089).

Ebenso wenig ist aus der Rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit der Aussage des Gendarmeriebeamten J. Ö. auseinander zu setzen, das Vorliegen eines relevanten Verfahrensmangels zu ersehen. Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die belangte Behörde hätte auf Grund der Aussage dieses Beamten, die Beschwerdeführerin habe ihm möglicherweise mitgeteilt, nicht länger in den Alkomat hineinblasen zu können, zu dem Schluss kommen können, dass der Gendarmeriebeamte verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 5 Z 2 Straßenverkehrsordnung 1960 zu einer klinischen Untersuchung samt Blutabnahme zu bringen. Gemäß dieser Gesetzesstelle sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum Dienst habenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war. Daraus folgt, dass in dieser Gesetzesstelle lediglich eine Ermächtigung, nicht aber eine Verpflichtung von Organen der Straßenaufsicht, in der beschriebenen Weise vorzugehen, enthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1999, Zl. 99/03/0323). Auch entspricht es der ständigen

hg. Rechtsprechung, dass einem geschulten Organ der Straßenaufsicht die einwandfreie Beurteilung der Frage, wieso bei der Atemluftuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zustande gekommen ist, zugemutet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/03/0029, mit weiteren Nachweisen). Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Aussage des Gendarmeriebeamten ist aber zu entnehmen, dass dieser die Beschwerdeführerin nicht nach einer Krankheit befragt habe, "da sie offenkundig nichts hatte". Vielmehr führte der Beamte auf Grund seiner Beobachtungen das Nichtzustandekommen von gültigen Blasversuchen darauf zurück, dass die Beschwerdeführerin entgegen der ihr erteilten Belehrung, beim Beblasen des Alkomaten den Mund nicht schloss, am Röhrchen vorbeiblies bzw. zu kurz oder zu wenig intensiv hineinblies.

Soweit die Beschwerdeführerin vermutet, dem Verwaltungsgerichtshof sei eine Überprüfung des angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht möglich, weil der von der belangten Behörde zitierte Bescheid dem Gerichtshof nicht vorliege, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ein mit dem Vermerk "Verbleibt im Akt 106070" versehener Abdruck des zitierten Bescheides befindet. Darüber hinaus ist der zitierte Bescheid auch deshalb für den Verwaltungsgerichtshof verfügbar, weil dieser der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen (und zur hg. Zl. 99/02/0352 protokollierten) Verfassungsgerichtshofbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen den zitierten Bescheid angeschlossen war.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass ihr gegenüber zu Unrecht nicht die Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung vor der 20. Novelle angewendet worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass gemäß § 103 Abs. 2c Straßenverkehrsordnung 1960 "dieses Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 92/1998" (dies ist die 20. Novelle), ausgenommen hier nicht interessierende Bestimmungen, "mit xx.xxxxxxxx in Kraft" tritt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin (dieser war auch im damaligen Beschwerdefall Rechtsvertreter) zugestellten Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 2000/02/0004, ausgeführt hat, ist die 20. Novelle mangels eines ausdrücklichen Datums des Inkrafttretens gemäß Art. 49 Abs. 1 zweiter Satz B-VG am 22. Juli 1998 in Kraft getreten. Da daher die belangte Behörde zutreffend die zum Tatzeitpunkt (2. November 1998) in Kraft stehende Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung der 20. Novelle angewendet hat, liegt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor.

Die Beschwerdeführerin hat auch angeregt, beim Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Passus "und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach § 5 Abs. 2 eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben" in § 5 Abs. 8 Straßenverkehrsordnung 1960 zu beantragen. Hiezu ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Oktober 1999, B 1294/99, die Behandlung einer von der Beschwerdeführerin gegen den im vorliegend angefochtenen Bescheid zitierten Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1999 erhobenen Beschwerde, in der mit im Wesentlichen gleichen Argumenten die Verfassungswidrigkeit dieses Passus geltend gemacht worden war, abgelehnt hat. In der Begründung seines Beschlusses hat der Verfassungsgerichtshof bei einem dem gegenständlichen Beschwerdefall im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalt insbesondere ausgeführt, dass § 5 Abs. 8 Straßenverkehrsordnung 1960 nicht präjudiziell sei. Dieser Ansicht ist der Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Beschwerdefall, weil diese Bestimmung von der belangte Behörde nicht angewendet wurde und sie auch keinen Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides darstellt. Der Anregung auf Beantragung der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des angeführten Passus konnte daher schon deshalb nicht näher getreten werden.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. März 2000

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