Normen
ASVG §113 idF 1986/111;
ASVG §113;
ASVG §59 idF 1986/111 ;
AVG §56;
AVG §60;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BAO §93 Abs3 lita impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §63 Abs1;
ASVG §113 idF 1986/111;
ASVG §113;
ASVG §59 idF 1986/111 ;
AVG §56;
AVG §60;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BAO §93 Abs3 lita impl;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1985, Zl. 85/08/0014, und vom 11. Dezember 1989, Zl. 88/08/0121, verwiesen; davon ist für den Beschwerdefall noch von Bedeutung, daß der Verwaltungsgerichtshof mit dem zuletzt genannten Erkenntnis den Einspruchsbescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1988 in Punkt 1 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben hat. In diesem Punkt war über die Beschwerdeführerin wegen Nichterstattung von Versicherungsanmeldungen in 10 Fällen gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG ein Beitragszuschlag von S 10.000,-- verhängt worden; in seinem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof - vor dem Hintergrund des damaligen Beschwerdevorbringens - zwar die Meldepflicht hinsichtlich der betreffenden Dienstnehmer auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde bejaht, den Bescheid in Spruchpunkt 1 jedoch als rechtswidrig erachtet, weil der Beschwerdeführerin - nach der damaligen Aktenlage - nicht 10 Anmeldungsfehler, sondern nur 7 Anmeldungs- und 3 Abmeldungsfehler unterlaufen seien und bei Abmeldungsfehlern ein Beitragszuschlag gemäß § 113 ASVG nicht vorgesehen sei.
Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren eine ergänzende Stellungnahme der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingeholt und (in teilweiser Abänderung des mit Einspruch bekämpften Bescheides der mitbeteiligten Partei vom 7. September 1983) mit Bescheid vom 24. April 1990 dem Einspruch der Beschwerdeführerin teilweise Folge gegeben und über sie gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG nunmehr einen Beitragszuschlag von S 6.000,-- wegen Nichterstattung von Versicherungsanmeldungen in sechs Fällen verhängt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter Hinweis auf die im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes dargelegte Rechtsauffassung (zusammengefaßt und sinngemäß), daß auf Grund der Beitragsnachverrechnung vom 24. August 1983 - abzüglich der bereits rechtskräftig entschiedenen Fälle - sechs (und nicht wie ursprünglich angenommen zehn) Anmeldungsfehler in den in der Begründung des Bescheides näher bezeichneten Fällen vorlägen, die der Beschwerdeführerin bereits seit der ihr zur Kenntnis gebrachten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 24. Februar 1984 bekannt gewesen seien, weshalb eine diesbezügliche neuerliche Erörterung (gemeint: mit der Beschwerdeführerin) zu unterbleiben gehabt habe. Hinsichtlich der sonstigen Entscheidungsgründe - auch die Höhe des verhängten Beitragszuschlages betreffend - könne auf die Ausführungen im (erg.: hinsichtlich Spruchpunkt 2) rechtskräftigen Bescheid der Einspruchsbehörde vom 27. Jänner 1988 hingewiesen werden, welcher durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes seine Bestätigung erfahren habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden im Falle einer der Beschwerde stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entprechenden Rechtszustand herzustellen. Die Bindung der Behörde erstreckt sich dabei nur auf jene Fragen, zu denen sich der Verwaltungsgerichtshof geäußert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1982, Zl. 82/17/0110, und vom 22. Jänner 1987, Zl. 85/12/0164, uva.), sowie auf die Frage ihrer Zuständigkeit als notwendige Voraussetzung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Mai 1980, Slg. Nr. 10128/A u.a.). Auch der Verwaltungsgerichtshof selbst hat in einem weiteren, denselben Fall betreffenden Beschwerdeverfahren diese Bindung zu beachten und kann in dem betreffenden Fall auch durch einen verstärkten Senat nicht von seiner Rechtsanschauung abgehen (vgl. das Erkenntnis vom 17. April 1969, Slg. Nr. 7549/A uva).
Hingegen läßt sich dem § 63 Abs. 1 VwGG eine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hinsicht, daß es ihm in einem den Ersatzbescheid betreffenden Beschwerdeverfahren auch untersagt wäre, die inhaltliche Rechtmäßigkeit dieses Bescheides unter dem Blickwinkel von Fragestellungen zu prüfen, zu denen er im vorangegangenen Erkenntnis seine Rechtauffassung noch nicht dargelegt hat, nicht entnehmen (vgl. das Erkenntnis vom 11. September 1984, Zl. 81/07/0136).
Ein solcher Fall liegt hier vor: Während sich der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtsgang nur mit der Rechtzeitigkeit des von der Beschwerdeführerin erhobenen Einspruchs zu befassen hatte, war im zweiten Rechtsgang - aus dem Blickwinkel des damals geltend gemachten Beschwerdepunktes (§§ 41 iVm 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) - die Zulässigkeit der Verhängung eines Beitragszuschlages bezogen auf die vom damals angefochtenen Bescheid umfaßten Fälle DEM GRUNDE NACH zu untersuchen. In der vorliegenden Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin hingegen - insoweit eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend machend -, daß die Höhe des verhängten Beitragszuschlages den Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu § 113 ASVG idF der 41. Novelle zum ASVG aufgestellt habe, nicht entspreche. Da der Verwaltungsgerichtshof in den obzitierten, dieselbe Sache betreffenden Vorerkenntnissen zu dieser Frage eine Rechtsanschauung nicht geäußert hat, ist er in der Beurteilung dieses - in den früheren Verfahren nicht geltend gemachten - Beschwerdepunktes durch diese Vorerkenntnisse auch nicht gebunden.
Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt auch als berechtigt: Seit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 17. September 1983, und zwar durch Art. I Z. 33 lit. c der 41. Novelle zu ASVG, BGBl. Nr. 111/1986, wurde (mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1986) § 113 ASVG geändert. Wie der Verwaltungsgerichtshof seither wiederholt ausgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1989,
Zlen. 87/08/0034, 0035, vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0050, vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0279, u.a.), ist diese geänderte Fassung des § 113 ASVG ab ihrem Inkrafttreten auch für in diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene Verfahren anzuwenden.
Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG idF der 41. Novelle zum ASVG hat der Versicherungsträger - im hier maßgebenden, nur die Höhe betreffenden Zusammenhang - bei der Festsetzung des Beitragszuschlages insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären. Im Falle eines - hier vorliegenden - Anmeldungsfehlers darf der Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG bis zum Doppelten der Beiträge, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der Anmeldung bzw. bis zur Feststellung des Entgelts durch den Versicherungsträger entfallen, vorgeschrieben werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu wiederholt dargelegt hat, sind für die Bemessung des Beitragszuschlages zunächst die der (nachfolgenden) Ermessensübung gesetzten objektiven Grenzen maßgebend: Der Beitragszuschlag darf die Höhe der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG nicht unter- (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0050, und vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0172), und weder den durch den Meldeverstoß verursachten Mehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung, noch das Doppelte der im Gesetz näher umschriebenen Beiträge überschreiten (vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1989, Zlen. 87/08/0034, 0035, und Zl. 87/08/0286, sowie vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0050, uva.)
Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Vorbringen im Recht, daß die belangte Behörde weder die danach maßgebende Unter-, noch die Obergrenze ihrer Ermessensübungsbefugnis festgestellt, aber auch die bei der konkreten Ausmessung des Beitragszuschlages für die Ermessensübung innerhalb dieser Grenzen maßgebenden Erwägungen in die Begründung ihres Bescheides nicht aufgenommen hat. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten verfügte die belangte Behörde überdies über nur unvollständige Entscheidungsgrundlagen, zumal die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der belangten Behörde mit Eingabe vom 21. November 1985 mitteilte, den pauschalierten Mehraufwand der Verwaltung einschließlich des Zinsenentganges nicht aufgeschlüsselt bekanntzugeben, weil sie die in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsauffassung (gemeint: zu § 113 Abs. 1 idF vor der 41. Novelle zum ASVG) nicht teile. Aber auch die Höhe der Verzugszinsen können dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides (in welchem teilweise auf die Begründung des im zweiten Rechtsgang ergangenen, und im Spruchpunkt 1 vom Verwaltungsgerichtshof nicht aufgehobenen Bescheids verwiesen wird; zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise vgl. das Erkenntnis vom 30. März 1989, Zlen. 88/16/0051, 0052) ist ersichtlich, daß die belangte Behörde die Verhängung taxierter, d.h. nicht für jeden Meldeverstoß in der oben beschriebenen Weise ermittelter Beitragszuschläge (hier: S 1.000,-- pro Meldeverstoß) für zulässig hielt, weshalb sich die aufgezeigten Feststellungsmängel als Folge einer unzutreffenden Rechtsauffassung der belangten Behörde erweisen; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde - worauf aus prozeßökonomischen Gründen schon jetzt verwiesen wird - der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur Höhe der Verzugszinsen, des Verwaltungskostenmehraufwandes und der nachzuzahlenden Beiträge in den sechs gegenständlichen Fällen wegen der seit der letzten Stellungnahme in dieser Frage eingetretenen Gesetzesänderung Parteiengehör zu gewähren, gegebenenfalls jedoch diese Sachverhaltsumstände selbst (mittels geeigneter Sachverständiger, vgl. das Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/08/0142) zu ermitteln haben. Hinsichtlich des Verwaltungskostenmehraufwandes wird vorsichtsweise darauf hingewiesen, daß darunter nicht der mit der Führung des Rechtsmittelverfahrens, sondern nur der mit der Feststellung der Beitragsschuld (als Voraussetzung ihrer Eintreibung) verbundene Mehraufwand zu verstehen ist. Bei der Ausmessung des Beitragszuschlages innerhalb der festzustellenden Unter- bzw. Obergrenzen wird die belangte Behörde auf die aus den Verwaltungsakten sich ergebende Art der Meldeverstöße und damit auf das Verschulden der meldepflichtigen Beschwerdeführerin (bzw. ihrer Organe) jedenfalls, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin jedoch nur insoweit Bedacht zu nehmen haben, als diese - anders als im bisherigen Verfahren - umfassend und mit entsprechenden Unterlagen belegt gegenüber der belangten Behörde offengelegt werden sollten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren, gerichtet auf den Ersatz von Stempelgebühren für die vorgelegte Vollmacht in der Höhe von S 120,--, war abzuweisen, zumal die Vorlage einer auf dieses Verfahren (oder auf gleichartige Verfahren) eingeschränkten und daher gemäß § 110 ASVG gebührenfreien Vollmacht ausreichend gewesen wäre und der durch die umfassende Formulierung der vorgelegten Vollmacht entstandene Gebührenmehraufwand daher nicht als durch das Verfahren veranlaßt anzusehen ist.
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