VwGH 98/02/0119

VwGH98/02/011919.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. März 1998, Zl. UVS-01/41/00012/98, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: GO, geboren 1974, in S), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
FrG 1997 §61;
VwRallg;
ABGB §6;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
FrG 1997 §61;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 1998 wurde über eine an diese gerichtete Beschwerde des Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf § 73 Abs. 1, 2 und 4 Fremdengesetz 1997 (im Folgenden kurz: FrG) in Verbindung mit § 67c Abs. 4 AVG festgestellt, dass

"1. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung die für die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers (des Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen,

2. die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft seit dem 22.1.1998, 15.40 Uhr nicht rechtmäßig ist,

3. der Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 22.1.1998, Zahl II-22.257/SB/98, rechtswidrig erlassen worden ist."

Weiters wurde der Bund (Bundesminister für Inneres) unter Hinweis näher angeführter Vorschriften verpflichtet, dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 8.580,-- (wobei ein Mehrbegehren abgewiesen wurde) zu ersetzen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich dahin zusammenfassen, dem Mitbeteiligten komme eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu; habe ein solcher Fremder - wie im konkreten Fall der Mitbeteiligte - beim Bundesasylamt von sich aus einen Asylantrag gestellt, so seien nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (im Folgenden kurz: AsylG) die Bestimmungen über die Schubhaft nicht anwendbar, weshalb der Schubhaftbescheid sowie die weitere Anhaltung rechtswidrig gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf

§ 74 FrG gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Dieser hat erwogen:

§ 21 Abs. 1 AsylG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden

Stammfassung) lautet:

"Auf Asylwerber findet - soweit im folgenden nicht anderes

festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z. 8, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben."

Hätten die "kumulativen" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1998, Zl. 98/02/0044) Voraussetzungen dieser Vorschrift (gemeint: vorläufige Aufenthaltsberechtigung und eine der "alternativen" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2000, Zl. 98/21/0248) Bedingungen der Z. 1 oder Z. 2) auf den Mitbeteiligten zugetroffen, so wäre in der Tat u.a. § 61 FrG betreffend die Schubhaft auf ihn nicht anwendbar gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich allerdings im Beschwerdefall mit der Frage, ob dem Mitbeteiligten eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukam oder nicht, nicht auseinander zu setzen. Denn selbst wenn dies zu bejahen wäre, würde es an der oben aufgezeigten weiteren (kumulativen) Voraussetzung der Z. 1 oder 2 des § 21 Abs. 1 AsylG gefehlt haben, um die Rechtswidrigkeit der Schubhaft zu bewirken:

Auszugehen ist zunächst davon, dass auch die belangte Behörde zutreffend nicht etwa die Voraussetzung der Z. 2 des § 21 Abs. 1 AsylG für gegeben erachtete; vielmehr hatte sie insoweit die Z. 1 im Auge, wobei die belangte Behörde - wie oben aufgezeigt - darlegte, der Mitbeteiligte habe beim Bundesasylamt "von sich aus" einen Asylantrag gestellt.

Ausschlaggebend ist im Beschwerdefall allerdings, ob dieser Antrag vom Mitbeteiligten (außerhalb einer Vorführung) "persönlich" beim Bundesasylamt eingebracht wurde.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0363) ist bei Auslegung von Gesetzen vornehmlich vom Wortlaut auszugehen, welcher dann alleine maßgebend ist, wenn diese Methode zu einem klaren Ergebnis führt; dies trifft hinsichtlich des Erfordernisses der "persönlichen" Einbringung des Asylantrages zu. Der Gerichtshof teilt insoweit die Ansicht von Rohrböck (in: Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Kommentar, RZ 624 zu § 21 AsylG), der Wortlaut des Gesetzes bedeute, dass sich der Fremde selbst zum Bundesasylamt zu begeben und dort den Asylantrag zu deponieren hat.

Aus dem Verwaltungsakt betreffend den im angefochtenen Bescheid zitierten, am 14. April 1995 eingelangten Asylantrag des Mitbeteiligten (welcher zur hg. anhängigen, zur Zl. 99/20/0473, protokollierten Beschwerde vorgelegt wurde) ergibt sich allerdings, dass dieser Asylantrag zwar vom Mitbeteiligten selbst (ohne Einschreiten eines Vertreters), jedoch per Post beim Bundesasylamt eingebracht wurde, sodass nicht von einem "persönlichen" Einbringen im Sinne des oben Gesagten ausgegangen werden konnte.

Die belangte Behörde hat daher mit ihrem Schluss, die Bestimmungen der Schubhaft seien auf den Mitbeteiligten nicht anwendbar, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid (einschließlich des damit verbundenen Kostenzuspruches) war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass in das Beschwerdevorbringen näher eingegangen werden musste.

Wien, am 19. Oktober 2001

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