VwGH 96/07/0236

VwGH96/07/02362.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde

1) des Mag. art. E in W sowie 2) der S und 9 weiterer, alle in

L und alle vertreten durch Dr. Gebhard Heinzle und Dr. Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. September 1996, Zl. 513.819/03-I 5/96, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei:

H-Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. Walter Derganz, Rechtsanwalt in Bregenz, Weiherstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs3;
WRG 1959 §107 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im bekämpften Umfang der Zurückweisung der Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 5. Juli 1973 und vom "19. Juli 1983" (richtig: 5. April 1982) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 für den Landeshauptmann von Vorarlberg (LH) erlassenen Bescheid vom 5. Juli 1973 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) der "Firma Hermann Pfanner, Obstverwertung, Lauterach" die wasserrechtliche Bewilligung für die Entnahme von Grundwasser auf Gp. 202/4, KG Lauterach, zur Verwendung zu Trink-, Wasch- und Betriebszwecken unter einer Reihe von Bestimmungen, u.a. einer Beschränkung der Konsenswassermenge auf 36 l/sek.

Die BH hatte eine Kundmachung der diesem Bescheid vorangegangenen wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 6. Juni 1973 am 25. Mai 1973 angeordnet und an das Gemeindeamt Lauterach zur Kenntnisnahme und unverzüglichen Veröffentlichung an der Amtstafel und auf die eventuell noch ortsübliche Weise übermittelt. In den Verwaltungsakten erliegt die Ausfertigung einer Kundmachung des Gemeindeamtes Lauterach vom 1. Juni 1973 über die am 6. Juni 1973 stattfindende Wasserrechtsverhandlung, welche ein Ergehen dieser Kundmachung an den Projektanten des Einschreiters vorsieht. Der auf dieser Kundmachung vorgesehene Vermerk über den Anschlag einer Ausfertigung der Kundmachung an der Amtstafel ist unausgefüllt.

Die über die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 1973 aufgenommene Verhandlungsniederschrift enthält auf ihrer ersten Seite einen vorgedruckten Vermerk, mit welchem festgestellt wird, daß die Verlautbarung der Kundmachung und die Verständigung der Anrainer ordnungsgemäß erfolgt sei. Dieser Vermerk wurde nicht durchgestrichen. Andere vorgedruckte Texte der Verhandlungsniederschrift wurden durchgestrichen.

Mit dem gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 für den LH erlassenen Bescheid der BH vom 5. April 1982 wurde der "Firma Hermann Pfanner, Obstverwertung, Lauterach" die wasserrechtliche Bewilligung zur Versickerung von Kühlwässern im bestehenden Betriebsgelände auf der Gp. 211/2, KG Lauterach, unter bestimmten Vorschreibungen erteilt. Dieser Bescheid wurde, seiner Zustellverfügung entsprechend, der "Firma Hermann Pfanner, Obstverwertung, Lauterach" und einer weiteren Verfahrenspartei zugestellt.

Die BH hatte eine Kundmachung der diesem Bescheid vorausgegangenen wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 31. März 1982 am 16. März 1982 angeordnet und dem Gemeindeamt Lauterach zur Kenntnisnahme und unverzüglichen Veröffentlichung dieser Kundmachung an der Amtstafel und auf die eventuell noch ortsübliche Weise übermittelt. Nach einem auf einer Ausfertigung dieser Kundmachungsanordnung angebrachten Stampiglienvermerk wurde die Kundmachung am 17. März 1982 angeschlagen und am 31. März 1982 abgenommen. Die Kundmachungsschrift des Gemeindeamtes Lauterach vom 22. März 1982 erging ihrem Inhalt nach nicht nur an den Konsenswerber und jene Partei, welcher in der Folge der erlassene Bescheid vom 5. April 1982 auch noch zugestellt worden war, sondern auch noch an eine Reihe weiterer namentlich angeführter Parteien, hinsichtlich deren eine Zustellung des im Gefolge der wasserrechtlichen Verhandlung vom 31. März 1982 ergangenen Bescheides nicht ausgewiesen ist.

Mit einem allein an die "Firma Hermann Pfanner, Obstverwertung, Lauterach" ergangenen Bescheid vom 19. Juli 1983, welcher die gleiche Aktenzahl trägt wie der Bewilligungsbescheid vom 5. April 1982, stellte die BH gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 die Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung zur Versickerung der Kühlwässer vom 5. April 1982 fest. Diesem Bescheid war eine mündliche Verhandlung nicht vorangegangen.

Beginnend mit Oktober 1995 trat der Erstbeschwerdeführer in zahlreichen Eingaben an die BH mit dem Vorbringen heran, daß das Unternehmen der mitbeteiligten Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) "gigantische Grundwassermengen ohne jede wasserrechtliche Bewilligung für die Getränkeherstellung gesetzwidrig verwende", ohne daß dies von den Behörden in der erforderlichen Weise überprüft werde. Auch die vorgeschriebenen Auflagen würden nicht eingehalten; die Behörden ignorierten pflichtwidrig den Schutz des Grundwassers.

In einer am 18. April 1996 vor der BH stattgefundenen Vorsprache teilte der Erstbeschwerdeführer mit, in einer Entfernung von ca. 60 m vom Betriebsareal der MP ein Haus zu besitzen, welches über eine handbetriebene Grundwasserpumpe verfüge, die später auf eine motorbetriebene Pumpe umgestellt worden sei. Schon in den Siebzigerjahren habe festgestellt werden können, daß von dem Brunnen kein Wasser mehr hochgepumpt werden könne, weil sich der Grundwasserspiegel gesenkt habe. Schon der Vater des Erstbeschwerdeführers habe diesen darauf hingewiesen, daß die Ursache dieser Grundwasserabsenkung darin zu suchen sei, daß die MP Unmengen an Grundwasser hochpumpe. Auf dem Grundstück des Erstbeschwerdeführers und den übrigen umliegenden Grundstücken befänden sich auch Obstbaumkulturen, die auf Grund des zurückgegangenen Grundwasserspiegels vom Absterben bedroht seien. Sollte die MP im Besitze von wasserrechtlichen Bewilligungen sein, müsse dazu festgestellt werden, daß weder der Erstbeschwerdeführer noch die anderen Nachbarn in den vorangegangenen wasserrechtlichen Verfahren geladen worden seien.

Mit einer bei der BH am 29. Mai 1996 eingelangten weiteren Eingabe erhob der Erstbeschwerdeführer für sich und unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht auch für die Zweit- bis Elftbeschwerdeführer gegen die Bescheide der BH vom 5. Juli 1973 und vom "19. Juli 1983" (tatsächlich gemeint allerdings: 5. April 1982) Berufung mit dem Vorbringen, daß die Beschwerdeführer Präklusionsfolgen nicht treffen könnten, weil sie zu diesen wasserrechtlichen Verfahren nicht geladen worden seien, obwohl sie als berührte Parteien zu laden gewesen wären. Mit den bekämpften Bescheiden sei lediglich die Grundwassererschließung und die Versickerung der Kühlwässer bewilligt worden, während es sich bei der Getränkeabfüllanlage und der Kühlwasserverwendung für die Konzentratanlage um konsenswidrige Anlagen handle. "Die Firma Pfanner" habe seinerzeit einen eklatant unrichtigen und unzulässigen Grundwasserbedarf von 36 l/sek angegeben, der von der Behörde gesetzwidrig bewilligt worden sei. In Rechte des Erstbeschwerdeführers werde damit schon deswegen eingegriffen, weil ihm das erforderliche Grundwasser entzogen und seine Pumpanlage außer Betrieb gesetzt werde. Auch aus dem technischen Bericht des im Bescheid aus dem Jahre 1973 bewilligten Projektes ergebe sich die Wahrscheinlichkeit einer Grundwasserabsenkung von rund 2,5 m. Sämtliche Beschwerdeführer würden durch die bekämpften Bescheide und ebenso auch durch die konsenslosen Maßnahmen der MP in ihren nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützten Rechten berührt, es werde auch ihr geschütztes Grundwasser gefährdet. Die Bescheide seien gesetzwidrig, es sei der MP auch die Beseitigung ihrer eigenmächtig in Betrieb genommenen Getränkeabfüllhallen samt ihren Anlagen nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufzutragen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen die namens des LH erlassenen Bescheide der BH vom 5. Juli 1973 und vom "19. Juli 1983" (gemeint offensichtlich: 5. April 1982) als unzulässig zurück (erster Spruchteil) und den Antrag der Beschwerdeführer auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wegen Unzuständigkeit zurück (zweiter Spruchteil). Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, daß mit den von den Beschwerdeführern eingebrachten Rechtsmitteln einerseits Berufung gegen die wasserrechtlichen Bewilligungsbescheide erhoben und andererseits ein Einschreiten der Wasserrechtsbehörde gegen die MP nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 beantragt werde. Die wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlungen vom 6. Juni 1973 und vom 31. März 1982 seien ordnungsgemäß kundgemacht worden, die bezeichneten Bescheide seien zu dem Zeitpunkt, in welchem die nachträglichen Einwendungen erhoben worden seien, bereits rechtskräftig gewesen. Ohne daß zu prüfen gewesen wäre, ob den Beschwerdeführern in den bezeichneten Verfahren Parteistellung überhaupt zugekommen wäre, komme ganz allgemein einem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid auch gegenüber einer allfällig übergangenen Partei Rechtskraftwirkung zu, sodaß die Partei den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid im Grunde des § 107 Abs. 2 WRG 1959 nicht mehr bekämpfen könne, ohne daß es bedeutsam sei, aus welchem Grund eine Partei übergangen worden sei. Zur Erlassung eines auf § 138 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrages wiederum sei grundsätzlich nur diejenige Wasserrechtsbehörde zuständig, welche für die nachträgliche Bewilligung einer eigenmächtigen Neuerung zuständig sei, worunter im vorliegenden Fall der LH anzusehen sei. Der bei der belangten Behörde als Berufungsbehörde eingebrachte Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid, erkennbar jedoch nur im Umfang seines die Berufungen zurückweisenden Abspruches, erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom 26. November 1996, B 4228/96, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehren die Beschwerdeführer, erkennbar wiederum im Umfang der Zurückweisung ihrer Berufungen, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wobei sie sich durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in ihrem Recht darauf als verletzt ansehen, daß ihre Berufungen nicht ohne Vorliegen der in § 107 Abs. 2 WRG 1959 umschriebenen Voraussetzungen zurückgewiesen werden und ihnen die Erhebung von Einwendungen gegen die erteilte wasserrechtliche Bewilligung im Berufungswege und deren Prüfung eingeräumt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Gleiches beantragt auch die MP in ihrer Gegenschrift.

Der Erstbeschwerdeführer hat unter Vorlage von Vollmachten der Zweit- bis Elftbeschwerdeführer auch für diese im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weiteres Vorbringen erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht auf die Bekämpfung eines Bescheides der BH vom "19. Juli 1983" in der Berufung der Beschwerdeführer und die Zurückweisung auch der gegen einen Bescheid vom "19. Juli 1983" erhobenen Berufung im angefochtenen Bescheid ist zunächst klarzustellen, daß die Beschwerdeführer mit ihrer Berufung, wie sich aus deren Inhalt zweifelsfrei ergibt, tatsächlich nicht den Überprüfungsbescheid vom "19. Juli 1983", sondern den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für die Kühlwasserversickerung vom 5. April 1982 anfechten wollten und angefochten hatten. Auch der angefochtene Bescheid der belangten Behörde spricht ungeachtet der Nennung des Bescheiddatums "19. Juli 1983" nicht über eine gegen diesen Bescheid, sondern in inhaltlich zutreffendem Verständnis der von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung über ihre Berufung gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für die Kühlwasserversickerung vom 5. April 1982 ab. Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof gehen sämtliche Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß das zweite Anfechtungsobjekt der Berufung der Beschwerdeführer nicht der Überprüfungsbescheid vom 19. Juli 1983, sondern der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 5. April 1982 gleicher Aktenzahl gewesen sei, welcher Beurteilung sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt; die Angabe eines unrichtigen Datums jenes Bescheides, den die Beschwerdeführer nach dem für alle Beteiligten klaren Gegenstand ihrer Anfechtung vor der belangten Behörde bekämpft hatten, hat im Beschwerdefall die Wirksamkeit ihrer Berufung nicht beeinträchtigt. Es geht demnach auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß es sich bei der Nennung des Datums des zweitbekämpften Bescheides in der Zurückweisung der erhobenen Berufungen durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit dem "19. Juli 1983" um ein für alle Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erkennbares Schreibversehen handelt, das den tatsächlichen Inhalt der von der belangten Behörde auch in dieser Hinsicht getroffenen Zurückweisungsentscheidung in Ansehung des tatsächlich bekämpften erstbehördlichen Bescheides vom 5. April 1982 nicht beeinflussen konnte.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Zurückweisung der Berufungen der Beschwerdeführer gegen die wasserrechtlichen Bewilligungsbescheide der BH vom 5. Juli 1973 und vom 5. April 1982 ausschließlich darauf gestützt, daß diese Bescheide zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufungen der Beschwerdeführer im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 allen den seinerzeitigen Verfahren tatsächlich beigezogenen Parteien gegenüber bereits in Rechtskraft erwachsen gewesen seien. Es ist die belangte Behörde zu dieser Beurteilung jedoch in einem Verfahren gelangt, in welchem sie es verabsäumt hat, den Beschwerdeführern zu den Sachverhaltselementen, auf denen die Beurteilung der belangten Behörde beruht, in der erforderlichen Weise das Parteiengehör zu gewähren. Daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses ihr unterlaufenen Verfahrensmangels aber zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, läßt sich in Betrachtung der Aktenlage im Ergebnis nicht ausschließen, worauf inhaltlich die Beschwerdeführer mit ihrem im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes erstatteten Vorbringen auch zutreffend hinweisen.

Gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252 - in dieser Fassung war die genannte Vorschrift angesichts der zeitlichen Lagerung der verfahrensrechtlich maßgebenden Sachverhalte anzuwenden -, konnte eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie nicht persönlich verständigt worden war, selbst dann, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich bekanntgemacht worden ist (§ 41 Abs. 2 AVG), ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen waren binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Wesentliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 war auch schon vor dem Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, die gesetzmäßige öffentliche Bekanntmachung der Anberaumung der mündlichen Verhandlung (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 31. Mai 1988, 87/07/0197, und vom 2. Juni 1992, 89/07/0016), wobei die gesetzmäßig vorgenommene öffentliche Bekanntmachung der Verhandlung den Verwaltungsakten zu entnehmen sein muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, 90/07/0019). Daß diese Voraussetzung in bezug auf die den bekämpften erstinstanzlichen Bewilligungsbescheiden vorangegangenen Bewilligungsverhandlungen zugetroffen hätte, ist ein Sachverhaltselement, zu welchem die belangte Behörde den Beschwerdeführern vor Zurückweisung ihrer Berufung ebenso das Parteiengehör hätte gewähren müssen wie zu der für den Fall der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 für die Zurückweisung der Berufungen aus diesem Grund von der belangten Behörde unterstellten Bedingung, daß die erstinstanzlichen Bescheide allen tatsächlich beigezogenen Parteien gegenüber in Rechtskraft erwachsen seien.

Nach dem Bild der Aktenlage, auf welches die Beschwerdeführer in bezug auf die am 6. Juni 1973 stattgefundene wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung zutreffend hinweisen, erscheint die tatsächlich gesetzmäßig erfolgte Kundmachung dieser Verhandlung deswegen in Frage gestellt, weil die Akten des Verwaltungsverfahrens einen Vollzug der von der BH angeordneten Kundmachung nicht ausweisen. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hiezu auf den Umstand verweist, daß die Feststellung über die gesetzmäßig erfolgte Kundmachung der Verhandlung im Vordruck der Verhandlungsniederschrift vom damaligen Verhandlungsleiter nicht gestrichen worden sei, und dazu die Bestimmung des § 15 AVG ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, daß gemäß § 14 Abs. 1 AVG Gegenstand der Verhandlungsschrift der Verlauf und Inhalt der Verhandlung ist, wozu aber die gesetzmäßige Kundmachung der Verhandlung als ein vor dieser liegendes Geschehen nicht gehört. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, daß nach § 15 letzter Satz AVG der Gegenbeweis der Unrichtigkeit eines bezeugten Vorgangens zulässig bleibt, sodaß aus dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift hervorgehobenen Vermerk in der Verhandlungsniederschrift vom 6. Juni 1973 für dessen Richtigkeit selbst dann noch nichts Entscheidendes gewonnen wäre, wenn man diesen Vermerk als von den Rechtswirkungen des § 15 AVG betroffen ansehen wollte. Bildete doch der Umstand des Fehlens eines aktenkundigen Nachweises des tatsächlichen Anschlages der Verhandlungskundmachung an der Amtstafel der Gemeinde ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer gesetzmäßigen Kundmachung der Verhandlung, welches die belangte Behörde zumindest dazu hätte veranlassen müssen, der Frage, ob die Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen worden war oder nicht, etwa durch entsprechende Nachforschungen bei der Gemeinde nachzugehen. Die Beweislast für die gesetzmäßig erfolgte Kundmachung der Wasserrechtsverhandlung traf die Behörde. War der tatsächlich erfolgte Anschlag an der Amtstafel auch im Wege von der belangten Behörde anzustellender Ermittlungen aktenkundig nicht erweislich zu machen, dann durfte die belangte Behörde von einer Anwendbarkeit der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 in bezug auf das mit Bescheid der BH vom 5. Juli 1973 bewilligte Vorhaben nicht ausgehen.

Für das mit Bescheid der BH vom 5. April 1982 bewilligte Vorhaben wiederum ist die gesetzmäßige Kundmachung der darüber stattgefundenen wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde zwar aktenkundig, es weist die Kundmachung jedoch eine gleichzeitig verfügte persönliche Ladung einer Reihe von Personen auf, hinsichtlich deren eine Zustellung des über das Vorhaben ergangenen Bewilligungsbescheides vom 5. April 1982 nicht ausgewiesen ist. In Ansehung dieses Bescheides bedurfte daher die von der belangten Behörde getroffene Sachverhaltsfeststellung eines Erwachsens dieses Bescheides in Rechtskraft ebenso entsprechender Ermittlungen.

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Zweifel erkennen läßt, ob die Beschwerdeführer in den betroffenen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren überhaupt Parteistellung nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 gehabt hätten, hat sie solche Zweifel nicht begründet und zum rechtlichen Grund für die Zurückweisung der Berufungen auch nicht gemacht. Angesichts des vom Erstbeschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Umstandes eines Versiegens des auf dem Nachbargrund befindlichen Hausbrunnens des Erstbeschwerdeführers im Gefolge der von der MP vorgenommenen Wasserentnahme bedürfte eine rechtliche Beurteilung des Fehlens einer Parteistellung zumindest des Erstbeschwerdeführers in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren über das Recht seines Nachbarn zur Grundwasserentnahme nachvollziehbarer Darlegungen, um das Fehlen einer Parteistellung jedenfalls des Erstbeschwerdeführers nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 einsichtig machen zu können.

Soweit die MP in ihrer Gegenschrift geltend macht, daß die Beschwerdeführer auch die in § 107 Abs. 2 WRG 1959 genannte Frist von zwei Wochen versäumt hätten, was sich aus den zahlreichen Eingaben des Erstbeschwerdeführers an die BH ergebe, ist dem zu erwidern, daß die belangte Behörde zum einen zunächst die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 in einem gesetzmäßig geführten Verfahren zu klären hatte, und darüber hinaus zu untersuchen haben wird, ob nicht schon frühere Eingaben des Erstbeschwerdeführers als jene, in welcher der Ausdruck "Berufung" erstmals verwendet worden war, einer Berücksichtigung durch die Berufungsbehörde im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 zuzuführen gewesen wären.

Mit Rücksicht auf die in den Bescheiden vom 15. Juli 1973 und 5. April 1982 gewählte Form der Benennung des Adressaten der Erledigung wird die belangte Behörde angesichts der nunmehrigen Bezeichnung der MP im fortgesetzten Verfahren auch noch zu prüfen haben, ob die behördlichen Erledigungen vom 5. Juli 1973 und 5. April 1982 das von dieser Erledigung betroffene Rechtssubjekt in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise benannt hatten, was dann nicht der Fall gewesen wäre, wenn schon damals mehrere Rechtssubjekte existiert hätten, die nach der in den ergangenen Erledigungen gewählten Adressierung als Träger der verliehenen Rechte hätten gemeint gewesen sein können (vgl. hiezu die Ausführungen im hg. Beschluß vom 19. Mai 1994, 92/07/0040).

Es war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, wobei der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; Stempelgebühren waren nur für die Beschwerdeergänzung und die Vorlage des angefochtenen Bescheides zuzusprechen, weil die weiteren vom Erstbeschwerdeführer im Verfahren erstatteten Schriftsätze zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren.

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