VwGH 92/08/0226

VwGH92/08/022625.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in St. Pölten, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 3. August 1992, Zl. 121.329/9-7/91, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Partei: A-GmbH, vertreten durch Dr. G), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde 1. in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. Juni 1991 und 2. in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. August 1991 fest, daß zu 1. die in der Anlage A genannten 93 Personen aufgrund ihrer Beschäftigung bei der mitbeteiligten Partei in den dort genannten Zeiträumen (der Jahre 1984 und 1985) und zu 2. die in der Anlage B genannten 33 Personen aufgrund ihrer Beschäftigung bei der mitbeteiligten Partei in den dort genannten Zeiträumen (des Jahres 1986) nicht der Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen seien.

In der Bescheidbegründung wird nach zusammenfassender Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und nach Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, es werde folgender Sachverhalt festgestellt:

Die vom Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. Juni 1991 umfaßten Personen, hinsichtlich derer die Versicherungspflicht bejaht worden sei, seien als Statistin (Frau K), als Garderobenhelferin (Frau E), als Korrepetitor (Herr H), als Musiker, Solisten oder Halbsolisten, Choristen oder im Ballett (die restlichen Personen), die vom Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. August 1991 umfaßten Personen als Musiker bei der Produktion der jeweiligen Sommeroperette von der mitbeteiligten Partei beschäftigt worden. Mit den Beschäftigten seien als "Werkverträge" betitelte Vereinbarungen getroffen worden, in denen die in der Produktion übernommene Aufgabe in Punkt I festgelegt worden sei. Bei den Darstellern sei die genaue Rolle in der Operette, sonst der Bereich bezeichnet worden. In Punkt II sei die grundsätzliche Weisungsungebundenheit (mit Ausnahme der Weisungen der Intendanz bzw. der Regie bzw. der entsprechenden Entwürfe) festgelegt worden. Punkt III habe gelautet: "Sie können sich generell (bei den Darstellern: "bei allen Aufführungen") vertreten lassen, ohne daß es hiezu der Zustimmung des Produzenten bedürfte". Bei den Darstellern habe es den Zusatz gegeben: "Ihre Vertretung ist jedoch verpflichtet, die übernommene Tätigkeit zu beherrschen." In Punkt IV sei die Gage pro Vorstellung und der Zahlungstermin festgelegt worden. Für die Produktion 1985 sei eine Beilage zum Werkvertrag vom Produzenten und den Beschäftigten unterzeichnet worden, die den Werkvertrag ergänzt habe. Darin seien die Probentermine für den jeweiligen Beschäftigten sowie die Aufführungstage festgelegt worden. Unter Punkt IV (Honorar) sei festgelegt worden, daß sämtliche Aufwendungen, die dem Betreffenden in Ausübung dieses Werkvertrages entstünden, wie z. B. Reisekosten und Aufenthalt, von ihm selbst zu tragen seien. Sämtliche Proben seien mit dem Vorstellungshonorar abgegolten. Bei Nichteinhaltung des Vertrages sei einvernehmlich 100 % des vorstehenden Betrages als Konventionalstrafe festgesetzt worden. In Punkt VI sei geregelt worden, daß bei Verhinderung durch Krankheit oder aus einem vom Beschäftigten zu vertretenden Grund ihm weder der Anspruch auf die Durchführung weiterer Aufführungen noch das Honorar für die Aufführungen, bei denen er nicht mitgewirkt habe, zukomme. Unter Punkt VIII sei unter anderem festgelegt worden, daß während der Probenzeit zwei Werkleistungen pro Tag verlangt werden könnten. Eine Befreiung von der Probe sei nur nach Rücksprache mit dem Produzenten möglich. Der Vertragspartner verpflichte sich, wegen der relativ kurzen Vorbereitungszeit mit gelerntem Text und mit einstudierten Musiknummern zur ersten Probe zu kommen. Das Rollenmaterial sei vom Mitglied zurückzugeben, ansonsten müsse der Verlagspreis vom Honorar einbehalten werden. Die Probenzeiten seien pünktlich einzuhalten, die Anwesenheitspflicht vor der Vorstellung bzw. vor dem Auftritt werde mit 60 Minuten festgesetzt. Die Beilage zum Werkvertrag sei vom überwiegenden Teil der Beschäftigten unterzeichnet worden. Die Werkverträge seien bei allen drei Produktionen gleichlautend gewesen. Hinsichtlich der Proben habe es folgende Regelungen gegeben: Sie seien entweder unter genauer Bezeichnung der Probetage im Vertrag festgehalten, der Gesamtzeitraum und eine einvernehmliche Festlegung der Tage vereinbart oder keine nähere Vereinbarung getroffen worden. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß Punkt III des jeweiligen Werkvertrages (Regelung über die Vertretungsbefugnis) keine Scheinvereinbarung gewesen sei und somit das Recht auf generelle Vertretung tatsächlich bestanden habe. Weiters habe das Beweisverfahren ergeben, daß die Vertretungsbefugnis auch praktiziert worden sei. Bei den Choristen sei insofern eine Besonderheit aufgetreten, als K sich bereit erklärt habe, eine Gruppe von 6 Statisten, die der mitbeteiligten Partei nicht namentlich bekannt gewesen seien und auch nicht immer hätten gleich sein müssen, zur Verfügung zu stellen. Er sei dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Soweit nicht ausdrücklich darauf eingegangen werde, übernehme die belangte Behörde den Vertragsinhalt als Sachverhalt. Demnach habe es keinen Spesenersatz für die Beschäftigten gegeben und sei im Krankheits- und Verhinderungsfall kein Entgelt bezahlt worden.

Dieser Sachverhaltsfeststellung liege folgende Beweiswürdigung zugrunde:

Im Zusammenhang mit der Vertretungsbefugnis der Beschäftigten sei zu prüfen gewesen, ob die tatsächliche Gestaltung mit der rechtlichen Grundlage der Beschäftigung übereinstimme. Die Einspruchsbehörde habe in einem aufwendigen Ermittlungsverfahren die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten im Wege eines Fragebogens oder durch Einvernahme zur Frage der Vertretungsbefugnis befragt. Nur jene Personen seien nicht befragt worden, die nach Recherchen bei den Meldeämtern nicht hätten ausgeforscht werden können. Die überwiegende Mehrheit der befragten Personen habe nicht nur das Recht, sich vertreten zu lassen, bejaht, sondern auch angegeben, selbst davon Gebrauch gemacht oder bemerkt zu haben, daß Kolleginnen und Kollegen davon Gebrauch gemacht hätten (dazu führt die belangte Behörde eine Reihe von Beispielen an). Lediglich S und seine Gattin sowie K hätten die Vertretungsbefugnis verneint. Überzeugend für die belangte Behörde sei auch das Argument der mitbeteiligten Partei in ihrer Berufung, daß bei Profi-Musikern eine gemeinsame Probe nicht notwendig sei und gerade bei öfters gespielten Werken, wozu das gängige Operettenrepertoire zähle, die Parts von den Musikern derart beherrscht würden, daß eine entsprechende Vertretung und eine unterschiedliche Zusammensetzung des Orchesters keinesfalls die Qualität der Aufführung beeinträchtige. Die belangte Behörde finde dieses Argument überzeugender als jenes im Bescheid der Einspruchsbehörde, die in der Beweiswürdigung zur Vertretungsbefugnis eine "faktische Unmöglichkeit" einer generellen Vertretungsbefugnis angenommen habe.

Der festgestellte Sachverhalt sei rechtlich wie folgt zu würdigen:

Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß die rechtliche Beurteilung für oder gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG dann nach den vertraglichen Vereinbarungen zu erfolgen habe, wenn sie nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten abwichen. Dies sei vorliegend der Fall (Einschränkung betreffend Frau E). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200, betreffend die Versicherungspflicht von Chormitgliedern ausgeführt habe, komme der Beschäftigte dann, wenn er berechtigt sei, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen und sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen, wegen des in der Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlens der Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht nicht in eine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger. Ausdrücklich sei betont worden, daß nicht entscheidend sei, ob der Beschäftigte von der genannten Berechtigung auch Gebrauch mache. Auch die teilweise geübte Praxis, die Produktionsleitung (den Dirigenten) über die Person des Vertreters zu informieren, schließe diese persönliche Unabhängigkeit nach Auffassung der belangten Behörde nicht aus. Die Regelung der Vertretungsbefugnis sei somit im gegenständlichen Fall ein starkes Indiz persönlicher Unabhängigkeit. Weiters spreche die Tatsache, daß kein Spesenersatz gewährt worden sei, sondern sämtliche Aufwendungen einschließlich Fahrtkosten von der Gage zu bestreiten gewesen seien, für die persönliche Unabhängigkeit. Dadurch, daß bei Ausfall der Arbeitskraft eines Beschäftigten (durch Krankheit oder sonstige Verhinderung) kein Entgelt gewährt worden sei, sei dem Beschäftigten Unternehmerrisiko übertragen worden. Auch dieses Element spreche gegen die persönliche Abhängigkeit. Die Besonderheiten der gegenständlichen Tätigkeit erforderten bereits von der Sache her eine verhältnismäßig starke organisatorische Eingliederung in den Betrieb. Ein reproduzierender Künstler sei sowohl zeitlich als auch räumlich an ein vom Veranstalter vorgegebenes Programm gebunden. Der Frage der Arbeitszeit und des Arbeitsortes komme daher keine entscheidende Bedeutung zu. Ebensowenig könne von Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium gesprochen werden, wenn damit ein bestimmtes Verhalten bei den Proben und bei der jeweiligen Aufführung (Dirigenten- sowie Regieanweisungen) gemeint sei. Eine derartige Gebundenheit sei schon aus der Natur der Sache unerläßlich. Der Auffassung der mitbeteiligten Partei in ihrer Berufung zur Anwendung des Schauspielergesetzes sei unter Hinweis auf das Urteil des OGH vom 18. Dezember 1979, 4 Ob 124/79, beizupflichten. Darin habe der OGH ausgesprochen, daß die Frage, ob ein Bühnendienstvertrag im Sinne des § 1 Schauspielergesetz vorliege, davon abhänge, ob durch den Vertrag ein Dienstverhältnis begründet worden sei. Die belangte Behörde verkenne nicht, daß der Verwaltungsgerichtshof z.B. im Erkenntnis vom 24. Oktober 1980, Zl. 2692/78, betreffend die Versicherungspflicht von Artisten festgestellt habe, daß die Verpflichtung, sowohl während der einzelnen Vorstellungen die "Nummer" darzubieten als auch bei Beginn und am Ende der Vorstellungen aufzutreten, bedeute, daß in privatrechtlicher Hinsicht kein Werk-, sondern ein Dienstvertrag vorliege. Aufgrund dieser übernommenen Verpflichtungen sei die Bestimmungsfreiheit der Artisten zumindest hinsichtlich der Zeit der Erfüllung dieser Verpflichtung und hinsichtlich des Arbeitsortes ausgeschaltet. Der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt unterscheide sich jedoch vom gegenständlichen insofern wesentlich, als bei den Artisten keine generelle Vertretungsbefugnis bestanden habe. Es werde auch auf das Urteil des OGH vom 21. Oktober 1987, 14 Ob A 77/87, WBl. 1988, 91, verwiesen. Die belangte Behörde gehe hinsichtlich der Beschäftigung der reproduzierenden Künstler somit von einem Überwiegen der Merkmale der selbständigen Ausübung der Tätigkeit aus. Hinsichtlich der sonstigen Beschäftigten sei folgendes anzuführen: E habe im Fragebogen vom 19. Juli 1988 zur Vertretungsbefugnis angeführt, daß sie, wenn sie krank geworden wäre, einen Ersatz gebracht hätte. Für den Fall der Erkrankung oder sonstigen Arbeitsverhinderung sei vereinbart gewesen, daß sie sich um eine Vertretung zu bemühen habe. In diesem Fall glaube die belangte Behörde der von der Beschäftigten unvoreingenommen gemachten Aussage, die im Widerspruch zum Vertragsinhalt stehe. Im Hinblick auf die mit dieser Regelung erfolgte Abwälzung des Risikos hinsichtlich der Möglichkeit des Einsatzes ihrer Arbeitskraft und der Verpflichtung, einen Ersatz zu stellen, könne unter Hinweis auf die oben aufgezählten Kriterien, die auch hier zuträfen, nach Auffassung der belangten Behörde auch in diesem Fall ein Überwiegen der Merkmale persönlicher Unabhängigkeit festgestellt werden. Frau K als Statistin und Herr H als Korrepetitor hätten die generelle Vertretungsbefugnis bejaht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

In dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt schon die Berechtigung eines Beschäftigten, im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung (d.h. im Rahmen einer Verpflichtung, auf längere Dauer Arbeitsleistungen zu erbringen) sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen (ohne Stelligmachung eines Vertreters) abzulehnen, wodurch er trotz übernommener Gesamtverpflichtung in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei ist und der Arbeitsempfänger nicht von vornherein mit der Arbeitskraft des Betreffenden rechnen oder entsprechend disponieren kann, wegen des in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlens der Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht seine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger aus (vgl. die Erkenntnisse vom 19. März 1984, Zl. 81/08/0061, vom 29. September 1986, Zl. 82/08/0208, und vom 10. November 1988, Zl. 85/08/0171). Das gilt auch dann, wenn er berechtigt ist, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 19. März 1984, Zl. 81/08/0061, und Zl. 82/08/0154, vom 29. September 1986, Zl. 82/08/0208, vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0078, und vom 9. Februar 1989, Zlen. 88/08/0312, 89/08/0025). Nicht entscheidend ist, ob der Beschäftigte von einer der genannten Berechtigungen auch Gebrauch macht. Ob hinsichtlich der Beschäftigung selbst, sofern sie der Verpflichtete unter Verzicht auf seine Berechtigung ausübt, ohne Bedachtnahme auf die genannte Berechtigung die sonstigen Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen, ist wegen der - schon in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden - fehlenden Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit bedeutungslos (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 9. Februar 1989,

Zlen. 88/08/0312, 89/08/0025)."

Nach diesen vom Verwaltungsgerichtshof aufrecht erhaltenen Grundsätzen genügt es somit für den Ausschluß des für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG konstitutiven Merkmals der persönlichen Abhängigkeit eines Beschäftigten schon, wenn ihm nur eine der drei genannten Berechtigungen (sanktionslose Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen im Rahmen einer Gesamtverpflichtung, generelle Vertretungsbefugnis, Zuziehung einer Hilfskraft ohne weitere Verständigung des Vertragspartners) zukommt.

Die Beschwerdeführerin verweist in der Beschwerde zwar mit Recht darauf, daß die belangte Behörde das Erkenntnis insofern (als sie die beiden zuletzt genannten Berechtigungen mit "und" statt "oder" verbindet) unrichtig zitiert, dem kommt aber schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die belangte Behörde in der Folge ohnedies nicht vom Erfordernis eines kumulativen Vorliegens aller oder zumindest der zuletzt genannten Berechtigungen, sondern von der zutreffenden Rechtsauffassung ausgeht. Ihr widerspricht hingegen die Beschwerde, wenn in ihr ausgeführt wird, es sei für die Beurteilung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auch bei bestehender genereller Vertretungsberechtigung noch wesentlich, ob auch die beiden anderen Berechtigungen sowie die sonstigen Kriterien für die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit einer Person vorlägen.

Mit der Frage, wann ein Beschäftigter berechtigt ist, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt befaßt und ist hiebei zu folgenden Ergebnissen gelangt:

Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0293, vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0117, vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0026, und vom 19. Mai 1992, Zl. 87/08/0271), oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0117, und vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0117) vertreten zu lassen; ebensowenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0293, vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0289, und vom 19. Mai 1992, Zl. 87/08/0271). Hingegen ist es für die Annahme genereller Vertretungsbefugnis unmaßgeblich, daß der Beschäftigte nur geeignete Dritte als Vertreter stellig machen darf, weil es ja bei der Vertretungsberechtigung immer um eine solche in bezug auf eine übernommene Arbeitspflicht und daher durch eine Person geht, die in der Lage ist, diese Arbeitspflicht gegenüber dem Empfänger der Arbeitsleistung zu erfüllen (vgl. die Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200, sowie vom 17. März 1965, Zl. 1101/64). Demgemäß muß selbst die (über eine bloße Rücksprache hinausgehende) Zustimmungsbedürftigkeit der jeweiligen Entsendung eines Vertreters seitens des Empfängers der Arbeitsleistung nicht in jedem Fall (anders als bei der dem Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 87/08/0271 zugrundeliegenden Sachlage) ein zwingendes Indiz für die persönliche Arbeitspflicht des Beschäftigten sein (vgl. die Erkenntnisse vom 2. Juli 1991, Zl. 86/08/0155 und vom 29. September 1986, Zl. 82/08/0208; aber auch die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1988, Zl. 88/08/0151, und vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152). Umso weniger schadet es, wenn der Beschäftigte verpflichtet ist, den Vertreter rechtzeitig (sogar noch bis zum Beginn der jeweiligen Probe oder Aufführung: Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200) bekanntzugeben. Ohne Bedeutung ist ferner, ob der Vertreter durch den Beschäftigten selbst oder den Empfänger der Arbeitsleistungen entlohnt wird, weil dies ja nichts an der Vertretungsbefugnis selbst ändert (vgl. das Erkenntnis vom 17. März 1965, Zl. 1101/64). Schließlich ist es bei Bestehen einer generellen Vertretungsbefugnis auch nicht entscheidend, ob der jeweilige Beschäftigte von seiner Berechtigung auch tatsächlich Gebrauch macht. Denn unter der Voraussetzung, daß dem Beschäftigten tatsächlich eine generelle Vertretungsbefugnis im eben genannten Sinn zusteht, stellt der Nichtgebrauch von dieser Berechtigung kein Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Vereinbarung dar, weil eine Berechtigung eben die Nichtgebrauchnahme von ihr einschließt. Davon zu unterscheiden ist freilich, ob und inwieweit der Nichtgebrauch bei der (unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden) Klärung der Frage, ob dem Beschäftigten tatsächlich eine generelle Vertretungsbefugnis zusteht, mit zu berücksichtigen ist.

Die belangte Behörde ist bei ihrer Beweiswürdigung auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis gelangt, daß die vertraglichen Vereinbarungen über die generelle Vertretungsbefugnis der Beschäftigten keine Scheinvereinbarungen gewesen seien, "somit das Recht auf generelle Vertretung" (im obgenannten Sinn) tatsächlich bestanden habe und die tatsächlichen Gegebenheiten von diesen vertraglichen Vereinbarungen nicht abgewichen seien.

Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, daß hinsichtlich aller vom angefochtenen Bescheid betroffenen Beschäftigten in Punkt III der "Werkverträge" verbal die festgestellte Vereinbarung getroffen worden sei, meint aber aus nachstehenden Gründen, daß entweder dadurch im Zusammenhang mit anderen Vertragsbestimmungen und sonstigen Erwägungen keine generelle Vertretungsbefugnis eingeräumt worden oder diese Vertragsbestimmung eine "Scheinvereinbarung" gewesen sei:

So erfahre im Zusammenhang mit "Punkt 5 der Beilage zum Werkvertrag" (im angefochtenen Bescheid Punkt VI genannt) das Wort "generell" insofern eine Relativierung, als der zulässigen Interpretation dieses Punktes zufolge nur Krankheit sowie andere einleuchtende und vom Beschäftigten zu vertretende Umstände vom Produzenten als triftiger Grund für eine etwaige Vertretung gebilligt würden. Aus den Punkten "7 bzw. 8 der von den beiden Vertragspartnern unterzeichneten Beilage zum Werkvertrag" (im angefochtenen Bescheid Punkt VIII genannt) sei abzuleiten, daß sich die reproduzierenden Künstler nicht ohne Verständigung des Vertragspartners hätten bei der Probe vertreten lassen können. Bei Nichteinhaltung des Vertrages sei die Verhängung von 100 % des vereinbarten Honorars als Konventionalstrafe vorgesehen gewesen. Die Aufnahme eines derartigen Vertragspunktes wäre allerdings völlig unverständlich, wenn der Werkvertragsnehmer ohnehin jederzeit jemand anderen mit der übernommenen Arbeitspflicht hätte betrauen und sich somit der Sanktion aus freien Stücken hätte entziehen können. Insbesondere wäre es im konkreten Fall aber denkunmöglich gewesen, daß der Veranstalter nicht von vornherein die Gewißheit gehabt habe, daß die miteinander Probenden auch an den Spieltagen zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen in den beiden Einspruchsbescheiden betreffend die realen Gegebenheiten eines Theaterbetriebes verwiesen. Danach habe es zur Abwicklung der in Rede stehenden Sommeroperetten fach- und sachkundiger Beschäftigter bedurft. Das Publikum erwarte das Engagement solcher kompetenter Protagonisten. Um einem etwaigen Ausfall der Veranstaltungsserie vorweg entgegenzutreten, liege es wohl in der Natur der Sache, daß für verschiedene Rollen und Tätigkeiten Ersatzkräfte zur Verfügung stehen müßten. Eine generelle Vertretungsmöglichkeit widerspreche aber der Theaterrealität; sie sei praktisch undurchführbar, weil eine Produktion nicht reibungslos vonstatten gehen könne, wenn nicht ein aufeinander abgestimmtes Ensemble mitwirke. Dies treffe insbesondere auf die gegenständlichen Produktionen zu, die innerhalb eines bestimmten kleinen Zeitraumes von Formationen hätten bestritten werden müssen, die ausschließlich zu diesem Zweck zusammengestellt worden seien. Schon daraus erhelle, daß ein auch nur geringer Ausfall von Mitgliedern des ausschließlich für eine solche Produktion zusammengestellten Ensembles die Gefahr einer Nichtrealisierung der jeweiligen Produktion mit sich gebracht hätte. Daß ein Veranstalter, welcher verpflichtet sei, innerhalb einer bestimmten Zeit eine entsprechende Produktion mit Erfolg herauszubringen, vorweg damit rechne, daß sie von anderen als jenen Personen gestaltet werde, die er ausdrücklich dafür verpflichtet habe, sei nicht nur widersinnig, sondern unrealistisch und mit den Gegebenheiten des gegenwärtigen Theaterbildes unvereinbar. Darüber hinaus werde die Beschwerdeführerin in ihrer Auffassung, daß es sich bei Punkt III des Werkvertrages lediglich um eine Scheinvereinbarung gehandelt habe, auch dadurch bestärkt, daß die mitbeteiligte Partei Programme bzw. Vorankündigungen habe drucken lassen, aus denen die Besetzung der zukünftig aufzuführenden Operetten hervorgegangen sei. Hätten sich die Akteure daher bei der Veranstaltung beliebig vertreten lassen können, wäre der mitbeteiligten Partei ein enormer Kostenaufwand auch für das Herstellen der Drucksorten entstanden. Schließlich ergebe sich aus dem Akteninhalt, daß die Beschäftigten nur in einem äußerst beschränkten Maß von dem angeblichen Recht auf generelle Vertretung Gebrauch gemacht hätten. Dies habe auch der Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 1990 bestätigt. Überdies habe er ausgeführt: "Aufgrund (vermutlich "trotz") der Vertragsklausel der generellen Vertretungsmöglichkeit ist es aber dann doch meist geglückt, die entsprechende Wunschbesetzung zu bekommen."

Mit diesen Einwänden bekämpft die Beschwerdeführerin letztlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8.619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d.h. ihr mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Bei einer Prüfung des angefochtenen Bescheides unter diesen Gesichtspunkten kommt den wiedergegebenen Beschwerdeeinwänden aus nachstehenden Gründen im Ergebnis Berechtigung zu:

1. Die belangte Behörde geht davon aus, daß die Beilagen zum Werkvertrag für die Produktion 1985 vom Produzenten und allen Beschäftigten (also auch den Nichtdarstellern, insbesondere den Orchestermitgliedern) unterzeichnet worden seien. Sollte dies zutreffen (die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Aktenlage deckt dies hinsichtlich der Orchestermitglieder nicht), so wäre durch diese in den Beilagen formulierten Vereinbarungen hinsichtlich der Nichtdarsteller eine Abänderung des Punktes III des jeweiligen Werkvertrages dahin bewirkt worden, daß auch ihnen nur das Recht eingeräumt wurde, sich "bei allen Aufführungen" ohne Zustimmung des Produzenten vertreten zu lassen. Hinsichtlich der Proben hätte dann weder für die Darsteller noch für die Nichtdarsteller ein solches Vertretungsrecht bestanden. Diesbezüglich hätte vielmehr alle Beschäftigten die in den Beilagen genannten Verpflichtungen zur pünktlichen Einhaltung der festgelegten Probentermine getroffen.

Nach der Aktenlage gab es solche Beilagen zu den Werkverträgen auch für das Jahr 1984. Die mitbeteiligte Partei erklärte dazu in ihrem Schriftsatz vom 16. Oktober 1985, es seien "1985 ... die gleichen Werkverträge und Beilagen wie 1984 verwendet" worden. Damit hat sich die belangte Behörde aber in der Bescheidbegründung nicht befaßt. Es steht daher nicht fest, ob auch für die Produktion 1984 solche Beilagen zum Werkvertrag von allen Beschäftigten oder doch von einigen (und welchen) Beschäftigten unterzeichnet wurden.

Die belangte Behörde hat sich auch nicht mit den aktenkundigen Umständen auseinandergesetzt, daß die vom Einspruchsbescheid vom 12. August 1991 betroffenen Orchestermitglieder im Jahre 1986 für die Probenzeiten zur Sozialversicherung angemeldet, hiefür auch Beiträge bezahlt wurden und daß auch die mitbeteiligte Partei ursprünglich davon ausging, es habe eine Verpflichtung der Orchestermitglieder zur Teilnahme an den Proben bestanden (vgl. die Aussage des Geschäftsführers der mitbeteiligten Partei D vom 15. Dezember 1986 sowie den Schriftsatz der mitbeteiligten Partei vom 17. August 1989).

2. Eine "generelle Vertretungsbefugnis" (mit dem obgenannten Inhalt) aller Mitwirkender in einem Operettenbetrieb läßt schon und vor allem aus den von der Beschwerdeführerin im Anschluß an die Ausführungen der Einspruchsbehörde zur "Theaterrealität" im allgemeinen und jener der konkreten Operettenproduktionen im besonderen in der Beschwerde vorgebrachten Gründen Zweifel darüber aufkommen, ob den Beschäftigten wirklich mit den von der mitbeteiligten Partei selbst formulierten "Werkverträgen" und "Beilagen zu den Werkverträgen" eine solche "generelle" Vertretungsbefugnis eingeräumt werden sollte, dies von den Beschäftigten auch so verstanden und in der Tat eingeräumt wurde.

Diese Zweifel werden nicht dadurch ausgeräumt, daß diese "generelle Vertretungsbefugnis" (wie zu Punkt 1. ausgeführt wurde, offensichtlich in allen drei Jahren und hinsichtlich aller Beschäftigter) nur hinsichtlich der Aufführungen bestanden habe. Denn dann stellte sich (unter der Voraussetzung der Einräumung einer tatsächlich "generellen" Vertretungsbefugnis) entweder die Frage nach dem Sinn der Proben und nach der Durchführbarkeit entsprechend den Darlegungen der Einspruchsbehörde oder nach dem genauen Inhalt der den Beschäftigten auferlegten Verpflichtung, für die Aufführungen nach durchgeführten Proben eine Vertretung zu stellen, "die die übernommene Tätigkeit" (in den Verträgen der Darsteller: "den Text und die musikalischen Nummern der übernommenen Rolle", in den Verträgen der Orchestermusiker für 1986: "den übernommenen Part") beherrscht. Darauf mag unter Umständen noch hinsichtlich der Orchestermusiker eine befriedigende Antwort gefunden werden, wie dies die belangte Behörde in der Bescheidbegründung versucht, schwerlich aber hinsichtlich der Solisten, Halbsolisten, Choristen, Mitglieder des Balletts, des Dirigenten und des Korrepetitors. Zumindest hinsichtlich dieser Beschäftigter liegt es - ebenfalls im Sinne der Ausführungen der Einspruchsbehörde - eher nahe anzunehmen, es seien von vornherein solche "Ersatzkräfte" (zweite Besetzungen) zur Verfügung gestanden, welche die eben genannten Eignungsvoraussetzungen aufwiesen und die zur Vertretung heranzuziehen waren. Mit dieser Frage hätte sich die belangte Behörde schon deshalb befassen müssen, weil die mitbeteiligte Partei im Schriftsatz vom 3. Mai 1990 ausführte, es sei eine "geradezu essentielle Notwendigkeit jedes Kulturbetriebes, alle Rollen - seien es Musikerrollen, Statisten- oder Schauspielerrollen - zumindest zweifach zu besetzen. Dies war natürlich auch im gegenständlichen Fall gegeben"; im konkreten Fall "waren sämtliche Rollen - der Ausdruck Rolle wird der Einfachheit halber für alle Mitwirkungsarten verwendet - doppelt besetzt, wobei darüber, ob die "Erst-" oder "Zweitbesetzung" an der Aufführung mitwirkte, der Mitwirkende selbst entscheidungsbefugt war". Eine derartige "Vertretungsregelung" hätte aber keine "generelle Vertretungsbefugnis" im oben dargestellten Sinn beinhaltet, und zwar unabhängig davon, ob die Heranziehung der "Zweitbesetzung" vom Beschäftigten selbst (mit Verständigung des Produzenten oder Dirigenten) oder von der Leitung der mitbeteiligten Partei erfolgt wäre.

3. Einer solchen Klärung des genauen Inhaltes der "Vertretungsregelung" hätte es auch wegen der in den Beschwerdeausführungen zitierten Bestimmungen der jeweiligen Beilagen zum Werkvertrag für das Jahr 1985 (und der inhaltsgleichen für das Jahr 1984) bedurft.

Denn Punkt 5. bzw. 6. der jeweiligen Beilage zum Werkvertrag legt im Zusammenhang mit Punkt III des Werkvertrages das Verständnis nahe, daß der Beschäftigte danach im Falle seiner Verhinderung an einer Aufführung "durch Krankheit oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund" (wenn auch ohne sein Verschulden) seinen Anspruch auf Honorar für diese Aufführung und das Recht auf "Durchführung weiterer Aufführungen" dann nicht verliert, wenn er einen geeigneten Vertreter im Sinne des Punktes III des Werkvertrages entsendet. Tut er auch dies nicht, so trifft ihn neben diesem Verlust überdies nach Punkt 4. bis 5. der Beilage zum Werkvertrag wegen "Nichteinhaltung des Vertrages" (d.h. im gegebenen Zusammenhang: wegen der wenn auch unverschuldeten Verletzung der übernommenen Arbeitspflicht durch Nichterfüllung seitens des Beschäftigten selbst oder Nichtentsendung eines geeigneten Vertreters) die Verpflichtung zur Bezahlung einer Konventionalstrafe. Daraus folgt aber, daß der Beschäftigte im Falle jeder von ihm zu vertretenden Verhinderung an einer Aufführung nicht nur berechtigt, sondern - mit den genannten Sanktionen - im Interesse der mitbeteiligten Partei an der ordnungsgemäßen Durchführung ihres beabsichtigten Programmes verpflichtet ist, einen geeigneten Vertreter zu entsenden (so ausdrücklich die Aussagen der Beschäftigten M, E, B und S). Diese Auslegung wird durch den Punkt 6 bzw. 7 der jeweiligen Beilage zum Werkvertrag erhärtet, wonach dann, wenn die Sommerspiele durch Vorfälle oder Umstände, die nicht der Beschäftigte zu vertreten hat (höhere Gewalt, Landestrauer etc.), an der Durchführung der Aufführungen verhindert sind, entsprechend dieser Verhinderung die Verpflichtung zur Erfüllung der aus diesem Vertrag hervorgehenden Leistungen entfällt, d.h. sowohl die Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur Bezahlung einer Gage als auch jene des Beschäftigten zur Entsendung eines geeigneten Vertreters sowie zur Bezahlung einer Konventionalstrafe.

Aus all dem folgt zwar nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, schlechthin ein Ausschluß einer generellen Vertretungsbefugnis; im Zusammenhang mit den Darlegungen zu Punkt 2. zur erforderlichen "Eignung" des Vertreters spricht aber diese mehrfach sanktionierte Verpflichtung des Beschäftigten zur Stelligmachung eines "geeigneten" Vertreters für einzelne oder alle Aufführungen nach den durchgeführten Proben (unabhängig von ihrer zivilrechtlichen/arbeitsrechtlichen Gültigkeit)

- sachverhaltsbezogen - eher für das im Punkt 2. genannte eingeschränkte Verständnis der Vertretungsregelung.

4. Was schließlich die tatsächlichen Verhältnisse betrifft, die nach Auffassung der belangten Behörde von den vertraglichen Vereinbarungen nicht abgewichen seien, so ist zunächst zu bemerken, daß nach den Punkten 1. bis 3. noch nicht zweifelsfrei feststeht, welchen Inhalt diese Vereinbarungen hatten. Daher ist die Überlegung der belangten Behörde, daß die überwiegende Mehrheit der befragten Personen nicht nur das Recht, sich vertreten zu lassen, bejaht, sondern auch angegeben habe, selbst davon Gebrauch gemacht oder bemerkt zu haben, daß Kolleginnen und Kollegen davon Gebrauch gemacht hätten, solange nicht aussagekräftig, als nicht feststeht, was die befragten Personen unter dem Vertretungsrecht verstanden haben. Immerhin haben einige Beschäftigte (außer den von der belangten Behörde angeführten auch C) ausdrücklich eine "generelle Vertretungsbefugnis" verneint, andere angegeben, sie hätten sich von einem "Kollegen" oder einer "Kollegin" vertreten lassen dürfen, und fast alle vernommenen Beschäftigten - mit Ausnahme der Orchestermitglieder - angeführt, sie hätten sich tatsächlich nie vertreten lassen. Es ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Vertretungsregelungen hinsichtlich der einzelnen Gruppen der Beschäftigten einen unterschiedlichen Inhalt hatten.

Diesen Verfahrensmängeln kommt auch Relevanz zu, weil im Falle einer nicht bestehenden generellen Vertretungsbefugnis der Beschäftigten (oder eines Teiles der Beschäftigten) die übrigen von der belangten Behörde für die Annahme einer persönlichen Unabhängigkeit herangezogenen Momente, wie sie selbst zugesteht, zu einem anderen Ergebnis des Verfahrens im Rahmen der (dann erforderlichen) Gesamtabwägung führen könnten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil einerseits der Beschwerdeführerin als obsiegender Partei gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 2 VwGG und Art. I Z. 1 der zitierten Verordnung nur ein Schriftsatzaufwand von S 11.120,-- und nicht auch noch der davon errechnete Betrag an Umsatzsteuer gebührt und andererseits wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) kein Stempelgebührenersatz zusteht.

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