Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse sprach mit Bescheid vom 25. November 1984 aus, die Erstmitbeteiligte sei hinsichtlich ihrer Beschäftigung durch die Beschwerdeführerin - eine politische Partei - in deren Geschäftsstelle Steyr in der Zeit vom 1. Jänner 1975 bis 31. März 1984 der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen.
Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch und machte geltend, daß die Erstmitbeteiligte nie als hauptamtliche Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin zur Debatte gestanden sei. Es liege kein schriftlicher Dienstvertrag vor. Der Status der Erstmitbeteiligten sei der einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin gewesen, die für ihre Leistungen (Anwesenheit im Büro während des Parteienverkehrs von Montag bis Freitag, 9.00 bis 12.00 Uhr, Telefondienst, Entgegennahme der Post, Anfertigung von Reinschriften nach Konzept, Karteieintragungen, Versand von Geburtstagskarten) eine freiwillige Unterstützung seitens der Beschwerdeführerin erhalten habe. Die Erstmitbeteiligte sei in keiner persönlichen Abhängigkeit gestanden, sie habe freiwillige Mitarbeit als Parteimitglied geleistet; ihr Ehegatte sei auch Parteifunktionär gewesen. Es habe keine disziplinäre Unterworfenheit bestanden. Die Erstmitbeteiligte habe sich jederzeit vertreten lassen können; dies habe sie öfters tun müssen, weil sie als Mutter von drei Kindern öfters häusliche, schulische oder mütterliche Pflichten gehabt habe. Es habe eine generelle Vertretungsmöglichkeit bestanden. Habe die Erstmitbeteilgte keine Zeit oder keine Lust gehabt, so sei sie eben durch andere Vereinsmitglieder vertreten worden. Für die Partei sei es - insbesondere bei der keine besonderen Kenntnisse verlangenden Art der Beschäftigung - völlig gleichgültig gewesen, wer während der öffentlich bekannten Öffnungszeiten des Parteilokales anwesend gewesen sei. Wichtig sei nur gewesen, daß irgend jemand die Telefonate entgegen genommen und anfallende schriftliche Arbeiten erledigt habe.
1.2. Mit Bescheid vom 6. September 1985 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich diesem Einspruch Folge und sprach aus, daß die Erstmitbeteiligte hinsichtlich der in Rede stehenden Beschäftigung nicht der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG unterlag. In der Begründung dieses Bescheides werden die Aussagen der im ergänzten Ermittlungsverfahren vernommenen Erstmitbeteiligten sowie der Zeugen H, H, S, S, Z und Z sowie der Inhalt einer Stellungnahme des Landesgeschäftsführers der beschwerdeführenden Partei, F, wörtlich wiedergegeben. Auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse habe der Landeshauptmann folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Ein schriftlicher Vertrag über die Beschäftigung der Erstmitbeteiligten im Büro der Beschwerdeführerin in Steyr sei nicht abgeschlossen worden. Die Erstmitbeteiligte sollte verschiedene Schreibarbeiten, Karteiführung, Postempfang und Postversand, Telefondienst und dergleichen verrichten, und zwar jeweils in den Öffnungszeiten des Büros von Montag bis Freitag 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Sie habe eine Entschädigung von zunächst monatlich S 2.000,-- erhalten. In der Folge habe die Erstmitbeteiligte die Blockarbeitszeit von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr eher selten eingehalten. Sie sei meistens zu spät gekommen bzw. früher weggegangen (Aussage Direktor Z, S, S, H). Sie habe während der Bürostunden auch Einkäufe und sonstige Gänge erledigt (Aussage S). Während der schulfreien Zeit sei die Erstmitbeteiligte, Mutter von drei kleinen Kindern, fast immer durch andere Parteikameraden vertreten worden (Aussage S, H, H). Verlorene Arbeitszeit sei manchmal, durchaus nicht immer, an Nachmittagen eingearbeitet worden (Aussage Z, S). Diese Freizügigkeit in der Arbeitsgestaltung sei seitens der Landesleitung der beschwerdeführenden Partei geduldet worden, da die Erstmitbeteiligte als freie Mitarbeiterin angesehen worden sei und die Gattin eines Gemeinderates und langjährigen Parteifunktionärs gewesen sei (Aussage F). Die generelle Möglichkeit einer Vertretung durch andere Parteimitglieder sei gegeben gewesen, die Erstmitbeteiligte habe diesfalls nicht um Genehmigung ansuchen müssen, sondern habe höchstens die Parteileitung telefonisch verständigt (F). Eine direkte Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit durch die Erstmitbeteiligte habe nicht stattgefunden; bei Anrufen aus Linz sei nicht die Anwesenheit der Erstmitbeteiligten kontrolliert worden, sondern es sei angerufen worden, um Parteiangelegenheiten zu besprechen bzw. den Posteinlauf festzustellen. Bei dieser Gelegenheit habe natürlich festgestellt werden können, ob die Erstmitbeteiligte überhaupt anwesend gewesen sei oder wer sonst Bürodienst versehen habe.
Bei der Beweisführung sei den Angaben des F und der einvernommenen Zeugen mehr Glauben geschenkt worden als den Angaben der Erstmitbeteiligten. Sämtliche Zeugen hätten auf die Spruchbehörde einen vollkommen glaubwürdigen Eindruck gemacht und es bestehe kein vernünftiger Grund, an der Richtigkeit ihrer Aussagen zu zweifeln. Es fehle für die Genannten jede Motivation für unrichtige Angaben. Sie seien von der Entscheidung des Einspruches in keiner Weise berührt. Dies gelte auch für F, der seinerzeit sogar Trauzeuge und persönlicher Freund der Erstmitbeteiligten und ihres Ehegatten gewesen sei. Für die Erstmitbeteiligte ergebe sich hingegen ein starkes Motiv für eine zu ihren Gunsten gefärbte Aussage. Sie erhoffe sich durch die Anerkennung als Dienstnehmerin den Erwerb von Pensionsversicherungszeiten. Die Erstmitbeteiligte habe nicht auf die Meldung zur Sozialversicherung und auf die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte bestanden. Mit Unwissenheit allein könne dies nicht erklärt werden (Aussage vom 18. März 1985 "... habe mich nie damit beschäftigt ..."), zumal die Erstmitbeteiligte selbst ihre berufliche Ausbildung zur Büroangestellten betone. Die Erstmitbeteiligte müsse sich einen gewissen Opportunismus vorwerfen lassen. Sie habe zwar jahrelang eine Entschädigung "Netto für Brutto" entgegengenommen, ohne jemals dafür Sozialversicherungsbeiträge oder Lohnsteuer zu leisten, wohl aber Leistungen (auch Kuraufenthalte) als Angehörige des bei der Lehrerkrankenfürsorge versicherten Ehegatten entgegengenommen. Nun behaupte sie plötzlich das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses unter Vorbringung von Umständen, die durch eine ganze Reihe von glaubwürdigen Zeugen widerlegt würden. Unter diesen Umständen werde den Angaben der Erstmitbeteiligten eine geringere Glaubwürdigkeit beigemessen.
Was die Befugnis der Erstmitbeteiligten, sich generell vertreten zu lassen, anlange, so seien auch in diesem Punkt die Angaben des F glaubwürdig und hätten den inneren Wahrheitsgehalt für sich. Es sei für die beschwerdeführende Partei angesichts der Einfachheit der zu verrichtenden Arbeiten sicherlich von untergeordneter Bedeutung gewesen, wer den Bürdienst versehen habe; wichtig sei vielmehr gewesen, daß das Büro zu den bekanntgegebenen Zeiten besetzt gewesen sei. Sicherlich habe keine ausdrückliche Abmachung zwischen der Beschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten über die generelle Vertretungsbefugnis bestanden, doch lasse das sanktionslose Dulden des Einspringens von Parteikameraden zu Zeiten, in denen die Erstmitbeteiligte keine Zeit (oder Lust) gehabt habe (insbesondere zu schulfreien Zeiten), auf das Vorliegen einer stillschweigenden Übereinkunft schließen, daß eine jederzeitige Vertretung im Verhinderungsfalle möglich gewesen sei. Die Zeugenaussagen sprächen eindeutig dafür, daß eine generelle Vertretungsmöglichkeit bestanden habe, wobei es an sich ohne Belang sei, ob und wie oft die Beschäftigte von dieser Berechtigung tatsächlich Gebrauch mache.
Das Gesamtbild der Beschäftigung zeige, daß der Arbeitsort und das arbeitsbezogene Verhalten festgestanden seien, nicht aber die persönliche Arbeitspflicht. Der Erstmitbeteiligten sei eine derart freizügige Arbeitsgestaltung eingeräumt gewesen, wie sie in einem normalen Dienstverhältnis niemals denkbar wäre. Andernfalls hätte die Erstmitbeteiligte schon nach wenigen Tagen fristlos entlassen werden können. Es liege somit ein "freier Dienstvertrag" vor.
In fast allen Vereinen bringe es die Vereinstätigkeit mit sich, daß Arbeiten anfielen, die von Funktionären und sonstigen Mitarbeitern meist ehrenamtlich durchgeführt würden. Es sei aber auch nicht ungewöhnlich, daß Mitarbeiter für ihre Tätigkeit, wenn diese einen ziemlich großen Umfang annehme, eine meist recht bescheidene Entschädigung erhielten. Ein solcher Leistungsaustausch bedeute nicht in jedem Fall das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Andernfalls müßte in vielen Fällen der Vereinsbetrieb infolge steuerlicher und beitragsmäßiger Belastungen lahm gelegt werden.
Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes erhob die Erstmitbeteiligte ihrerseits Berufung. Es habe Arbeitspflicht während bestimmter Zeiten bestanden. Nur in Ausnahmefällen habe sie sich vertreten lassen. Eine generelle Vertretungsbefugnis habe nicht bestanden. Ihre allfällige Verhinderung habe sie ihrem Vorgesetzten, Herrn Z, melden müssen. Die Einhaltung der Dienstzeit sei kontrolliert worden, sie habe Wochenarbeitsblätter führen müssen. Für ihre Tätigkeit habe sie ein normales Gehalt sowie Sonderzahlungen bezogen. Sie habe einen gesetzlichen Urlaubsanspruch gehabt und den Urlaub auch konsumiert.
1.3. Mit Bescheid vom 9. Mai 1986 gab der Bundesminister für soziale Verwaltung dieser Berufung Folge und stellte in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes fest, daß für die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Jänner 1975 bis 31. März 1984 Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG bestanden habe.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei die Erstmitbeteiligte zur Einhaltung der Arbeitszeit von Montag bis Freitag von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr verpflichtet gewesen. Sie habe nach Anweisung des Dienstgebers anfallende Büroarbeiten erledigt und den Parteienverkehr besorgt. Sie habe sich nicht generell vertreten lassen können, ohne den Dienstgeber vorher von ihrer Verhinderung in Kenntnis zu setzen bzw. seine Zustimmung zu ihrer Vertretung einzuholen. Diese Annahmen stützten sich in erster Linie auf die Aussagen von Z und F sowie auf das durchaus glaubhafte Vorbringen der Erstmitbeteiligten.
Die Erstmitbeteiligte sei von den genannten Personen am Beschäftigungsort regelmäßig zu bestimmten Zeiten angerufen worden, was eine gewisse Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit darstelle, auch wenn dies von Z und F in Abrede gestellt werde. Darauf deute weiters auch die Führung von Arbeitswochenblättern hin, die wohl ausschließlich der Arbeitszeitkontrolle diene. Wenn Z behaupte, er habe die Erstmitbeteiligte betreffenden Arbeitswochenblätter nicht unterschrieben, weil die darin enthaltenen Angaben seiner Meinung nach nicht stimmten, lasse dies doch ebenfalls nur den Schluß zu, daß er sehr wohl die Arbeit der Erstmitbeteiligten kontrolliert habe. Der Umstand, daß die Erstmitbeteiligte die Arbeitszeit gelegentlich nicht eingehalten habe, ändere nichts an der Tatsache, daß grundsätzlich eine bestimmte Arbeitszeit vereinbart gewesen sei, während welcher sie über ihre Freizeit nicht habe verfügen können.
Disziplinär sei die Erstmitbeteiligte Herrn F verantwortlich gewesen, der ihr gegenüber auch die Kündigung ausgesprochen habe. Sie habe ein regelmäßiges Entgelt samt Sonderzahlungen erhalten.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgeseetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.6.1976, Zl. 415/75 = ZfVB 1976/4/856, (zum IESG) vom 20.5.1980, Slg. NF. Nr. 10.140/A = ZfVB 1981/3/886, sowie vom 13.9.1985, 84/08/0016 = ZfVB 1986/5/2130).
2.2.1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, die Feststellung der persönlichen Arbeitspflicht der Erstmitbeteiligten und des Nichtbestehens der Befugnis derselben, sich generell vertreten zu lassen, sei einerseits aktenwidrig, da die geführten Zeugen geradezu vom Gegenteil gesprochen und dargelegt hätten, daß für die Erstmitbeteiligte generell die Befugnis bestanden habe, sich vertreten zu lassen. Andererseits werde im angefochtenen Bescheid nicht ausgeführt, weshalb dem Vorbringen der Erstmitbeteiligten Glauben geschenkt werde. Die Bemerkung, deren Vorbringen sei "durchaus glaubhaft" gewesen, könne keineswegs als ausreichende Begründung für diese Wertung angesehen werden. Im Gegensatz zum Bescheid des Landeshauptmannes erfolge keine Auseinandersetzung mit den Zeugenaussagen.
2.2.2. Nach den hg. Erkenntnissen vom 19. März 1984, Zl. 82/08/0154 = ZfVB 1985/1/171, vom 23. Mai 1985, Zlen. 84/08/0070, 85/08/0011 = ZfVB 1986/2/686, und vom 29. September 1986, Zl. 82/08/0208 = ZfVB 1987/3/1283), schließt die Berechtigung, eine übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen, die persönliche Abhängigkeit wegen der dadurch fehlenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Verpflichteten aus.
2.2.3. Die beschwerdeführende Partei ist mit ihrer Verfahrensrüge gegen die Feststellungen der belangten Behörde in der Frage der Befugnis der Erstmitbeteiligten, sich generell vertreten zu lassen, im Recht.
Die belangte Behörde beschränkt sich nämlich in der Tat darauf, festzustellen, die Erstmitbeteiligte habe sich nicht generell vertreten lassen dürfen, ohne den Dienstgeber vorher von ihrer Verhinderung in Kenntnis zu setzen bzw. seine Zustimmung zu ihrer Vertretung einzuholen; diese Annahmen stützten sich "in erster Linie auf die Aussagen der Herren Z und F sowie das durchaus glaubhafte Vorbringen" der Erstmitbeteiligten.
Mag auch der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG bei seiner Bescheidkontrolle grundsätzlich an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt gebunden sein, so unterliegt die Beweiswürdigung dennoch der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A). Auch eine bloße Schlüssigkeitsprüfung setzt allerdings voraus, daß die Begründung des Bescheides die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen erkennen läßt. In dieser Hinsicht ordnet § 60 (in Verbindung mit § 67) AVG an, daß in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind.
Davon kann nun beim angefochtenen Bescheid nicht die Rede sein. Anders als im Fall einer die Berufung abweisenden und den bekämpften Bescheid bestätigenden Berufungsentscheidung ist nämlich im Fall divergierender Entscheidungen nicht von einem einheitlichen Bescheidinhalt der Bescheide der im Instanzenzug verbundenen Behörden auszugehen, und zwar insbesondere natürlich nicht in jenen Begründungselementen, die den abändernden Bescheidinhalt betreffen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt im Beschwerdefall nicht erkennen, auf welche Teile der Aussagen von Z und F sich die belangte Behörde bezieht (bei F dürfte übrigens nicht dessen niederschriftliche Aussage vom 30. April 1984 gemeint sein, sondern wohl seine Stellungnahme vom 26. Juli 1985). Vielmehr sprach der Zeuge Z davon, die Erstmitbeteiligte habe dann, wenn sie sich kurzfristig vertreten habe lassen müssen, vorher ihn angerufen, "bzw. wen sie eben gerade erreichte". Es sei vorgekommen, daß sie für Tage und Wochen nicht gekommen sei. Jedenfalls sei ihre Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, und ihre Freizügigkeit in der Arbeitseinteilung so gewesen, daß ein "normaler" Arbeitgeber dergleichen nie geduldet hätte. Es sei nach Ansicht des Zeugen "ein sehr kameradschaftliches Verhältnis, weil ihr Gatte ja auch Gemeinderat und Parteifunktionär war", gewesen. In der Stellungnahme des Landesgeschäftsführers F vom 26. Juli 1985 heißt es, es sei keineswegs richtig, daß die Erstmitbeteiligte die Arbeitszeit nur nach Rücksprache mit dem Dienstgeber hätte ändern können; sie sei diesbezüglich sehr eigenständig gewesen; von einer Genehmigung der Vertreter durch ihn als Landesgeschäftsführer könne keine Rede sein. Es sei auch nicht so wichtig gewesen, wer die Geschäftsstelle Steyr besetzt gehalten habe, maßgeblich sei vielmehr gewesen, daß sich jemand im Büro aufgehalten habe.
Die Wendung im angefochtenen Bescheid, daß sich die Annahme des Nichtbestehens einer generellen Vertretungsbefugnis in erster Linie auf die Aussagen der beiden genannten Personen stütze, erweist sich daher als aktenwidrig. Diese Wendung kann nämlich sprachlich nicht so verstanden werden, daß sie sich gerade NICHT auf deren Depositionen stützt, sondern daß ausschließlich das Vorbringen der Erstmitbeteiligten als glaubhaft erachtet werde. Aber selbst wenn dies zum Ausdruck hätte gebracht werden sollen, fehlte es an jeglicher Begründung, warum den Aussagen der erstmitbeteiligten Partei mehr Glauben geschenkt werde, als den Aussagen der genannten Personen. Anders als der Landeshauptmann von Oberösterreich, der sich in seinem Bescheid eingehend mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen einerseits und der erstmitbeteiligten Partei andererseits unter Einbeziehung ihrer jeweiligen Interessenlage auseinandersetzte, läßt die belangte Behörde eine solche Erörterung völlig vermissen. Der angefochtene Bescheid läßt nicht erkennen, warum die belangte Behörde zu einer anderen Sicht der für und gegen die Glaubwürdigkeit der gemachten Aussagen sprechenden Gesichtspunkte gekommen ist.
Schon durch diesen Begründungsmangel belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem - wesentlichen - Verfahrensmangel, bei dessen Vermeidung sie im Hinblick auf die für die Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses bedeutsame Befugnis, sich generell vertreten lassen zu können, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
2.2.4. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß auch eine allfällige "Zustimmungs"bedürftigkeit der jeweiligen Entsendung eines Vertreters nicht in jedem Fall ein zwingendes Indiz für die persönliche Arbeitspflicht sein muß. Unter anderem wird es darauf ankommen, ob überhaupt eine Zustimmung zur Entsendung eines Vertreters erforderlich war oder ob es sich nur um eine Vertretungsanzeige gehandelt hat; ferner sind Inhalt und Zweck der Verpflichtung, die "Zustimmung" einzuholen, von Bedeutung. So kann die Zustimmungsbedürftigkeit durchaus auch bei Vorliegen eines Werkvertrages oder freien Dienstvertrages einen Sinn haben und wird dort auch, wenn besondere Qualifikationen verlangt werden - wie Ausbildung, Aussehen, Auftreten, Vertrauenswürdigkeit - üblich sein (vgl. z.B. das
hg. Erkenntnis vom 29. September 1986, Zl. 82/08/0208 = ZfVB 1987/3/1283 - Regalbetreuerin). Unmaßgeblich ist somit die Zustimmungsbedürftigkeit dann, wenn sie nur der Kontrolle dient, ob eine grundsätzlich geeignete Person - im Beschwerdefall wird an den Kreis der Parteimitglieder zu denken sein - stellig gemacht wird (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0200 - Opernchorsängerin).
Andererseits spräche es nicht gegen das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sollte die Beschwerdeführerin mit der Erstmitbeteiligten vereinbart haben, daß diese während bestimmter, nämlich "schulfreier Zeiten" durch einen anderen Funktionär (bzw. dessen Ehefrau) vertreten werde (wie dies unter Umständen aus verschiedenen Zeugenaussagen abgeleitet werden könnte).
2.3. In der Beschwerde wird auch geltend gemacht, daß die angebliche telefonische Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit von den Zeugen Z und F in Abrede gestellt worden sei, von der belangten Behörde jedoch ohne ausreichende Begründung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt werde. Dies gelte auch für die Führung von Arbeitswochenblättern und die disziplinäre Verantwortlichkeit der Erstmitbeteiligten.
Auch mit diesen Beschwerdeeinwendungen ist die beschwerdeführende Partei im Recht. Zu der Wendung im angefochtenen Bescheid, die Erstmitbeteiligte sei von den genannten Personen regelmäßig zu bestimmten Zeiten angerufen worden, was doch eine gewisse Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit darstelle, "auch wenn dies von den Herren Z und F in Abrede gestellt" werde, gilt das vorhin zu Punkt 2.2.3. Gesagte, nämlich daß die belangte Behörde die Umwürdigung der diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse nicht offengelegt und begründet hat. Aus verfahrensökonomischen Gründen fügt der Verwaltungsgerichtshof dem jedoch bei, daß sich die belangte Behörde auch mit den von der Erstmitbeteiligten in ihrer Berufung gegen die Beweiswürdigung der Einspruchsbehörde erhobenen Einwänden im einzelnen wird auseinanderzusetzen haben.
2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß der angefochtene Bescheid an Verfahrensfehlern leidet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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