VwGH 84/04/0099

VwGH84/04/009919.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der AF in A, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Marktgraben 12, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 1984, Zl IIc-486/25, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Tiroler Campingplatzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §60;
AVG §60;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. Juli 1983 hatte die Bezirkshauptmannschaft NN der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 26 Abs. 3 Tiroler Campingplatzgesetz aufgetragen, die Mobilheime (nicht zugelassene Anhänger im Sinne von § 2 lit. e leg. it.) der im weiteren angeführten Personen, die auf dem Campingplatz "XY" in A zur Aufstellung gelangt seien, innerhalb von vier Wochen, von der Rechtskraft dieses Bescheides an gerechnet, zu entfernen.

Gegen diesen Bescheid hätte die Beschwerdeführerin durch ihren auch als Beschwerdevertreter einschreitenden Rechtsanwalt Berufung erhoben, in der vorerst darauf hingewiesen worden war, dass die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, da diese richtigerweise an die Beschwerdeführerin persönlich und nicht an den vorbezeichneten Rechtsanwalt hätte erfolgen dürfen. Weiters hatte die Beschwerdeführerin die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Tiroler Campingplatzgesetzes, insbesondere der des § 26 Abs. 3, u.a. unter Hinweis darauf bestritten, dass die Annahme des erstbehördlichen Bescheides, die nach den Namen der angeblichen Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten bezeichneten Wohnmobile stünden auf dem Campingplatz "XY", unrichtig und durch nichts begründet sei. Richtig sei lediglich, dass im unmittelbaren Nahbereich des Campingplatzes "XY" Wohnmobile zur Aufstellung gelangt seien, nicht jedoch auf dem Campingplatz selbst. Der Campingplatz "XY" befinde sich im südlichen Teil der Gesamtanlage, die Wohnmobile befänden sich sämtliche außerhalb des Campingplatzes. Zwischen dem Campingplatz und dem Bereich, in dem die Wohnmobile aufgestellt seien, sei eine in der Natur deutlich sichtbare Trennung gegeben. Zudem befänden sich sämtliche Anlagen des Campingplatzes (Sanitäranlagen, Verwaltungsgebäude usw.) ausschließlich im Bereich des eigentlichen Campingplatzes. Im Bereich der Fläche, die zur Aufstellung der Wohnmobile gedient hätten, seien derartige Anlagen nicht vorhanden. Es sei daher unrichtig, die Gesamtanlage, die einerseits aus dem Campingplatz und andererseits aus einer Fläche zur Aufstellung von Wohnmobilen bestehe, im gesamten als einen Campingplatz zu betrachten. Es sei daher im angefochtenen Bescheid unrichtig angeführt, dass sich die in Rede stehenden Wohnmobile auf dem Campingplatz "XY" bzw. im besonderen auf einem Standplatz dieses Campingplatzes im Sinne der Bestimmungen des Tiroler Campingplatzgesetzes befänden. Dementsprechend sei es auch der Erstbehörde aus kompetenzrechtlichen Gründen verwehrt gewesen, einen Entfernungsauftrag hinsichtlich der nicht auf dem Campingplatz befindlichen Wohnmobile zu erlassen.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1983 hatte die Tiroler Landesregierung der Berufung der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 Tiroler Campingplatzgesetz teilweise Folge gegeben und den Spruch des erstbehördlichen Bescheides insofern abgeändert, als I. "nach den Bestimmungen des Campingplatzgesetzes" nur die Mobilheime der -

in weiterer Folge unter gleichzeitiger Bezeichnung des Standplatzes angeführten - Personen, die auf dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 19. Juni 1978 genehmigten Campingplatz auf Grundparzelle 371 KG D zur Aufstellung gelangt seien, innerhalb der im Erstbescheid angeführten Frist zu entfernen seien und II. der Entfernungsauftrag hinsichtlich der übrigen im Spruch des erstbehördlichen Bescheides angeführten Mobilheime, die sich nicht auf dem genehmigten Campingplatz sondern im Freiland befänden, behoben werde, da für die Entfernung dieser Mobilheime nicht die Bezirkshauptmannschaft sondern die Baubehörde zuständig sei.

Auf Grund einer dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Zl. 84/04/0012, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Zur Begründung hat der Gerichtshof im wesentlichen ausgeführt, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl.82/04/0144, dargelegt habe, handle es sich bei auf Standplätzen aufgestellten "Mobilheimen" - auf die die entsprechenden Qualifikationsmerkmale zuträfen - um unzulässige bauliche Anlagen im Sinne des § 5 Abs. 4 Tiroler Campingplatzgesetz. Für die Entfernung einer unzulässigen baulichen Anlage biete aber - aus den im weiteren angeführten Gründen - die Bestimmung des § 26 Abs. 3 Tiroler Campingplatzgesetz keine Handhabe, und zwar unabhängig davon, ob sie Unterkunftszwecken diene oder nicht. Da die belangte Behörde dies verkannte, habe sie den angefochtenen Bescheid schön im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zu seiner Aufhebung zu führen gehabt habe, weshalb eine Erörterung des Beschwerdevorbringens im Zusammenhalt mit den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Tiroler Campingplatzgesetz bzw. der erhobenen Verfahrensrüge entbehrlich gewesen sei.

Mit dem zufolge dieses aufhebenden verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses ergangenen Ersatzbescheid vom 5. Juli 1984 erkannte die Tiroler Landesregierung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 25 Abs. 3 Tiroler Campingplatzgesetz wie folgt:

"Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit abgeändert, als

I. Frau AF nach § 25 Abs. 3 (nicht § 26 Abs. 3) des Tiroler Campingplatzgesetzes aufgetragen wird, die Mobilheime nachstehend angeführter Personen, welche auf dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Aschau vom 19.06.1978, Zl. 153/F/78, genehmigten Campingplatz auf Grundparzelle 371 KG Distelberg zur Aufstellung gelangten, innerhalb der im Erstbescheid angeführten Frist zu entfernen;

 

J H

Duinweg nn,1871 AC Schoorl

auf Standplatz H 7

J G

de Bospurus nn,1181 GE Amstelveen

auf Standplatz H 8

H. R

Irenelaan nn,3761 EN Soest

auf Standplatz H 9

A M

Hoornestraat nn,2521. VG Scheveningen

auf Standplatz H 10

W. B

Veld n,5109 EL Dongen

auf Standplatz H 11

 

II. der Entfernungsauftrag hinsichtlich der übrigen im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Mobilheime, die sich nicht auf dem genehmigten Campingplatz sondern im Freiland befinden, behoben wird."

Zur Begründung wurde ausgeführt, das durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren der Berufungsbehörde habe ergeben, dass lediglich die fünf Mobilheime der im Spruch angeführten Personen auf den mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 19. Juni 1978, Zl. 153/F/78, genehmigten Campingplatz auf Gp. 371, KG D stünden, wogegen sich alle übrigen im erstbehördlichen Bescheid angeführten Mobilheime im Freiland befänden. Um der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im vorangeführten aufhebenden Erkenntnis vom 29. Mai 1984 Rechnung zu tragen, sei der Entfernungsauftrag für die fünf im Spruch genannten Mobilheime nicht auf die Bestimmung des § 26 Abs. 3 sondern auf die des § 25 Abs. 3 des Tiroler Campingplatzgesetzes zu stützen und an den Inhaber des Campingplatzes zu richten gewesen und nicht an den jeweiligen Eigentümer bzw. Inhaber der Wohnmobile. Dieser den Campingplatz ordnende Auftrag habe sich darüber hinaus nur auf jene Mobilheime beziehen können, die sich auf dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 19. Juni 1978 genehmigten Campingplatz befänden und nicht auch auf jene, die auf Flächen aufgestellt worden seien, die nicht zum bewilligten Campingplatzgelände gehörten. Ein diesbezüglicher Auftrag hätte von der Gemeinde A als zuständiger Baubehörde zu erfolgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nichtergehen des bezeichneten Entfernungsauftrages an sie nach den im Bescheid bezogenen Bestimmungen des Tiroler Campingplatzgesetzes als verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, das gesamte Verfahren sei mangelhaft geblieben. Eine ordnungsgemäße Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft NN sei nicht erfolgt, da der Bescheid an den - damals noch nicht ausgewiesenen - Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt worden sei. Dieser Zustellmangel sei nicht saniert worden, da das zuzustellende Schriftstück der Beschwerdeführerin niemals zugekommen sei. Darin, dass die belangte Behörde auf dieses Beschwerdevorbringen in der Berufungsentscheidung nicht eingegangen sei, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Weiters sei die Feststellung, dass die zu entfernenden Wohnmobile auf dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 19. Juni 1978 genehmigten Campingplatz stünden, aktenwidrig. Aus dem behördlichen Verfahren ergebe sich weder über Art und Inhalt der angeführten Genehmigung etwas, noch auch darüber, ob es sich bei der "Gp. 371" überhaupt um einen Campingplatz im Sinne des Gesetzes handle und daher die Bestimmungen des Campingplatzgesetzes überhaupt anwendbar seien. Der angefochtene Bescheid sei weiters nicht vollstreckbar, da die im Punkt I. des Spruches angeführten fünf Mobilheime nicht hinreichend bezeichnet seien. Die Angabe der Standplätze allein genüge nicht, um die Wohnmobile identifizieren zu können, da der Plan, in dem diese Wohnmobile bzw. die angeblichen Standplätze eingezeichnet seien, nicht Bestandteil des Bescheides bzw. des Bescheidabspruches sei. Eine Identifizierung der Wohnmobile anhand (unvollständig angegebener) Namen der über sie verfügungsberechtigten Personen sei ebenfalls nicht möglich. Im gegenständlichen Fall befänden sich die Wohnmobile nicht auf Standplätzen im Sinne des Campingplatzgesetzes sondern auf einer Fläche, die von vornherein nie zum Aufstellen eines Zeltes oder eines Wohnwagens bestimmt gewesen sei. Dagegen beziehe sich das im § 5 Abs. 4 Tiroler Campingplatzgesetz enthaltene Verbot der Errichtung baulicher Anlagen auf Standplätzen nur auf Standplätze im Sinne dieses Gesetzes und sohin auf Grundflächen, die von vornherein zum Aufstellen eines Zeltes oder eines Wohnwagens bestimmt seien. Weder aus dem Errichtungsbewilligungsbescheid noch auch aus den Verfahrensergebnissen des vorliegenden Verfahrens gehe hervor, dass die im angefochtenen Bescheid mit "H 7 bis H 11" genannten Standplätze als zur Aufstellung von Zelten oder Wohnwagen bestimmt gewesen seien bzw. seien. Die Errichtung baulicher Anlagen, sohin auch das Aufstellen von Wohnmobilen, außerhalb von Standplätzen im Sinne des Campingplatzgesetzes sei nach den Bestimmungen des Tiroler Campingplatzgesetzes nicht verboten, weshalb für die Anwendung der Bestimmung des § 25 Abs. 3 dieses Gesetzes kein Raum sei. In der genannten Errichtungsbewilligung vom 19. Juni 1978 sei ein Verbot der Aufstellung von Wohnmobilen, sohin nach Ansicht der belangten Behörde der Errichtung von baulichen Anlagen, nicht enthalten, weshalb auch von einem der Errichtungsbewilligung widersprechenden Zustand im gegenständlichen Fall keine Rede sein könne.

Gemäß § 5 Abs. 4 Tiroler Campingplatzgesetz, LGBl. Nr. 69/1980, dürfen auf den Standplätzen mit Ausnahme von Anlagen, die der Trinkwasserversorgung, der Energieversorgung oder der Abwasserbeseitigung dienen, keine baulichen Anlagen errichtet werden.

Nach § 25 Abs. 3 Tiroler Campingplatzgesetz hat die Behörde, wenn sich ein Campingplatz nicht in einem diesem Gesetz bzw. der Errichtungsbewilligung und der Betriebsbewilligung sowie den darin enthaltenen Auflagen entsprechenden Zustand befindet, dem Inhaber des Campingplatzes die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Werden die Mängel innerhalb der festgesetzten Frist nicht behoben, so hat die Behörde den Campingplatz zu sperren.

Abgesehen von dem im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht erörterten Vorbringen der Beschwerdeführerin über die mangelnde ordnungsgemäße Zustellung des erstbehördlichen Bescheides wäre es daher der belangten Behörde - für den Fall der Rechtswirksamkeit der Zustellung des erstbehördlichen Bescheides - oblegen, sämtliche für die von ihr zur Stützung des Bescheidabspruches herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen maßgeblichen Umstände sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht in einer der Anordnung des § 60 AVG 1950 genügenden Weise darzulegen. Dies wurde aber von der belangten Behörde unter Bedachtnahme auf die Berufungseinwendungen schon in Hinsicht auf die Situierung der Wohnmobile in Bezug auf den im angefochtenen Bescheid als "genehmigt" bezeichneten Campingplatz sowie im Zusammenhang damit in Bezug auf die von ihr bezeichneten "Standplätze" unterlassen.

Dieser Umstand hat aber zur Folge, dass der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit gehindert war. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren - in dem die belangte Behörde auch auf das Beschwerdevorbringen Bedacht zu nehmen haben wird - sei in Hinsicht auf das in der Gegenschrift zu dem vorgebrachten Zustellmangel erstattete Vorbringen insbesondere auf die Darlegungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1982, Zl. 82/03/0018, zur Frage der gültigen Vertreterbevollmächtigung hingewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 19. März 1985

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